Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.07.2010, Az. 4 BN 1/10

4. Senat | REWIS RS 2010, 5121

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Gegenstand

Zum Einfluss unzutreffender Erwägungen auf das Abwägungsergebnis


Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützten [X.] zum Thema "dauerhafte Wohnnutzung" ([X.]eschwerdebegründung S. 3 - 13) führen nicht zur Zulassung der Revision.

3

1.1 Als Grundsatzrüge formuliert der Antragsteller drei Fragen, mit denen er geklärt sehen will, "wie die i.S.d. SachenR[X.]erG einschließlich des vorkonstitutionellen Rechts entstandenen Wohnhäuser/Eigenheime (Objekte ganzjähriger Nutzung) zu behandeln sind" ([X.]eschwerdebegründung S. 11 - Klammerzusatz im Original). Zur [X.]egründung macht er unter Wiedergabe von Rechtsprechung des [X.] zum [X.]egriff des Wohngebäudes nach dem [X.] geltend, das Oberverwaltungsgericht sei ohne jede weitere Überprüfung des Sachvortrags zu Ungunsten des Antragstellers von einem Wochenendhaus ausgegangen ([X.]eschwerdebegründung S. 4 - 11). Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf wird damit nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt. Ungeachtet der allgemein gehaltenen Formulierung der Fragen wendet sich die [X.]eschwerde letztlich nur nach Art einer [X.]erufungsbegründung gegen die Auffassung des [X.], es bestehe weder ein Recht zur [X.]ebauung mit einem Wohnhaus noch eine Genehmigung zum dauerhaften Wohnen, so dass nicht zu beanstanden sei, dass die Antragsgegnerin bei der Abwägung von einer [X.] ausgegangen sei ([X.]). Das Oberverwaltungsgericht stützt sich dabei auf Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und würdigt auch die Erklärung von Frau [X.] vom 22. August 2007 ([X.]). Dass der Antragsteller aus der in [X.]ezug genommenen Rechtsprechung des [X.] andere Schlüsse zieht als das Oberverwaltungsgericht, führt nicht auf den behaupteten Klärungsbedarf.

4

1.2 Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen bleiben ebenfalls erfolglos.

5

Soweit der Antragsteller rügt, das Oberverwaltungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung auf eine Erörterung der Erklärung von Frau [X.] vom 22. August 2007 verzichtet ([X.]eschwerdebegründung S. 4, 12) und damit § 108 Abs. 2 VwGO verletzt, zielt die Rüge wiederum nur darauf, dem Oberverwaltungsgericht vorzuwerfen, es habe nicht die "richtigen" Schlüsse aus der Erklärung gezogen. Dass der Antragsteller gehindert gewesen wäre, sich zu der von ihm selbst vorgelegten Erklärung zu äußern, behauptet der Antragsteller nicht und ist auch nicht zu erkennen. Welche Folgerungen das Gericht aus den ihm gegenüber abgegebenen Erklärungen und/oder den ihm vorgelegten Unterlagen ziehen will oder möglicherweise ziehen könnte, beruht auf einer Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens. Die Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens ist indes einer Voraberörterung mit den [X.]eteiligten entzogen; sie ist der [X.] vorbehalten (vgl. nur [X.]eschlüsse vom 6. Juli 2001 - [X.]VerwG 4 [X.] 50.01 - juris Rn. 12 und vom 29. März 2010 - [X.]VerwG 4 [X.] - juris Rn. 12).

6

Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe wesentlichen Vortrag, insbesondere die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 14. Dezember 2007 nicht zur Kenntnis genommen ([X.]eschwerdebegründung S. 12 f.), greift nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesverfassungsgerichts und des [X.]undesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich - und so auch hier - davon auszugehen, dass die Gerichte das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Das gilt auch für Vorbringen, das in den Entscheidungsgründen nicht erörtert ist. Das Gericht muss sich in seinem Urteil nicht mit jedem Vorbringen auseinandersetzen. Es darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Aus einem Schweigen der Urteilsgründe zu Einzelheiten des Prozessstoffs allein kann noch nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe diese nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (vgl. nur [X.]eschlüsse vom 5. Februar 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 797.98 - [X.]uchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4, vom 27. Juni 2007 - [X.]VerwG 10 [X.] 30.07 - juris Rn. 10 und vom 2. Februar 2010 - [X.]VerwG 4 [X.] 4.10 - juris Rn. 10). Abgesehen davon hat das Oberverwaltungsgericht unter anderem auf die Gerichtsakte 1 [X.]S 443/07 [X.]ezug genommen ([X.]) und damit zum Ausdruck gebracht, dass es auch den dortigen Vortrag zur Kenntnis genommen hat. Im Übrigen genügt es nicht, lediglich pauschal zu behaupten, die eidesstattliche Versicherung sei von entscheidungserheblicher [X.]edeutung. Gründe, die dem Oberverwaltungsgericht Anlass hätten sein müssen, ausdrücklich auf die eidesstattliche Versicherung einzugehen, werden nicht dargelegt.

7

2. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO gestützten [X.], mit den der Antragsteller geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe den im Verfahren der Normenkontrolle geltenden Grundsatz der objektiven Rechtskontrolle nicht beachtet ([X.]eschwerdebegründung S. 13 - 15), genügen ebenfalls nicht den [X.].

8

Die [X.] scheitert daran, dass der Antragsteller keinen Rechtssatzwiderspruch aufzeigt. Der Vortrag beschränkt sich darauf, dem Oberverwaltungsgericht vorzuwerfen, es habe versäumt, im Hinblick auf das Flurstück Nr. 162/4 einen Satzungsmangel festzustellen. Damit macht der Antragsteller nur eine seiner Auffassung nach unrichtige Rechtsanwendung geltend. Soweit er eine Verletzung des [X.] nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend macht, legt er nicht dar, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat. Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe aus dem zutreffend erkannten Umstand, dass das Gebäude auf dem Nachbargrundstück 162/4 (Nachbar [X.]echer) ein Wohnhaus ist ([X.], 22), nicht die richtige Schlussfolgerung gezogen - Erklärung der Unwirksamkeit des [X.]ebauungsplans Nr. 141 N wegen der Nichtausweisung eines an der vorhandenen [X.]ebauung orientierten [X.]aufensters -, geht an § 86 Abs. 1 VwGO vorbei.

9

3. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützten [X.] zum Thema "Erschließung" ([X.]eschwerdebegründung S. 15 - 21) rechtfertigen ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.

3.1 Die als Grundsatzrüge erhobene (erste) Frage beruht auf Annahmen, die sich nicht mit den Feststellungen des [X.] decken: Das Oberverwaltungsgericht hat weder eine willkürliche Vorgehensweise ([X.]eschwerdebegründung S. 16) oder ein [X.] Handeln der Antragsgegnerin ([X.]eschwerdebegründung S. 19) noch - wie in der Frage formuliert - eine subjektiv schuldhafte Irreführung des Stadtrates festgestellt. Der Antragsteller zeigt denn auch keinen Klärungsbedarf auf, sondern beschränkt sich darauf, dem Oberverwaltungsgericht vorzuwerfen, es sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.

Dass die Feststellungen des [X.] aktenwidrig wären, legt der Antragsteller nicht dar. Dazu muss schlüssig vorgetragen werden, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben. Es bedarf einer genauen Darstellung des Verstoßes, und zwar durch konkrete Angaben von Textstellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Diese Voraussetzungen sind erforderlich, da eine Kritik an der tatrichterlichen [X.]eweiswürdigung und Überzeugungsbildung als solche nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist (stRspr, vgl. nur [X.]eschlüsse vom 2. November 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 41.99 - UPR 2000, 226 und vom 4. Juli 2001 - [X.]VerwG 4 [X.] 51.01 -). Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge, mit der der Antragsteller geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe wesentlichen Vortrag zur Erweiterung der [X.]ebauung im [X.] nicht zur Kenntnis genommen, genügt diesen Anforderungen nicht. Auch hier reduziert sich der Vortrag auf den Vorwurf, dem Oberverwaltungsgericht habe sich aufdrängen müssen, dass es der Antragsgegnerin um die Irreführung von Stadträten und folglich um sachfremde Erwägungen gegangen sei ([X.]eschwerdebegründung S. 18).

3.2 Die zweite Frage entzieht sich - ungeachtet der [X.] - rechtsgrundsätzlicher Klärung. Ob ein Abwägungsmangel auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist, beurteilt sich nach den Umständen des jeweiligen Falls. Wie das Oberverwaltungsgericht unter [X.]ezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt hat, kommt es darauf an, ob die konkrete Möglichkeit - angesichts der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände - besteht, dass die Planung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Die [X.]eantwortung dieser Frage ist damit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

In der Rechtsprechung des Senats ist im Übrigen auch der vom Antragsteller angesprochene Gesichtspunkt der "Gesamtschau" geklärt: Hat sich der Planungsträger von einem unzutreffend angenommenen [X.]elang leiten lassen und sind andere [X.]elange, die das [X.] rechtfertigen könnten, weder im [X.]auleitplanverfahren angesprochen noch sonst ersichtlich, so ist die unzutreffende Erwägung auf das [X.] von Einfluss gewesen ([X.]eschluss vom 20. Januar 1992 - [X.]VerwG 4 [X.] 71.90 - [X.]uchholz 406.11 § 214 [X.]auG[X.] Nr. 5 = NVwZ 1992, 663). Diesen Maßstab hat das Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt, wenn es ausführt, die fehlende Erschließung sei nur als zusätzliches Argument angeführt worden, weil der Antragsteller ausdrücklich auf eine vorhandene Erschließung hingewiesen habe; maßgeblich für das planerische Konzept seien die naturschutzrechtlichen, grünordnerischen, landschaftsplanerischen und stadtbildbezogenen Gründe ([X.] f.). Einen darüber hinaus gehenden Klärungsbedarf zeigt der Antragsteller nicht auf; sein Vortrag beschränkt sich auch hier auch schlichte Urteilskritik.

Meta

4 BN 1/10

06.07.2010

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 17. September 2009, Az: 1 D 15/07, Urteil

§ 214 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.07.2010, Az. 4 BN 1/10 (REWIS RS 2010, 5121)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5121

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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