Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. I ZR 212/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3962

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 212/00Verkündet am:13. März 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] Versteigerung [X.] § 1Die Werbung mit einer "umgekehrten Versteigerung" für den Verkauf eines [X.] verstößt nicht gegen § 1 UWG. Diese Werbemethode führtangesichts der im allgemeinen mit einem Gebrauchtwagenkauf verbundenenbeträchtlichen Investition beim verständigen Verbraucher erfahrungsgemäßnicht dazu, daß er von einer Prüfung der Preiswürdigkeit des [X.] sich wegen des "Spiels" zu einem Kauf verleiten läßt.[X.], [X.]. v. 13. März 2003 - I ZR 212/00 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 13. März 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant undDr. Schaffertfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 23. August 2000 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Beklagte betreibt einen Handel mit Kraftfahrzeugen. Sie bewarb [X.] September 1998 einen gebrauchten Pkw mit der nachfolgend wiedergegebe-nen Anzeige:Der klagende Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe hält [X.] für wettbewerbsrechtlich unzulässig, weil sie mit der Methode einer"umgekehrten Versteigerung" die Spiellust der angesprochenen Interessentenin übertriebener Weise zur Absatzförderung ausnutze. Überdies verbinde [X.] in unlauterer Weise sogenannte aleatorische Elemente mit solchen- 4 -der Wertreklame. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstat-tung von Abmahnkosten in Anspruch.Die Beklagte ist dem entgegengetreten.Das [X.] hat die Beklagte unter Androhung bestimmter [X.] verurteilt,1.es zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichtetenWerbung, wie nachstehend wiedergegeben, beim Angebot einesKraftfahrzeuges anzukündigen: "[X.] kommt unter den '[X.]'. In jeder Woche, inder das Auto nicht verkauft wird, fällt der Preis um 300,- DM.Aber warten sollten Sie nicht zu lange." (Es folgt die obenwiedergegebene [X.] Abweisung der weitergehenden Klage vorgerichtliche [X.] in Höhe von 296,96 DM nebst Zinsen an den [X.] zahlen.Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.Mit der (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte [X.], erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen [X.]eils.- 5 -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat in der beanstandeten Anzeige keine gegen§ 1 UWG verstoßende Werbung erblickt. Dazu hat es ausgeführt:Die beanstandete Werbung gehe ihrem Charakter und Inhalt nach nichtüber eine zulässige Aufmerksamkeitswerbung und über ein hinzunehmendes,jeder Werbung innewohnendes, Anlocken von Kaufinteressenten hinaus. DieAnzeige der [X.] "teste" lediglich in besonders prononcierter Weise dieNachfragereaktion des Publikums, indem bei fehlender Resonanz der Preis fürden angebotenen Gebrauchtwagen um wöchentlich 300 DM gesenkt werde, umauf diese Weise die Nachfrage von neuem anzuregen. So werde die [X.] einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigenDurchschnittsverbraucher, von dem bei der rechtlichen Beurteilung auszugehensei, auch verstanden. Die Spielleidenschaft werde durch die streitgegenständli-che Werbung weder geweckt, noch für wettbewerbsfremde Zwecke ausgenutzt.Der Umstand, daß der beworbene Pkw im Falle eines zu langen Wartens mitder Kaufentscheidung bereits verkauft sein könnte, sei kein spezifisches"Glücks"- oder "Gewinnspiel"-Element. Dieses Risiko ergebe sich vielmehr [X.] daraus, daß sich das Angebot auf einen einzelnen Gegenstand beziehe.I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision habenkeinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß dieangegriffene Werbung nicht gegen § 1 UWG verstößt.1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß wederder Einsatz von Elementen der Wertreklame im Rahmen einer [X.] 6 -noch der hiervon möglicherweise ausgehende sogenannte aleatorische Reiz fürsich allein ausreichen, um eine Werbemaßnahme als unlauter [X.] von § 1 [X.] zu lassen. Es müssen vielmehr zusätzliche, besondere Umständevorliegen, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit [X.] von § 1 UWG rechtfertigen(vgl. [X.], [X.]. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, [X.], 820, 821 = WRP 2000,724 - [X.]). [X.] ist die Werbung erstdann, wenn der Einsatz aleatorischer Reize dazu führt, die freie Entschließungder angesprochenen Verkehrskreise so nachhaltig zu beeinflussen, daß [X.] nicht mehr von sachlichen Gesichtspunkten, sondern maßgeb-lich durch das Streben nach der in Aussicht gestellten Gewinnchance bestimmtwird (vgl. [X.], [X.]. v. 29.6.1989 - I ZR 180/87, [X.], 757 = [X.] - [X.]; [X.]. v. 5.2.1998 - I ZR 151/95, [X.], 735, 736 = WRP1998, 724 - Rubbelaktion; [X.] [X.], 820, 821 - [X.]).2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht rechts-fehlerfrei angenommen, daß die für ein Verbot der in Rede stehenden [X.] gemäß § 1 UWG erforderlichen besonderen Unlauterkeitsumständenicht vorliegen.a) Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend zugrundegelegt, daß die beanstandete Werbeanzeige aleatorische Elemente enthält.Diese liegen darin, daß bei der angekündigten "umgekehrten Versteigerung"des gebrauchten Kraftfahrzeugs der Kaufpreis in zuvor bestimmten zeitlichenAbständen um einen ebenfalls vorher bestimmten Betrag sinkt und der [X.] demjenigen erteilt wird, der zuerst den aktuellen Preis akzeptiert. [X.] bedeutet dies eine Verbilligung des Kaufpreises um 300 DM wöchent-lich, so daß der von der Anzeige ausgehende Anreiz zur näheren [X.] 7 -mit dem Angebot der [X.] mit jeder ablaufenden Woche stärker wird undmit dem wöchentlichen Anstieg der "[X.] eine steigende [X.] Wirkung auf den Leser ausübt.b) Das Berufungsgericht hat in [X.] tatrichterlicher Würdi-gung festgestellt, allein der Anreiz, daß durch Zuwarten mit der Kaufentschei-dung ein noch höherer "Gewinn" erzielt werden könne, weil weniger gezahltwerden müsse, führe bei dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen undverständigen Verbraucher nicht dazu, von einer Prüfung der [X.] der [X.] abzusehen und sich zu einem Erwerb vorrangigwegen des "Spiels" verleiten zu lassen. Das Werbeangebot der [X.]"reizt" nicht minder als ein Angebot zu einem festen Preis dazu, mit anderenGebrauchtwagenangeboten verglichen zu werden, um zu prüfen, ob es loh-nenswert ist, sich mit dem von der [X.] beworbenen [X.] zu befassen und sich zu überlegen, ab welchem Preis das Angebot [X.] werden wird.Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 20. März 1986 ([X.]/83,GRUR 1986, 622 = [X.], 381 - Umgekehrte Versteigerung I) etwas [X.] ergeben sollte, wird daran nicht festgehalten.Der Annahme einer unsachlichen Beeinflussung des Kaufentschlussesdurch die beworbene wöchentliche Preisreduzierung steht vor allem entgegen,daß die Anschaffungskosten für den angebotenen Gebrauchtwagen eine be-trächtliche Investition darstellen. Der angesprochene durchschnittlich infor-mierte, [X.] aufmerksame und verständige Verbraucher, der sichmit dem Erwerb des beworbenen Pkws befaßt, wird von dem Angebot erfah-rungsgemäß nur nach reiflicher Überlegung und Prüfung von [X.] -boten, die im allgemeinen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen undunschwer zugänglich sind, Gebrauch machen (vgl. [X.], [X.]. v. 26.3.1998- I ZR 222/95, [X.], 256, 257 = [X.], 857 - 1.000,-- DM Umwelt-Bonus).Die bloße Befürchtung eines potentiellen Kunden, daß ein anderer Kauf-interessent ihm bei einem weiteren Abwarten mit der Kaufentscheidung zuvorkommen könnte, gehört - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommenhat - zum Wesen des Angebots eines bestimmten Gegenstandes.Der Gewerbetreibende ist in seiner Preisgestaltung grundsätzlich frei. [X.] seine allgemein angekündigten Preise zu jedem ihm sinnvoll erscheinen-den Zeitpunkt nach Belieben erhöhen oder senken, sofern nicht Preisvorschrif-ten entgegenstehen oder unlautere Begleitumstände, wie beispielsweise dassystematische Herauf- und Heruntersetzen von Preisen zur Verschleierung von"[X.]" (Preisschaukelei), gegeben sind (vgl. [X.]/Hefermehl,Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG [X.]. 292 f.; [X.] in: [X.], [X.] Aufl., § 1 [X.]. 280). Dabei spielt es keine Rolle, ob der jeweils gefordertePreis einem objektiven Marktwert entspricht.c) Die angegriffene Werbemethode ist als solche nicht unlauter. Es sindkeine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sie in ihrer Häufung zu schädlichen,rechtlich zu mißbilligenden Auswüchsen im Wettbewerb führen könnte [X.] vorbeugend unterbunden werden müßte.- 9 -II[X.] Danach war die Revision des [X.] mit der Kostenfolge aus § 97Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.[X.]. [X.]

Meta

I ZR 212/00

13.03.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2003, Az. I ZR 212/00 (REWIS RS 2003, 3962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3962

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