Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2006, Az. IX ZB 134/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4333

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[X.][X.] vom 23. März 2006 in dem Prozesskostenhilfeverfahren - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] am 23. März 2006 beschlossen: Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin [X.]für das Rechtsbeschwerdeverfahren [X.] ohne Ratenzahlung bewilligt. Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der [X.]uss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 13. April 2005 aufge-hoben und der [X.]uss des [X.] vom 1. März 2005 abgeändert. Dem Antragsteller wird für das Verfahren 5 C 53/05 Rechtsanwalt M. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet. Außergerichtliche Kosten der Rechtsmittelverfahren werden nicht erstattet. Gründe: Der Antragsteller ist Rechtsanwalt. Er ist zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] (fortan: Schuldnerin) bestellt. Das Insolvenzverfahren ist massearm. Für eine auf Insolvenzanfechtung gestützte Klage hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von [X.] - 3 - anwalt M. aus [X.] beantragt. Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe gewährt, die [X.] jedoch abgelehnt. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begeh-ren weiter. [X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 4 [X.] in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts. 2 1. [X.] der ersten Beschwerde hat das auf § 121 Abs. 2 ZPO ge-stützte Gesuch des Antragstellers auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Ver-tretung in dem [X.] vor dem [X.] mit der [X.] abgelehnt, dass der Antragsteller selbst Rechtsanwalt sei. Bei der Ausle-gung des § 121 ZPO müsse der Regelungsgehalt des § 5 [X.] berücksichtigt werden. Diese Vorschrift bestimme, dass der Insolvenzverwalter, der zugleich Rechtsanwalt sei, sein anwaltliches Honorar nur in Fällen, in denen es [X.] sei, der Insolvenzmasse entnehmen könne. Dieser Maßstab gelte auch für § 121 ZPO. Im vorliegenden Fall handele es sich um einen typischen Fall der Insolvenzanfechtung, bei dem sich die rechtlichen Schwierigkeiten auf ei-nem Gebiet bewegten, auf dem sich der Insolvenzverwalter selbst am besten auskenne. Die Beiordnung eines - weiteren - Rechtsanwalts komme deshalb nicht in Betracht. Im Übrigen habe der Insolvenzverwalter bei Einschätzung der Vergütungshöhe auch die nach § 5 [X.] aus der Masse zu zahlende [X.] - [X.] zu beachten. Sei diese nicht gedeckt, müsse das Insolvenzverfahren man-gels Masse eingestellt werden. 2. Diese Begründung ist rechtlich nicht haltbar. Sie verletzt § 121 Abs. 2 ZPO. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), ist Rechtsanwalt M. nach Maßgabe des § 121 Abs. 3 ZPO dem Antragsteller als Prozessanwalt beizuordnen. 4 a) Nach § 121 Abs. 2 ZPO ist ein Anwalt dann beizuordnen, wenn ent-weder die Vertretung erforderlich erscheint oder - was hier offen bleiben kann - der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. 5 aa) Der Senat hat zu § 5 Abs. 1 [X.] bereits entschieden, dass ein In-solvenzverwalter, auch wenn er selbst Volljurist ist, Aufgaben, die ein Insol-venzverwalter ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht lösen kann, auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstandenen Auslagen aus der Masse entnehmen kann ([X.], [X.]. v. 11. November 2004 - [X.] ZB 48/04, [X.], 36, 37; siehe auch [X.]Z 139, 309, 313 f; 160, 176, 182 f). Im Anwendungsbereich des § 121 Abs. 2 ZPO kann, wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt richtig sieht, kein anderer Maßstab gelten. Das [X.] hat hierzu im Einzelnen ausgeführt, eine strengere Handhabung im Rahmen der [X.] bewirke, dass der als Rechtsanwalt zugelas-sene Insolvenzverwalter bei [X.] regelmäßig leer ausgehe oder - bei Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts - diesem nach §§ 55, 61 [X.] schadensersatzpflichtig sei (vgl. [X.] [X.], 1947, 1948 f; Z[X.] 2003, 722, 724). 6 - 5 - Diesen Erwägungen tritt der Senat bei. Da die Masse in den Fällen des § 121 Abs. 2 ZPO stets unzureichend ist, liefe die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 1 [X.] für den Insolvenzverwalter, der zugleich den Beruf des Rechtsan-walts ausübt, weitgehend leer. Er wäre gezwungen, die mit dem Ziel der Mas-seanreicherung geführten Prozesse weitgehend aus privaten Mitteln zu finan-zieren. Dies widerspricht dem eindeutigen Zweck der Vorschrift (vgl. [X.], [X.]. v. 18. September 2003 - [X.] ZB 460/02, [X.], 2036). Gerade der Rechtsverfolgung durch Insolvenzverwalter mit dem Ziel der Masseanreiche-rung hat der Gesetzgeber ein eigenständiges, schutzwürdiges öffentliches In-teresse beigemessen (vgl. [X.], Urt. v. 27. September 1990 - [X.] ZR 250/89, [X.], 1490, 1491 m. Anm. [X.] EWiR 1990, 1243 f; [X.]. v. 18. September 2003 - [X.] ZB 460/02, aaO). Nach den Gesetzesmaterialien sollte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Regel, die Verweigerung die Aus-nahme sein (vgl. BT-Drucks. 8/3068 [X.] zu § 114c ZPO). Das [X.], das demgegenüber auf die Selbstvertretungsmöglichkeit des volljuristisch ausgebildeten Insolvenzverwalters verweist, verkehrt diese Grundsätze in ihr Gegenteil. 7 bb) Die Ablehnung der [X.] kann auch nicht auf die [X.] über die Einstellung des Verfahrens mangels Masse (§§ 207 ff In-sO) gestützt werden. Das [X.] gewinnt für den Insolvenzverwalter im Anwendungsbereich des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO gerade in den Fällen Bedeutung, in denen die [X.] nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Ist eine Massemehrung durch Insolvenzan-fechtung hinreichend erfolgversprechend (§ 114 Satz 1 ZPO) oder hat der In-solvenzverwalter bereits ein für die Masse günstiges Urteil erstritten und liegt der Fall einer notwendigen Prozesskostenhilfe (§ 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO) vor, ist das Insolvenzverfahren im Hinblick auf die Wirkungen der [X.] - 6 - fe (vgl. § 122 ZPO) nicht wegen der Gerichtskosten einzustellen. Der Bestand der freien Masse hat deshalb für die Frage, ob bei Gewährung von [X.] auch dem Antrag auf [X.] zu entsprechen ist, keinen Einfluss. b) Legt man bei der Prüfung die vom Senat (vgl. [X.], [X.]. v. 11. November 2004 - [X.] ZB 48/04, aaO S. 36 f) entwickelten Maßstäbe an, ist dem Beiordnungsantrag zu entsprechen. Einen Anfechtungsrechtsstreit wird ein Insolvenzverwalter ohne volljuristische Ausbildung in aller Regel auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstehenden Auslagen der Masse entnehmen. Bei der Insolvenzanfechtung handelt es sich um eine rechtliche Spezialmaterie, die sich von der Verfolgung materiell-rechtlicher Ansprüche des Schuldners, die in dessen unternehmerischer Tätigkeit wurzeln, deutlich [X.]. Das Insolvenzanfechtungsrecht ist durch eine Mehrzahl von Anfechtungs-tatbeständen gekennzeichnet, die im objektiven und subjektiven Bereich unter-schiedliche Tatbestandsvoraussetzungen aufweisen, deren Merkmale sich dem Gesetzeswortlaut zudem nicht sämtlich eindeutig entnehmen lassen. Weitere Kennzeichen des Anfechtungsrechts sind der hohe rechtliche Abstraktionsgrad und die Komplexität der gesetzlichen Regelung. Eine sachgerechte Bearbeitung einer Insolvenzanfechtungsklage erfordert daher eine intensive Befassung mit dem System des Insolvenzanfechtungsrechts und die Kenntnis der hierzu er-gangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere auch zu der [X.]. Schon die nicht unerheblichen Haf-tungsrisiken und die oft nicht von vornherein abschätzbaren Beweisschwierig-keiten des grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtigen Insolvenzverwalters lassen es auch im Parteiprozess durchweg als angezeigt erscheinen, einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung und Prozessführung zu beauftragen. 9 - 7 - I[X.] Außergerichtliche Kosten der Rechtsmittelverfahren sind nicht zu erstat-ten (§ 127 Abs. 4 ZPO; vgl. Musielak/[X.], ZPO 4. Aufl. § 127 Rn. 29; [X.]/[X.]/Pukall, ZPO § 127 Rn. 21). 10 [X.] Ganter [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.03.2005 - 5 C 53/05 - [X.], Entscheidung vom 13.04.2005 - 2 [X.] -

Meta

IX ZB 134/05

23.03.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2006, Az. IX ZB 134/05 (REWIS RS 2006, 4333)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4333

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