Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. VI ZR 246/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6028

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]/12
Verkündet am:

29. April 2014

Böhringer-Mangold

Justizinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 823 ([X.])
Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich.
[X.], Urteil vom 29. April 2014 -
VI [X.]/12 -
KG Berlin

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
29. April
2014
durch den Vorsitzenden [X.],
die Richterin Die-derichsen
und die
Richter Pauge, Stöhr
und Offenloch
für Recht erkannt:
Die Revision des
Klägers
gegen den
Beschluss
des 10. Zivilse-nats des Kammergerichts Berlin
vom 3. Mai
2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der [X.]
(im Folgenden
ebenfalls: Beklagte), die
im [X.]raum von März 2009 bis [X.] mehrfach in von ihr herausgegebenen [X.]schriften über den [X.] Entertainer P. A.
(im Folgenden: Erblasser)
berichtete.
Gegenstand der Be-richte waren unter anderem
die Trauer des Erblassers um seine verstorbene Tochter sowie der Gesundheitszustand des Erblassers.
Im Hinblick auf die von ihm in diesem Zusammenhang angenommene Verletzung seines Persönlich-keitsrechts nahm der Erblasser
die Beklagte
auf Zahlung einer [X.] in Anspruch. Seine Klage ist
beim Landgericht am 11. Februar 2011 eingegangen. Am 12. Februar 2011 verstarb der Erblasser. Im März 2011 ist die Klage zugestellt worden. Der Kläger führt
den Prozess als Erbe fort.
In den Vorinstanzen ist die 1
-

3

-

Klage erfolglos geblieben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revi-sion verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die streitgegenständlichen Veröffentlichungen überhaupt einen [X.]sanspruch zum Ausgleich für erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen begründen könnten. Denn der Anspruch sei höchstpersönlicher Natur und des-halb nicht vererblich. Ob dies anders zu beurteilen sei, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Verletzten rechtshängig werde, könne ebenfalls offenbleiben, da die Zustellung der Klage vorliegend erst nach dem Tod des Erblassers
er-folgt sei. Aus §
167 ZPO folge nichts anderes. Weder lasse sich der Vorschrift der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass zugunsten des Klägers be-reits der Eingang der Klage bei Gericht ausreichend sei, wenn die Zustellung "demnächst"
erfolge, noch setze die Vorschrift die Anhängigkeit der Klage mit ihrer Rechtshängigkeit gleich.

II.
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
1.
Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der -
unterstellte
-
[X.] des Erblassers mangels Vererb-lichkeit
nicht auf den Kläger übergehen konnte.
a)
Die Frage, ob der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verlet-zung des Persönlichkeitsrechts vererblich ist, ist höchstrichterlich bislang nicht abschließend geklärt
(vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2005 -
VI
ZR 265/04, 2
3
4
5
-

4

-

[X.]Z 165, 203, 208; [X.], Urteil vom 24. März 2011 -
IX
ZR 180/10, [X.]Z 189, 65 Rn.
39 f.). Im Schrifttum ist
die Frage umstritten.

Eine Reihe von
Autoren bejaht
die Vererblichkeit
(z.B. Soergel/Beater, [X.],
13.
Aufl.,
Anh.
[X.] §
823 Rn.
25; Brändel in: [X.]/[X.]/[X.], [X.] des Persönlichkeitsrechts, §
36
Rn.
24; [X.], [X.], 10 ff.; Dreier/Specht in Dreier/[X.], [X.], 4.
Aufl., KUG §
22 Rn.
37 und §§ 33-50 Rn.
21, anders allerdings noch Dreier in der 3.
Aufl., KUG § 33-50 Rn.
21; [X.], Medienrecht, 14.
Aufl., Kap.
4 Rn.
157; [X.], [X.], 147, 148
f.; [X.], Erbrecht, 19.
Aufl., Rn.
635 Fn.
51; MünchKomm[X.]/Rixecker, 6.
Aufl., Anhang
zu §
12 Rn. 237 [X.]). Begründet wird diese Auffassung
zu-nächst mit der uneingeschränkten Vererblichkeit des [X.] seit Aufhebung von §
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF zum 1. Juli 1990, aus der entsprechende Konsequenzen auch für den Anspruch auf [X.] wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu ziehen seien
([X.]/Beater,
aaO; [X.],
aaO, 11 f.; [X.],
aaO). Darüber
hinaus
wird angenommen, die unterschiedliche Behandlung des Schmerzensgeldanspruchs einerseits und des [X.]s wegen Verletzung des [X.] andererseits verstoße
gegen Art.
3 Abs.
1 GG ([X.],
aaO, 11; [X.],
aaO, 148).
Andere gehen davon aus, eine unberechtigte Besserstellung des Verletzers durch den Tod des Verletzten vor Leistung des Geldersatzes müsse vermieden werden (Dreier/Specht,
aaO, KUG §
22 Rn.
37). Überdies löse sich der auf eine Geldzahlung gerichtete Anspruch mit seiner Entstehung von den ideellen Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts (Dreier/Specht,
aaO).
Die Gegenauffassung (z.B.
[X.]t in: [X.], Das Recht der Wort-
und Bildberichterstattung, 5.
Aufl., Kap.
14 Rn.
140;
[X.]/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3.
Aufl., Rn.
1011 ff.;
Er-man/[X.], [X.], 13. Aufl., Anh.
§
12 Rn.
320;
[X.] in: [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des Persönlichkeitsrechts, §
51 Rn.
28;
[X.] in: [X.]/[X.], Presserecht, 5.
Aufl., §
32 Rn.
23; [X.]/[X.], Presse-6
7
-

5

-

recht, 5.
Aufl., LPG §
6 Rn.
344) stützt sich auf den Zweck der [X.], der darin liege, die -
nicht [X.] (vgl. [X.], Urteile
vom 1. Dezem-ber 1999 -
I
ZR 49/97, [X.]Z 143, 214, 220
-
Marlene [X.]; vom 20. März 1968 -
I
ZR 44/66, [X.]Z 50, 133, 137
-
Mephisto)
-
ideellen Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu schützen
(so ausdrücklich [X.],
aaO;
[X.],
aaO).
Weiter
wird darauf verwiesen, die überwiegende [X.] aus [X.] und ihr höchstpersönlicher Bezug zur Individualität des Betroffenen [X.] eine
Vererblichkeit nicht zu (vgl.
[X.]/Rehbock,
aaO, Rn.
1012; [X.]/[X.],
aaO).
b)
Die zuletzt genannte Auffassung trifft im Ergebnis zu.
Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist
grund-sätzlich nicht vererblich.
aa)
Unmittelbar aus der nach wie vor
zutreffenden
Erkenntnis, dass
die ideellen Bestandteile des
Persönlichkeitsrechts
unauflöslich an die Person ihres Trägers gebunden und als höchstpersönliche Rechte unverzichtbar und unver-äußerlich, also nicht übertragbar und nicht vererblich sind (vgl. [X.], Urteile vom 24. März 2011 -
IX
ZR 180/10, [X.]Z 189, 65 Rn.
38; vom 1. Dezember 1999 -
I
ZR 49/97, [X.]Z 143, 214, 220 -
Marlene [X.]; vom 20. März 1968 -
I
ZR 44/66, [X.]Z 50, 133, 137 -
Mephisto),
ergibt sich dies

freilich
-
worauf die Revision zutreffend hinweist
-
noch
nicht. Denn der [X.] hat zwar seine Grundlage im Schutzauftrag aus
Art.
1 und
Art.
2 Abs.
1 GG (vgl. Senatsurteile
vom 6. Dezember 2005 -
VI
ZR 265/04, [X.]Z 165, 203, 204 f.; vom 5. Oktober 2004 -
VI
ZR 255/03, [X.]Z 160, 298, 302; vom 15. November 1994 -
VI
ZR 56/94, [X.]Z 128, 1, 15;
je-weils mwN; [X.] 34, 269, 292 -
Soraya)
und dient gerade den vom allge-meinen
Persönlichkeitsrecht umfassten
ideellen Interessen.
Als Geldzahlungs-anspruch ist er aber nicht
selbst Bestandteil des allgemeinen [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 24.
März 2011 -
IX
ZR 180/11, [X.]Z 189, 65 Rn.
39 f.).
8
9
-

6

-

bb)
Die Unvererblichkeit ergibt sich aber aus Natur und Zweck des [X.]s
selbst.
(1)

Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch auf Entschädigung in Geld für die Verletzung
des Persönlichkeitsrechts nicht abtretbar ist. Er hat
dies "aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften, die für die gesetzlich normierten Fälle ideellen Schadensersatzes gegeben sind", gefolgert. Konkret hat er dabei auf die damals geltenden Regelungen des §
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF und des §
1300 Abs.
2 [X.] aF abgestellt ([X.] vom 25. Februar 1969 -
VI
ZR 241/67, [X.], 519, 521).
Die genannten Vorschriften regelten dabei nicht nur die fehlende Abtretbarkeit der Ansprüche aus §
847 Abs.
1 Satz 1 [X.] aF bzw. §
1300 Abs.
1
[X.] aF, son-dern auch ihre grundsätzliche Unvererblichkeit.
Grund für den Ausschluss von
Abtretbarkeit und Vererblichkeit
dieser Ansprüche war, dass sie der [X.] aufgrund ihres
an die Person des Berechtigten gebundenen Charakters
für höchstpersönlich erachtete (vgl. für §
847 Abs.
1 Satz 1 [X.]
aF: Senatsurteile vom 22. Juni 1976 -
VI
ZR 167/75, NJW 1976, 1890;
vom 14. März 1961 -
VI
ZR 146/60, NJW 1961, 1575; für §
1300 Abs.
2 [X.] aF: Pa-landt/[X.],
[X.],
28.
Aufl.
1969, §
1300 unter
1). Durch die [X.] Anwendung der Vorschriften des §
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF und des §
1300 Abs.
2 [X.] aF auf den auch zum damaligen [X.]punkt bereits aus Art.
1 und Art.
2 Abs.
1 GG hergeleiteten (vgl. Senatsurteil vom 19.
September 1961 -
VI
ZR 259/60, [X.]Z 35, 363, 366
ff.) [X.] hat der Senat zum Ausdruck gebracht, dass er diesem Anspruch denselben
Charakter zumisst.
(2)
An dieser Einschätzung
und der sich daraus ergebenden Unvererb-lichkeit des [X.]s hält der Senat
-
wie bereits im Urteil vom 6. Dezember 2005 ([X.], [X.]Z 165, 203, 208) zum Ausdruck gebracht
-
trotz
der inzwischen erfolgten Aufhebung von §
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF und von §
1300 Abs.
2 [X.] aF
fest. Weder lässt sich der Wille des Gesetzgebers feststellen, auch den [X.] wegen Ver-10
11
12
-

7

-

letzung des Persönlichkeitsrechts vererblich auszugestalten (a), noch führen
Sinn und Zweck des [X.]s
unabhängig von einer ent-sprechenden Entscheidung des Gesetzgebers
zur Annahme, der [X.] sei heute vererblich
(b).
(a)
Unmittelbar hat sich der Gesetzgeber mit der Frage der Vererblich-keit des [X.]s bislang nicht befasst. Eine mittelbare Aussage des Gesetzgebers, der [X.] sei vererblich, lässt sich ebenfalls nicht feststellen.
(aa)
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein solcher ge-setzgeberischer Wille zunächst nicht aus der Streichung
von §
847 Abs.
1 Satz
2 [X.] aF und entsprechender Vorschriften in anderen Gesetzen durch das
Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze vom 14. März 1990 ([X.]l.
I, S. 478).
Anhaltspunkte dafür, dass der [X.]
hier
seine bis dahin und auch später (vgl. nur Entwurf eines [X.] zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, [X.]. 742/01,
S.
58; ferner Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 14/7752,
S.
55) geübte Zurückhaltung, den vom er-kennenden Senat unmittelbar aus dem Schutzauftrag des Art.
1 und Art.
2 Abs.
1 GG hergeleiteten [X.] in irgendeiner Weise zu regeln, hätte aufgeben
und eine Aussage zur Vererblichkeit dieses Anspruchs hätte treffen wollen, sind nicht ersichtlich.

Im Gegenteil sollte mit der Streichung von
§
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF und entsprechender
Vorschriften im Luftverkehrsgesetz, im Bundesgrenz-schutzgesetz
sowie im Atomgesetz
ein spezifisches Problem im Bereich des Schmerzensgeldes einer Lösung zugeführt werden. Dieses Problem lag [X.] der Gesetzesmaterialien im "Wettlauf mit der [X.]", dem sich "insbe-sondere die nächsten Angehörigen"
ausgesetzt sahen, wenn sie "gerade
bei schwersten Verletzungen mit der Folge der Bewusstlosigkeit des Verletzten
und akuter Lebensgefahr"
Schmerzensgeldansprüche auch für den Fall des Todes 13
14
15
-

8

-

des Verletzten wahren
wollten (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
und anderer Gesetze, BT-Drucks. 11/4415,
S.
1, 4; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum genannten Gesetzentwurf, BT-Drucks. 11/5423,
S.
1, 4). Auch wenn sich die Reichweite der Gesetzesänderung nicht auf die Fälle schwerster
Verletzungen mit der Fol-ge der Bewusstlosigkeit des Verletzten und akuter Lebensgefahr beschränkte, sondern auch leichtere Verletzungen, im Falle des §
34 [X.] sogar Ehrverletzungen einschloss, waren mithin doch gerade die Fälle schwerster Körperverletzungen Grund für die Streichung
der Unvererblichkeit der genannten Ansprüche.
Damit bezweckte die Gesetzesänderung die Besei-tigung einer Problemlage, die typischerweise bei Ansprüchen infolge von [X.], nicht aber bei Ansprüchen aufgrund der Verletzung des [X.] besteht (vgl. auch
[X.]/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3.
Aufl., Rn.
1012). Dass der Gesetzgeber mit der Streichung unter anderem des §
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF nicht alle Ansprüche auf Ausgleich immaterieller Nachteile für vererblich erklären wollte, zeigt im Übrigen auch die Regelung des §
1300 Abs.
2 [X.] aF.
Sie wurde bis zur Abschaffung des [X.]es zum 1. Juli 1998 beibehalten.
(bb)
Die Aufhebung des §
1300 Abs.
2 [X.] aF
im Jahr 1998
lässt of-fensichtlich keinen Rückschluss auf einen Willen des Gesetzgebers zu, den [X.] wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts ver-erblich auszugestalten. Die Streichung war notwendige Folge der Abschaffung des [X.]es überhaupt durch das [X.] Eheschlie-ßungsrechts
vom 4. Mai 1998 ([X.]l. I, S. 833). Grund für die Abschaffung war die Annahme, das [X.] als solches, nicht seine Unvererblichkeit,
sei rechtspolitisch überholt (vgl. Entwurf eines [X.] des Ehe-schließungsrechts, [X.]. 79/96, [X.]).
(b)
Entscheidend gegen die Vererblichkeit des Geldentschädigungsan-spruchs spricht seine Funktion.
16
17
-

9

-

Bei der Zuerkennung einer Geldentschädigung im Falle einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung steht regelmäßig der Genugtuungsgedanke im Vordergrund
(vgl. etwa Senatsbeschluss vom 10. Januar 2006 -
VI
ZB 26/05, [X.], 673 Rn.
16; Senatsurteile vom 6. Dezember 2005 -
VI
ZR 265/04, [X.]Z 165, 203, 206; vom 5. Oktober 2004 -
VI
ZR 255/03, [X.]Z 160, 298, 302; vom 15. November 1994 -
VI
ZR 56/94, [X.]Z 128, 1, 15; vom [X.] 1995 -
VI
ZR 332/94, [X.], 339, 340; vom 4. Juni 1974 -
VI
ZR 68/73, [X.], 1080, 1082
-
Fiete [X.]).
Da einem Verstorbenen Ge-nugtuung für die Verletzung seiner Persönlichkeit nicht mehr verschafft werden
kann, scheidet
nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Zuer-kennung einer Geldentschädigung im Falle der Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes aus
(Senatsurteile
vom 6. Dezember 2005 -
VI
ZR 265/04, [X.]Z 165, 203, 206
f.
mwN;
vom 4. Juni 1974 -
VI
ZR 68/73, [X.], 1080, 1082 -
Fiete [X.]).
Erfolgt die Verletzung des [X.] zwar noch zu Lebzeiten des Verletzten,
stirbt dieser
aber, bevor sein Entschädigungsanspruch erfüllt worden ist, verliert die mit der [X.] bezweckte Genugtuung regelmäßig ebenfalls an Bedeutung. Gründe, vom Fortbestehen des [X.]s über den Tod des Verletzten hinaus auszugehen, bestehen unter diesem Gesichtspunkt im [X.] nicht.
Der von der Revision herangezogene Gedanke der Prävention kann vor-liegend
zu keiner anderen Beurteilung führen. Zwar trifft es zu, dass der
[X.] auch der Prävention
dient
(Senatsurteile
vom 17.
Dezember 2013 -
VI
ZR 211/12, [X.], 381 Rn.
38; vom 6. Dezember 2005 -
VI
ZR 265/04, [X.]Z 165, 203, 207
mwN; vom 5. Oktober 2004 -
VI
ZR 255/03, [X.]Z 160, 298, 302; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 51
Rn. 7, 10; jeweils mwN). Der Präventionsgedanke
vermag die Gewährung einer Geldentschädigung
-
auch
in dem von der [X.] vorliegend für gegeben erachteten Fall der Zwangskommerzialisierung
-
aber
nicht alleine
zu tragen (Senatsurteile
vom 6.
Dezember 2005 aaO mwN; 18
19
-

10

-

vom 5. März 1974 -
VI
ZR 228/72, [X.], 756, 758).
Dies wirkt sich nicht nur -
wie im Falle postmortaler Persönlichkeitsrechtsverletzungen
-
auf die Be-urteilung der Frage aus, ob der [X.] auch unabhängig von seiner Genugtuungsfunktion entstehen kann, sondern auch darauf, ob er
-
wie im vorliegend zu beurteilenden Fall
-
bei Fortfall dieser Funktion weiterbe-stehen kann.
cc)
Entgegen der Auffassung der Revision verstößt die Annahme der Unvererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht gegen §
1922 [X.].
Denn die von §
1922 Abs.
1 [X.] vorgesehene Universalsukzession ist von vornherein auf die [X.] Vermögensgegenstände beschränkt
(vgl. [X.]/[X.],
[X.],
[X.]. 2008,
§
1922 Rn.
53).
dd)
Auch der Einwand der Revision, es stelle eine sachlich nicht gerecht-fertigte Ungleichbehandlung dar und verstoße deshalb
gegen Art.
3 Abs.
1 GG, wenn der Anspruch auf Geldentschädigung anders als der
Anspruch auf Schmerzensgeld und andere Immaterialgüterrechte nicht vererblich wäre, geht fehl.
Zwar ist Art.
3 Abs.
1 GG dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normad-ressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten in wesentlicher Hinsicht [X.] behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Auch liegt eine solche Grundrechtsverletzung nicht nur dann vor, wenn der Gesetzgeber mehrere Personengruppen ohne
hinreichen-den sachlichen Grund verschieden behandelt, sondern auch dann, wenn die Gerichte im Wege der Auslegung gesetzlicher Vorschriften zu einer derartigen, dem Gesetzgeber verwehrten Differenzierung gelangen ([X.], [X.], 897 mwN). Vorliegend scheitert die Annahme einer Verletzung von Art.
3 Abs.
1 GG aber daran, dass für die
im Hinblick auf die Frage der Vererblichkeit
unter-schiedliche Behandlung des [X.]s wegen Verletzung 20
21
22
-

11

-

des
Persönlichkeitsrechts
einerseits und des
Schmerzensgeldanspruchs
sowie anderer
Immaterialgüterrechte andererseits sachliche Gründe bestehen. Denn die Unvererblichkeit des [X.]s hat -
wie dargelegt
-
ihren Grund letztlich in
der Genugtuungsfunktion, die bei ihm im Vergleich zu sonstigen Ansprüchen auf Ersatz immaterieller Nachteile und
gerade auch im Vergleich zum
Schmerzensgeldanspruch in besonderem Maße ausgeprägt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2006
-
VI
ZB 26/05, [X.], 673 Rn.
14 ff.; Senatsurteile vom 5. Oktober
2004 -
VI
ZR 255/03, [X.]Z 160, 298, 302; vom 26. November 1996 -
VI
ZR 323/95, [X.], 325, 327).

Soweit die Revision auf die Vererblichkeit des Urheberrechts nach §
28 Abs.
1 [X.] verweist, die sich nicht nur auf die
vermögensrechtlichen Elemente
des Urheberrechts, sondern auch auf das Urheberpersönlichkeitsrecht bezieht (vgl. [X.],
Urteil
vom
16. Mai 2013 -
I
ZR 28/12, [X.], 68 Rn.
25
-
Beuys-Aktion; [X.] in Dreier/[X.], [X.] 4.
Aufl., §
28 Rn.
2), ist ihr zuzugeben, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht
insoweit anders behandelt wird als das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Diese Ungleichbehandlung hat ihren sachli-chen Grund aber darin, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht so mit den [X.] Elementen des Urheberrechts verflochten ist, dass sie sich nicht voneinander trennen lassen (vgl. [X.],
aaO), und sich das Urheber-persönlichkeitsrecht gerade hierin vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht unter-scheidet. In der unterschiedlichen Ausgestaltung des
Urheberpersönlichkeits-rechts als vererbliches und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als grund-sätzlich unvererbliches Recht liegt zugleich ein (weiterer) sachlicher Grund für die insoweit unterschiedliche Behandlung auch des Anspruchs auf Ersatz [X.] Schäden bei Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts (§
97 Abs.
2 Satz 4 [X.]) einerseits und des [X.]s wegen Verletzung des (allgemeinen) Persönlichkeitsrechts
andererseits. Denn die [X.] sind mit dem Rechtsgut, dessen Verletzung sie ent-springen, eng verknüpft.

23
-

12

-

c)
Entgegen der hilfsweise geäußerten Auffassung der Revision wurde der
-
unterstellte
-
[X.] vorliegend auch nicht deshalb vererblich, weil er noch
zu Lebzeiten des Erblassers anhängig gemacht wurde.
Denn die bloße Anhängigkeit einer auf Geldentschädigung gerichteten Klage ändert nichts daran, dass die von der Geldentschädigung bezweckte Genugtu-ung mit dem Tod des Verletzten an Bedeutung verliert.
Ob -
wie dies etwa §
847 Abs.
1 Satz 2 [X.] aF und §
1300 Abs.
2 [X.] aF für die Ansprüche auf Schmerzens-
bzw. [X.] vorgesehen haben
-
anderes gilt, wenn der [X.] rechtshängig geworden ist, kann offenbleiben. Denn die Klage wurde der Beklagten erst nach dem Tod des Erblassers zugestellt.
Aus §
167 ZPO ergibt sich nichts anderes. Die dort angeordnete Rück-wirkung beschränkt sich -
verfassungsrechtlich unbedenklich
-
auf Fälle, in [X.] durch die Zustellung eine laufende Frist gewahrt oder die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden soll. Für sonstige Wirkungen der Zustellung gilt sie hingegen nicht (allg.
M.; vgl. z.B. [X.], Beschluss vom 22. Juli 2010 -
V
ZB 178/09, [X.], 528 Rn.
8
mwN; Urteil
vom 21. April 1982 -
[X.]b
ZR 696/80, NJW 1982, 1812, 1813; [X.]/[X.],
ZPO,
30.
Aufl., §
167 Rn.
4; [X.], 4.
Aufl., §
167 Rn.
6). Zu diesen sonstigen Wirkun-gen zählen
insbesondere rechtsbegründende und rechtsverstärkende Folgen, die die Vorschriften des materiellen Rechts an die Rechtshängigkeit und damit an die Zustellung der Klageschrift knüpfen ([X.], Beschluss vom 22. Juli 2010 -
V
ZB 178/09,
aaO
Rn.
9; [X.]/[X.],
aaO).
Für §
847 Abs.
1 Satz 2 Halbs.
2
[X.] aF hat auch der
erkennende Senat eine Anwendung solcher
Vorschrif-ten wiederholt abgelehnt, die zur Fristwahrung die Wirkung der Zustellung auf den [X.]punkt der Einreichung zurückbeziehen (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1976 -
VI
ZR 167/75, NJW 1976, 1890 f.; vom 10.
Oktober 1961 -
VI
ZR 40/61, NJW 1961, 2347; vom 14. März 1961 -
VI
ZR 146/60, NJW 1961, 1575 f.; Pa-landt/[X.], [X.], 49.
Aufl. 1990,
§
847 unter 5 c).
Durchgreifende Gründe
24
25
26
-

13

-

dafür, diese ständige höchstrichterliche Rechtsprechung aufzugeben, werden von der
Revision nicht aufgezeigt
und sind auch sonst nicht ersichtlich.
2.
Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat ge-prüft und nicht für durchgreifend erachtet (§
564
ZPO).
Galke
Diederichsen
Pauge

Stöhr
Offenloch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.06.2011 -
27 [X.]/11 -

KG Berlin, Entscheidung vom 03.05.2012 -
10 U 99/11 -

27

Meta

VI ZR 246/12

29.04.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.04.2014, Az. VI ZR 246/12 (REWIS RS 2014, 6028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6028

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