Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2021, Az. II ZR 48/20

2. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 8521

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Gegenstand

Kommanditistenhaftung: Leistung einer rückständigen Kommanditeinlage bei vertraglicher Verrechnungsabrede mit Gewinnen


Tenor

Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 24. Januar 2020 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin und dem Beklagten jeweils zur Hälfte auferlegt.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 2.036 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Filmfonds in Form einer [X.], nimmt den Beklagten als ehemaligen Kommanditisten auf Zahlung eines [X.]s in Anspruch.

2

Der Beklagte beteiligte sich im November 2003 als Direktkommanditist mit einer Zeichnungssumme von 20.000 € [X.] 3 % Agio an der Klägerin. Gemäß § 4 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags in der im Beitrittszeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: [X.]) leistete er zunächst nur 54 % der Zeichnungssumme zuzüglich Agio; die restlichen 46 % sollten in einem Betrag durch Verrechnung mit ausschüttungsfähigen Gewinnen erbracht werden. § 4 Nr. 3 [X.] lautete:

"3. Kommanditeinlagen der Treugeber und [X.]:

Die [X.] eines Treugebers oder [X.] beträgt mindestens [X.] 15.000,00 zuzüglich eines Agio in Höhe von 3 % der [X.] und muss durch 5.000 teilbar sein. Die Treugeber und [X.] sind verpflichtet, 54 % der [X.] zuzüglich eines Agio in Höhe von 3 % nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen als Bareinlage zu leisten. 46 % der [X.] werden zinslos fällig, wenn die Treugeber und [X.] diesen Betrag in voller Höhe aus erwirtschafteten und zur Ausschüttung anstehenden Gewinnen der Gesellschaft leisten können. Sobald in dieser Höhe ausschüttungsfähige Gewinne zur Verfügung stehen, werden diese mit dem ausstehenden Teil der [X.] in gleicher Höhe verrechnet. Die [X.]n sind feste Kapitalanteile. [X.] werden jeweils mit 103 % der [X.] ... als Haftsumme im Handelsregister eingetragen.

...

Eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen oder sonstiger die [X.] zuzüglich Agio übersteigenden Zahlungen oder zur Teilnahme an Kapitalerhöhungen, die die übrigen Gesellschafter und Treugeber beschließen, besteht nicht. Dies gilt auch im Fall vorheriger vertragsgemäßer Entnahmen, die nicht durch Gewinne gedeckt sind, so daß in dieser Weise zurückbezahlte Kapitaleinlagen nicht als [X.]n wieder einzulegen sind."

3

Am 24. Juli 2012 beschloss die Gesellschafterversammlung, § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 wie folgt zu ersetzen:

"6 % der [X.] werden zinslos fällig, wenn sie durch die Geschäftsführung der [X.] der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der Gesellschaft schriftlich eingefordert werden; der Rest der ausstehenden [X.] kann nur zinslos eingefordert werden, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird."

4

Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 stellte die Klägerin 6 % der [X.] fällig und forderte den Beklagten zur Einzahlung von 1.200 € auf. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nach und schied nach ordentlicher Kündigung seiner Beteiligung zum 31. Dezember 2014 aus der Klägerin aus.

5

Die Klägerin hat den Beklagten mit der Behauptung, sein auf den31. Dezember 2014 ermittelter [X.] betrage 2.036 €, auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren [X.] weiter. Der Beklagte hat [X.] eingelegt, mit der er die Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es ihn beschwert, und die Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang begehrt.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision und die [X.] sind statthaft und zulässig, in der Sache aber unbegründet. Über die [X.] des [X.]n ist, auch wenn die Klägerin diesbezüglich keinen Antrag gestellt hat, nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sie sich auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl. [X.], Urteil vom 13. März 1997 - [X.], [X.], 156, 157 mwN).

7

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

8

Die Berufung sei zum überwiegenden Teil unbegründet, weil der [X.] einen etwaigen Abfindungsfehlbetrag nach § 167 Abs. 3 HGB nur bis zur Höhe einer rückständigen Einlage ausgleichen müsse und bei seinem Ausscheiden keine rückständige Einlage im Sinne dieser Vorschrift bestanden habe. Bei der Verrechnungsregel in § 4 Nr. 3 [X.] aF habe es sich zwar lediglich um eine Fälligkeitsregelung mit teilweiser Stundung der nicht in Barmitteln zu leistenden Einlage gehandelt, die mit dem Beschluss vom 24. Juli 2012 hinsichtlich weiterer 6 % der Einlage beendet worden sei. Hinsichtlich der restlichen 40 % der Einlage sei § 167 Abs. 3 HGB durch den Beschluss jedoch dahingehend teilweise abbedungen bzw. eingeschränkt worden, dass eine Einlage nur dann rückständig im Sinne dieser Vorschrift sei, wenn sie durch [X.]erbeschluss eingefordert werde. Da dies nicht erfolgt sei und damit schon dem Grunde nach kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den [X.]n mehr bestehe, komme es auf die Frage, ob vorab ein Schiedsgutachten einzuholen gewesen wäre, nicht an.

9

II. Die Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Die Klägerin wendet sich zwar zu Recht gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, sie könne den [X.]n bereits dem Grunde nach nicht mehr auf Ausgleich eines negativen [X.] in Anspruch nehmen. Das verhilft ihrer Revision aber nicht zum Erfolg, da das Berufungsgericht ihren [X.] - trotz seiner gegenteiligen Auffassung - im Tenor seiner Entscheidung im Ergebnis zutreffend nur als derzeit unbegründet abgewiesen hat. Die [X.] des [X.]n, mit der er die Wiederherstellung der endgültigen Klageabweisung durch das Amtsgericht begehrt, ist danach unbegründet.

1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Klägerin den [X.]n aufgrund des [X.]svertrags i.V.m. § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, §§ 735, 738, 739 [X.] gemäß § 167 Abs. 3 HGB nur bis zur Höhe seiner "rückständigen Einlage" auf Ausgleich eines negativen [X.] in Anspruch nehmen kann.

Soweit in § 8 Nr. 3 [X.] eine Beteiligung der [X.]er und Treugeber an Gewinn und Verlust "im Verhältnis ihrer Kapitalkonten I" und in § 19 [X.] eine Gewinn- und Verlustbeteiligung der Treugeber und [X.] "im Verhältnis ihrer nominellen [X.] (Beiträge der Pflichteinlagen)" vorgesehen ist, folgt daraus keine Vereinbarung einer Verlustbeteiligung über § 167 Abs. 3 HGB hinaus. Eine solche Nachschussverpflichtung bedürfte einer klaren und eindeutigen Regelung, um nicht gegen § 707 [X.] zu verstoßen (vgl. [X.], Urteil vom 27. September 1982 - [X.], NJW 1983, 164; Urteil vom 28. November 1994 - [X.], NJW-RR 1995, 226, 227). Die hier vorliegende bloße Verlustbeteiligungsklausel entsprechend fester Kapitalkonten reicht dafür nicht aus (vgl. [X.], [X.], 916, 917 ff.). Zudem widerspräche die Annahme einer Nachschussverpflichtung der ausdrücklichen Regelung in § 4 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 [X.], der zufolge eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen oder sonstiger die Pflichteinlage zuzüglich Agio übersteigender Zahlungen nicht besteht.

2. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, nach der am 24. Juli 2012 beschlossenen Neufassung von § 4 Nr. 3 [X.] bestehe keine "rückständige Einlage" des [X.]n im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB mehr. Vielmehr handelt es sich auch nach der Neufassung von § 4 Nr. 3 [X.] bei den vom [X.]n noch nicht erbrachten 40 % seiner Zeichnungssumme um eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB.

a) Entgegen der Ansicht des [X.]n ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass er sich mit seiner Beitrittserklärung i.V.m. § 4 Nr. 3 [X.] aF zur Leistung einer Pflichteinlage in Höhe der gesamten Zeichnungssumme von 20.000 € verpflichtet hat.

Dass die [X.]er nach § 4 Nr. 3 Satz 2 bis 4 [X.] aF nur 54 % des [X.] als Geldeinlage zu leisten hatten und die restlichen 46 % erst fällig werden sollten, wenn dieser Betrag aus erwirtschafteten und ausschüttungsfähigen Gewinnen geleistet werden konnte, ändert nichts an ihrer Gesamtverpflichtung in Höhe des vollen [X.]. Wie auch das Berufungsgericht ausgeführt hat, handelte es sich bei § 4 Nr. 3 Satz 2 bis 4 [X.] aF lediglich um eine Fälligkeitsregelung, mit der der nicht als Geldeinlage zu leistende Anteil von 46 % des [X.] zunächst gestundet wurde. Das ergibt sich bei objektiver Auslegung aus Sicht eines durchschnittlichen Anlegers (vgl. [X.], Urteil vom 18. September 2012 - [X.], [X.], 2291 Rn. 18) bereits aus dem Wortlaut der Klausel, wonach die restlichen "46 % der Pflichteinlage ... fällig" werden sollten, wenn die [X.]er diesen Betrag aus erwirtschafteten und ausschüttungsfähigen Gewinnen leisten konnten, die dann mit dem "ausstehenden Teil der Pflichteinlage" verrechnet werden sollten. Eine Auslegung der Regelung im Sinne einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 [X.]) dahingehend, dass eine weitere Einlageverpflichtung hinsichtlich 46 % des [X.] nur bei Erzielung entsprechender ausschüttungsfähiger Gewinne entstehen sollte, kommt angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung der restlichen 46 % als ausstehender Teil der Pflichteinlage nicht in Betracht.

Das gilt auch dann, wenn der [X.]er - wie hier - vor Erwirtschaftung ausreichender ausschüttungsfähiger Gewinne und damit vor Fälligkeit der restlichen 46 % der Pflichteinlage aus der [X.] ausscheiden sollte. Eine Unterscheidung zwischen in der [X.] verbleibenden und aus ihr ausscheidenden [X.]ern ist dem Wortlaut von § 4 Nr. 3 [X.] aF nicht zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus den übrigen gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Zwar bestimmt § 23 Nr. 3 [X.], dass der [X.]santeil des [X.] den übrigen [X.]ern oder [X.] im Verhältnis ihrer Beteiligungen anwächst, so dass die nicht als Bareinlage zu leistende Pflichteinlage für diesen Anteil weiterhin durch Verrechnung mit Gewinnen (der übrigen [X.]er) erbracht werden könnte. Das rechtfertigt bei interessengerechter Auslegung aber nicht die Annahme, dass der Ausscheidende nicht mehr zur Leistung dieses Teils der Pflichteinlage verpflichtet sein sollte. Mit dem Ansatz des Verkehrswerts seiner Beteiligung in der Auseinandersetzungsrechnung gemäß § 23 Nr. 6 [X.] erhält der Ausscheidende von der [X.] einen Ausgleich für den in diesem Anteil verkörperten Wert des Anspruchs auf mögliche künftige Gewinnausschüttungen, für den er sich im Gegenzug mit seinem Beitritt zur Leistung der gesamten Pflichteinlage verpflichtet hat und bei einem Verbleib in der [X.] auch noch die restliche Pflichteinlage mittels zu verrechnender Gewinne erbringen müsste. Ein Grund, warum ihm die [X.] diesen Wert bei seinem Ausscheiden unter Verzicht auf die dafür ursprünglich vereinbarte Gegenleistung zukommen lassen sollte, ist nicht ersichtlich.

b) Ohne Erfolg macht der [X.] mit der [X.] im Weiteren geltend, jedenfalls sei seine Einlageverpflichtung auch in Höhe der nach § 4 Nr. 3 [X.] aF durch Verrechnung zu erbringenden 46 % spätestens im [X.] und damit bereits vor dem Beschluss vom 24. Juli 2012 vollständig erfüllt worden, weil die Klägerin [X.] in Höhe von 46 % des gesamten [X.] aufgenommen und mit ausschüttungsfähigen Gewinnen zurückgeführt habe.

aa) Der [X.] macht geltend, dass nach dem Prospekt eine Fremdfinanzierung des Fonds in Höhe von 46 % der [X.] bis zum [X.] vorgesehen gewesen sei und nach einer Auskunft des Beirats im [X.] sämtliche von der Klägerin hierfür aufgenommenen Darlehen aus erwirtschafteten und ausschüttungsfähigen Gewinnen zurückgeführt worden seien. Damit, so der [X.], seien ausschüttungsfähige Gewinne in Höhe von 46 % seiner Pflichteinlage zur Ablösung der Darlehen verwendet worden. Nach den tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sei daher eine Verrechnung der Gewinne mit seiner ausstehenden Pflichteinlage erfolgt und diese damit vollständig erbracht.

bb) Das trifft nicht zu. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sollte die restliche Pflichteinlage des [X.]n nicht mit fremden Mitteln finanziert werden, sondern durch Verrechnung mit ihm zustehenden ausschüttungsfähigen [X.]. Die Fremdfinanzierung sollte dagegen nur auf [X.] der [X.] "projektbezogen" erfolgen, um die durch die Stundung von 46 % der Pflichteinlagen bestehende Lücke im Kapitalbedarf der [X.] zu decken. Die Rückführung dieser Darlehen mit von der [X.] erwirtschafteten Erträgen stellt keine gleichzeitige Verrechnung mit [X.] des [X.]n im Sinne von § 4 Nr. 3 [X.] aF dar. Die Annahme des [X.]n, dass diese Erträge eigentlich an ihn hätten ausgeschüttet werden müssen, so dass ihre Verwendung zur Rückführung von Darlehen der Klägerin als verkürzte Verrechnung mit seiner restlichen Einlageschuld anzusehen sei, trifft bereits deshalb nicht zu, weil die Erträge nicht als Gewinne ausschüttungsfähig waren, wenn sie noch zur Tilgung von Darlehen der [X.] benötigt wurden.

c) Bei der demnach noch offenen Einlageverpflichtung des [X.]n in Höhe von 8.000 € handelt es sich auch nach der am 24. Juli 2012 beschlossenen Neufassung von § 4 Nr. 3 [X.] um eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB.

aa) Eine im [X.]punkt des Ausscheidens des [X.]ers noch offene Einlageverpflichtung stellt grundsätzlich unabhängig von ihrer Fälligkeit eine "rückständige Einlage" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB dar (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 2018 - [X.], [X.], 892 Rn. 36). Dementsprechend hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, dass der [X.] jedenfalls unter der Geltung von § 4 Nr. 3 [X.] aF trotz der darin enthaltenen Fälligkeitsvereinbarung gemäß § 167 Abs. 3 HGB bis zur vollen Höhe seiner noch nicht erbrachten Pflichteinlage zum Ausgleich eines negativen [X.] verpflichtet war.

bb) An dem Umfang dieser Verlusthaftung des [X.]n hat sich durch die am 24. Juli 2012 beschlossene Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] nichts geändert.

(1) Wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Neufassung die Höhe der noch zu erbringenden restlichen Pflichteinlage nicht verändert.

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Neufassung, in der weiterhin von 6 % "der Pflichteinlage" sowie hinsichtlich der weiteren noch offenen 40 %, die aufgrund eines entsprechenden [X.]erbeschlusses eingefordert werden können sollten, ausdrücklich von dem "Rest der ausstehenden Pflichteinlage" die Rede ist. Dass mit der Vertragsänderung eine Reduzierung der geschuldeten Pflichteinlage beabsichtigt gewesen sein könnte, ist danach auszuschließen. Dagegen spricht auch, dass die weiteren 6 % der Pflichteinlage "zum Zwecke der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der [X.]" fällig gestellt wurden. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist kaum anzunehmen, dass die [X.] vor diesem Hintergrund - etwa als Ausgleich für die nun zahlbar gestellten weiteren 6 % der Pflichteinlage - auf die restlichen 40 % der Einlageforderung verzichten wollte. Dass für ausgeschiedene [X.]er etwas anderes gelten sollte, ist dem Wortlaut der Neuregelung nicht zu entnehmen.

(2) Entgegen der Ansicht des [X.]n folgt aus der Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] auch nicht, dass für das Entstehen einer Verpflichtung der [X.]er zur Erbringung der restlichen 40 % der Pflichteinlage eine entsprechende Beschlussfassung der [X.]erversammlung konstitutiv erforderlich sein sollte.

Der [X.] meint, erst durch die Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] seien die [X.]er verpflichtet worden, auch den nach § 4 Nr. 3 Abs. 1 [X.] aF nicht als Bareinlage zu leistenden Anteil von 46 % der Zeichnungssumme unter den dort genannten Voraussetzungen zu erbringen. Die Verpflichtung zur Erbringung des restlichen Anteils von 40 % der Pflichteinlage sei danach von einer entsprechenden Beschlussfassung abhängig gemacht worden, die mithin konstitutiv für das Entstehen einer weiteren Beitragspflicht habe sein sollen. Da Gegenstand dieser Beschlussfassung eine Erhöhung der Beitragspflicht im Sinne der § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 2 HGB, § 707 [X.] wäre, bedürfe ein solcher Beschluss zudem der Zustimmung jedes einzelnen [X.]ers.

Das trifft nicht zu. Wie oben bereits ausgeführt, sind die [X.]er nicht erst durch die Neufassung von § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] zur Erbringung des ursprünglich nicht als Bareinlage zu leistenden Anteils der Zeichnungssumme verpflichtet worden, sondern waren hierzu bereits aufgrund von § 4 Nr. 3 [X.] aF verpflichtet. Mit der Neufassung wurde unter Beibehaltung der Höhe der insgesamt zu 100 % geschuldeten Pflichteinlage lediglich die Fälligkeit des noch offenen Restbetrags (durch teilweise Beendigung der bisherigen Stundung) und die Art der Leistung (durch Ersetzung der bisher vorgesehenen Verrechnung mit ausschüttungsfähigen Gewinnen durch eine Zahlungspflicht für zunächst weitere 6 % der Pflichteinlage auf schriftliches Anfordern durch die Geschäftsführung sowie für die restlichen 40 % der Pflichteinlage bei entsprechender Beschlussfassung durch die [X.]er) geändert. Diese Änderungen der Leistungsmodalitäten mögen den einzelnen [X.]er ungünstig getroffen haben, wenn er sich auf eine Verrechnungsmöglichkeit mit ausschüttungsfähigen Gewinnen eingestellt hatte. Eine weitere, neue Beitragspflicht, die nach § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 707 [X.] einer Zustimmung sämtlicher [X.]er bedurft hätte (vgl. dazu [X.], Urteil vom 16. Oktober 2012 - [X.], [X.], 31 Rn. 36; Urteil vom 19. Oktober 2009 - [X.]/08, [X.]Z 183, 1 Rn. 21), wurde ihm dadurch jedoch nicht auferlegt.

(3) Anders als vom Berufungsgericht angenommen, ergibt sich aus der Neufassung des § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] aber auch keine Einschränkung der Verlusthaftung ausgeschiedener Kommanditisten dahingehend, dass der von ihnen noch nicht geleistete Teil der Pflichteinlage nur bei entsprechender Einforderung durch einen [X.]erbeschluss "rückständig" im Sinne von § 167 Abs. 3 HGB sein soll. Die Auslegung des § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 [X.] durch das Berufungsgericht beruht auf einer rechtsfehlerhaften Gewichtung der Interessen der Beteiligten.

Dem Wortlaut der Neuregelung ist kein Anhaltspunkt für die vom Berufungsgericht angenommene Einschränkung zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus den Interessen der Beteiligten und dem Zweck der Neuregelung.

Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass mit der in § 4 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 [X.] vorausgesetzten Beschlussfassung der [X.]er über die Einforderung der restlichen Einlageforderung ein Schutz der [X.]er bezweckt ist. Diese sollten nicht allein aufgrund einer weiteren Zahlungsaufforderung durch die Geschäftsführung auf Leistung ihrer restlichen Pflichteinlage in Anspruch genommen werden können, sondern nur dann, wenn die [X.]er dies zuvor durch einen Beschluss für notwendig erachtet hatten. Zutreffend ist auch, dass dieser Schutz bei einem ausscheidenden [X.]er nicht mehr zum Tragen kommt, wenn seine gesamte noch offene Pflichteinlage auch ohne entsprechenden [X.]erbeschluss in die Berechnung seines Abfindungsguthabens zu Gunsten der [X.] eingestellt wird und er bis zur Höhe dieser noch offenen Einlageforderung nach § 167 Abs. 3 HGB haftet, obwohl sie durch die [X.]er noch nicht eingefordert worden ist.

Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung jedoch fehlerhaft die Interessen der Klägerin und der in der [X.] verbleibenden [X.]er außer Betracht gelassen. Diesen widerspräche es, wenn der Ausscheidende durch die vom Berufungsgericht angenommene Einschränkung von § 167 Abs. 3 HGB mit dem [X.]punkt seines Ausscheidens von seiner gesamten restlichen, noch nicht durch [X.]erbeschluss fällig gestellten Einlageverpflichtung befreit würde. Weshalb ihn die verbleibenden [X.]er derart von seiner ursprünglichen Leistungszusage entbinden sollten, ist, wie oben bereits zu § 4 Nr. 3 [X.] aF ausgeführt, nicht ersichtlich, zumal der Ausscheidende sich selbst dafür entschieden hat, am weiteren Schicksal der [X.] nicht teilzunehmen und stattdessen eine Abrechnung zum [X.]punkt seines Ausscheidens zu verlangen. Dies führt auch zu keiner Schlechterstellung des [X.] gegenüber den in der [X.] verbleibenden [X.]ern, da diese ebenfalls grundsätzlich weiterhin zur Leistung der restlichen Einlage verpflichtet sind und der entsprechende Betrag auch bei ihnen im Fall der Liquidation der [X.] oder bei ihrem Ausscheiden ohne vorherige Beschlussfassung in der noch offenen Höhe zu ihren Lasten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Der [X.] der Klägerin ist infolge der vom [X.]n erhobenen [X.]einrede nach § 23 Nr. 6 [X.] jedenfalls derzeit unbegründet.

Der Senat kann über die vom Amts- und Landgericht offen gelassene Frage, ob vor Klageerhebung die Einholung eines Schiedsgutachtens nach § 23 Nr. 6 [X.] geboten war, gemäß § 563 Abs. 3 ZPO auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst entscheiden, da insoweit weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind.

a) [X.] ist im vorliegenden Fall anwendbar, da der [X.] nach den zugrunde zu legenden Feststellungen - wie nach § 23 Nr. 6 Satz 2 [X.] erforderlich - Einwände gegen die Höhe des von der Klägerin behaupteten [X.], insbesondere das Fehlen einer individuellen Anspruchsberechnung und wesentlicher Parameter in der von der Klägerin vorgelegten Musterberechnung, geltend gemacht hat.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin war auch eine Leistungsbestimmung analog § 319 Abs. 1 Satz 2 [X.] durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens nicht geboten.

aa) Nach § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] ist die Leistungsbestimmung durch Urteil vorzunehmen, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann, will oder verzögert. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass die Leistung durch das Gericht bestimmt werden soll, wenn sich die von den Vertragsparteien in erster Linie gewollte Bestimmung durch einen [X.] als nicht durchführbar erweist (vgl. [X.], Urteil vom 7. April 2000 - [X.], [X.], 2986, 2987 mwN). [X.] ist eine Bestimmung schon dann, wenn die hierzu verpflichtete [X.] den [X.] nicht innerhalb angemessener [X.] benennt, ohne dass es dabei auf ihr Verschulden ankommt (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 1979 - [X.], [X.]Z 74, 341, 344 f.; Urteil vom 26. Oktober 1989 - [X.], NJW 1990, 1231, 1232; Urteil vom6. November 1997 - [X.], [X.], 1388, 1390; Urteil vom 7. April 2000 - [X.], [X.], 2986, 2987; Urteil vom 7. Juni 2011 - [X.], [X.], 1358 Rn. 13 ff.; Urteil vom 4. Juli 2013 - [X.], NJW-RR 2014, 492 Rn. 31). Entsprechendes gilt für den Fall, in dem nicht eine [X.] den Gutachter zu benennen hatte, sondern die [X.]en über seine Person eine Einigung herbeizuführen hatten (vgl. [X.], Urteil vom 12. Januar 2001 - [X.], NJW 2001, 1928, 1929; Urteil vom 4. Juli 2013 - [X.], NJW-RR 2014, 492 Rn. 31).

bb) Ein vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Die Einholung eines Gutachtens ist - wie die Klägerin selbst einräumt - nicht daran gescheitert, dass die [X.]en sich nicht auf die Person des Gutachters einigen konnten, sondern daran, dass keine Seite Schritte zur Einholung eines Gutachtens unternommen hat. Anders als in dem der Entscheidung des [X.] vom 7. April 2000 ([X.], [X.], 2986, 2987) zugrundeliegenden Sachverhalt ist die Einholung des Gutachtens noch durchführbar. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hätte es der Klägerin als Anspruchstellerin oblegen, die Einholung des Gutachtens in die Wege zu leiten. Sie weist zwar zutreffend darauf hin, dass § 23 Nr. 6 [X.] keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, welche [X.] bei Streit über die Abfindungshöhe zur Einholung des Gutachtens verpflichtet sein sollte. Mangels anderweitiger vertraglicher Regelung ist daher in ergänzender Vertragsauslegung davon auszugehen, dass grundsätzlich beide Seiten gleichermaßen verpflichtet waren, die zur Einholung eines Schiedsgutachtens erforderlichen Schritte einzuleiten bzw. daran mitzuwirken (vgl. [X.]/[X.], [X.], 80. Aufl., § 317 Rn. 7). Aus dieser beiderseitigen Mitwirkungsverpflichtung folgt, dass derjenige, der sich eines Anspruchs aus dem zu ermittelnden Abfindungsguthaben berühmte und diesen Anspruch geltend machen wollte, bei Streit über dessen Höhe die Initiative zur gemeinsamen Einholung eines Schiedsgutachtens zu ergreifen hatte. In dieser Situation ist es weder angezeigt noch geboten, der Klägerin allein aufgrund ihrer Untätigkeit und der seit dem Ausscheiden des [X.]n verstrichenen [X.] über § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] eine unmittelbare Klage auf Zahlung des von ihr errechneten negativen Abfindungsguthabens und damit eine Umgehung der vertraglichen Vereinbarung zu ermöglichen. Allein der Gedanke der [X.] gibt insoweit keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

c) Schließlich war bzw. ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Fristsetzung gemäß §§ 356, 431 ZPO zur Beibringung eines Schiedsgutachtens geboten. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe des Gerichts, der Klägerin trotz ihrer vorgerichtlichen Untätigkeit allein aus möglichen prozessökonomischen Erwägungen unter Umgehung der vertraglichen Vereinbarung eine unmittelbare Klage auf Zahlung des von ihr behaupteten Abfindungsguthabens zu ermöglichen und mit einer Entscheidung bis zur Erfüllung der vertraglichen Anspruchsvoraussetzungen zuzuwarten.

Drescher     

        

Born     

        

B. Grüneberg

        

[X.]     

        

v. Selle     

        

Meta

II ZR 48/20

23.02.2021

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Freiburg (Breisgau), 24. Januar 2020, Az: 3 S 49/19

§ 105 Abs 3 HGB, § 161 Abs 2 HGB, § 167 Abs 3 HGB, § 735 BGB, § 738 BGB, § 739 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2021, Az. II ZR 48/20 (REWIS RS 2021, 8521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8521

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