Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2003, Az. IV ZR 149/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4548

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:5. Februar 2003HeinekampJustizobersekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: ja[X.]R: ja_____________________ZPO § 321; BGB § 273Das Gericht kann über ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB), das es bei seinerEntscheidung übersehen hat, nicht im Wege eines Ergänzungsurteils gemäߧ 321 ZPO entscheiden.[X.], Urteil vom 5. Februar 2003 - [X.]/02 - [X.] LG [X.] hat durch den [X.], den [X.] [X.], die [X.]in [X.] und die [X.] [X.] und [X.] auf die mündliche [X.] erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Ergänzungs-urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 25. April 2002 aufgehoben und der Antragder Klägerin auf Erlaß eines Ergänzungsurteils als [X.] verworfen.Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zutragen.Von Rechts [X.]:Die [X.]en sind Geschwister und je zur Hälfte Erben ihres [X.] Januar 1993 gestorbenen [X.]. Sie hatten durch [X.] vom 24. Juli 1986 vereinbart, daß der Beklagte 590.000 DM vondem zu erwartenden Nachlaß des [X.] vorweg erhalten solle; nur [X.] solle geteilt werden. In einem Teilauseinandersetzungsvertrag vom24. April 1993 legten die [X.]en u.a. fest, wie diese 590.000 DM auf-gebracht werden sollten; außer einer Zahlung der Klägerin aus eigenem- 3 -Vermögen sollte der Betrag im wesentlichen statt aus dem Nachlaß ausden Einkünften einer beiden [X.]en ebenfalls je zur Hälfte zustehendenGrundstücksgemeinschaft entnommen werden.Das Berufungsgericht hat den [X.] gegen § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. für nichtig gehalten undden Beklagten verurteilt, außer den empfangenen Zahlungen der Kläge-rin auch von ihm als Verwalter der Grundstücksgemeinschaft zur Befrie-digung seines Anspruchs auf 590.000 DM entnommene Gewinnanteileder Klägerin an diese zurückzuzahlen. Dabei hat das Berufungsgerichtfestgestellt, daß der Beklagte darüber hinaus Gewinnanteile der [X.] von 106.941,11 DM entnommen habe. Insoweit hat das [X.] der Klägerin jedoch keinen Anspruch auf Auszahlung, [X.] nur auf Zustimmung zur Auszahlung zugebilligt; einen solchen [X.] habe die Klägerin aber trotz Hinweises nicht gestellt. [X.] auch dem Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsge-richts ein Gewinnanteil von 95.330,23 DM zu; in dieser Höhe hat das Be-rufungsgericht die Klägerin auf Widerklage des Beklagten verurteilt, derEntnahme des [X.] nebst Zinsen zuzustimmen. Gegen diesesUrteil hat nur der Beklagte Revision eingelegt, die der Senat nicht ange-nommen hat.Die Klägerin hat Ergänzung des Berufungsurteils beantragt, weilübersehen worden sei, daß sie gegenüber der Widerklage ein Zurückbe-haltungsrecht geltend gemacht habe, bis sie ihr zustehende Gewinnan-teile in Höhe von 102.271,50 DM erhalte. Dementsprechend hat [X.] den Tatbestand seines Berufungsurteils gemäß § 320ZPO berichtigt. Ferner hat das [X.] aufgrund mündlicher- 4 -Verhandlung vom 22. April 2002 im Wege eines Ergänzungsurteils nach§ 321 ZPO die Verurteilung der Klägerin auf die Widerklage durch denVorbehalt "Zug um Zug gegen Zustimmung zur Entnahme eines Betragesin Höhe von 52.290,59 e-schränkt, den auf die Widerklage zugebilligten Zinsausspruch [X.] Beklagten entfallen lassen und die Kostenentscheidung geändert.Gegen dieses Ergänzungsurteil wendet sich der Beklagte mit der zuge-lassenen Revision.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des Ergänzungsurteils und [X.] des auf Ergänzung des Berufungsurteils gerichteten [X.] Klägerin als unzulässig.1. a) Nach § 321 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil auf Antrag durch nach-trägliche Entscheidung zu ergänzen, wenn ein nach dem ursprünglichfestgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand geltend ge-machter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt ganzoder teilweise übergangen ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daßeine solche Ergänzung nur in Betracht kommt, wenn ein Anspruch, alsoein aktives Rechtsschutzbegehren, in einem Haupt- oder [X.] nicht beschieden worden ist; übersehene Einwendungenoder die Richtigstellung anderer Fehler rechtfertigen eine Urteilsergän-zung dagegen nicht. Gegen die aus einem solchen Grunde fehlerhafteEntscheidung kann sich die beschwerte [X.] nur mit einem zulässigenRechtsmittel wehren. Eine Ergänzung nach § 321 Abs. 1 ZPO kommt- 5 -demgegenüber nur in Betracht, wenn keine Beschwer vorliegt, weil [X.] weder zugesprochen noch abgewiesen worden ist, so daß [X.] die Ergänzung des fehlerfreien, aber lückenhaften Urteils nach [X.] Rechtskraft neu geklagt werden müßte ([X.], Urteil vom27. November 1979 - [X.] - NJW 1980, 840 f. unter [X.]; [X.] 7. Dezember 1995 - [X.] - NJW-RR 1996, 379 im Blick aufeinen [X.]; Urteil vom 25. Juni 1996 - [X.], 1238 unter II 1 a; Urteil vom 13. Dezember 2001 - [X.]/00 - NJW 2002, 1500 unter I; [X.] NJW 1994, 1428, 1429 unter [X.]; [X.], 1664; [X.], 640;MünchKomm/Musielak, ZPO 3. Aufl. § 321 Rdn. 4).b) Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht soll § 321 Abs. 1ZPO jedoch entsprechend in einer Reihe anderer Fälle anzuwendensein, u.a. bei uneingeschränkter Verurteilung statt der beantragten [X.] um Zug. Gerechtfertigt wird dies damit, daß § 321 Abs. 1ZPO auch bei Übergehen der Kostenentscheidung anzuwenden, alsonicht auf Entscheidungen über den Streitgegenstand beschränkt sei [X.] Gesetz die Vorschrift noch in weiteren Fällen für anwendbar erkläre,in denen ein Anspruch nicht in Frage stehe, nämlich bei übergangenemVorbehalt für einen noch nicht entscheidungsreifen Aufrechnungsein-wand (§ 302 Abs. 2 ZPO) oder für die Ausführung der Rechte in einemdem Urkundenprozeß folgenden Nachverfahren (§ 599 Abs. 2 ZPO), [X.] wenn über die vorläufige Vollstreckbarkeit oder einen Antrag aufRäumungsfrist nicht entschieden worden ist (§§ 716, 721 Abs. 1 Satz 3ZPO; so [X.], ZPO 21. Aufl. § 321 Rdn. 9, 10; [X.]/[X.], ZPO 23. Aufl. § 321 Rdn. 3; [X.]/Lauterbach/[X.],ZPO 60. Aufl. § 321 Rdn. 16; [X.]/[X.]/[X.], ZPO 24. [X.] -§ 321 Rdn. 7). Auf diese Meinung stützte sich der Ergänzungsantrag,dem das [X.] gefolgt ist.2. Gegen die Anwendung von § 321 Abs. 1 ZPO auf ein unberück-sichtigt gebliebenes Zurückbehaltungsrecht wendet sich die Revision [X.]) Daß das Gesetz eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO in be-stimmten Sonderfällen zuläßt, in denen es nicht um das Übergehen pro-zessualer Ansprüche geht, rechtfertigt es nicht, diese ausdrücklich inAbs. 1 Satz 1 der Vorschrift genannte Voraussetzung aufzugeben. [X.] kommt eine die Rechtskraft einschränkende und die richterlichenKompetenzen erweiternde analoge Anwendung nur in Betracht, soweitdie vom Gesetz außerhalb des Grundtatbestands des [X.] zugelassenen Sonderfälle der Urteilsergänzung entspre-chend angewandt werden können (vgl. [X.], Urteil vom 25. Juni 1996,aaO unter [X.]). Diese sind keineswegs nur dadurch gekennzeichnet,daß das Gericht eine Entscheidung unterlassen hat, zu der es (von Amtswegen oder wegen des gestellten Antrags) verpflichtet war (so aber [X.] aaO Rdn. 9). Denn das müßte für die unrichtige Rechtsanwendungganz allgemein gelten. Der Gesetzgeber hat dem [X.] der bereitsdurch Urteil abgeschlossenen Instanz aber nur dann die Möglichkeit [X.] gegeben, wenn Entscheidungen über die Kosten, die vorläu-fige Vollstreckbarkeit, eine Räumungsfrist oder einen Vorbehalt für [X.] bzw. die Ausführung von Rechten im Nachverfahren [X.] sind. Das besagt nichts für das hier in Rede stehende, auf § 273BGB gestützte Zurückbehaltungsrecht, das nicht etwa lediglich im [X.] -teilstenor vorbehalten werden kann, sondern - wenn es begründet ist - zueiner inhaltlichen Änderung des [X.] führt.b) Hier ist das Berufungsurteil in seiner ursprünglichen Gestaltnicht lückenhaft. Vielmehr hat das Berufungsgericht über den mit der Wi-derklage geltend gemachten Anspruch des Beklagten auf [X.] Entnahme seines Gewinnanteils - wenn auch möglicherweise [X.] - entschieden. Die Klägerin hätte einen solchen Fehler mit der Revi-sion geltend machen können, die hier wegen der Höhe der nach [X.] allein maßgeblichen Beschwer zulässig gewesen wäre.Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen der Zulässigkeit [X.] im Einzelfall gegeben sind, steht jedenfalls grundsätzlichder Weg in das Rechtsmittelverfahren offen, um das Übergehen der Ein-rede eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 273 BGB geltend zumachen. Ist ein Rechtsmittel nicht zulässig, muß die beschwerte [X.]dies hinnehmen. Eine planwidrige Lücke des Gesetzes, die über § 321ZPO durch Analogie geschlossen werden könnte, liegt insoweit nicht vor.Es wäre im Gegenteil kaum verständlich, wenn für die Korrektur solcherFehler neben dem Rechtsmittel und selbst bei dessen Unzulässigkeit dievon anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen abhängige Urteilsergänzungzur Wahl stünde. Daß in den Fällen unterbliebenen Vorbehalts nach§§ 302 Abs. 2, 599 Abs. 2 ZPO das Urteil sowohl unvollständig als auchinhaltlich falsch und deshalb neben der Anfechtung durch ein [X.] auch die Urteilsergänzung möglich ist ([X.], Urteil vom 25. [X.], aaO unter II 1 a), besagt nichts für das Verhältnis von Rechtsmittelund Urteilsergänzung im [X.] 8 -c) Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß die Berücksichti-gung des Zurückbehaltungsrechts hier nicht nur zur Ergänzung der Ver-urteilung der Klägerin im Hauptpunkt durch eine Zug-um-Zug Einschrän-kung geführt hat, sondern auch zur Streichung der ursprünglich zugun-sten des Beklagten ausgesprochenen Verurteilung hinsichtlich der Ent-nahme von Zinsen. Insoweit ist das Urteil nicht ergänzt, sondern ins Ge-genteil verändert worden. Das geht auch über die bisher anerkannte ent-sprechende Anwendung von § 321 ZPO deutlich hinaus, läge [X.] in der Konsequenz einer Urteilsergänzung auch für über-gangene materiellrechtliche Einreden. Die Überprüfung eines Urteils indieser Richtung muß dem Rechtsmittelverfahren vorbehalten bleiben.Das angefochtene Ergänzungsurteil verletzt mithin § 318 ZPO.Terno [X.] Ambrosius [X.] [X.]

Meta

IV ZR 149/02

05.02.2003

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2003, Az. IV ZR 149/02 (REWIS RS 2003, 4548)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4548

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 29/09 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 422/99 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 105/18 (Bundesgerichtshof)

Bauprozess: Streitgegenstand einer Klage gegen einen Ingenieur auf Schadensersatz wegen eines Planungsmangels; Bindungswirkung eines vom …


5 AZR 406/10 (A) (Bundesarbeitsgericht)

Ergänzungsurteil - Kosten


X ZR 173/01 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.