Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.08.2023, Az. 28 W (pat) 12/23

28. Senat | REWIS RS 2023, 9849

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2021 001 548

(hier: Aussetzung des Widerspruchsverfahrens)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 31. August 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen [X.] und [X.] beschlossen:

[X.] Die Beschwerde der Markeninhaberin wird als unzulässig verworfen.

I[X.] Die Anträge, der Widersprechenden zu 2) die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die Eintragung der Bildmarke [X.] 30 2021 001 548 AbbildungAbbildungAbbildung

2

Hiergegen richtet sich die von der Rechts- und Patentanwaltskanzlei [X.] Kollegen für die [X.]. als damalige Markeninhaberin eingelegte Beschwerde, mit der sie sinngemäß beantragt

3

· den Beschluss der Markenstelle für Klasse 12 des [X.] vom 16. November 2022 aufzuheben;

4

· den Widerspruch aus der Unionsmarke 006 902 639 zurückzuweisen;

5

· der Widersprechenden aus der Unionsmarke 006 902 639 die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

6

· die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten;

7

· hilfsweise die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung.

8

Zur Begründung der Beschwerde wird im Wesentlichen auf das bisherige schrift-sätzliche Vorbringen im Amtsverfahren verwiesen. Dort wurde insbesondere vorgetragen, dass es sich bei dem im [X.] anhängigen [X.] um den identischen Fall mit identischen Parteien und identischen Marken handele, so dass nicht das Widerspruchsverfahren, sondern das [X.] auszusetzen sei. Im Hinblick auf den Widerspruch aus der Unionsmarke 006 902 639 habe die Widersprechende zu 2) auf die wirksam erhobene Einrede der Nichtbenutzung keinerlei Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke dargelegt bzw. keinerlei Benutzungsunterlagen vorgelegt, so dass der Widerspruch schon aus diesem Grund zurückzuweisen und sofort Beschluss zu fassen sei.

9

Mit Schreiben vom 16. März 2023 hat der Senat den [X.] darauf hingewiesen, dass die Einreichung einer Inlandsvertretervollmacht für die in [X.] ansässige Beschwerdeführerin erforderlich und die Beschwerde ohne Vorlage einer wirksamen Inlandsvertretervollmacht von einem vollmachtlosen Vertreter und damit nicht rechtswirksam erhoben worden sei. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei im Übrigen ein Aussetzungsbeschluss der Markenstelle. Vor diesem Hintergrund dürften die [X.] betreffend die Erfolgsaussichten des Widerspruchs aus der Unionsmarke 006 902 639 ins Leere gehen.

Mit per Telefax am 14. April 2023 im [X.] eingegangenen handschriftlichen Anmerkungen auf dem vorgenannten Hinweis des Senats vom 16. März 2023 hat Herr Rechtsanwalt A … zum Erfordernis der Vorlage einer Inlandsvertretervollmacht handschriftlich angemerkt: „wird noch per [X.] eingereicht/geschickt, auch wenn ich das als Schikane betrachte“ und eine Unterschrift angefügt. Mit Schriftsatz vom 24. April 2023, im Original im [X.] eingegangen am 28. April 2023, hat die Rechts- und Patentanwaltskanzlei [X.] Kollegen eine Vollmacht vom 27. September 2022 eingereicht. In der [X.] ist als Unterschreibender „C … CEO, [X.]“ angeführt. Mit weiterem gerichtlichem Schreiben vom 8. Mai 2023 wurde der [X.] darauf hingewiesen, bis 15. Juni 2023 eine neue, im Original unterschriebene Vollmacht einzureichen, da es sich bei der Unterschrift der eingereichten Vollmacht augenscheinlich um eine einkopierte Unterschrift handele.

Nach Änderung der Firmenbezeichnung der Markeninhaberin von „[X.].“ in „[X.].“ hat die Rechts- und Patentanwaltskanzlei [X.] Kollegen mit Schriftsatz vom 14. Juli 2023 – auch unter Bezugnahme auf das gerichtliche Schreiben vom 8. Mai 2023 - unter anderem ausgeführt, dass das Beschwerdeverfahren mit der neuen Firmenbezeichnung der Markeninhaberin fortgeführt und weiterer Aufwand bezüglich der Vollmacht nicht mehr betrieben werde. Dem vorgenannten Schriftsatz vom 14. Juli 2023 ist eine per Post eingereichte Vollmacht vom 12. Juli 2023 beigefügt, in der in der [X.] als Unterschreibender „C … CEO, [X.].“ angeführt wird.

Die Beschwerdegegnerinnen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die gemäß § 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 16. November 2022 über die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens gegen die angegriffene Marke 30 2021 001 548 ist unzulässig, da trotz Aufforderung versäumt wurde, eine erforderliche und wirksame Inlandsvertretervollmacht gemäß § 96 Abs. 1 [X.] vorzulegen.

Die Bestellung eines Inlandsvertreters ist prozessuale Voraussetzung für die Teilnahme an einem markenrechtlichen Verfahren. Die Nichtbestellung begründet ein Verfahrenshindernis.

Nach § 96 Abs. 1 [X.] benötigt jeder, der an einem im [X.] geregelten Verfahren vor dem [X.] teilnimmt, einen Inlandsvertreter, sofern er im Inland weder einen Wohnsitz oder Sitz noch eine Niederlassung hat. Für die bloße Einlegung der Beschwerde ist der Inlandsvertreter nicht erforderlich, allerdings dann, wenn sich hieraus ein Verfahren ergibt, weil z. B. dem Antrag nicht ohne Weiteres entsprochen werden kann. Die Bestellung des Inlandsvertreters erfolgt regelmäßig durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ([X.] in Ströbele/[X.]/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 96 Rn. 18). Eine Sachentscheidung kann erst ergehen, wenn diese vorliegt. Der Mangel des fehlenden Inlandsvertreters des [X.] führt zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels ([X.], Beschluss vom 08.10.2014, 29 W (pat) 542/12; Beschluss vom 12.04.2023, 29 W (pat) 1/23 – Trusted Handwork; Beschluss vom 17.10.2022, 29 W (pat) 514/19 – [X.]; [X.] in Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 96 Rn. 33).

Die in [X.]  ansässige Markeninhaberin und Beschwerdeführerin hat das Verfahren als neue Markeninhaberin nach § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] übernommen. Dass sie eine Niederlassung im Inland hat, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

Der [X.] hat mit Schriftsatz vom 24. April 2023 für die Beschwerdeführerin unter ihrer damaligen Firmenbezeichnung „[X.].“ und mit Schriftsatz vom 14. Juli 2023 für die umfirmierte Beschwerdeführerin „[X.].“ eine Vollmacht von Herrn C … eingereicht, allerdings jeweils mit einer offensichtlich einkopierten Unterschrift. Dies entspricht nicht dem Erfordernis einer schriftlichen Vollmacht. Eine Original-Unterschrift einer Vollmacht für die Beschwerdeführerin wurde bis zum Entscheidungszeitpunkt trotz Aufforderung vom 8. Mai 2023 nicht eingereicht. Vielmehr hat der [X.] auf die vorgenannte Aufforderung des Senats vom 8. Mai 2023 mit Schriftsatz vom 14. Juli 2023 abermals eine Vollmacht mit einer einkopierten Unterschrift eingereicht. Anhaltspunkte für eine Heilung nach den Grundsätzen des § 89 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] für eine mündliche Erteilung der Vollmacht oder für eine Heilung des Vollmachtmangels durch nachträgliche Genehmigung liegen nicht vor, so dass von einer fehlenden Bestellung eines Inlandsvertreters auszugehen ist und somit ein Verfahrenshindernis vorliegt.

2. Über die vom [X.] gestellten [X.] betreffend das Widerspruchsverfahren ist – unabhängig von der Frage ihrer Wirksamkeit mangels wirksamer Inlandsvertreter-Vollmacht – wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde nicht mehr zu entscheiden. Selbst bei Zulässigkeit der Beschwerde beträfen sie nicht den Verfahrensgegenstand, nämlich die Prüfung des vom [X.] am 16. November 2022 getroffenen Aussetzungsbeschlusses, und gingen daher ins Leere.

3. Für eine Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gem. § 71 Abs. 3 [X.] bestand keine Veranlassung.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 71 Abs. 3 [X.] anzuordnen, wenn die Einbehaltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und bei Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers einerseits und der Staatskasse andererseits unbillig wäre. Es müssen besondere Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Beschwerdeführer durch ein verfahrensfehlerhaftes und unzweckmäßiges Verhalten oder durch eine völlig unvertretbare Rechtsanwendung des [X.] zu einer Beschwerde veranlasst wurde, die bei sachgerechter Verfahrensweise mit gewisser Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können ([X.]E 50, 54, 60 – Markenumschreibung; [X.], Beschluss vom 24.09.2018, 26 W (pat) 534/17 – [X.]/yogiMerino).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend weder ersichtlich noch entsprechende Anhaltspunkte hierzu vorgetragen, zumal die Beschwerde mangels Zulässigkeit keinen Erfolg hat.

4. Für die Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht kein Anlass; [X.] für eine Kostenauferlegung liegen nicht vor (§ 71 Abs. 1 [X.]).

5. Der Beschluss, durch den eine Beschwerde als unzulässig verworfen wird, kann gem. § 70 Abs. 2 [X.] ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Meta

28 W (pat) 12/23

31.08.2023

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.08.2023, Az. 28 W (pat) 12/23 (REWIS RS 2023, 9849)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9849

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