Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. I ZR 30/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7561

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]/12
Verkündet am:

7. März 2013

Bürk

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Grundpreisangabe im Supermarkt
[X.] § 4 Nr. 11; [X.] Art. 4 Abs. 1; [X.] § 1 Abs. 6 Satz 2, § 2 Abs. 1 Satz 1
Eine Grundpreisangabe für in Supermärkten angebotene Waren kann auch dann noch als deutlich lesbar im Sinne von §
1 Abs.
6 Satz 2 [X.] anzuse-hen sein, wenn die dabei verwendete Schriftgröße nur 2 Millimeter beträgt.
[X.], Urteil vom 7. März 2013 -
I [X.]/12 -
OLG Nürnberg

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. März 2013 durch [X.] Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, [X.] und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.]

3.
Zivilsenat
vom 31.
Januar 2012 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt Supermärkte, in denen sie ihre Waren unter ande-rem in [X.] und egalen anbietet. Die dort angebrachten [X.] sind wie nachstehend wiedergegeben gestaltet:

1
-
3
-

Der Kläger ist ein in die Liste
qualifizierter Einrichtungen nach §
4 [X.] eingetragener Verein. Er beanstandet, dass die Grundpreise auf den [X.]n der Beklagten in einer Schrift angegeben sind, deren Höhe nur zwei Millimeter beträgt; damit sei die Grundpreisangabe entgegen den Anforderun-gen der [X.] nicht deutlich zu lesen.

Der Kläger hat

soweit für die Revision noch von Interesse

beantragt,

die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, in ihren Verkaufsräumen die Preise je Mengeneinheit einschließ-lich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreise) nicht deut-lich lesbar anzugeben, wenn dies wie nachfolgend abgebildet geschieht:

(Es folgt eine Darstellung der oben wiedergegebenen Preisschilder.)

Darüber hinaus hat der Kläger Abmahnkosten in Höhe von 214

Zinsen ersetzt verlangt.

2
3
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-
4
-

Das Landgericht hat der Klage in diesem Umfang stattgegeben. Die Be-rufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt. Mit der vom Beru-fungsgericht
zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte [X.], erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils
des [X.].

Entscheidungsgründe:

[X.] [X.] hat Zweifel daran geäußert, ob der vom Kläger gestellte Unterlassungsantrag und damit
auch der [X.] im Urteil des [X.]
bestimmt genug sind. Der dort verwendete Begriff "deut-lich lesbar"
wiederhole lediglich den
wie der vorliegende Rechtsstreit zeige

für die Möglichkeit einer problemlosen Vollstreckung keineswegs eindeutig und konkret genug gefassten Gesetzestext. Die im Klageantrag enthaltene [X.] auf die konkrete Verletzungsform mache diesen ebenfalls nicht be-stimmt, da gerade Streit darüber bestehe, ob das beanstandete Verhalten der Beklagten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfülle.

Eine Änderung des Klageantrags sei aber deshalb nicht anzuregen
ge-wesen, weil die beanstandeten Zahlen 3.15, 5.98 und 2.65 gerade noch als deutlich lesbar im Sinne von §
1 Abs.
6 Satz
2 [X.] anzusehen
seien und die Klage daher (jedenfalls) unbegründet sei. Die [X.] über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen [X.]
(Preisangabenrichtlinie), deren Art.
3 Abs.
4 in §
2 Abs.
1 Satz
1 [X.] umgesetzt worden sei, betone in ihren Erwägungsgründen die Angabe des Grundpreises als solchen,
lege aber nicht fest, wie dies
zu geschehen [X.]. Aus der nationalen Regelung gehe nicht hervor, dass für die Beantwortung der Frage, welche Größe der Grundpreis haben müsse, nach Ansicht des Ver-5
6
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-
5
-
ordnungsgebers auf die [X.]
1450 zurückzugreifen sei. Außerdem ergebe sich aus dem zweiten Absatz des Abschnitts
5.1 der [X.]
1450, dass diese eine Schriftgröße von 1,75
mm noch als grundsätzlich leserlich und damit
die Les-barkeit als
solche nicht beeinträchtigend ansehe. Die Frage, welche Anforde-rungen an die konkrete Schriftgröße zu stellen seien, sei letztlich im Hinblick auf die Interessen eines Verbrauchers zu beantworten, der sich dazu entschließe, nicht nur den konkreten Preis für die von ihm ausgewählte Ware festzustellen, sondern zusätzlich Preisvergleiche vorzunehmen, und dessen Augenmerk [X.] von vornherein auf Ziffern gerichtet sei. Aus einer Entfernung von 50
cm, aus der in dieser Weise interessierte Verbraucher Preisauszeichnungen in [X.] an Regalen oder Gondeln üblicherweise zur Kenntnis nähmen, seien die Ziffern des Grundpreises auf den beanstandeten Preisschildern der Beklagten ohne weiteres deutlich zu erkennen.

Soweit der [X.] eine Schriftgröße von umgerechnet [X.] 2,1162
mm in seiner Rechtsprechung zu §
4 [X.] verlangt habe, sei zu berücksichtigen, dass die aufgrund dieser Bestimmung vorgesehenen
Anga-ben wegen ihrer Länge und der dort verwendeten, oft schwer verständlichen medizinischen, pharmazeutischen oder chemischen Begriffe ganz anderen An-forderungen entsprechen müssten als einzelne ziffernmäßige Preisangaben.
Überdies verlange §
4 Abs.
4 [X.] im Gegensatz zu §
2 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht nur deutlich lesbare, sondern gut lesbare Angaben.

I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Er-gebnis stand. [X.] hat zwar zu Unrecht die
Frage offen
gelas-sen, ob der vom Kläger gestellte Unterlassungsantrag und damit auch der [X.] im Urteil des [X.] bestimmt genug ist (dazu un-ter II
1 und 2). Ohne Rechtsfehler hat es aber angenommen, dass die vom Klä-8
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-
6
-
ger beanstandeten Grundpreisangaben gemäß §
2 Abs.
1 Satz
1 [X.] noch deutlich lesbar im Sinne von §
1 Abs.
6 Satz
2 [X.] sind (dazu unter II
3).

1. [X.] hätte nicht in die Prüfung der Begründetheit der Klage eintreten dürfen, bevor es abschließend festgestellt hatte, ob der vom Kläger gestellte Unterlassungsantrag den Erfordernissen des §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO entsprechend hinreichend bestimmt und die Klage zulässig war (vgl. [X.], Urteil vom 4.
April 1984
VIII
ZR
129/83, [X.]Z 91, 37, 41; Beschluss vom 26.
September 1995
KVR
25/94, [X.]Z 130, 390, 399
f.

Stadtgaspreise; Ur-teil vom 10.
November 1999
VIII
ZR
78/98, [X.], 738
f.; Urteil vom 12.
Januar 2006
IX
ZR
131/04, [X.]Z 166, 1 Rn.
7; MünchKomm.ZPO/[X.], 4.
Aufl., Vor §§
253
ff. Rn.
3 und 19, jeweils mwN). Dies gilt schon im Hinblick auf den
Umfang der materiellen Rechtskraft, der
bei einem Prozessurteil ein anderer ist als bei einem Sachurteil (vgl. dazu näher [X.], Urteil vom 19.
April 2012 -
I
ZR
86/10, [X.], 1145 Rn.
25 =
WRP 2012, 1392
Pelikan, mwN).
Ausnahmen von diesem Grundsatz, dem
zufolge die [X.] vorrangig zu prüfen sind,
sind anerkannt
für das Rechtsschutzbedürfnis und das bei Feststellungsklagen erforderliche besonde-re Feststellungsinteresse
sowie die Prozessführungsbefugnis nach §
8 Abs.
3 Nr.
2 und 3 [X.]; deren Prüfung kann unterbleiben, wenn die Unbegründetheit der Klage bereits feststeht (vgl. [X.]Z 130, 390, 400;
[X.], Urteil vom 20.
Mai 1999
I
ZR
31/97, [X.], 1119, 1120 = [X.], 1159
[X.]!; [X.]Z
166, 1 Rn.
7; MünchKomm.ZPO/[X.] aaO Rn.
19 und §
256 Rn.
36; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., Vor §
253 Rn.
10
und §
256 Rn.
7, jeweils mwN).

2. [X.] hat
zu Unrecht die Bestimmtheit des [X.] in Zweifel gezogen. Die hinreichende Bestimmtheit dieses [X.] folgt aus der konkreten Verletzungsform, auf die der Antrag insoweit Be-10
11
-
7
-
zug nimmt, als er die Schilder abbildet. Die Höhe der Ziffern ist unstreitig. Es geht danach allein um die rechtliche Qualifikation der vom Kläger angegriffenen Verhaltensweise der Beklagten.

3. [X.] hat den damit bestimmten und auch ansonsten zulässigen Unterlassungsantrag mit Recht als unbegründet angesehen.

a) Die [X.] dient dem Zweck, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und arheit zu gewährleisten, durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Oktober 2007
I
ZR
143/04, [X.], 84 Rn.
25 = WRP 2008, 98
Versandkosten; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 31.
Aufl.,
Vorbem. [X.] Rn.
2 mwN und Hinweis auf Art.
1 sowie die Erwä-gungsgründe
1 und 6 der Preisangabenrichtlinie).
Nach §
1 Abs.
6 Satz
2 [X.] müssen die in der [X.] vorgesehenen Angaben eindeutig zugeordnet, leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahr-nehmbar sein. Diese Anforderungen können auf unterschiedliche Weise erfüllt werden (vgl. [X.], [X.], 84 Rn.
30
Versandkosten; [X.], Urteil vom 10.
Dezember 2009
I
ZR
149/07, [X.], 744 Rn.
35 = [X.], 1023

Sondernewsletter, jeweils zum Erfordernis der eindeutigen Zuordnung; vgl. weiter [X.] in [X.]/[X.] aaO §
1 [X.] Rn.
44). Eine Preisangabe entspricht dann dem in §
1 Abs.
6 Satz
2 [X.] aufgestellten Gebot der deutli-chen Lesbarkeit, das das Erfordernis der guten Lesbarkeit in Art.
4 Abs.
1 Satz
1 der Preisangabenrichtlinie
umsetzt, wenn sie von einem Verbraucher mit normaler Sehkraft aus angemessener Entfernung ohne Hilfsmittel und ohne Mühe gelesen werden kann ([X.] in Piper/[X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
55; Völker in [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
60; [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
44 Rn.
157). Die Frage, ob eine Angabe 12
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-
8
-
diese Voraussetzungen erfüllt, ist unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzel-falls zu beurteilen, wobei neben der Schriftgröße auch das Druckbild, das heißt unter anderem die [X.] und Zahlenanordnung, die Gliederung, das Papier, die Farbe sowie der Hintergrund von Bedeutung sind; außerdem ist der Abstand zu berücksichtigen, aus dem der Verbraucher die Angabe liest (vgl. Völker in [X.]/[X.] aaO §
1 [X.] Rn.
60; [X.]/[X.] aaO §
414 Rn.
157).
Die (abstrakte) Festlegung exakter Mindestschriftgrößen gemäß der [X.] 1450 "Schriften Leserlichkeit", die der aus Vertretern des [X.] und der Wirtschafts-
bzw. Verbraucherminister/-senatoren der Länder bestehende Bund-/Länder-Ausschuss "Preisangaben"
vorgeschlagen hat
(vgl. [X.], [X.], 1217, 1221), lässt sich den gelten-den Bestimmungen der [X.] nicht entnehmen.
Das
Bun-desministerium
für Wirtschaft und Technologie, das
die Preisangabenverord-nung zuletzt mit der Sechsten Verordnung zur Änderung der Preisangabenver-ordnung vom 1.
August 2012 geändert hat ([X.]
I,
S.
1706), hat diesen [X.] auch nicht aufgenommen.

b) [X.] ist der Sache nach von dem vorstehend darge-stellten Maßstab ausgegangen und hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstan-dender Weise angenommen, dass ein Verbraucher, der beim Einkauf Preise vergleichen will, die beanstandeten Grundpreisangaben der Beklagten aus [X.] Entfernung von 50
cm ohne weiteres lesen kann. Hierzu trägt der Umstand bei, dass die Grundpreise kontrastreich und in einem umrandeten Kästchen übersichtlich zusammengefasst dargestellt sind. Damit
ist insgesamt gewähr-leistet, dass der Verbraucher, der vor den Regalen steht, die Grundpreise
je-denfalls bei
Waren ohne Mühe zur Kenntnis nehmen kann, die in den Super-märkten der Beklagten in den mittleren und oberen Fächern der Verkaufsregale angeboten
werden. Entsprechendes
gilt für die Grundpreise der in den Super-märkten der Beklagten in [X.] angebotenen Waren.
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-
9
-

c) Der Revision verhilft es auch nicht zum Erfolg, dass die Preisschilder in den Supermärkten der Beklagten für die in den unteren Fächern der Ver-kaufsregale angebotenen Waren und womöglich auch bei [X.] ge-gebenenfalls
nur wenige Zentimeter über dem Fußboden angebracht sind, so dass
ein
Verbraucher, der die auf diesen Preisschildern angegebenen Grund-preise lesen will, sich bücken muss. [X.] hat auch insoweit in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der
Ver-braucher, der das Angebot der von der Beklagten dort platzierten Waren prüfen will, sich ihnen ohnedies so weit nähern wird, dass er die Grundpreisangaben noch gut lesen kann.

d) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Senatsrechtsprechung zur Gestaltung der Pflichtangaben nach §
4 Abs.
4 [X.] ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 1986
I
ZR
213/84, [X.], 301, 302 = [X.], 378
6-Punkt-Schrift) wegen des regelmäßig größeren Umfangs und schwerer zu erfassenden Inhalts auf die Grundpreisangaben nicht über-tragbar ist.

15
16
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10
-
II[X.] Nach allem ist die Revision des [X.] mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.08.2011 -
7 O 1400/11 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 31.01.2012 -
3 U 1723/11 -

17

Meta

I ZR 30/12

07.03.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. I ZR 30/12 (REWIS RS 2013, 7561)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7561

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 30/12

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