Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.04.2018, Az. 2 StR 1/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 10583

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Gegenstand

Strafrahmenbemessung bei Betäubungsmitteldelikten: Strafrahmenmilderung unter Berücksichtigung der Sperrwirkung bei Gesetzeskonkurrenz


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. September 2017 im Strafausspruch sowie hinsichtlich der Anordnung über den [X.] aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen mit Waffen begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, bestimmt, dass von der erkannten Freiheitsstrafe zehn Monate vor der Maßregel zu vollziehen sind und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat im Hinblick auf den Schuldspruch, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie die Einziehungsentscheidung keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Hingegen haben der Strafausspruch und die Anordnung des [X.] keinen Bestand.

3

1. Das [X.] hat bei seiner [X.] unter Berücksichtigung der strafmildernden und strafschärfenden Faktoren, die es rechtsfehlerfrei festgestellt hat, zunächst den Regelstrafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG als angemessen erachtet. Es hat unter zusätzlicher Berücksichtigung der Aufklärungshilfe des Angeklagten (§ 31 BtMG) und der sonstigen Strafzumessungserwägungen einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG angenommen. Das [X.] hat mit Blick auf die Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG und, angesichts des Umfangs des [X.], unter Ablehnung eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG, seiner Strafzumessung im engeren Sinn einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zu Grunde gelegt. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

4

a) Beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln steht der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in [X.] zum Grundtatbestand nach § 29 Abs. 1 BtMG sowie zu den weiteren [X.] nach § 29a Abs. 1 und § 30 Abs. 1 BtMG ([X.], Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 [X.], NJW 2003, 1679, 1680; LK-StGB/[X.], 12. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 52 ff. Rn. 95). Bei [X.] entfaltet, ebenso wie bei Tateinheit gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB, das zurücktretende Delikt zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 24. April 1951 - 1 [X.], [X.]St 1, 152, 155 f.; Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 [X.], aaO; LK-StGB/[X.], aaO). Für die nach dem verdrängenden und dem verdrängten Strafgesetz zu vergleichenden Mindeststrafen gilt, da es um die Ermittlung der gerechten Strafe geht, eine konkrete Betrachtung, so dass auch jeweils vorliegende spezialgesetzliche oder im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches vorgesehene Strafmilderungsgründe zu berücksichtigen sind ([X.]/[X.]/[X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 52 Rn. 37).

5

b) Nach diesen Maßstäben hat das [X.] bei der [X.] nicht bedacht, dass für den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG angesichts des von ihm abgelehnten minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG und des damit nicht verbrauchten vertypten [X.] nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG eine Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht gekommen wäre, mit der Folge, dass die gemilderte Mindestgrenze des § 29a Abs. 1 BtMG von drei Monaten Freiheitsstrafe keine Sperrwirkung für die Mindeststrafe aus § 30a Abs. 3 BtMG ausgelöst hätte ([X.], Beschluss vom 5. August 2013 - 5 [X.], [X.], 482).

6

c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Zumessung der Freiheitsstrafe auf diesem Rechtsfehler beruht. Die Strafkammer hat der Aufklärungshilfe des Angeklagten maßgebliche Bedeutung beigemessen und mit diesem vertypten [X.] die Annahme eines minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG gerechtfertigt. Den Urteilsgründen sind - auch in ihrem Gesamtzusammenhang - keine Erwägungen zu entnehmen, die ausschließen, dass die Strafkammer unter Berücksichtigung der aufgezeigten Gesichtspunkte bei der Ermittlung des Kombinationsstrafrahmens für § 29a Abs. 1 BtMG keine Strafrahmenverschiebung in Betracht gezogen hätte und so innerhalb eines dann maßgeblichen Strafrahmens nach § 30a Abs. 3 BtMG von sechs Monaten bis zehn Jahren zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.

7

2. Die Aufhebung des Strafausspruchs entzieht der Anordnung des [X.] die Grundlage.

8

3. Der Aufhebung von Urteilsfeststellungen bedarf es bei dem aufgezeigten [X.] nicht. Das neue Tatgericht wird die [X.] und die Strafzumessung auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen vorzunehmen haben. Ergänzende Feststellungen kann der neue Tatrichter treffen, soweit sie nicht in Widerspruch zu den bisherigen Feststellungen treten.

Schäfer     

        

Krehl     

        

Bartel

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 StR 1/18

18.04.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 14. September 2017, Az: 27 KLs 7/17

§ 29a Abs 1 BtMG, § 29a Abs 2 BtMG, § 30 Abs 1 BtMG, § 30a Abs 1 BtMG, § 30a Abs 2 Nr 2 BtMG, § 30a Abs 3 BtMG, § 31 S 1 Nr 1 BtMG, § 49 Abs 1 Nr 3 StGB, § 52 Abs 2 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.04.2018, Az. 2 StR 1/18 (REWIS RS 2018, 10583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10583

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