Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2014, Az. 3 StR 271/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3612

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 271/14
vom
5. August 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
besonders schweren Raubes

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5.
August 2014 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der auswärti-gen großen [X.] des [X.] in [X.] vom 12.
Februar 2014, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des
[X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des gemeinschaftlich begangenen besonders schweren Raubes wegen Schuldunfähigkeit freige-sprochen und dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§
63 StGB) angeordnet. Die auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Nach den Feststellungen des [X.]s überfiel
der Angeklagte im Einvernehmen mit zwei Mittätern am 22. Oktober 2013 den Nebenkläger, hielt ihm ein Messer an die Kehle und ermöglichte so den Mittätern, das Opfer zu durchsuchen und Mobiltelefone und Geldbeutel wegzunehmen.

Das [X.] hat -
dem
Gutachten des psychiatrischen Sachverstän-digen folgend -
nicht ausschließen können, dass der Angeklagte bei der Tatbe-gehung "wegen aufgehobener Steuerungs-
und Einsichtsfähigkeit"
schuld-unfähig im Sinne des § 20 StGB war. Von der erheblichen Verminderung
der "Steuerungsfähigkeit und auch Einsichtsfähigkeit"
war die [X.] über-zeugt.

2. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende [X.], die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei fest-steht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der [X.] aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war.

Wie der [X.] in seiner Antragsschrift im Einzelnen zu-treffend ausgeführt hat, kann die Überzeugung von
der verminderten Schuldfä-higkeit als Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen [X.] regelmäßig nicht auf die erheblich verminderte "Einsichts-
und
Steuerungsfähigkeit" gestützt werden.

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Bei erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit muss der Tatrichter sich zunächst Klarheit darüber verschaffen, ob die verminderte Einsichtsfähigkeit tatsächlich dazu geführt hat, dass dem Täter die Einsicht in das Unrecht seines Tuns gefehlt hat oder nicht. Hat ihm die Einsicht gefehlt, so ist weiter zu prüfen, ob ihm dies zum Vorwurf gemacht werden kann. Ist ihm das Fehlen nicht vor-werfbar, so ist auch bei nur verminderter Einsichtsfähigkeit nicht § 21 StGB, sondern § 20 StGB anwendbar. Nur wenn dem Täter die Einsicht gefehlt hat, dies ihm aber zum Vorwurf gemacht werden kann, lägen die Voraussetzungen des § 21 StGB in den Fällen verminderter Einsichtsfähigkeit vor. Hat dagegen der Angeklagte ungeachtet seiner erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit das Unrecht seines Tuns zum Tatzeitpunkt tatsächlich eingesehen, so ist seine Schuld nicht gemindert und § 21 StGB im Hinblick auf die verminderte [X.] nicht anwendbar.

Auf die diesbezügliche Klärung kann hier nicht verzichtet werden, da es für die Annahme eines Krankheitsbildes, bei dem sowohl die Einsichts-
als auch die Steuerungsfähigkeit betroffen sein können (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Januar 2006 -
2 StR 394/05, [X.], 167, 168), an Feststellungen fehlt.

3. Der Senat war durch den Umstand, dass allein der Angeklagte [X.] eingelegt hat, nicht gehindert, auch den Freispruch aufzuheben; denn durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl.
I S.
1327) wurde der frühere Rechtszustand dahin geändert, dass es gemäß §
358 Abs. 2 Satz 2 StPO nunmehr möglich ist, in einer neuen Hauptverhand-lung an Stelle der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus den Täter schuldig zu sprechen und eine Strafe zu verhängen. Dies bedeutet, dass 7
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auf die Revision des Angeklagten in Fällen wie dem vorliegenden ein Frei-spruch aufgehoben werden kann. Die Aufhebung (auch) des Freispruchs ent-spricht im vorliegenden Fall dem Ziel des Gesetzgebers, durch die Neuregelung zu vermeiden, dass nach einer erfolgreichen Revision eines Angeklagten gegen
die alleinige Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus wegen angenommener Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB die Tat ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung her-ausstellt, dass der Angeklagte bei Begehung der Tat schuldfähig war. Das [X.] bleibt jedoch gehindert, nach Aufhebung einer isoliert angeordneten Un-terbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erneut die Unterbringung anzuordnen und zugleich erstmals Strafe zu verhängen ([X.], Beschluss vom 24.
Oktober 2013 -
3 [X.], juris Rn.
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mwN).

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4. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.

VRi[X.] [X.] ist wegen

Pfister Schäfer
Urlaubs gehindert, seine
Unterschrift beizufügen.

Pfister

Mayer Spaniol
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Meta

3 StR 271/14

05.08.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2014, Az. 3 StR 271/14 (REWIS RS 2014, 3612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3612

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 271/14

3 StR 349/13

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