Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2017, Az. V ZR 189/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3137

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:271017UVZR189.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
189/16
Verkündet am:

27. Oktober 2017

Rinke

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 28 Abs. 3
Eine Übersicht über die [X.] aller Wohnungen und die den Abrechnungszeitraum betreffenden Hausgeldrückstände ist nicht notwendiger Bestandteil der Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 [X.]. Der Be-schluss der Wohnungseigentümer über die Genehmigung der
[X.] ist infolgedessen nicht allein deshalb anfechtbar, weil der Verwalter eine von ihm freiwillig erstellte [X.] trotz gegenteiliger Ankündigung nicht an die Wohnungseigentümer versendet bzw. nicht in der Eigentümerversammlung zur Einsicht vorlegt.
[X.], Urteil vom 27. Oktober 2017 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

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2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 17.
Zivilkammer des [X.] vom 24. Juni 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Ei-gentümerversammlung vom 22. September 2014 wurden u.a.
die [X.] für die [X.] und 2013 sowie der Wirtschaftsplan 2014 be-schlossen. Mit der am 20. Oktober 2014 bei dem Amtsgericht eingegangenen und am 28. November 2014 zugestellten Anfechtungsklage wenden sich die Kläger gegen diese Beschlüsse. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen,
da 1
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sie nicht innerhalb der Frist des § 46 Abs.
1 Satz 2 [X.] begründet worden sei. Auf die Berufung der Kläger hat das [X.] das Urteil geändert und die Beschlüsse für ungültig erklärt. Mit der von
dem [X.] zugelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen. Die Kläger beantra-gen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in [X.], 270 veröffentlicht ist, haben die Kläger die Klageerhebungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.] eingehalten. In der Sache seien die Beschlüsse für [X.] zu erklären. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung hätten den Wohnungs-

[X.] aller Jahr 2013 zumindest nicht in der korrigierten Fassung vorgelegen, obwohl der Verwalter
diese Anlagen in seinem Anschreiben an die Wohnungseigentümer als Bestandteil der jeweiligen Jahresabrechnung ausgewiesen habe. Die Anfer-tigung und Übersendung einer solchen Übersicht seien zwar freiwillige Leistun-gen des Verwalters. Übernehme er diese aber, müsse die Übersicht bei [X.] vorliegen und inhaltlich zutreffend sein. Andernfalls sei eine Plausibilitätsprüfung der Gesamt-
und der Einzelabrechnung nicht möglich. [X.] eine nachvollziehbare Jahresabrechnung 2013 könne auch
die im
Wirt-schaftsplan für das [X.]
enthaltene Prognose
nicht überprüft werden.

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II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet geht das Berufungs-gericht allerdings davon aus, dass die Kläger die materielle Klageerhebungsfrist des §
46 Abs. 1 Satz 2 [X.] gewahrt haben. Die am 28. November 2014 er-folgte Zustellung ist, gemessen an der Rechtsprechung des [X.]s (vgl. [X.] vom 25. September 2015 -
V [X.], [X.], 568 Rn. 8,

die Zustellung auf den Tag der Einreichung der Klage am 20. Oktober 2014 zu-rückwirkt, an dem die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen war.

2. Nicht frei von [X.] nimmt das Berufungsgericht aber an, dass die in der Eigentümerversammlung vom 22. September 2014 gefassten Be-schlüsse über die Genehmigung der Jahresabrechnungen
2012 und 2013 [X.] für ungültig zu erklären sind, weil den Wohnungseigentümern bei der [X.] über die [X.] aller Woh-nungen un

nicht bzw. in einer fehlerhaften Fassung vorlag.

a) Richtig
ist
allerdings
der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Eine Übersicht über die [X.] aller Wohnungen und die den [X.] ist nicht notwendiger Be-standteil der Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 [X.]. Die [X.] und Übersendung einer solchen Übersicht ist eine freiwillige Leistung des Verwalters.

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aa) Der Verwalter
einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß §
28 Abs. 3 [X.] nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung der Ein-nahmen und Ausgaben zu erstellen. Dazu hat er
eine geordnete und übersicht-liche Einnahmen-
und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen enthält. Diese muss für einen [X.] auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein. Den Anforderungen genügt eine Abrechnung nur, wenn sie, anders als der Wirtschaftsplan, nicht die geschuldeten Zahlungen und die vorgesehenen [X.], sondern die tatsächlichen Einnahmen und Kosten ausweist (vgl. [X.],
Urteil vom 4. Dezember 2009 -
V [X.], NJW 2010, 2127 Rn. 10; Urteil vom 17. Februar 2012 -
V [X.], [X.], 1434 Rn. 16). Die Darstellung der Jahresabrechnung muss die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfassen und auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Sie müssen nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind. Die Jahresabrechnung ist nicht zuletzt die Grundlage für die Festlegung der endgültigen Höhe der [X.] ([X.], Beschluss vom 15. Mai 2012 -
V [X.], NJW-RR 2012, 1103 Rn. 7; Urteil vom 11. Oktober 2013 -
V [X.], NJW 2014, 145 Rn. 6).

bb) Der [X.] hat bereits entschieden, dass Beitragsrückstände kein notwendiger
Bestandteil einer Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 [X.] sind.
Diese ist auf die Abrechnung
der Kosten des abgelaufenen [X.] unter Berücksichtigung der von den Eigentümern geleisteten [X.] beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 2012 -
V [X.], [X.], 2796 Rn. 6). Zwar kann sowohl die Einzel-
als auch die Gesamtabrech-nung den buchhalterischen Stand des [X.] unter Einbeziehung der Rückstände aus den Vorjahren informatorisch aufzeigen. Ein solcher Nachweis 7
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von Buchhaltungskonten ist jedoch weder Bestandteil der Jahresabrechnung noch des Genehmigungsbeschlusses;
die daraus ersichtlichen Informationen können lediglich Indizien gegen die Schlüssigkeit der Abrechnung liefern
([X.], Urteil vom 11. Oktober 2013 -
V [X.], NJW 2014, 145 Rn. 9).
Aufga-be der Jahresabrechnung ist es auch nicht aufzuzeigen, ob die in dem Abrech-nungsjahr entstandenen Kosten durch die laufenden [X.] ge-deckt werden; ein Vermögensstatus ist weder Gegenstand der [X.] noch des Genehmigungsbeschlusses ([X.], Urteil vom 11. Oktober 2013 -
V [X.], aaO Rn. 16). Für
eine laufende Kostendeckung sorgt vornehm-lich der Wirtschaftsplan. In diesem müssen [X.] festgelegt wer-den, die es der Verwaltung ermöglichen, die voraussichtlich entstehenden Kos-ten zu begleichen.

Zwar hat
der [X.] auch entschieden, dass in der Jahresabrechnung die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage darzustellen ist, um den [X.]n eine Prüfung der Abrechnung zu ermöglichen (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2009 -
V [X.], [X.], 178 Rn. 179). Dieser Grundsatz ist aber nicht auf die Hausgeldrückstände zu übertragen. Daran hält der [X.] trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik
(vgl. Jennißen in Jennißen, [X.], 5.
Aufl., § 28 Rn. 127; Hügel/[X.], [X.], 2. Aufl., § 28 Rn. 110; [X.], NZM
2015, 882, 885; Lang, [X.], 769, 772; vgl. auch schon Casser/Schultheiß, [X.], 85 ff.)
fest.
Weil die Jahresabrechnung als reine Einnahmen-
und Ausgabenrechnung zu führen ist, ist für den Wohnungseigentümer
ohne weite-res erkennbar, ob die
[X.] die angefallenen Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums decken.
Ist eine
Differenz entstanden, kann er
bei
dem Verwalter nachfragen, ob diese darauf beruht, dass die
anderen Wohnungseigentümer ihre Beiträge nach Maßgabe des beschlossenen [X.] im Abrechnungsjahr nicht gezahlt haben.
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cc) Auch eine Übersicht der [X.] aller Wohnungen ist nicht notwendiger Bestandteil der Jahresabrechnung.

(1) Das wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird [X.], eine Übersicht über die [X.] aller [X.] zähle zum notwendigen Bestandteil der Jahresabrechnung
([X.], [X.] 2008, 211; Jennißen in Jennißen, [X.], 5. Aufl., § 28 Rn. 102, 129;
vgl. auch [X.] [X.]/[X.], [1.
Juni 2017], §
28 Rn.
97). Nach
anderer Ansicht ist eine solche Übersicht zwar zweckmäßig, aber nicht notwendiger Be-standteil der Jahresabrechnung
(Wanderer in [X.]/[X.], Praxis des [X.], 6. Aufl., [X.] Rn. 1699;
BeckOGK/[X.], [X.], [1. Juli 2017], § 28 Rn.
151).

(2) Die zuletzt genannte Ansicht trifft zu.
Der Informationswert einer Übersicht der [X.], die die Guthaben oder [X.] für alle
Wohnungen
ausweist,
ist gering
(vgl. [X.]/Bub, BGB [2005], § 28 [X.] Rn. 528 [X.]. 395). Ein Wohnungseigentümer kann bereits aus der ihn betreffenden Einzelabrechnung erkennen, nach welchem Verteilungs-schlüssel der Verwalter die Gesamtkosten verteilt hat. Er kann davon ausge-hen, dass in den anderen Einzelabrechnungen der Verteilungsschlüssel
konse-quent angewendet wurde. Dass sich
die Stimmabgabe jedes einzelnen Eigen-tümers bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung auch auf die Ge-nehmigungen der fremden Einzelabrechnungen erstreckt,
macht es nicht erfor-derlich, die
jeweiligen [X.] aller Wohnungen in der [X.] auszuweisen. Das daraus resultierende Informationsinteresse wird durch den Anspruch auf Einsichtnahme in die
Einzelabrechnungen hinreichend gewahrt (vgl. BayObLG, [X.], 41, 43; [X.], [X.], 691; 10
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[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 28 Rn. 156; Niedenführ/Vandenhouten, [X.], 12. Aufl., § 28 Rn. 159 f.; Wanderer in [X.]/[X.], Praxis des [X.], 6. Aufl., [X.] Rn. 1699 jeweils
mwN).

b) [X.] ist aber die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung sei deshalb für ungültig zu erklären, weil der
Verwalter
es freiwillig übernommen habe,
eine
Übersicht über die [X.] aller Wohnungen und die
Haus-geldrückstände
an die Wohnungseigentümer zu übersenden,
er
diese Leistung aber
nicht
bzw. nicht fehlerfrei
erbracht habe. In dem Einladungsschreiben zur Eigentümerversammlung, in dem der Verwalter die Erstellung und Vorlage der Übersicht angekündigt hat, hat er zwar den Beschlussgegenstand der [X.] bezeichnet (vgl. § 23 Abs. 2 [X.]). Für den Inhalt und die Richtigkeit der Jahresabrechnung kommt es aber auf die Einhaltung der Grundsätze der Abrechnungserstellung (§ 28 Abs. 3 [X.]) an, zu der die Er-stellung einer
Übersicht über die [X.] aller Wohnungen und ein Ausweis der Rückstände
gerade
nicht gehört. Der Beschluss der [X.] über die Genehmigung der Jahresabrechnung ist [X.] nicht allein deshalb anfechtbar, weil der Verwalter eine von ihm freiwillig erstellte [X.] trotz gegenteiliger Ankündigung nicht an die [X.] versendet bzw.
nicht
in der Eigentümerversammlung zur Einsicht vor-legt.

3.
Da die Jahresabrechnung 2013 nicht bereits wegen der Fehlerhaf-tigkeit der von dem Verwalter vorgelegten [X.] unwirksam ist, tragen die getroffenen Feststellungen
auch
nicht die Annahme
des Berufungsgerichts, der Wirtschaftsplan für das [X.] verletze den Anspruch der Wohnungseigen-13
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tümer auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nach §
21 Abs. 4 [X.].

III.

Das Berufungsurteil ist wegen des aufgezeigten [X.]. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, §
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Entscheidung des [X.]s (§ 563 Abs. 3
ZPO) ist nicht möglich, weil das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
sich mit den von den Klägern weiter geltend gemachten
Anfech-tungsgründen nicht befasst hat.

Stresemann
Brückner
Weinland

Göbel
Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.11.2015 -
6 C 13/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.06.2016 -
17 [X.]/15 -

15

Meta

V ZR 189/16

27.10.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2017, Az. V ZR 189/16 (REWIS RS 2017, 3137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3137

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 189/16

V ZR 203/14

V ZR 251/10

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V ZR 147/11

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