Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.07.2010, Az. 5 StR 142/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 5157

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Gegenstand

Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe: Aufrechterhaltung der früheren Anordnung der Sicherungsverwahrung trotz Vollverbüßung der Strafen aus der Vorverurteilung


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Juli 2009 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung entfällt.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den [X.] im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen zweier im Januar und Februar 1981 begangener Mordtaten zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Im Wege des Härteausgleichs und wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung hat es angeordnet, dass elf Jahre Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten und auf die [X.] nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB anzurechnen sind. Außerdem hat es die Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge. Das Rechtsmittel erzielt den aus der [X.] ersichtlichen geringen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die (erneute) Anordnung der Sicherungsverwahrung kann in Übereinstimmung mit der Auffassung des [X.] keinen Bestand haben.

2

Durch Urteil des [X.]s Braunschweig vom 23. April 1987 war gegen den Angeklagten bereits die Sicherungsverwahrung angeordnet worden. Im Hinblick darauf, dass die ihm vorgeworfenen Mordtaten im Jahr 1981 und damit vor dem genannten Urteil begangen worden waren, war eine Gesamtstrafenlage gegeben. Bei Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe bestimmt aber § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB, dass in der neuen Entscheidung die frühere Anordnung der Maßregel aufrecht zu erhalten, nicht also erneut (doppelt) anzuordnen ist (BGHSt 30, 305; BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 4 und 10).

3

Allerdings unterliegen die [X.] Taten hier nicht der Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus der Vorverurteilung, durch die auch die Maßregel angeordnet worden ist. Denn die hieraus gebildete Gesamtfreiheitsstrafe ist vollständig vollstreckt. [X.] gilt der Gedanke des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB für sämtliche Konstellationen, in denen die frühere Tat bei der bereits getroffenen Anordnungsentscheidung hätte mitberücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 64 Anordnung 4; [X.] in [X.]. § 55 Rdn. 58). Für eine nochmalige Anordnung der Sicherungsverwahrung ist daher kein Raum.

4

Die im Urteil des [X.]s Braunschweig vom 23. April 1987 angeordnete Sicherungsverwahrung gilt – vorbehaltlich etwaiger Auswirkungen der Entscheidung des [X.] vom 17. Dezember 2009 ([X.], 25) – unverändert fort, ohne dass es der vom [X.] ergänzend beantragten entsprechenden ausdrücklichen Klarstellung bedürfte. Sicherheitslücken bestehen angesichts der nunmehr verhängten lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe ohnehin schon deshalb nicht, weil im Falle fortdauernder Gefährlichkeit des Angeklagten eine Außervollzugsetzung der Strafe nicht in Betracht kommen wird.

[X.]                                  Schaal                                  Raum

                       König                                   [X.]

Meta

5 StR 142/10

06.07.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Braunschweig, 29. Juli 2009, Az: 1 Ks 1/09, Urteil

§ 55 Abs 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.07.2010, Az. 5 StR 142/10 (REWIS RS 2010, 5157)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5157

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