Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2017, Az. 2 StR 169/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 10882

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:160517B2STR169.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 169/15

vom
16. Mai
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Betrugs u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers
am 16. Mai
2017
gemäß §
349 Abs.
4
StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. September 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschafts-strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges und vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Ange-klagten mit Verfahrensrügen und der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
A.
Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

1
2
-
3
-
[X.] Der Angeklagte war zunächst Geschäftsführer der Kreisverbände

D.

und R.

.

.

der ehemaligen [X.] eine große [X.] Organisation, die sich der Betreuung älterer Menschen gewidmet hatte. Nach der [X.] wurden ihre
Kreisverbände in eingetragene Vereine umorganisiert. Die Kreis-
verbände

D.

und R.

.

Jahr 1996 die V.

Sozial-Immobilien GmbH (im Folgenden: VSI
GmbH) und im Jahr 1998 die V.

Sozial-Immobilienfonds GmbH &
Co. KG (im Folgenden: [X.]). Der Angeklagte wurde Geschäftsführer dieser Gesellschaften. Der frühere Mitangeklagte Vi.

war faktischer Geschäftsfüh-
rer. Komplementärin der Kommanditgesellschaft war die [X.], während die im Jahre 1998 zur V.

Kreisverband

D.

/R.

-

e.V. fusionierten Kreisverbände der V.

sowie die als Treu-
händerin für die Anleger fungierende und ebenfalls neu gegründete V.

-

Service-
und Verwaltung GmbH (im Folgenden: [X.]) die Stel-
lung von Kommanditisten hatten.
Nachdem zunächst die [X.] einen Fonds betrieben und eine Viel-e-weils mit Darlehen als stille Gesellschaftedafür eine jährliche Ausschüttung erhielten und bezüglich ihrer Einlage durch Grundpfandrechte oder Bankbürgschaften abgesichert waren, legte die [X.] ihrerseits einen Fonds auf. Vi.

tor des Anlage-
modells. Anders als bei dem vorher betriebenen Fonds der [X.], fand bei dem Fonds der [X.] aus Kostengründen keine aufwändige Besicherung der Kapitalanlagen mehr statt. Als Geschäftszweck vorgesehen war der Betrieb von Wohnanlagen, Kindergärten und [X.], die an die [X.] der V.

vermietet werden sollten, um dadurch Einnahmen zu 3
4
-
4
-
erwirtschaften. Nach einer Laufzeit von achtzehn bis fünfundzwanzig Jahren
sollten die Sozialimmobilien durch die Kreisverbände käuflich erworben wer-
den. Die stets über die [X.] als Treuhänderin zu zeichnenden Anteile an dem Fonds konnten mit einer Mindestanlage von 1.500 Euro und einer Min-
destlaufzeit von sechs Jahren erworben werden.
In Werbeflyern wurde eine Rendite von jährlich mindestens 4,5 % in der [X.] sowie von 5 % in der [X.] in Aussicht ge-stellt. Außerdem wurde erklärt, dass der jeweilige Anleger mit seiner Einlage

erwerbe. e-
-
jährige Erfahrung kompetenter Mitarbeiter der Banken zurückgreifen. Gewor-

t-u-ßerdem wurde behauptet, die Gesellschaft erwerbe Immobilien nach einem langfristig angelegten und gründlich geprüften Investitionsplan.
Die [X.] gab auch einen Prospekt heraus, der im Wesentlichen die-selben Kriterien nannte wie der [X.]. Er betonte aber zusätzlich, wegen der [X.]n Bindung sei eine
Beteiligung an Spekulationsobjekten ausgeschlos-sen. Zudem wurde behauptet, von dem ursprünglichen Investitionsplan seien fünf Objekte fertiggestellt, während die [X.] tatsächlich nur drei Objekte [X.]. Eine darüber hinaus erwähnte Seniorenwohnanlage in K.

gab
es noch nicht. Das weiterhin erwähnte [X.] in G.

existierte zwar,
gehörte aber nicht der [X.] und wurde nicht von dieser betrieben. Risiken
für die Kapitalanleger wurden in dem Prospekt nur versteckt angedeutet. Die 5
6
-
5
-
Angaben im [X.] und im Prospekt waren in weiteren Punkten falsch. Einen direkten Anspruch auf einen Heimplatz erwarben die Anleger mit der Zeichnung von Anteilscheinen nicht. Banken standen allenfalls als Kreditgeber, aber ent-
gegen dem erweckten Anschein nicht als Investoren und Berater zur Verfü-gung. Versprechungen über garantierte Renditen waren unzutreffend, weil das Geld der Anleger in ein unkontrolliertes cash-pooling der zur [X.] gehörenden Gesellschaften [X.]. Die Kreisverbände d.

Investitionsplan gab es nicht. Stattdessen war nur ein Konglomerat von [X.] vorhanden.
Der Vertrieb der Fondsbeteiligungen erfolgte über die Geschäftsstellen .

Interessenten den [X.] und den Prospekt. Sie nahmen gegebe-zum Abschluss eines [X.] gegenüber der [X.] als s-führung weiter. Die Mitarbeiterinnen beantworteten zum Teil auch Fragen, die allerdings selten gestellt wurden. Soweit überhaupt welche gestellt wurden, be-n-richtungen. Auf Veranlassung des Angeklagten wurde dazu mitgeteilt, dass ihnen im Bedarfsfall ein solcher Platz garantiert sei. Genaue Kenntnisse von den Einzelheiten des Anlagemodells hatten die Mitarbeiterinnen der [X.] nicht. Sie waren nur kurz eingewiesen worden.
In dem vom [X.] zu Grunde gelegten Tatzeitraum vom 12.
Juli 2004 bis zum 21.
Oktober 2005 schlossen Anleger insgesamt 143 Verträge über eine Beteiligung an dem Fonds und zahlten die vereinbarte Anlagesum-7
8
-
6
-
me. Es handelte sich um Beträge zwischen 1.500 Euro und 75.000 Euro, teil-weise zuzüglich eines Agios in Höhe von 25 Euro. Die Gesamtsumme aller An-lagen belief sich auf 1.111.960 Euro an Kapital und 2.375 Euro Agio. Im ge-nannten Tatzeitraum erzielte die Kommanditgesellschaft durch Vermietungen Einnahmen in Höhe von 126.876,41 Euro und hatte im gleichen Zeitraum Ver-waltungskosten in Höhe von 226.000 Euro.
Die Anleger verloren ihr Kapital, wobei einzelne mehr als 50.000
Euro einbüßten. Ausschüttungen erfolgten nur, wenn Anleger diese ausdrücklich ein-forderten. Sie wurden durch Verwendung des Kapitals anderer Anleger finan-ziert.
Dies hat das [X.] als eine einheitliche Tat des Betruges durch den Angeklagten als mittelbaren Täter gewertet.
I[X.] Die [X.] war spätestens seit dem 24.
März 2003 überschuldet und zahlungsunfähig.
In einem Brief vom 8. Juli 2001 an Vi.

hatte der Angeklagte erklärt,
dass er sich große Sorge

gemeint war die [X.]

gehe es finanziell schlecht, der [X.] noch schlechter. Neu ankommendes .

Treuhandgesellschaft
H.

mbH zum Stichtag 31. Dezember 2001 erstellter und Ende 2002
bekannt gewordener Jahresabschluss ergab für die [X.] einen Verlust von 424.476,88 [X.] sowie einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 180.542,60 [X.] ([X.] Euro).
9
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7
-

Dieser bilanziellen Überschuldung standen keine stillen Reserven ge-genüber. Der Angeklagte gab zwar in einem Schreiben vom 4.
Dezember 2002 i-gung an der V.

Bauträger GmbH und in den Anlagen im Bau, die
für Ferienwohnungen und ein Parkdeck in K.

aufgewendet wurden,

Angeklagte die für den Anlagenbau erforderlichen Erbbaurechte sowie eine Kommanditbeteiligung an der V.

Strandkrone GmbH & Co. KG
und deren Komplementär-GmbH aber gerade gegen Erstattung von angebli-chen Planungskosten in Höhe von 210.000 Euro veräußert. Diese Verträge wurden zwar zu einem späteren Zeitpunkt rückabgewickelt; Einzelheiten dazu und zur Verwendung der Gelder hat das [X.] aber nicht festgestellt. Mit dem Bau von Ferienwohnungen in K.

wurde erst nach dem Aus-
scheiden des Angeklagten als Geschäftsführer begonnen. Die V.

Bauträger GmbH, an welcher die [X.] zu
30
% beteiligt war, wies nach ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001 einen Überschuss von 240.650,02 [X.] aus. Ende 2002 wurde ihre Tätigkeit jedoch als unwirtschaftlich angesehen. Später wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.
Die
Mitteilung des Angeklagten über stille Reserven im Anhang zum [X.] für 2001 war daher falsch. Ein im Strafverfahren aus der [X.] zum 31.
Dezember 2001 erstellter Überschuldungsstatus der [X.] ergab, bezogen auf den Zerschlagungswert, einen [X.] von 972.063,09 [X.] (497.007,97 Euro).

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14
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Der Angeklagte unternahm zur Tatzeit nichts, um sich ein zutreffendes Lagebild zu erstellen. Eine Buchführung der [X.] war praktisch nicht
existent. [X.] wurden nicht erstellt. Der Geschäftsbetrieb lief gleichwohl unverändert weiter. Die Überschuldung wurde auch in der Folgezeit nicht beseitigt.
Unter dem 24.
März 2003 äußerte der Angeklagte in einem Schreiben an
Vi.

und die Mitglieder des [X.], einzige Einnahmequelle seien neue
Einzahlungen durch Kapitalanleger. Daran änderte sich in den folgenden Wo-chen nichts. Einen Insolvenzantrag stellte der Angeklagte dennoch nicht. Die-
ser wurde erst am 2.
Juli 2009 durch einen späteren Geschäftsführer gestellt.
Das [X.] hat eine Insolvenzverschleppung durch den Angeklag-ten bezüglich der [X.] abgeurteilt. Das Verfahren wegen Insolvenzver-schleppung hinsichtlich der [X.] wurde gemäß §
154 StPO vorläufig einge-stellt.
B.
Die Revision des Angeklagten ist mit der Sachrüge begründet, so dass es auf die Verfahrensbeanstandungen nicht ankommt.
[X.] Die Verurteilung wegen Betruges ist rechtsfehlerhaft.
1. Das [X.] hat Einzelakte des Betruges zum Nachteil der [X.] Anleger nicht festgestellt. Es hat zwar den Tatzeitraum angegeben, die Zahl der Vertragsabschlüsse innerhalb dieses Zeitraums aufgeführt, mögli-15
16
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20
-
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-
che [X.] benannt und den entstandenen Gesamtschaden beziffert. Im Übrigen aber hat es den Zeitpunkt, die Durchführung und den Um-fang der einzelnen Kapitalanlagen nicht konkretisiert. Unbeschadet der [X.]--

rechtlichen Anforderungen.
Für die Tatfeststellung und Darstellung im Urteil gelten bei einer aus vie-len Einzelakten bestehenden Tat im Sinne eines uneigentlichen Organisations-delikts (vgl. Senat, Beschluss vom 29.
Juli 2009

2 [X.], [X.], 103, 104; [X.], Beschluss vom 31.
Januar 2012

3 [X.], [X.], 653
f.) keine anderen Anforderungen als bei einer Mehrzahl gleichartiger, recht-lich selbständiger Straftaten. Die Urteilsgründe müssen auch hier die für erwie-sen erachteten [X.]chen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§
267 Abs.
1 Satz
1 StPO). Rechtliche Konkurrenz-

Mai 1994

[X.] und 3/93, [X.]St
40, 138, 159). Dies schließt zwar eine zusammenfassende, insbe-sondere tabellarische Darstellung der Einzelfälle und eine Wiedergabe von Gemeinsamkeiten der Tatbegehung nicht aus. Jedoch macht dies grundsätzlich Feststellungen zu den Einzelakten des Betruges zum Nachteil verschiedener Geschädigter im Urteil nicht entbehrlich.
2. Ungenügend sind die Urteilsgründe vor allem, weil das [X.]
auf jede Feststellung zur Frage des jeweiligen Irrtums der Geschädigten ver-zichtet.

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-
10
-
Da der [X.] voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des [X.] veranlasst worden ist, müssen die Urteils-gründe regelmäßig ergeben, wer die durch Täuschung verursachte Vermö-gensverfügung getroffen hat und welche irrtümlichen Vorstellungen dieser Ge-schädigte dabei hatte (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Mai 2014

4 [X.], NJW 2014, 2132, 2133; Senat, Urteil vom 22. Februar 2017

2 StR 573/15, Rn.
30 [X.]). Die Überzeugung des Gerichts setzt dazu in der Regel die Vernehmung der Geschädigten voraus (vgl. Senat, Beschluss vom 17.
Juni 2014

2
StR 658/13, [X.], 644, 645). Diese hat das [X.] nicht vorgenommen und deshalb keine auf die einzelnen Geschädigten bezogenen Feststellungen zu deren Vorstellungsbild getroffen.
Allerdings stößt die Feststellung des Irrtums bisweilen auf Schwierigkei-ten, die dazu führen können, dass ein Tatgericht im Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen
Erwartungen geprägt sind, seine Überzeugung von täuschungsbedingten [X.] auf der Grundlage eines sachgedanklichen Mitbewusstseins auf Indizien stützen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
September 2014

1
StR 314/14, [X.], 98, 100; krit. [X.]/Berghäuser in Festschrift für [X.], 2017, S.
13, 27; [X.], [X.] 128 [2016], 804, 810 ff.; [X.],
[X.],
101 f.; [X.], [X.] 2015, 105 f.; [X.], [X.], 40, 44 ff.; [X.], [X.]
2015, 106, 115 ff.). In Fällen eines normativ geprägten [X.] kann es deshalb nach der Rechtsprechung ausreichen, einzelne Zeugen zu verneh-men und aus einem regelhaften Vorstellungsbild auf einen Irrtum auch bei [X.] Geschädigten zu schließen oder der Verurteilung wegen eines [X.] zur Bemessung des Schuldumfangs eine bestimmte [X.] zugrunde zu legen (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Mai 2014

4 [X.], NJW 2014, 2132, 2133; krit. [X.], [X.] 128 [2016], 804, 818 ff.). [X.] 23
24
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11
-
Vereinfachungen der [X.]chenfeststellung können sich im Einzelfall dadurch erreichen lassen, dass Geschädigte schriftlich befragt werden, worauf das Er-gebnis unter den Voraussetzungen gemäß §
251 StPO in die Hauptverhand-lung eingeführt werden kann (Senat, Urteil vom 22.
Februar 2017

2
StR 573/15; krit. [X.]/Berghäuser, aaO S.
13, 26 f.). Handelt es sich um Tatse-rien, bei denen nicht erst durch die Vielzahl von [X.] mit jeweils kleinen Schadensbeträgen der Unrechts-
und Schuldgehalt des Gesamtgeschehens gekennzeichnet wird, können prozessökonomische Ergebnisse durch sachge-mäße Anwendung der §§
154, 154a StPO erzielt werden (krit. zur [X.] auf eine Verurteilung nur wegen versuchten Betruges [X.]/Berghäuser in Festschrift für [X.], 2017, S.
13, 16 ff.; [X.], [X.], 40, 42 f.).
Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob in bestimmten [X.] auf jede Befragung von Geschädigten ganz verzichtet und deren Irrtum insgesamt nur aus [X.] aufgrund von äußeren Umständen festgestellt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
September 2014

1
StR 314/14, [X.], 98, 100 mit [X.]. [X.]). Ein Fall mit Betrugshandlungen zum
Nachteil von tausenden Geschädigten, deren Befragung zum Zweck der Feststellung des individuellen Irrtums aufgrund von [X.] praktisch unmöglich wäre, liegt nicht vor. Auch versteht es sich nicht bereits aufgrund der Art der Vortäuschung von [X.]chen von selbst, dass sich die
Anleger bei dem Fonds der [X.] selbstverständlich über bestimmte Punkte geirrt haben müssen. Wie die einzelnen Anleger von dem Fondsmodell erfahr-
en haben, auf welche Weise sie von den unrichtige Angaben enthaltenden
[X.]n oder dem Werbeprospekt Kenntnis hatten und ob etwa täuschende An-gaben der von den Angeklagten angewiesenen Mitarbeiterinnen der Ge-
schäftsstellen Einfluss auf die jeweilige Anlageentscheidung gehabt haben, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Da insoweit individuelle [X.]
-
12
-
lungsbilder zu verschiedenen Aspekten des Anlagemodells denkbar sind, bleibt letztlich offen, ob und inwieweit die Geschädigten sich bei der Zeichnung der Anlagen aufgrund einer dem Angeklagten zuzurechnenden Täuschung geirrt haben.
Allein aus der durch Angaben der [X.] der Geschäftsstellen der Kreisverbände getroffenen Feststellung des [X.], Rückfragen durch Interessenten seien selten gewesen und hätten sich gegebenenfalls zu-meist auf die Frage des [X.] für einen Platz in einem Seniorenheim bezogen, konnte auch nicht tragfähig darauf geschlossen werden, die Anleger

aufgrund eines Irrtums über das tatsäch-
liche Bestehen eines durchsetzbaren [X.] getätigt.
I[X.] [X.] (§
84 Abs.
1 Nr.
2, §
64 Abs.
1 Satz
1 und 2 GmbHG aF) beziehungsweise Insolvenzverschlep-pung (§
15a Abs.
1 und Abs.
4, §
17 Abs.
2 Satz
1 [X.]; zum maßgeblichen Recht bei [X.] in Festschrift für [X.], 2011, S.
471, 480) ist ebenfalls rechtlich zu beanstanden.
Hinsichtlich der Annahme einer Überschuldung der Gesellschaft zum 24.
März 2003 ist das [X.] davon ausgegangen, dass die bilanzielle Überschuldung der [X.], wie sie sich im Dezember 2002 aus dem [X.] für 2001 ergeben hatte, nicht durch stille Reserven ausgeglichen worden sei. Dazu hat es darauf verwiesen, dass die vom Angeklagten in seiner ergänzenden Erklärung als stille Reserven genannten Erbbaurechte und Betei-ligungen an der V.

Strandkrone GmbH & Co. KG sowie deren
Komplementär-GmbH durch Verträge vom 3.
Dezember 2002 veräußert wor-
den seien. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Veräußerungsakts ist aber 26
27
28
-
13
-
ebenso wenig wie die anschließende Rückabwicklung der Veräußerungsverträ-ge im Urteil nachvollziehbar erläutert worden, erst recht nicht mit Blick auf den Stichtag am 24. März 2003.
Daher kann der Senat die Schlussfolgerung des [X.], dass die Erklärung des Angeklagten zum Jahresabschluss für 2001 falsch gewesen sei und wegen fehlender Verbesserungen der wirtschaft-
lichen Lage der [X.] bis zum Stichtag eine entsprechende bilanzielle Überschuldung vorgelegen habe, nicht nachvollziehen.
2. Auch hinsichtlich der Annahme von Zahlungsunfähigkeit der [X.] tragen die Urteilsfeststellungen den Schuldspruch nicht.
a) Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der zu diesem Zeitpunkt fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mit-tel andererseits festzustellen. Eine solche im Einzelnen nachvollziehbare Ge-genüberstellung hat das [X.] nicht erstellt. Es hat die Zahlungsunfähig-keit vielmehr aus einem Schreiben des Angeklagten an den faktischen [X.] Vi.

und die Mitglieder des [X.] vom 24. März 2003 abge-
leitet, in dem dieser mitgeteilt hatte,
dass die Fondsanlagen der [X.] die
einzige Einnahmequelle seien, die zur Bezahlung von Rechnungen oder Aus-zahlung von Zinsen und Einlagen früherer Anleger (der [X.]) verwendet werden könnten, und auch diese Einnahmen nicht zur Bedienung aller Ansprü-che aus den Anlagen des Fonds der [X.] ausreichen würden. Weiter
gestützt auf eine summarische Zusammenstellung von Einnahmen und Ausga-ben der [X.] vom 2. August 2004 bis zum 31. Oktober 2005, die ein rechnerisches Plus von etwa 8.000 Euro ergeben habe, ist es für den Tatzeit-raum von Zahlungsunfähigkeit ausgegangen, weil unter den Einzahlungen sie-benundzwanzig Zahlungen der [X.] in Höhe von zusammen 395.000
Euro 29
30
-
14
-
gewesen seien, die als Darlehenszahlungen verschleiert worden seien und fak-tische Entnahmen aus dem Vermögen der [X.] darstellten. Diese Zahlun-
gen seien zur Herstellung von Liquidität nicht geeignet, da sie betrügerisch [X.] und treuwidrig weitergereicht worden seien.
b) Diese auf wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen gestützte An-nahme der Zahlungsunfähigkeit der [X.] hält einer rechtlichen Nachprü-fung nicht stand.
aa) Zum einen hätte das [X.] bedenken müssen, dass Zah-
lungsansprüche in eine Gegenüberstellung von Forderungen und verfügbaren Mitteln nur einzustellen sind, soweit sie im insolvenzrechtlichen Sinne fällig sind (§
17 Abs.
2 Satz
1 [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.], die auch nach Inkrafttreten der [X.] nicht aufgegeben wurde (vgl. [X.] in Festschrift für [X.], 2011, S.
471, 483 ff. [X.]), setzt
Fälligkeit von Forderungen, zu deren vollständiger Erfüllung der Schuldner we-gen Zahlungsunfähigkeit zum Fälligkeitszeitpunkt oder innerhalb angemesse-
ner Zeit nicht mehr in der Lage ist, im insolvenzrechtlichen Sinn voraus, dass

über die Fälligkeit im Sinne von §
271 BGB hinaus

die geschuldete Leistung [X.] gegeben ist, aus der sich der Wille ergibt, Erfüllung möglicher Zahlungs-
ansprüche zu verlangen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Juli 2007

IX
ZB 36/07, [X.]Z 173, 286, 293 mit [X.]. [X.], [X.], 695 ff.; s.a. [X.], Urteil
vom 22.
Februar 2001

4 StR 421/00, NJW 2001, 1874, 1875). An ein solches
Einfordern sind zwar keine
hohen Anforderungen zu stellen. Das [X.] hat aber im Urteil für keinen Gläubiger der [X.] eine solche Handlung festgestellt und hätte dies auch im Rahmen der Bewertung des Schreibens des Angeklagten, der dies womöglich nicht bedacht hat, berücksichtigen müssen.
31
32
-
15
-
bb) Zum anderen fehlt es für die Außerachtlassung von der [X.] durch die [X.] überlassenen Geldern bei der Feststellung ihrer [X.] an einer tragfähigen Grundlage.
Nach den Feststellungen hatte die [X.] 395.000 Euro an die [X.] geleistet, die als Darlehen bezeichnet wurden, wobei es sich aber tat-sächlich um Anlegergelder im Vermögen der [X.] gehandelt hatte. Das [X.] ist wegen der treuwidrigen Verwendung der Mittel durch [X.] an die [X.]
davon ausgegangen, dass diese Mittel nicht zur Herbei-führung von Liquidität bei der [X.] geeignet waren. Grundsätzlich ist es für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinn jedoch ohne Bedeutung, aus welchen Quellen tatsächlich
vorhandene Mittel des Schuldners stammen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], 3.
Aufl. §
17 Rn.
17). Es kommt nicht darauf an, ob sich der Schuldner die [X.] auf redliche oder unredliche Weise beschafft hat. [X.] sind selbst aus Straftaten herrührende illegale Einkünfte als liquide Mittel anzu-sehen
(vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 2009

IX
ZR 63/08, [X.]Z 181, 132, 139). Eine mögliche zweck-
und treuwidrige Verschiebung von Vermögen der [X.] an die [X.] war deshalb nicht von vornherein ungeeignet, die [X.] [X.] aufzuheben.
Ob etwas anderes gilt, weil die strafgerichtliche Rechtsprechung [X.], hinsichtlich Kapitalzuflüssen aus Betrugshandlungen bestünden bereits mit der Zahlung fällige
Rückzahlungsansprüche aus §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
263 [X.], §
31 BGB in entsprechender Höhe (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Juli 2015

3 StR 518/14, [X.], 341, 342 mit [X.]. [X.], EWiR 2016, 103, 104), die als fällige Gegenforderung einzustellen seien, kann hier dahinstehen. Die Erfüllung des [X.]s steht bisher aus den oben 33
34
35
-
16
-
genannten Gründen nicht fest. Zudem richtete sich ein Rückzahlungsanspruch der Kapitalanleger vornehmlich gegen die [X.].
C.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Fol-gendes hin:

[X.], die infolge des dem mittelbaren Täter zurechenbaren Organisations-akts verursacht wurden (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
Juli 2015

3
StR
518/14, [X.], 341
f.).
Der Beginn einer Verjährung der Strafverfolgung wegen Betruges be-stimmt sich nach dem Zeitpunkt der Erlangung des Vermögensvorteils (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
November 2015

4 [X.], [X.], 42). Bei einer tatbestandlichen Handlungseinheit beginnt die Verjährungsfrist nach deren Beendigung; es bestehen keine gesonderten Fristen für die Verjährung von unselbständigen Einzelakten (vgl. [X.]/Kühl, [X.], 28.
Aufl., §
78a Rn.
6; [X.]/[X.]/[X.]/Sternberg-Lieben, [X.], 29.
Aufl., §
78a Rn.
9/10; NK/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
78a Rn.
32
f.; LK/[X.], [X.], 12.
Aufl., §
78a Rn.
13; a.A. SK-[X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
78a Rn.
11).
I[X.] Die Verjährungsfrist für die Insolvenzverschleppung beträgt fünf Jahre (§
78 Abs.
3 Nr.
4 [X.]); absolute Verjährung (§
78c Abs.
3 Satz
2 [X.]) tritt nach zehn Jahren ein. Die Frist für die Verjährung beginnt, sobald die Tat be-endet ist (§
78a Satz 1 [X.]). Dieser Zeitpunkt ist den Urteilsgründen nicht ge-36
37
38
39
-
17
-
nau zu entnehmen. Die Verjährung beginnt beim Unterlassen einer Insol-venzanmeldung erst dann, wenn die Pflicht erlischt, die Eröffnung des Verfah-rens zu beantragen (vgl. [X.], Urteil vom 4.
April 1979

3
StR 488/78, [X.]St 28, 371, 380). Das ist, wenn die Handlungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist zu erfüllen ist, nicht stets schon bei deren Ablauf der Fall. Jedoch entfällt die Pflicht, wenn die Überschuldung überwunden wird. Ob und gegebenenfalls wann dies der Fall gewesen ist, bleibt in den Urteilsgründen unklar.
[X.]

Eschelbach

Ri[X.] Zeng und

Ri'n[X.] Dr. Bartel

sind an der Unter-

schriftsleistung

gehindert.

[X.]

Wimmer

Meta

2 StR 169/15

16.05.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2017, Az. 2 StR 169/15 (REWIS RS 2017, 10882)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10882

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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