Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2013, Az. XII ZB 677/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4756

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

XII [X.] 677/12
vom
26. Juni 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 33
Haben die geschiedenen Ehegatten Unterhalts-
und Zugewinnausgleichsan-sprüche durch eine vereinbarte Einmalzahlung abgefunden, kommt eine An-passung der Rentenkürzung wegen Unterhalt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn nicht festgestellt werden kann, welcher Anteil der geleisteten Summe auf den Unterhalt entfällt.
[X.], Beschluss vom 26. Juni 2013 -
XII [X.] 677/12 -
KG Berlin

[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
26. Juni
2013
durch [X.], die Richterin [X.] und die Richter
[X.], Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25.
Zivilsenats
-
[X.]
für Familiensachen
-
des Kammergerichts
in Berlin vom 24.
Oktober
2012
wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewie-sen.
Beschwerdewert:
1.611

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den [X.] bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.
Auf den am
12.
Oktober 2010
zugestellten Antrag hatte das [X.] die am 25.
April 1984
geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden
und
den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Während der Ehezeit (1.
April 1984
bis 30.
September 2010,
§
3 Abs.
1 [X.])
erwarb der Ehemann Anrechte bei der Antragsgegnerin ([X.] Ärzteversorgung), die Ehefrau Anrechte in der gesetzlichen Rentenversiche-rung.
Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass im Wege der inter-nen Teilung zulasten des Ehemanns ein Anrecht von 13,0920
Entgeltpunkten 1
2
3
-
3
-

(Steigerungszahl) zu Gunsten der Ehefrau und vom Versicherungskonto der Ehefrau ein Anrecht von 9,4907
Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenver-sicherung zu Gunsten des Ehemanns übertragen wurden.
Seit November 2005
bezieht der Ehemann
eine Altersrente
von der [X.],
die seit März 2012
1.895,07

Ohne Berücksich-tigung des Versorgungsausgleichs hätte die Rente des Ehemanns 2.810,41

betragen.
Daneben bezieht der Ehemann weitere
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. Die Ehefrau bezieht eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, verfügt über ein Kapitalvermögen von 165.823,40

mietfrei ein Familien-heim, das seinerzeit zu drei Vierteln in ihrem Eigentum und zu einem Viertel im Miteigentum des Ehemanns stand.
Im Scheidungsverfahren hatte die Ehefrau Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 500

außergerichtlich Ansprüche auf Zugewinnausgleich in Höhe von rund 94.000

geltend gemacht, die zwischen den Eheleuten streitig waren. Über diese Ansprüche schlossen die Eheleute im Scheidungstermin am
4.
November 2011
folgenden gerichtlichen Vergleich:
"Der Antragsteller überträgt seinen 1/4-Miteigentumsanteil an der Immobilie O. auf die Antragsgegnerin zum Ausgleich etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche sowie Ansprüche der Antragsgeg-nerin auf nachehelichen Unterhalt. Die mögliche Geltendmachung des sog.
[X.] gemäß §
33 [X.] wird durch die Abfindung der Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin durch diese Vereinbarung nicht
berührt.

4
5
6
-
4
-

Die Beteiligten verzichten wechselseitig auf weitergehenden nachehelichen Unterhalt, gleich aus welchem Rechtsgrund -
auch für den Fall der Not. Sie nehmen den Verzicht wechselseitig an."
Die Ehefrau bezieht keine Versorgung aus dem im Versorgungsaus-gleich übertragenen Anrecht. Unterhalt zahlt der Ehemann ihr nicht.
Den am
23.
März 2012
gestellten Antrag, die Kürzung seiner laufenden Versorgung gemäß §
33 [X.] auszusetzen, hat das [X.] [X.]. Das Kammergericht
hat
die Beschwerde des Ehemanns zurück-gewiesen; hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Kammergericht
hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Voraussetzungen für eine Aussetzung
der
Rentenkürzung nach §
33 [X.]
lägen nur vor, wenn die Kürzung kausal für den Wegfall oder die Verringerung des Unterhalts sei. Die Kürzung habe jedoch dann keinen Einfluss auf eine bestehende Unterhaltsverpflichtung
gegenüber dem ausgleichsberech-tigten Ehegatten, wenn dieser wirksam auf Unterhalt verzichtet habe. Das [X.] müsse auch dann gelten, wenn eine Abfindung für einen gesetzlich beste-henden Unterhaltsanspruch geleistet worden sei. Die frühere Rechtsprechung des [X.] zu §
5 [X.] lasse sich auf die derzeit bestehende Rechtslage nicht übertragen, da eine Aussetzung der Kürzung nach §
33 Vers-AusglG auf die Höhe des geschuldeten Unterhaltsanspruchs begrenzt
sei.
[X.] genüge es nicht, wenn der Verpflichtete über den [X.]punkt seiner Leistung hinaus in seiner Lebensführung -
sei es durch eine Kreditbelastung oder den 7
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10
-
5
-

Verlust von Kapitaleinnahmen
-
eingeschränkt sein könnte.
Darüber hinaus ent-halte die Abfindung einen
Teilverzicht auf Unterhalt, welcher sich aufgrund der Einbeziehung des Zugewinnausgleichsanspruchs inhaltlich nicht konkretisieren lasse.
2. Die
angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Gemäß §
33 Abs.
1 [X.] wird die Kürzung der laufenden Ver-sorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die aus-gleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte
(vgl. [X.]sbeschluss vom 21.
März 2012
-
XII [X.]/11
-
FamRZ 2012, 853 Rn.
17 ff.). Die Vorschrift beruht auf der Rechtsprechung des [X.], wonach ein verfassungswidriger Zustand einträte, wenn der [X.] neben der grundsätzlich hinzunehmenden Rentenkürzung zusätzlich durch Unterhaltszah-lungen belastet wird, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung weiter eingeschränkt würde ([X.] 53, 257, 303 f. = FamRZ 1980, 326, 335). Dies zu vermeiden entspricht einer in der Gesetzesbegründung zu §
33 [X.] hervorgehobenen Zielsetzung (BT-Drucks. 16/10144 S. 72).
b) Wie der [X.] bereits entschieden hat, beschränkt §
33 Abs.
3 Vers-AusglG die Aussetzung der Rentenkürzung auf die Höhe des gesetzlichen Un-terhaltsanspruchs, den der geschiedene Ehegatte nach §
33 Abs.
1 [X.]
bei ungekürzter Versorgung hätte. Hierdurch begegnet die [X.] auch der Gefahr von Manipulationen durch [X.] der Eheleute ([X.]sbeschlüsse vom 7.
November 2012
11
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6
-

-
XII
[X.] 271/12
-
FamRZ 2013, 189 Rn.
19 und vom 21.
März 2012 -
XII [X.]/11
-
FamRZ 2012, 853 Rn.
23 mwN).
Weiter hat der [X.] entschieden, dass die Aussetzung der Rentenkür-zung durch die Regelung des §
33 Abs.
3 [X.] auch auf das Maß des tatsächlich geschuldeten -
ggf. geringeren
-
Unterhaltsbetrags beschränkt ist ([X.]sbeschluss vom 7.
November 2012 -
XII [X.] 271/12
-
FamRZ 2013, 189 Rn.
22). Denn über den tatsächlich zu zahlenden Betrag hinaus tritt eine [X.] des [X.]n, durch die er in der Freiheit seiner [X.] mehr als zulässig eingeschränkt würde und vor der er deshalb von [X.] wegen geschützt werden müsste, nicht ein.
c) Allerdings
hat der [X.] zur früheren Vorschrift des §
5 [X.] entschieden, dass auch dann, wenn der [X.]
den Un-terhaltsanspruch des berechtigten Ehegatten im Wege eines Vergleichs durch eine Unterhaltsabfindung ausgleicht, nicht ausgeschlossen sei, dass der [X.] über den [X.]punkt seiner Leistung hinaus in seiner Lebensführung eingeschränkt ist. Der Verpflichtete könne durch die Leistung einer Abfindung im Einzelfall erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, die einer fortlaufenden Unterhaltszahlung gleichkommen könnten. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn der Verpflichtete ein Darlehen habe aufnehmen müssen, um seiner Leistungs-pflicht aus dem Vergleich nachkommen zu können. Aber auch wenn der [X.] die Abfindung aus eigenen Mitteln habe finanzieren können, müsse er in der Folgezeit auf die sonst erwirtschafteten Erträge aus dem [X.] verzichten. Wie schwer die Abfindung den Verpflichteten belaste, hänge von seiner übrigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Auch könne der [X.]-punkt eine Rolle spielen, zu dem die Abfindung gezahlt wurde. Die Belastung werde umso stärker sein, je näher der [X.]punkt an dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben liege. Des Weiteren könne von Bedeutung sein, ob der Verpflich-14
15
-
7
-

tete die Abfindung in einem Betrag oder in mehreren auf eine längere [X.] ver-teilten Raten zu leisten habe ([X.]Z 126, 202, 205 f. = FamRZ 1994, 1171, 1172; vgl. auch [X.], 2374; BVerwGE 109, 231).
Ob diese Rechtsprechung auch auf die Nachfolgeregelung des §
33 [X.]
übertragen werden kann, ist in der Literatur umstritten (bejahend: [X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5.
Aufl. §
33 [X.] Rn. 4; [X.] Versorgungsausgleich 6.
Aufl. Rn. 965; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
11; [X.]/Brudermüller BGB 72.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
3; [X.] Versorgungsausgleich 3.
Aufl. Rn.
950; [X.] Der neue [X.] in der Praxis Rn.
219; [X.] Praxis des Versorgungsaus-gleich §
33 [X.] Rn.
7; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.] [X.] §
33 [X.] Rn. 18; verneinend: KG Beschluss vom 24.
Oktober 2012 -
25 UF 50/12
-
juris; [X.] Versorgungsausgleich in der Praxis Kap.
X Rn.
39; Gutdeutsch [X.] 2010, 149, 150; [X.]/v.
[X.]/[X.]/Gutdeutsch/Wagner Handbuch des Fachanwalts Familien-recht 9.
Aufl. Kap.
7 Rn.
324; [X.] 2011, 291, 292; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
23 ff.).
Dem würde zwar -
entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts
-
nicht entgegenstehen, dass die Kürzung der Versorgung nicht kausal für den Wegfall oder die Verringerung des Unterhalts ist. Denn der [X.] hat bereits entschieden, dass es auf diesen Kausalzusammenhang nicht ankommt, son-dern nur auf das Maß der Doppelbelastung durch Versorgungskürzung und
Un-terhaltsbelastung ([X.]sbeschluss vom 7.
November 2012 -
XII [X.] 271/12 -
FamRZ 2013, 189 Rn.
20).
Zweifelhaft könnte die Übertragung
der Rechtsprechung zum früheren §
5 Abs.
1 [X.] jedoch deswegen sein, weil es für eine vollständige Ausset-zung der Kürzung der Versorgung nach dieser Vorschrift genügte, dass der Be-16
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8
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rechtigte gegen den Verpflichteten überhaupt einen Unterhaltsanspruch gleich welcher Höhe hat, während die Aussetzung der Kürzung nach §
33 [X.] nunmehr von der Höhe des tatsächlich geschuldeten Unterhalts abhängt. Ei-nem laufend geschuldeten Unterhalt könnte der im Vorhinein entrichtete Abfin-dungsbetrag daher nur dann gleichstehen, wenn er in bestimmter Höhe auf ein-zelne Unterhaltsmonate umgerechnet werden könnte ([X.]/[X.]/[X.] Familienrecht 5.
Aufl. §
33 [X.] Rn.
4; [X.] [X.] 6.
Aufl. Rn.
965; aA offenbar [X.] in: [X.]/[X.]/[X.] Versorgungsausgleich §
33 [X.] Rn.
18).
Ob und ggf. nach welchem Umlegungsmaßstab dies in Betracht kommen könnte, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn die rechnerische Umlegung eines gezahlten [X.] auf ei-nen bestimmten Unterhaltszeitraum, für den dann die Aussetzung der Kürzung der Versorgung beansprucht werden könnte, setzt zumindest voraus, dass der auf die Unterhaltsabfindung entfallende Betrag feststeht. Daran fehlt es im vor-liegenden Fall.
Nach den getroffenen Feststellungen bezieht sich die vom Ehemann ge-leistete Abfindung sowohl auf den nachehelichen
Unterhalt als auch auf [X.], ohne dass sich bestimmen ließe, welcher Anteil der geleisteten Summe auf den Unterhalt entfällt. Deshalb ist es nicht möglich zu ermitteln, in welcher Höhe der Ehemann tatsächlich Unterhalt geleistet hat und dadurch 19
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9
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nachwirkend laufend belastet ist. Kann dies jedoch nicht festgestellt werden, kommt eine Kürzung der Aussetzung wegen Unterhalt von vornherein nicht in Betracht.
Dose

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.06.2012 -
84 [X.]/12 -

KG Berlin, Entscheidung vom 24.10.2012 -
25 UF 50/12 -

Meta

XII ZB 677/12

26.06.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2013, Az. XII ZB 677/12 (REWIS RS 2013, 4756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4756

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