Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.11.2010, Az. 24 W (pat) 66/09

24. Senat | REWIS RS 2010, 1584

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Simpresso/surpresso" – weder klangliche noch schriftbildliche Verwechslungsgefahr -


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 28 931

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, des [X.] [X.] und der Richterin Dr. Mittenberger-Huber

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 3. Mai 2007 angemeldete Wortmarke

2

Simpresso

3

wurde am 21. Juni 2007 unter der Nr. 307 28 931 für die Waren

4

„11: elektrische Kaffee-, Tee- und Espressomaschinen“

5

in das Markenregister eingetragen.

6

Widerspruch erhoben ist aus der Gemeinschaftsmarke 3 103 264 (angemeldet am 20. März 2003 unter Inanspruchnahme der [X.] Priorität vom 15. Oktober 2002, eingetragen am 7. September 2004)

7

surpresso

8

die für folgende Waren registriert ist:

9

„7

Haushalts- und Küchenmaschinen und -geräte (soweit in Klasse 07 enthalten), insbesondere elektrische Küchenmaschinen und -geräte einschließlich Zerkleinerungsgeräte, Rühr- und Knetgeräte, [X.], [X.], Saftzentrifugen, [X.], Schneidegeräte, elektromotorische Werkzeuge, Dosenöffner, Messerschleifgeräte sowie Maschinen und Geräte zur Bereitung von Getränken und/oder Speisen; elektrische Müllentsorgungsgeräte einschließlich Müllzerkleinerer und Müllverdichter; Geschirrspülmaschinen; elektrische Maschinen und Geräte zur Behandlung von Wäsche- und Kleidungsstücken einschließlich Waschmaschinen, [X.], [X.], [X.]; elektrische Reinigungsgeräte für den Haushalt einschließlich, elektrische Fensterputzgeräte und elektrische Schuhputzgeräte und Staubsauger; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 07 enthalten, insbesondere Schläuche, Rohre, Staubfilter und Staubfilterbeutel, alle für Staubsauger.

9

Elektrische Apparate und Instrumente soweit in Klasse 09 enthalten, insbesondere elektrische Bügeleisen; Küchenwaagen, Personenwaagen; elektrische Folienschweißgeräte; Fernbedienungs-, Signal- und Steuergeräte für Haushalts- und Küchenmaschinen und -geräte; bespielte und unbespielte maschinenlesbare Datenträger für Haushaltsgeräte; elektrische Ausgabegeräte für Getränke oder Speisen, Verkaufsautomaten; Datenverarbeitungsgeräte und Datenverarbeitungsprogramme für die Steuerung und Bedienung von Haushaltsgeräten; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 09 enthalten.

11

Heizungs-, Dampferzeugungs- und Kochgeräte, insbesondere Herde, Back-, Brat-, Grill-, Toast-, Auftau- und Warmhaltegeräte, Tauchsieder, eigenbeheizte Kochtöpfe, Mikrowellengeräte, Tee- und Kaffeemaschinen; Kühlgeräte, insbesondere Kühlschränke, Kühltruhen, [X.], Gefriergeräte, Eismaschinen und -apparate; Trockengeräte, insbesondere auch Wäschetrockner, Wäschetrockenmaschinen, Händetrockner, Haartrockengeräte; Lüftungsgeräte, insbesondere Ventilatoren, Dunstfilter, [X.] und Dunstabzugshauben, Klimaapparate sowie Geräte zur Verbesserung der [X.], Luftbefeuchter; Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere auch Armaturen für Dampf-, Luft- und Wasserleitungsanlagen, Warmwassergeräte, Speicherwassererhitzer und Durchlaufwassererhitzer; Geschirrspülbecken; Wärmepumpen; Speiseeismaschinen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 11 enthalten.“

Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren der jüngeren Marke.

Seitens der Markenstelle für Klasse 11 des [X.] ist der Widerspruch in einem ersten Beschluss vom 21. Oktober 2008 wegen fehlender [X.] zurückgewiesen worden. Der beiden Marken gemeinsame Bestandteil „ presso“ sei eine beliebte Endung, um auf Espresso oder für dessen Zubereitung bestimmte Maschinen hinzuweisen. Angesichts der Kennzeichnungsschwäche dieses Bestandteils richte der Verkehr seine Aufmerksamkeit auf die ohnehin stärker beachteten Wortanfänge der Vergleichsmarken. Deren klangliche und schriftbildliche Unterschiede reichten zum Ausschluss einer [X.] aus.

Die Erinnerung der Widersprechenden ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle - Beamtin des höheren Dienstes - vom 14. August 2009 zurückgewiesen worden. Die angesichts der [X.] und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erhöhten Anforderungen an den Abstand der sich gegenüberstehenden Zeichen würden in jeder Hinsicht eingehalten. Die Beurteilung folgt insoweit der des [X.]. In phonetischer Hinsicht führe die Verbindung des hellen Vokals „i“ mit dem Lippen- und Verschlusslaut „m“ zu einem deutlich anderen Klangbild der angegriffenen Marke als das dunkle „u“ in Verbindung mit dem Gaumenlaut „r“ in der Widerspruchsmarke. [X.] wirke sich zusätzlich aus, dass auf dem betroffenen [X.] vergleichbar gebildete Marken verbreitet seien (Hinweis auf „[X.], [X.], [X.], [X.], [X.]“). Als Stamm einer Zeichenserie komme „presso“ nicht in Betracht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag,

die [X.] Marke 307 28 931 unter Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des [X.] vom 21. Oktober 2008 und vom 14. August 2009 aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 3 103 264 zu löschen.

Die sich gegenüberstehenden Marken wiesen weitgehende Übereinstimmungen auf und unterschieden sich lediglich in den zweiten und dritten Buchstaben der jeweiligen Anfangssilben. Angesichts des sehr ähnlichen Gesamtklang- und -schriftbilds könne eine [X.] nicht ausgeschlossen werden. Unbeschadet eines möglicherweise beschreibenden [X.] trage der übereinstimmende Bestandteil „presso“ zum Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken bei und müsse bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit mitberücksichtigt werden. In Anbetracht der [X.] und des oft flüchtigen [X.] bestehe daher die Gefahr, dass der Verkehr die jüngere Marke für die Widerspruchsmarke halte.

Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme in der Sache abgegeben und auch an der mündlichen Verhandlung - gemäß vorheriger Ankündigung - nicht teilgenommen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken - wie die Markenstelle in den angefochtenen Beschlüssen zutreffend dargelegt  hat - nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b [X.] unterliegen.

Ob [X.] im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 387 - Sabèl/[X.]; [X.], 343 Nr. 48 - [X.]; BGH [X.], 903, Nr. 10 - [X.]; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 9 Rdn. 32, 33).

Da das Verzeichnis der Widerspruchsmarke u. a. auch die Waren „11: Tee- und Kaffeemaschinen“ enthält, besteht insoweit [X.] zu den von der jüngeren Marke beanspruchten Produkten. In welchem Umfang darüber hinaus [X.] vorhanden ist, bedarf keiner Klärung.

Die Kennzeichnungskraft und der durch diese mitbestimmte Schutzumfang der Widerspruchsmarke liegen, bei der Betrachtung der Marke in ihrer Gesamtheit von Hause aus im durchschnittlichen Bereich. Anhaltspunkte für eine Steigerung des Schutzumfangs, z. B. infolge starker Benutzung und hoher Bekanntheit, liegen nicht vor.

Eine Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist - schriftbildlich ebenso wie klanglich - zwar vorhanden, beruht aber im Wesentlichen auf der als solchen für Geräte zur Kaffee- und Teezubereitung schutzunfähigen Endung „presso“. In den Anfangssilben unterscheiden sich beide Marken, unbeschadet des gemeinsamen Anfangsbuchstabens „S“, durch die nachfolgenden Vokal- und Konsonantenfolgen „im“ und „ur“ sehr deutlich; auf die insoweit zutreffenden Ausführungen der Markenstelle wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Aus Gemeinsamkeiten nur in schutzunfähigen Bestandteilen - wie hier - kann eine [X.] nicht hergeleitet werden, wobei diese Beurteilung nicht nur für mehrteilige Marken gilt, sondern in gleicher Weise auch für Einwortmarken (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 Rdn. 141). Die Marken sind zwar in ihrer Gesamtheit zu vergleichen, die Abweichungen in den - ohnehin stärker beachteten - Anfangssilben führen aber zu einer deutlich verminderten Zeichenähnlichkeit.

Es gilt das in der Rechtsprechung des [X.] entwickelte Verbraucherbild des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 Rdn. 173 m. w. N.). Die im vorliegenden Fall auf beiden Seiten betroffenen Geräte für die Zubereitung von Kaffee und Tee werden im Allgemeinen eher mit erhöhter Aufmerksamkeit erworben. Die Gesamtabwägung der für die [X.] maßgeblichen Faktoren, welche nicht schematisch oder nach irgendwelchen mathematischen Kategorien vorzunehmen ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 14 Rdn. 434), ergibt im vorliegenden Fall, dass eine - unmittelbare - [X.] (noch) mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Für das Bestehen der Gefahr einer [X.] infolge gedanklichen In-Verbindung-Bringens der [X.] (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Altern. 2 [X.]) liegen keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere kommt die - wie ausgeführt beschreibende - gemeinsame Endung „presso“ nicht als Stamm einer Zeichenserie in Betracht (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], a. a. [X.], § 9 Rdn. 387). Dass beide Marken einem gemeinsamen Zeichenbildungsprinzip folgen, reicht für sich gesehen nicht für die Annahme einer sog. assoziativen [X.] aus ([X.]/[X.], a. a. [X.], § 14 Rdn. 1219, 1220).

Nach allem ist der Beschwerde der Erfolg zu versagen.

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 [X.]) besteht kein Anlass.

Meta

24 W (pat) 66/09

09.11.2010

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.11.2010, Az. 24 W (pat) 66/09 (REWIS RS 2010, 1584)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1584

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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