Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. I ZR 146/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3968

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 146/00Verkündet am:13. März 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 13. März 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant undDr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. Mai 2000 aufgehoben.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der [X.] [X.] des [X.] vom 16. Dezember 1999abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Beklagte betreibt einen Handel mit Kraftfahrzeugen. Sie bewarb [X.] September 1998 einen gebrauchten Pkw mit der nachfolgend wiedergegebe-nen Anzeige:Der klagende Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe hält [X.] für wettbewerbsrechtlich unzulässig, weil die in Aussicht gestelltePreisreduzierung geeignet sei, den Kunden unsachlich zu beeinflussen. [X.] die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in [X.] -Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten,die in der Anzeige enthaltene Preisgegenüberstellung sei seit der [X.] früheren § 6e UWG erlaubt. Nach dem zugrundezulegenden gewandeltenVerbraucherleitbild und vor dem Hintergrund, daß gleichartige Verkaufsaktionenauch von anderen Händlern durchgeführt würden, könne eine unsachliche Be-einflussung des angesprochenen Verkehrs durch die angegriffene [X.] nicht mehr angenommen werden.Das [X.] hat die Beklagte verurteilt,1.es (unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel) zu unterlassen,in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung, wie nach-stehend wiedergegeben, beim Angebot eines Kraftfahrzeugesanzukündigen: "[X.] kommt unter den '[X.]'. In jeder Woche, inder das Auto nicht verkauft wird, fällt der Preis um 300,- DM.Aber warten sollten Sie nicht zu lange." (Es folgt die obenwiedergegebene [X.] den Kläger 250,56 DM nebst Zinsen zu zahlen.Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben ([X.] [2001], 415).Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt [X.] ihren [X.] 5 -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat in der angegriffenen Anzeige wegen der inihr enthaltenen Verbindung von aleatorischen Elementen mit solchen der Wert-reklame einen Verstoß gegen § 1 UWG erblickt. Dazu hat es ausgeführt:Der [X.] habe in seiner Entscheidung "Umgekehrte [X.]" (Urt. v. 20.3.1986 - [X.], [X.], 622 = [X.] 1986,381), der ein weitgehend gleichgelagerter Fall zugrunde gelegen habe, über-zeugend dargelegt, daß der Kunde ohne echte Gegenleistung eine durch blo-ßes Zuwarten erspielbare Vorteilszuwendung (Preisreduzierung) erhalte unddaß dieses System schließlich zu [X.] führen könne, die nicht aufsachlichen Überlegungen beruhten. Im Falle der Zulässigkeit der angegriffenenWerbung drohe zudem die "Verwilderung der Wettbewerbssitten" durch unse-riöse Nachahmer, die zunächst überhöhte Preise ("Mondpreise") [X.]/oder bei Unterschreiten der Gewinnschwelle die Aktion abbrechen könnten.Die von der Beklagten angeführte angebliche Veränderung des [X.] gebe keinen Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung, da auch [X.] informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher dendargestellten Gefährdungen ausgesetzt sei.I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision [X.]. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisungder Klage. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verstößt die [X.] der Beklagten nicht gegen § 1 UWG.- 6 -1. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist im rechtlichenAnsatz davon auszugehen, daß weder der Einsatz von [X.] Rahmen einer Werbeanzeige noch der hiervon möglicherweise ausgehendesogenannte aleatorische Reiz für sich allein ausreichen, um eine Werbemaß-nahme als unlauter i.S. von § 1 UWG erscheinen zu lassen. Es müssen viel-mehr zusätzliche besondere Umstände vorliegen, die den Vorwurf der Sitten-widrigkeit i.S. von § 1 UWG rechtfertigen (vgl. [X.], Urt. v. 17.2.2000- I ZR 239/97, [X.], 820, 821 = [X.] 2000, 724 - [X.]). [X.] ist die Werbung erst dann, wenn der Einsatz aleato-rischer Reize dazu führt, die freie Entschließung der angesprochenen Ver-kehrskreise so nachhaltig zu beeinflussen, daß ein Kaufentschluß nicht mehrdurch sachliche Gesichtspunkte, sondern maßgeblich durch das Streben nachder in Aussicht gestellten Gewinnchance bestimmt wird (vgl. [X.], Urt. v.29.6.1989 - I ZR 180/87, [X.], 757 = [X.] 1989, 799 - [X.]; Urt. v.5.2.1998 - [X.], [X.], 735, 736 = [X.] 1998, 724 - Rubbel-aktion; [X.] [X.], 820, 821 - [X.]).2. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht in der bean-standeten Werbung einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG gesehen hat.a) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht sei-ner Entscheidung allerdings mit Recht zugrunde gelegt, daß die in Rede ste-hende Werbeanzeige aleatorische Elemente enthält. Diese liegen darin, daß beider angekündigten "umgekehrten Versteigerung" des gebrauchten [X.] der Kaufpreis in zuvor bestimmten zeitlichen Abständen um einen eben-falls vorher bestimmten Betrag sinkt und der Zuschlag demjenigen erteilt wird,der zuerst den aktuellen Preis akzeptiert. Im Streitfall bedeutet dies eine Verbil-ligung des Kaufpreises um 300 DM wöchentlich, so daß der von der Anzeige- 7 -ausgehende Anreiz zur näheren Befassung mit dem Angebot der Beklagten mitjeder ablaufenden Woche stärker wird und mit dem wöchentlichen Anstieg der"[X.] eine steigende suggestive Wirkung auf den Leser ausübt.b) Der Annahme des Berufungsgerichts, durch die angegriffene Werbungwerde die freie Entschließung der angesprochenen Verkehrskreise so [X.] beeinflußt, daß ein Kaufentschluß nicht mehr von sachlichen Gesichtspunk-ten, sondern maßgeblich von dem Streben nach der in Aussicht gestellten Ge-winnchance bestimmt werde, kann nicht beigetreten werden.Soweit sich aus dem vom Berufungsgericht angeführten [X.] 20. März 1986 ([X.], [X.], 622 = [X.] 1986, 381 - [X.]) etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht festge-halten.Der Annahme einer unsachlichen Beeinflussung des Kaufentschlussesdurch die beworbene wöchentliche Preisreduzierung steht vor allem entgegen,daß die Anschaffungskosten für den angebotenen Gebrauchtwagen eine be-trächtliche Investition darstellen. Der angesprochene durchschnittlich infor-mierte, [X.] aufmerksame und verständige Verbraucher, der sichmit dem Erwerb des beworbenen Pkws befaßt, wird von dem Angebot erfah-rungsgemäß nur nach reiflicher Überlegung und Prüfung von [X.], die im allgemeinen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen undunschwer zugänglich sind, Gebrauch machen (vgl. [X.], Urt. v. 26.3.1998- I ZR 222/95, [X.], 256, 257 = [X.] 1998, 857 - 1.000,-- DM Umwelt-Bonus).- 8 -Die bloße Befürchtung eines potentiellen Kunden, daß ein anderer Kauf-interessent ihm bei einem weiteren Abwarten mit der Kaufentscheidung zuvorkommen könnte, gehört zum Wesen des Angebots eines bestimmten Gegen-standes.Der Gewerbetreibende ist im übrigen in seiner Preisgestaltung grund-sätzlich frei. Er kann seine allgemein angekündigten Preise zu jedem ihm sinn-voll erscheinenden Zeitpunkt nach Belieben erhöhen oder senken, sofern nichtPreisvorschriften entgegenstehen oder unlautere Begleitumstände, wie bei-spielsweise das systematische Herauf- und Heruntersetzen von Preisen [X.] von "[X.]" (Preisschaukelei), gegeben sind (vgl. Baum-bach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG [X.]. 292 f.; [X.] in:[X.], UWG, 3. Aufl., § 1 [X.]. 280). Dabei spielt es keine Rolle, ob derjeweils geforderte Preis einem objektiven Marktwert entspricht.c) Die angegriffene Werbemethode ist als solche nicht unlauter. Es sindkeine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sie in ihrer Häufung zu schädlichen,rechtlich zu mißbilligenden Auswüchsen im Wettbewerb führen könnte [X.] vorbeugend unterbunden werden müßte.d) Ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten steht dem Kläger mangelsBegründetheit des Unterlassungsbegehrens ebenfalls nicht zu.- 9 -II[X.] Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteilaufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuän-dern und die Klage abzuweisen.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.Ullmannv. [X.]

Meta

I ZR 146/00

13.03.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. I ZR 146/00 (REWIS RS 2003, 3968)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3968

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