Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. VIII ZR 34/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4643

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 10. März 2009 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Für die Frage, ob ein verkaufter älterer Gebrauchtwagen wegen einer dem Verkauf vorausgegangenen längeren Standzeit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB frei von [X.] ist, ist - anders als bei der Standzeit eines [X.] bis zum [X.]punkt seiner Erstzulassung ([X.]surteil vom 7. Juni 2006 - [X.], [X.], 2694, [X.]. 11) - grundsätzlich nicht auf die Standzeit als solche abzustel-len, sondern darauf, ob bei dem Fahrzeug keine Mängel vorliegen, die auf die [X.] zurückzuführen sind und die gleichartige Fahrzeuge ohne entsprechende [X.] üblicherweise nicht aufweisen. [X.], Urteil vom 10. März 2009 - [X.]/08 - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 9. Januar 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger begehrt als Verkäufer Schadensersatz nach Rücktritt des [X.] von einem Gebrauchtwagenkauf. 1 Der Beklagte kaufte am 14. September 2006 vom Kläger einen [X.] zum Preis von 13.900 •. Das Fahrzeug war am 10. März 1996 erstzu-gelassen worden. Die Kfz-Zulassungsstelle verweigerte dem Beklagten die ([X.]) Zulassung, weil das Fahrzeug in den letzten 19 Monaten vor der bean-tragten Wiederzulassung stillgelegt war. Nach Einholung des für die Zulassung erforderlichen Gutachtens stellte der Kläger das Fahrzeug am 27. September 2006 wieder bereit und forderte den Beklagten auf, es bis zum 6. Oktober 2006 abzuholen. Mit Schreiben vom 29. September 2006 erklärte der Beklagte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er berief sich auf das Vorliegen eines Fixgeschäfts 2 - 3 - und focht den Vertrag wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen an. Nach [X.] vergeblicher Fristsetzung erklärte der Kläger am 6. November 2006 seinerseits den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er verkaufte den [X.] sodann zu ei-nem Preis von 12.400 • an einen [X.]. 3 Mit der Klage fordert der Kläger die Differenz zwischen dem mit dem [X.] vereinbarten und dem beim Verkauf erzielten Preis (1.500 •) sowie Er-stattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 755,80 •, jeweils nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erst-instanzlichen Urteils. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt: 6 Dem Kläger stehe gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf [X.] nach § 281 Abs. 1 BGB zu. Die Standzeit und Stilllegungsdauer von 19 Monaten stelle auch bei einem Gebrauchtwagen einen Sachmangel im [X.] von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar. Eine derart lange Standzeit berge die Gefahr technischer Standschäden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, 7 - 4 - dass das Fahrzeug während der Standzeit im September 2005 dem [X.] ([X.]) zur Durchführung der Hauptuntersuchung vorgeführt worden sei. Die Beseitigung des Sachmangels sei unmöglich, so dass der Beklagte ohne Fristsetzung vom Kaufvertrag habe zurücktreten [X.]. II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des [X.] auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lag bei dem verkauften Fahrzeug kein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB vor, so dass der Beklagte nicht gemäß § 437 Nr. 2, § 326 Abs. 5 BGB vom [X.] zurücktreten konnte. 8 1. Ein zum Rücktritt berechtigender Sachmangel kann im Streitfall nur in der Standzeit von 19 Monaten liegen. Sonstige Fahrzeugmängel sind weder festgestellt noch vom Beklagten behauptet worden. Die zunächst fehlende [X.] ist vom Kläger durch Einholung des erforderlichen Gutach-tens spätestens am 27. September 2006 beseitigt worden. 9 Hinsichtlich der Standzeit kommt nur ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB in Betracht. Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt insoweit nicht vor; die Sollbeschaf-fenheit ergibt sich auch nicht aus der nach dem Vertrag vorausgesetzten Ver-wendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB). In diesem Punkt unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von demjenigen, der dem [X.]surteil vom 7. Juni 2006 ([X.], [X.], 2694) zugrunde lag. Dort sollte das verkaufte Fahrzeug die vereinbarte Beschaffenheit eines "[X.]" auf-10 - 5 - weisen. Der [X.] hat dazu ausgeführt, dass die Vereinbarung der Beschaffen-heit eines [X.] als "Jahreswagen" gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig zum Inhalt hat, dass es sich bei dem verkauften Fahrzeug um einen "jungen" Gebrauchtwagen aus erster Hand handelt, der sich hinsichtlich seines Alters von einem Neufahrzeug im Wesentlichen lediglich durch die ein-jährige Nutzung seit der Erstzulassung unterscheidet, mithin bis zum [X.]punkt seiner Erstzulassung keine Standzeit von mehr als zwölf Monaten aufweist (aaO, [X.]. 11 m.w.[X.]). 2. Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB ist eine Sache frei von [X.], wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Be-schaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. 11 a) Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein gebrauchter Perso-nenkraftwagen grundsätzlich dann, wenn er keine technischen Mängel aufweist, die die Zulassung zum Straßenverkehr hindern oder die Gebrauchsfähigkeit aufheben oder beeinträchtigen ([X.]surteil vom 10. Oktober 2007 Œ [X.] ZR 330/06, [X.], 53, [X.]. 18 m.w.[X.]). Da technische Mängel des Fahrzeugs vom Beklagten nicht behauptet werden und auch sonst nicht ersichtlich sind, ist diese Voraussetzung erfüllt. 12 b) Das Fahrzeug wies auch die Beschaffenheit auf, die bei einem Ge-brauchtwagen üblich ist und die der Käufer erwarten kann. Bei einem Ge-brauchtwagen ist, sofern keine besonderen Umstände gegeben sind, jedenfalls der normale alters- und gebrauchsbedingte Verschleiß üblich und hinzuneh-men. Welche Beschaffenheit üblich ist, hängt im Übrigen von den Umständen des Einzelfalles ab, wie beispielsweise dem Alter und der Laufleistung des 13 - 6 - Fahrzeugs, der Anzahl der Vorbesitzer und der Art der Vorbenutzung ([X.]s-urteil vom 10. Oktober 2007, aaO, [X.]. 19 m.w.[X.]). 14 aa) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich keine Aussage da-hin treffen, dass eine Standzeit und Stilllegungsdauer von 19 Monaten bei ei-nem Gebrauchtfahrzeug eine Beschaffenheit darstellt, die nicht mehr üblich ist und die der Käufer nicht erwarten musste. Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, welche Standzeit üblich ist und ab welcher [X.]spanne diese Grenze überschritten wird, ist schon deshalb nicht möglich, weil die Standzeit eines Gebrauchtwagens stark von der jeweiligen Marktlage abhängt. Aber selbst wenn feststünde, dass ein beträchtlicher Teil von Gebrauchtwagen, die hinsicht-lich Fahrzeugtyp, Alter und Laufleistung mit dem verkauften Fahrzeug [X.] sind, ohne längere Standzeiten verkauft wird, führte eine solche, rein statistische Betrachtung nicht weiter. Jedenfalls kommt eine Orientierung an Durchschnittswerten nicht in Betracht, denn diese schließen nicht aus, dass es dennoch eine nicht unerhebliche Anzahl vergleichbarer Fahrzeuge gibt, die eine ähnlich lange Standzeit wie das verkaufte Fahrzeug aufweisen. Außerdem lässt sich allein auf statistischer Grundlage keine Aussage dazu treffen, welche Käufererwartung hinsichtlich der Standzeit objektiv berech-tigt ist (vgl. [X.]surteil vom 7. Februar 2007 Œ [X.] ZR 266/06, NJW 2007, 1351, [X.]. 21 m.w.[X.]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Standzeit des Fahrzeugs für den Gebrauchtwagenkäufer nicht als solche, sondern allein im Hinblick auf mögliche standzeitbedingte Schäden (vgl. dazu [X.], [X.], 369, 370; [X.], [X.], 318; ferner [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., [X.]. 2141) von Interesse ist. Ob, an welchen Teilen, in welchem Umfang und nach welcher Standzeit sich derartige Mängel einstellen, hängt indessen von vielen Faktoren, insbesondere davon ab, unter welchen Bedingungen und mit welchen Vorsorgemaßnahmen ein stillgelegtes Fahrzeug 15 - 7 - abgestellt wird. Geschieht dies unter ungünstigen Bedingungen und/oder ohne fachmännische Vorbereitung, können schon nach kurzer Standzeit Korrosions- und andere Schäden auftreten. Umgekehrt kann bei fachmännischem Vorge-hen der Zustand eines auch längere [X.] stillgelegten Fahrzeugs besser sein als der gleichaltriger Fahrzeuge ohne Standzeit. 16 [X.]) Deshalb ist hinsichtlich der Standzeit eines älteren Gebrauchtwagens (nicht eines [X.]; siehe dazu oben unter 1) bei der Prüfung, ob das Fahrzeug im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB frei von [X.] ist, grundsätzlich nicht auf die Standzeit als solche abzustellen, sondern darauf, ob bei dem Fahrzeug keine Mängel vorliegen, die auf die Standzeit zurückzu-führen sind und die gleichartige Fahrzeuge ohne entsprechende Standzeit übli-cherweise nicht aufweisen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. [X.]bedingte Mängel sind vom Beklagten nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. III. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), denn das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob das Amtsgericht bei seiner Entscheidung, es habe kein Fixgeschäft im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorgelegen, den Sachvortrag des Beklagten ausrei-chend erschöpft und die dazu angebotenen Beweise zu Recht nicht erhoben 17 - 8 - habe. Die insoweit gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen werden [X.] nachzuholen sein. Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 25.05.2007 - 1 C 153/07 - [X.], Entscheidung vom 09.01.2008 - 11 S 114/07 E -

Meta

VIII ZR 34/08

10.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. VIII ZR 34/08 (REWIS RS 2009, 4643)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4643

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