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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII [X.] 220/11
vom
5. März 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§
64, 70 Abs.
1, 113 Abs.
1; ZPO §§
114, 117 Abs.
1, 233
l
a)
Das [X.] für eine beabsichtigte Beschwerde in [X.] war nach der bis 31.
Dezember 2012 bestehenden Rechtslage beim [X.] einzureichen. Wegen der nach Inkraft-treten der [X.] zunächst insoweit bestehenden Rechtsunsicherheit, die inzwischen zu einer Gesetzesänderung geführt hat, begründet die [X.] beim hierfür unzuständigen Amtsgericht kein Verschulden des Rechtsanwalts (im [X.] an Senatsbeschluss vom 17.
Juli 2013
XII
[X.]
700/12
Z 2013, 1567).
b)
Ist das Beschwerdegericht in einem Verfahrenskostenhilfeverfahren der Auffassung, dass die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechts-verteidigung von der Klärung einer in der Rechtsprechung der [X.] umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfra-ge abhängt, muss es dem Beschwerdeführer beim Vorliegen der persönli-chen Voraussetzungen insoweit Verfahrenskostenhilfe bewilligen, und zwar auch dann, wenn es die Auffassung vertritt, dass die Rechtsfrage zu [X.] des Beschwerdeführers zu entscheiden ist (im [X.] an Se-natsbeschluss vom 8.
Mai 2013
XII
[X.]
624/12
mRZ 2013, 1214).
[X.], Beschluss vom 5. März 2014 -
XII [X.] 220/11 -
OLG [X.]
[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
März 2014
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin [X.] und die Richter
Dr.
[X.], Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Be-schluss des 2.
Familiensenats in Kassel des [X.]s [X.] vom 11.
April 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung
an das [X.] zurückverwiesen.
[X.]: 2.884
Gründe:
I.
Die [X.]en streiten über Kindesunterhalt.
Der Beschluss des Amtsge-richts, durch den dem Antrag des Antragstellers im Wesentlichen stattgegeben worden ist, ist dem Antragsteller am 27.
Dezember 2010 zugestellt worden. Am 27.
Januar 2011 hat er beim Amtsgericht Verfahrenskostenhilfe für eine beab-sichtigte Beschwerde beantragt. Der Antrag ist am 3.
Februar 2011 beim [X.] eingegangen.
Das [X.] hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurück-gewiesen. Dagegen richtet
sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des An-tragsgegners.
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2
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II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht
sie zugelassen hat (§
70 Abs.
1 FamFG) und es um Fragen des Verfahrens
der
Verfahrenskostenhilfe geht (vgl. Senatsbeschluss
vom 8.
Mai 2013
XII
[X.]
282/12
FamRZ 2013, 1390 Rn.
7 mwN). Sie ist auch im Übrigen zu-lässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
a) Das [X.] hat seine Entscheidung, die bei
juris veröffent-licht ist, wie folgt begründet: Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskosten-hilfe für das Beschwerdeverfahren verspreche keine Aussicht auf Erfolg. Eine an sich statthafte Beschwerde wäre wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdefrist sei nicht gewahrt, weil bis zum 27.
Januar 2011 keine Beschwerde eingegangen sei.
Die Voraussetzun-gen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist lägen nicht vor. Wiedereinsetzung könne wegen Kostenarmut nur gewährt werden, wenn innerhalb der Rechtsmittelfrist ein Antrag auf Bewil-ligung von Prozess-
bzw. Verfahrenskostenhilfe bei dem zuständigen Gericht eingereicht werde. Für den ein Rechtsmittelverfahren betreffenden Antrag sei das Rechtsmittelgericht zuständig. An dieser Regelung habe sich durch die Ein-führung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Ange-legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nichts geändert. Beim [X.] sei der Antrag aber erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen.
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
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4
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aa) Zu Recht ist das [X.] allerdings davon ausgegangen, dass das [X.] nach dem hier noch anzuwendenden
bis zum 31.
Dezember 2012 geltenden -
Recht
(vgl. nunmehr
seit 1.
Januar 2013
§
64
Abs.
1 Satz
2 FamFG) nach §
113
Abs.
1 FamFG iVm §
117 Abs.
1 Satz
1 ZPO beim Rechtsmittelgericht als Verfahrensgericht einzureichen war. Daran ist, wie das [X.] zutreffend hervorgehoben hat, durch das zum 1.
September 2009 in [X.] getretene Verfahrensrecht auch in Familien-streitsachen (zunächst) nichts geändert worden (Senatsbeschluss vom 7.
Juli 2013
XII
[X.]
700/12
FamRZ 2013, 1567
Rn.
8
f.).
bb) Dem Antragsgegner ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, denn seiner
Anwältin ist die unzutreffende Adressierung des [X.] an das Amtsgericht nicht als Verschulden anzulasten.
Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist allerdings in der Regel nicht unverschuldet. Nach der Rechtsprechung des [X.] muss ein Rechtsanwalt die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als [X.] nur dann in Betracht kommen, wenn der [X.] die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein stren-ger Maßstab anzulegen, denn die [X.], die dem Anwalt die Prozessführung überträgt, vertraut zu Recht darauf, dass er dieser als Fachmann gewachsen ist. Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen ([X.] Beschluss vom 9.
Juli 1993
V
[X.]
20/93
NJW 1993, 2538, 2539 mwN). Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur (vor allem Fachzeitschriften und Kom-mentare) über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu be-8
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steht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt
(Se-natsbeschluss vom 3.
November 2010
XII
[X.]
197/10
FamRZ 2011, 100 Rn.
19 mwN).
Demgegenüber kann ein Rechtsirrtum ausnahmsweise entschuldigt
sein, wenn er auch unter Anwendung der genannten Sorgfaltsanforderun-
gen nicht vermeidbar war (vgl. Senatsbeschluss vom 19.
Dezember 2012
XII
[X.]
169/12
FamRZ 2013, 437 Rn.
19 und [X.] Beschluss vom 25.
Okto-ber 1978
IV
[X.]
65/78
VersR 1979, 159 mwN).
Das hat der Senat für die hier vorliegende Fallgestaltung nach Erlass des angefochtenen Beschlusses bejaht. Er hat hierzu ausgeführt, dass die Frage, bei welchem Gericht Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte
Beschwerde zu beantragen war, unter den [X.]en umstritten war, sich eine eindeutig überwiegende Auffassung noch nicht gebildet hatte
und sich zudem die zunächst veröffentlichte Rechtsprechung für eine Einreichung des Verfah-renskostenhilfegesuchs beim Amtsgericht ausgesprochen hatte.
Außerdem hat diese Meinung in der zum 1.
Januar 2013 in [X.] getretenen gesetzlichen [X.] ihren Niederschlag gefunden. Durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 5.
Dezember 2012 ([X.]
I S.
3418) ist die Regelung mit Wirkung vom 1.
Januar 2013 dahin geändert worden, dass nach §
64 Abs.
1 Satz
2 FamFG Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Be-schwerde
bei dem Gericht "einzulegen" sind, dessen Beschluss angefochten werden soll (Senatsbeschluss vom 17.
Juli 2013
XII
[X.]
700/12
FamRZ 2013, 1567 Rn.
16).
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Vor diesem Hintergrund war von einem Rechtsanwalt, der bei der [X.] unklaren Rechtslage mangels vorliegender höchstrichterlicher Recht-sprechung einer in der Rechtsprechung der [X.]e und im [X.] stark vertretenen Auffassung gefolgt ist, auch nicht zu verlangen, dass er das [X.] sowohl bei dem Amtsgericht als auch bei dem [X.] einreichte, so dass ihm auch im Hinblick auf das Gebot der Wahl des sichersten Weges
im Ergebnis kein [X.] zu machen ist
(Senatsbeschluss vom 17.
Juli 2013
XII
[X.]
700/12
FamRZ 2013, 1567 Rn.
17
mwN).
c) Soweit das [X.] die beantragte Verfahrenskostenhilfe trotz Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Rechtssache versagt hat, hat es außerdem die ständige Rechtsprechung des [X.] und des [X.] nicht beachtet. Danach
ist bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen Verfahrenskosten-
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hilfe zu bewilligen, wenn das Beschwerdegericht der Auffassung ist, dass die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung von der Klärung einer in der Recht-
sprechung der [X.]e umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (Senatsbeschluss vom 8.
Mai 2013
XII
[X.]
624/12
FamRZ 2013, 1214
Rn.
8 mwN).
3. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und die
Sache an das [X.] zurückzuverweisen.
Dose
[X.]
[X.]
Nedden-Boeger
Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.12.2010 -
7 [X.]/10 [X.] -
OLG [X.], Entscheidung vom 11.04.2011 -
2 UF 48/11 -
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Meta
05.03.2014
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2014, Az. XII ZB 220/11 (REWIS RS 2014, 7373)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 7373
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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