Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2016, Az. 5 StR 270/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 8560

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:070716B5STR270.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 270/16

vom
7. Juli 2016
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen
bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

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2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat am
7. Juli 2016
beschlossen:

Auf die Revisionen der Angeklagten K.

und [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 16. Oktober 2015, soweit es diese Angeklagten betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
Auf die Revision des Angeklagten Ö.

wird das vorgenannte Urteil hinsichtlich dieses Angeklagten nach § 349 Abs. 4 StPO im Verfallsausspruch aufgehoben, soweit der erweiterte [X.] angeordnet ist. Es wird klargestellt, dass gegen den An-geklagten Ö.

der erweiterte Verfall von Wertersatz in Höhe .

und K.

angeordnet ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an ei-ne andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten Ö.

wird nach §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten wegen bandenmäßigen Handel-treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils zu einer Frei-heitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie den erweiterten 1
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r-gegen gerichteten Revisionen rügen die Angeklagten allgemein die Verletzung sachlichen Rechts, die Angeklagten K.

und [X.]

beanstanden darüber hinaus das Verfahren. Während die Revisionen der zuletzt genannten Angeklagten umfassend durchdringen, führt die Revision des Angeklagten
Ö.

zu einer Teilaufhebung der Verfallsentscheidung.
1. Die auf die Sachrügen veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat allerdings zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Namentlich ist gegen die sorgfältige Beweiswürdigung in Bezug auf sämtliche Angeklagten rechtlich nichts zu erinnern.
2. Jedoch kann den im Wesentlichen gleichlautenden Verfahrensrügen der Angeklagten K.

und [X.]

, mit denen eine Verletzung des §
265 StPO in Verbindung mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) beanstandet wird, der Erfolg nicht versagt bleiben.
a) Ihnen liegt folgendes Geschehen zugrunde:
Mit der durch das [X.] unverändert zugelassenen Anklage waren den Angeklagten zwei Taten des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen worden, weil ihnen durch den [X.] S.

nach demselben Muster am 8. und 14. Janu-ar
2015 jeweils rund 20 kg Cannabis zum Zweck gewinnbringenden Verkaufs geliefert worden seien. Zu den Vorgängen ist durch das [X.] umfänglich Beweis erhoben worden. Im Verlauf der Hauptverhandlung verlautbarte der [X.] der St[X.]tsanwaltschaft Zweifel, ob der [X.] für den
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8.
Januar 2015 geführt werden könne. Am zehnten von insgesamt elf Verhand-lungstagen hat der Vorsitzende einen rechtlichen Hinweis erteilt, dass Tat 1 (vom 8. Januar 2015) und Tat 2 (vom 14. Januar 2015) entgegen Anklage und Eröffnungsbeschluss eine Handlun-rund 35 kg weit über die am 14. Januar 2015 gelieferten rund 20 kg hinausge-he. Ferner ist ein Vermerk des Vorsitzenden verlesen worden, nach dem nicht ausgeschlossen werden könne, dass die überschießende [X.] be-reits am 8. Januar 2015 geliefert worden sei oder auch durch Unbekannte; eine Einem Antrag der St[X.]tsanwaltschaft folgend hat das [X.] danach be-schlossen, das Verfahren in Bezug auf Tat 1 vorläufig einzustellen bzw. den Verfahrensstoff insoweit zu beschränken.

Am darauf folgenden (letzten) Verhandlungstag verlasen die Verteidiger schriftliche Einlassungen der Angeklagten, die sich ausdrücklich nur zu den Vorgängen am 14. Januar 2015 verhielten. Danach hat der Vorsitzende rechtli-che Hinweise gegeben, dass hinsichtlich des Angeklagten [X.]

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Taten in Betracht kommen können in Form des Handeltreibens (Haschisch 2

dass hinsichtlich des Angeklagten K.

auch Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht komme. Ein förmlicher Hinweis, dass Tat 1 bei der Beweiswürdigung und der Strafzumessung verwer-tet werden könne, ist nicht erteilt worden. Im Urteil hat das [X.] die Dro-genlieferung vom 8. Januar 2015 ordnungsgemäß festgestellt und diese Tat im Rahmen der Beweiswürdigung namentlich für die Annahme bandenmäßigen Handelns der Angeklagten sowie bei der Strafzumessung herangezogen.
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b) Bei dieser Sachlage kann das Urteil bezüglich dieser Beschwerdefüh-rer keinen Bestand haben.
[X.]) Es ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, dass durch vorläufige gerichtliche Verfahrenseinstellung ausgeschiedene Taten selbst im Fall prozessordnungsgemäßer Feststellung auch bei der Beweiswür-digung nur dann zu Lasten des Angeklagten verwertet werden dürfen, wenn dieser zuvor auf die Möglichkeit einer solchen Verwertung hingewiesen worden ist (vgl. [X.], Urteile vom 16. März 1983

2 StR 826/82, [X.]St 31, 302, 303; vom 3. April 1996

2 StR 590/95, [X.]R StPO § 154 Abs. 2 Hinweispflicht 2; vom 20. März 2001

1 StR 543/00, [X.]R StPO § 154 Abs. 2 Hinweis-pflicht
4). Die Verfahrenseinstellung begründet nämlich regelmäßig einen [X.], weswegen eine faire Verfahrensgestaltung sowie die [X.] rechtlichen Gehörs es gebieten, einen Hinweis zu erteilen, wenn das Tatgericht den Verfahrensstoff doch zum Nachteil des Angeklagten zu be-rücksichtigen gedenkt (vgl. [X.], [X.]O). An einem solchen Hinweis fehlt es hier.
bb) Allerdings weist der [X.] zutreffend darauf hin, dass der vorgenannte Grundsatz dann nicht gilt, wenn nach Lage des Falls durch die vorläufige Teileinstellung des Verfahrens ein Vertrauenstatbestand von vornherein nicht entstanden sein kann (vgl. [X.], Urteile vom 3. April 1996

2 StR 590/95, [X.]O; vom 20. März 2001

1 StR 543/00, [X.]O). Für einen sol-chen Ausnahmefall könnte hier sprechen, dass die zu beiden Taten parallel laufende, im Zeitpunkt der Verfahrenseinstellung bereits im Wesentlichen ab-geschlossenen Beweisaufnahme ausweislich der [X.] gewichtige Anhaltspunkte für einen bandenmäßigen Drogenhandel großen Umfangs und eine Übergabe von Drogen an die Angeklagten im zweistelligen [X.] (auch) am 8. Januar 2015 ergeben hatte. Ferner erfolgte die Teileinstel-7
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lung ausweislich des am 10. Verhandlungstag erteilten rechtlichen Hinweises maßgebend deshalb, weil die [X.] Bedenken hatte, ob die Taten nicht entgegen Anklage und Eröffnungsbeschluss eine Bewertungseinheit bildeten.
Andererseits wurden sowohl von der St[X.]tsanwaltschaft als auch im ver-lesenen Vermerk des Vorsitzenden [X.] angesprochen. Hinzu [X.] die am letzten Verhandlungstag gegebenen Hinweise an die beiden Ange-klagten, die den Vorwurf bandenmäßigen Handelns nicht enthielten, sowie der Umstand, dass sich die Angeklagten nur zur Tat vom 14. Januar 2015 einlie-ßen. Dies deutet darauf hin, dass diese

nach dem dargestellten Verlauf nicht unberechtigt und für die [X.] erkennbar

darauf vertrauten, das Land-gericht werde die Vorgänge zu Tat 1 bei der Urteilsfindung unberücksichtigt lassen. Unter solchen Vorzeichen hätte die [X.] einen Hinweis erteilen müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Verwertung der Beweis-ergebnisse mit der Folge des Nichtentstehens eines Vertrauenstatbestandes in anderer Form zum Ausdruck gebracht worden ist, lassen sich der [X.] der St[X.]tsanwaltschaft nicht entnehmen. Der Vorsitzende hat sich nicht dienstlich geäußert.
cc) Im Blick darauf, dass der Vorwurf bandenmäßigen Handeltreibens tragend auch auf die Vorgänge vom 8. Januar 2015 gestützt ist, kann ein [X.] des Urteils auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO) nicht ausgeschlos-sen werden. Die Sache bedarf deshalb bezüglich der Angeklagten K.

und [X.]

insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
3. Gegen den Verfallsausspruch hinsichtlich des Angeklagten Ö.

be-stehen durchgreifende rechtliche Bedenken.

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a) Der Senat versteht den Verfallsausspruch des angefochtenen Urteils dahin, dass er sich

gesamtschuldnerisch (vgl. [X.], BtMG, 4. Aufl., § 33 Rn. 72 mwN)

in Höhe der bei dem [X.] S.

sichergestellten .

, Ö.

und [X.]

richtet. Das ist im Grundsatz frei von [X.], weil der Nichtrevident S.

die Gelder, mit deren Einziehung er sich einverstanden erklärt hatte, im Wege ei-nes anderen Vorgangs erlangt hat (vgl. [X.], Urteil vom 16. Mai 2006

1 StR 46/06, [X.]St 51, 65, 72; [X.], [X.]O, § 33 Rn. 76). Jedoch hätte das [X.] wegen der Weitergabe Drogengelder an den [X.] zwin-gend die Härtevorschrift des § 73c StGB erwägen müssen (vgl. [X.], [X.]O).
b) In Höhe der bei dem Angeklagten K.

wird der Verfallsausspruch mit der vorgenannten Maßgabe durch den [X.] nicht berührt und kann bestehen bleiben. Jedoch war klarzustellen, dass insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung angeordnet ist (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 16. Juli 2013

4 [X.] Rn. 5 ff. mwN).
4. Die Prüfung des § 73c StGB wird das neu verhandelnde Tatgericht gegebenenfalls auch für die Angeklagten K.

und [X.]

nachzuho-len haben.
Sander

Dölp König
Ri[X.] Dr. Berger
ist urlaubsbedingt an der
Unterschrift gehindert.
Sander

Bellay

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Meta

5 StR 270/16

07.07.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2016, Az. 5 StR 270/16 (REWIS RS 2016, 8560)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8560

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 144/13

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