Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2003, Az. IX ZR 194/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3060

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:15. Mai 2003BürkJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein [X.] § 131 Abs. 1Die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist eine inkongruente Deckung,wenn der Schuldner zur [X.] seiner Leistung damit rechnen muß, daß ohne sie [X.] nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einer letzten Zahlungsfrist mit [X.] weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung beginnt.[X.], Urteil vom 15. Mai 2003 - [X.] - [X.] LG Heilbronn- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 15. Mai 2003 durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.]für Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2002 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die Schuldnerin entrichtete am 2. November 2000 Steuern und Säum-niszuschläge in Höhe von 103.519,31 DM, nachdem die [X.] sie zurZahlung aufgefordert und zugleich Vollstreckungsmaßnahmen nach Ablauf [X.] angekündigt hatte. Im [X.]punkt dieser Deckung war die [X.] zahlungsunfähig. Auf Antrag vom 5. Januar 2001 wurde am [X.] über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet.Der Insolvenzverwalter nimmt das beklagte Land im Wege der Anfech-tung auf Rückgewähr der genannten Zahlung in Anspruch. Das [X.] Klage abgewiesen; das [X.] hat ihr stattgegeben ([X.], 36). Mit der zugelassenen Revision erstrebt der [X.] die Wiederher-stellung des landgerichtlichen Urteils.- 3 -Entscheidungsgründe:Die Revision ist unbegründet.[X.] Berufungsgericht hat Feststellungen zur Kenntnis des [X.]n vonder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht getroffen, den [X.] auf § 131 Abs. 1 Nr. 2, § 143 [X.] gestützt und die Revision zur weite-ren Klärung der Rechtsfrage zugelassen, ab wann bei einer im Vorfeld [X.] geleisteten Steuerzahlung eine inkongru-ente Deckung erfolgt sei. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der [X.] habe mit Urteil vom 11. April 2002 ([X.], [X.], 1194) bereits entschieden, daß eine inkongruente Zahlung zur Abwen-dung der Zwangsvollstreckung vorliege, wenn ein Sozialversicherungsträger diefestgesetzte Leistung mit Frist von einer Woche und Ankündigung der [X.] gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB X anmahne. Ebenso handeleder Schuldner unter dem Druck einer unmittelbar bevorstehenden [X.], wenn die [X.] - wie hier - nach § 259 Satz 1 AO mit [X.] von einer Woche und Ankündigung der Vollstreckung rückständi-ge Steuern einfordere, so daß bei dem Schuldner der Eindruck entstehe, es [X.] mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen. Ob bis zur ersten Vollstrek-kungshandlung nach dem innerbehördlichen Geschäftsgang noch längere [X.]verstreichen müsse, weil die Akten dazu erst von der [X.] an die [X.]sstelle des Finanzamts abzugeben seien, könne in diesem Zusam-menhang keine Rolle [X.] 4 -Demgegenüber bezweifelt die Revision unter Berufung auf App ([X.], 38 f), daß sich die Rechtsprechung des [X.] zur Inkon-gruenz von Zahlungen, die in der Krise zur Abwendung einer unmittelbar [X.] Zwangsvollstreckung erbracht worden sind (grundlegend [X.]Z 136,309, 312 ff), aus dem Gesetz ableiten lasse. Diese Rechtsprechung weicheauch von der Auffassung des [X.] ab, daß die Erfüllung einerGeldschuld nicht schon deshalb nach § 30 Nr. 2 KO inkongruent sei, weil [X.] möglicherweise unter dem Druck einer vom Gläubiger ange-drohten Zwangsvollstreckung gehandelt habe (vgl. [X.] [X.] 1998, 33, 35).Schließlich habe die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin im Streitfallnicht unmittelbar [X.]. Die Vollstreckungsankündigung werde vonder [X.] mit der zweiten Mahnung automatisch von der elektronischenDatenverarbeitung erstellt und versandt. Die [X.] des [X.] sei zu diesem [X.]punkt mit dem Vorgang noch nicht befaßt. Anders als [X.] der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung des [X.] sei daher hier auch noch kein Vollziehungsbeamter beauftragt und inder Lage gewesen, unmittelbar Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen.I[X.] Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.1. Seit der Entscheidung vom 9. September 1997 ([X.]Z 136, 309,311 ff) hat der [X.] in ständiger Rechtsprechung angenommen,daß eine inkongruente Deckung im Sinne des [X.] auch dannvorliegt, wenn der Schuldner in der Krise zur Vermeidung einer unmittelbar be-vorstehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat (vgl. [X.], Urt. v. 20. [X.] 5 -ber 2001 - [X.], [X.], 228, 229; v. 11. April 2002 - [X.],WM 2002, 1193, 1194; v. 26. September 2002 - [X.], [X.], 59,60). Die von der Revision aufgegriffene Kritik (s. oben) gibt dem Senat keineVeranlassung zu einer Änderung seines Standpunkts. Denn die anfechtungs-rechtliche Mißbilligung von Deckungen, die Titelgläubiger in der "kritischen" [X.]mit Mitteln der Zwangsvollstreckung erlangt haben, ist keine freie Schöpfungder richterlichen Rechtsfortbildung, sondern sie hat schon in der Entstehungs-geschichte und dem Gesetz gewordenen Wortlaut von § 30 Nr. 2 KO Ausdruckgefunden (vgl. dazu im einzelnen [X.]Z 136, 309, 312). Von dieser Interes-senwertung ist der Gesetzgeber auch mit der im Streitfall anwendbaren Vor-schrift des § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht abgerückt.2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Senat durch das Urteil des[X.] vom 17. Juni 1997 ([X.] 1998, 33, 35) vorliegend nichtgehindert, die dem [X.]n gewährte Deckung als inkongruent zu behandeln.Den Ausführungen des [X.] vom 11. April 2002 (aaO) ist insoweitnichts hinzuzufügen.3. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, wie das Berufungsge-richt nach den Umständen des Falles die während der Krise zur [X.] Zwangsvollstreckung erbrachte inkongruente Zahlung der Schuldnerin [X.] kongruenten freiwilligen Leistung auf eine fällige Forderung in dieser [X.]abgegrenzt hat. Der Senat hat in seiner vom Berufungsgericht herangezogenenEntscheidung vom 11. April 2002 (aaO S. 1194 unter 2 c) ebenfalls bereits ver-deutlicht, daß die Feststellung der [X.] nach § 131 Abs. 1 [X.] nichtdavon abhängt, ob die Zwangsvollstreckung zur [X.] der Leistung im formal-rechtlichen Sinne bereits begonnen [X.] 6 -Die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist eine inkongru-ente Deckung, wenn der Schuldner zur [X.] seiner Leistung damit rechnenmuß, daß ohne sie der Gläubiger nach dem kurz bevorstehenden Ablauf einerletzten Zahlungsfrist mit der ohne weiteres zulässigen Zwangsvollstreckungbeginnt. Ob der Schuldner aufgrund eines unmittelbaren Vollstreckungsdrucksgeleistet hat, beurteilt sich aus der objektivierten Sicht des Schuldners. [X.] sowohl der Schuldner als auch der [X.] den objektiven Erklä-rungswert der Vollstreckungsankündigung nicht anders verstehen, als daß [X.] eine kurzfristige letzte Gelegenheit zur Abwendung einer unmittelbar [X.] Zwangsvollstreckung eingeräumt werde. Zweck dieser Vollstrek-kungsankündigung war es auch aus der Sicht des [X.]n gerade, [X.] durch die Zwangsandrohung zur Zahlung zu veranlassen. Das Be-rufungsgericht hat deshalb im vorstehenden Zusammenhang mit Recht den [X.] verborgenen inneren Abläufen der Finanzverwaltung, wie der [X.] noch notwendigen Ausfertigung der Rückstandsanzeige (§ 276 Abs. 5AO) und der [X.] an die [X.], die eine zügige [X.] möglicherweise hätten hemmen können, keine Bedeutung [X.]. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Vollstreckungsankündigung der[X.] vom 26. Oktober 2000, wie die Revisionserwiderung meint, [X.] Maßnahme gemäß Abschnitt 22 Abs. 5 Satz 2 der [X.] 7 -vom 13. März 1980 (BStBl. I S. 112) zu werten war. Die Schuldnerin mußte hierbereits aufgrund der Vollstreckungsankündigung der [X.] von einerunmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung des [X.]n ausgehen.[X.] [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

IX ZR 194/02

15.05.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2003, Az. IX ZR 194/02 (REWIS RS 2003, 3060)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3060

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