Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.07.2010, Az. VIII B 39/09

8. Senat | REWIS RS 2010, 4758

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Gegenstand

Keine Verfahrenstrennung ohne ausdrücklichen Beschluss


Leitsatz

1. NV: Durch gemeinsame Klageerhebung miteinander verbundene Verfahren können nur durch ausdrücklichen gerichtlichen Trennungsbeschluss getrennt werden, nicht durch konkludentes Verhalten.

2. NV: Erheben Eheleute gemeinsam Klage, verfolgen sie dabei das gleiche Klageziel und handeln sie verfahrensrechtlich im Einklang, kommt im ungetrennten Verfahren ein Teilurteil nur gegenüber einem Ehegatten nicht in Betracht.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist begründet. Sie führt gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht ([X.]).

2

Zu Unrecht hat das [X.] ein Urteil nur gegenüber der Klägerin erlassen.

3

Entsteht nach einer Kostenentscheidung wegen Erledigung der Hauptsache (§ 138 Abs. 1 [X.]O) Streit darüber, ob übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben wurden, ist das Verfahren fortzusetzen. So liegen die Verhältnisse im Streitfall: das [X.] hat eine Kostenentscheidung getroffen, nachdem im Verfahren 10 [X.] (Anfechtungsklage der Klägerin und ihres Ehemannes) die Beteiligten den Rechtsstreit nach dem Sitzungsprotokoll zur mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2008 wegen Einkommensteuer 1992 und 1995 bis 2000 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten. Da in der Folge beide Ehegatten die Abgabe von Erledigungserklärungen bestritten haben, war das Verfahren 10 [X.] fortzuführen.

4

Hiervon ist auch das [X.] ausgegangen. [X.] hat es jedoch angenommen, das Verfahren könne auch ohne [X.] für jeden Ehegatten getrennt fortgeführt und entschieden werden. In diesem Zusammenhang ist die Vergabe neuer Aktenzeichen für das fortgeführte Verfahren ein verwaltungstechnischer Vorgang ohne entscheidungserhebliche Bedeutung. Die Eheleute haben ihre Anfechtungsklage gemeinsam erhoben (so genannte subjektive Klagehäufung); als zusammenveranlagte Ehegatten bilden sie eine einfache Streitgenossenschaft (s. Gräber/[X.], Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 59 Rz 6). Auch in einem derartigen Fall subjektiver Klagehäufung ist eine Trennung der Verfahren der verschiedenen Kläger nach § 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]O zwar grundsätzlich möglich (vgl. Beschlüsse des [X.] --BFH-- vom 23. August 2007 [X.]/06, [X.], 2320; vom 30. Oktober 1986 [X.]/86, [X.] 1987, 256), hier aber nicht erfolgt. Miteinander durch Verbindungsbeschluss oder von vornherein nach § 43 [X.]O oder durch gemeinsame Klageerhebung verbundene Verfahren --z.B. wie hier durch subjektive [X.] können nicht durch eine konkludente Entscheidung, sondern nur durch einen ausdrücklichen richterlichen [X.] getrennt werden ([X.] vom 24. Oktober 1973 [X.]/72, [X.], 465, [X.] 1974, 137; vom 22. März 1993 [X.], [X.], [X.], 308, [X.] 1993, 514; vgl. auch [X.] Köln, Urteil vom 21. Dezember 2005  10 Ko 4172/05, Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 441).

5

Die angefochtene Entscheidung kann keinen Bestand als Teilurteil gemäß § 98 [X.]O haben. Jedenfalls dann, wenn die Ehegatten ersichtlich ein gemeinsames Klageziel verfolgen und --wie hier-- auch prozessual im Gleichklang handeln, kommt eine Entscheidung nur einem Ehegatten gegenüber nicht in Betracht. Deshalb kann dahinstehen, ob bei Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer ein Teilurteil nicht schon dem Grunde nach ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2003 [X.], [X.] 2004, 527).

Meta

VIII B 39/09

15.07.2010

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 15. Dezember 2008, Az: 10 K 2875/08, Urteil

§ 43 FGO, § 59 FGO, § 73 Abs 1 FGO, § 98 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.07.2010, Az. VIII B 39/09 (REWIS RS 2010, 4758)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4758

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