Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.03.2015, Az. 10 AZR 165/14

10. Senat | REWIS RS 2015, 13885

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Gegenstand

Persönliche Zulage nach § 17 Abs. 6 TVÜ-L - Revisionsbegründung


Tenor

1. Die Revision des beklagten [X.] gegen das Urteil des [X.]arbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31. Januar 2014 - 7 [X.]/13 - wird als unzulässig verworfen.

2. [X.] hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine persönliche Zulage nach § 17 Abs. 6 [X.] für den Zeitraum von März 2012 bis Jan[X.]r 2013.

2

Der Kläger, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Nachrichtentechnik, war zunächst vom 9. Jan[X.]r 2006 bis zum 31. Mai 2008 und dann vom 5. Juni 2008 bis zum 31. Dezember 2010 befristet beim beklagten Land als technischer Angestellter beschäftigt. Seit dem 18. April 2011 steht er in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und ist weiterhin am [X.] der [X.] tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden [X.] die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung. Der Kläger erhält eine Vergütung nach [X.] 11 [X.] Zusätzlich erhielt er für seine Tätigkeit eine monatliche Zulage in Höhe von 23,01 Euro brutto (ehemalige [X.]).

3

Mit Schreiben vom 10. September 2012 teilte ihm das beklagte Land mit, ihm stehe eine solche Zulage nicht zu und er sei unter Berücksichtigung der tariflichen Ausschlussfrist verpflichtet, die für die Monate März bis August 2012 erhaltenen Zulagen zurückzuzahlen. In der Entgeltabrechnung für September 2012 wurde ein Betrag von 138,06 Euro brutto in Abzug gebracht.

4

Der Tarifvertrag über Zulagen an Angestellte vom 17. Mai 1982 ([X.]) idF des [X.] Nr. 17 vom 29. November 2000 und des § 1 des Tarifvertrags vom 29. Oktober 2001 über die Fortentwicklung der [X.] für Angestellte enthält [X.]. folgende Regelung:

        

§ 3   

        

[X.]

        

(1) Angestellte der Vergütungsgruppen Va bis IIa mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, erhalten eine [X.] von monatlich 23,01 Euro.“

5

Der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) vom 12. Oktober 2006 idF des [X.] Nr. 4 vom 2. Jan[X.]r 2012 enthält [X.]. folgende Regelungen:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag gilt für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter (Beschäftigte),

                 

-       

deren Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ([X.]) oder eines Mitgliedsverbandes der [X.] ist, über den 31. Oktober 2006 hinaus fortbesteht, und

                 

-       

die am 1. November 2006 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder ([X.]) fallen,

                 

für die Dauer des ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. …

                 

Protokollerklärung zu § 1 Absatz 1 Satz 1:

                 

1.    

Unterbrechungen von bis zu einem Monat sind unschädlich; …

        

(2)     

Nur soweit nachfolgend ausdrücklich bestimmt, gelten die Vorschriften dieses Tarifvertrages auch für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 nach dem 31. Oktober 2006 beginnt und die unter den Geltungsbereich des [X.] fallen.

        

...     

        

§ 2     

        

Ersetzung bisheriger Tarifverträge durch den [X.]

        

(1)     

Der [X.] ersetzt in Verbindung mit diesem Tarifvertrag für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ([X.]) die in Anlage 1 TVÜ-L Teil A und Teil B aufgeführten Tarifverträge …, soweit im [X.], in diesem Tarifvertrag oder in den Anlagen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. …

        

§ 5     

        

Vergleichsentgelt

        

...     

        

(2)     

1Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des [X.]/[X.]-O setzt sich das Vergleichsentgelt aus Grundvergütung, allgemeiner Zulage und [X.] der Stufe 1 oder 2 zusammen. … 3Ferner fließen im Oktober 2006 tarifvertraglich zustehende Funktionszulagen insoweit in das Vergleichsentgelt ein, als sie nach dem [X.] nicht mehr vorgesehen sind. …

                 

Protokollerklärung zu § 5 Absatz 2 Satz 3:

                 

Vorhandene Beschäftigte erhalten bis zu einer Überarbeitung oder Neureglung der entsprechenden Abschnitte der Entgeltordnung zum [X.] ihre [X.], Meister- und Programmiererzulagen unter den bisherigen Voraussetzungen als persönliche Besitzstandszulage. …

        

§ 17   

        

Eingruppierung

        

...     

        

(6)     

Eine persönliche Zulage, die sich betragsmäßig nach der entfallenen [X.], Meister- und Programmiererzulage bemisst, erhalten diejenigen Beschäftigten, denen ab dem 1. November 2006 eine anspruchsbegründende Tätigkeit übertragen wird, soweit die Anspruchsvoraussetzungen nach bisherigem Tarifrecht erfüllt wären; die Zahlung erfolgt längstens bis zu einer Überarbeitung bzw. Neuregelung der entsprechenden Abschnitte der Entgeltordnung zum [X.]

                 

...     

        

Anlage 1 TVÜ-L Teil B

        

- Ersetzte Tarifverträge bzw. Tarifvertragsregelungen -

        

Vorbemerkungen:

        

...     

        

2.    

Soweit einzelne Tarifvertragsregelungen vorübergehend fortgelten, erstreckt sich die Fortgeltung auch auf Beschäftigte iSd. § 1 Abs. 2 TVÜ-L.

                 

…       

                 

Nr. 9 

Tarifvertrag über Zulagen an Angestellte (Länder) vom 17. Mai 1982, mit Ausnahme der §§ 5, 6, 7 bis 10, die bis zu einer Überarbeitung bzw. Neuregelung der entsprechenden Abschnitte der Entgeltordnung zum [X.] fortgelten.

                 

…“    

        

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe gemäß § 17 Abs. 6 iVm. Abs. 1 Satz 2 [X.] Anspruch auf eine persönliche Zulage in Höhe der bisherigen [X.]. § 17 Abs. 6 [X.] gelte gleichermaßen für in den [X.] übergeleitete wie für ab dem 1. November 2006 neu eingestellte Beschäftigte und sei auch nach Inkrafttreten der Entgeltordnung zum [X.] fortgeführt worden.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 253,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. § 17 Abs. 6 [X.] erfasse seinem Regelungsinhalt nach nur übergeleitete Beschäftigte, denen erst nach dem Stichtag der Überleitung eine anspruchsbegründende Tätigkeit übertragen werde, nicht aber nach dem 31. Oktober 2006 neu eingestellte Beschäftigte.

9

Arbeitsgericht und [X.] haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist mangels ausreichender Begründung unzulässig und daher nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.

I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buch[X.]a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des [X.] in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des [X.] beitragen ([X.]Rspr., zB [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] - Rn. 16, [X.]E 130, 119; 27. Oktober 2005 - 6 [X.] - Rn. 9). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung ([X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 10 mwN).

II. Dem wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

1. Eine Verfahrensrüge hat das revisionsführende [X.] nicht erhoben.

2. Hinsichtlich der erhobenen Sachrüge setzt sich die Revisionsbegründung nicht ausreichend mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander.

a) Das [X.]esarbeitsgericht hat die verschiedenen, für das Bestehen eines Anspruchs auf eine persönliche Zulage als Ersatz für die [X.] relevanten Vorschriften des [X.] umfangreich ausgelegt. Hinsichtlich der aus Sicht des [X.] entscheidenden Fragestellung, ob § 17 Abs. 6 [X.] auch auf neu eintretende Beschäftigte anwendbar ist, hat es drei wesentliche Argumente angeführt: Bereits der Wortlaut der Norm rechtfertige die Annahme, dass die Regelung für nach dem 31. Oktober 2006 eingestellte Beschäftigte einschlägig sei. Dies hat das [X.]esarbeitsgericht insbesondere mit den in der tariflichen Formulierung verwendeten Zeitformen begründet. Weiterhin hat sich das [X.]esarbeitsgericht zur Begründung seiner Auffassung auf den tariflichen Gesamtzusammenhang (Systematik) gestützt. Der Regelungsgehalt des § 17 Abs. 6 [X.] erfasse ausschließlich nach dem 31. Oktober 2006 eingestellte Beschäftigte. Die Tarifnorm sehe für diese „entsprechend dem Grundsatz der entgeltlichen Gleichbehandlung“ eine persönliche Zulage vor. Als dritten Auslegungsgesichtspunkt hat das [X.]esarbeitsgericht den Sinn und Zweck der Tarifregelung herangezogen. Es hat angenommen, durch § 17 Abs. 6 [X.] solle dem „entgeltlichen Gleichbehandlungsgrundsatz“ insofern Rechnung getragen werden, als sowohl für die vor als auch nach dem 31. Oktober 2006 eingestellten Beschäftigten bei Ausübung derselben Tätigkeit eine persönliche Zulage als Ersatz für die [X.] gezahlt werden solle.

b) Die Revisionsbegründung setzt sich lediglich mit einem der vom [X.]esarbeitsgericht zur Begründung seines Auslegungsergebnisses angeführten Argumente auseinander, nämlich dem des tariflichen Gesamtzusammenhangs (Systematik). Auf die Wortlautargumentation des [X.] geht die Revision nicht ein, obwohl nach ständiger Rechtsprechung (zB [X.] 15. Mai 2013 - 10 [X.] - Rn. 33) bei der Tarifauslegung zunächst vom [X.] auszugehen ist. Ebenso wenig setzt sich die Revisionsbegründung mit dem vom [X.]esarbeitsgericht sowohl im Zusammenhang mit der systematischen Auslegung als auch bei der Suche nach dem Sinn und Zweck der Tarifregelung verwendeten Argument der „entgeltlichen Gleichbehandlung“ auseinander. Die Revision zeigt auch nicht etwa auf, dass alleine ihr tarifsystematisches Argument unabhängig von den anderen Argumentationslinien des [X.] zwingend zu einem anderen ([X.] führen müsste. Ganz im Gegenteil räumt sie selbst ein, dass „auch“ übergeleitete Angestellte, denen erst nach dem Überleitungszeitpunkt eine entsprechende Tätigkeit übertragen wird, keinen Besitzstand im engeren Sinn erworben haben.

III. Das beklagte [X.] hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Linck    

        

    Brune    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    D. Diener    

        

    [X.]    

                 

Meta

10 AZR 165/14

18.03.2015

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Stuttgart, 7. August 2013, Az: 29 Ca 1877/13, Urteil

§ 1 TVÜ-L, § 2 Abs 1 TVÜ-L, § 17 Abs 6 TVÜ-L, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.03.2015, Az. 10 AZR 165/14 (REWIS RS 2015, 13885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13885

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