Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2017, Az. V ZR 29/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4585

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:280917BVZR29.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 29/17
vom

28. September 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 28. September 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und Weinland, den
Richter Dr.
Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des [X.] -
9. Zivilsenat -
vom 21.
Dezember 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der
Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 900.000

Gründe:

I.

Die Klägerin kaufte mit Vertrag vom 25. Mai 2012 von dem Beklagten alle in einem Mehrfamilienhaus befindlichen Wohnungen und Teileigentumsein-heiten
mit Ausnahme einer Wohnung. Sie zahlte den vereinbarten Kaufpreis 1
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-

sich, einen Bauantrag für den Ausbau von zwei Dachgeschossflächen zu Wohnzwecken zu stellen. Nach Vorliegen der Baugenehmigung sollte ein weite-rer-Teileigentumseinheiten
sind zwischenzeitlich an die Klägerin aufgelassen.

In der Folgezeit lehnte die Baubehörde die Baugenehmigung für die Er-richtung von Wohneinheiten im Dachgeschoss wegen Fehlens des erforderli-chen zweiten Rettungswegs ab.

Das [X.] hat den Beklagten -
soweit hier von Interesse -
zur verurteilt und festgestellt, nicht zusteht. Das [X.] hat die Klage insoweit abgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde will die Klägerin die Zulassung der Revision erreichen.

II.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der auf die Feststellung gerichte-te Klageantrag, dass dem Beklagten ein weiterer Kaufpreisanspruch von nicht zustehe, derzeit unbegründet. Die für die Entstehung des [X.] vereinbarte
Bedingung, nämlich die Erteilung der Baugenehmigung für den Dachgeschossausbau, könne in Zukunft noch eintreten. Der Vortrag der Klägerin, die Errichtung eines zweiten Rettungsweges in Form eines Sicher-heitstreppenhauses sei technisch unmöglich, sei aufgrund der Widersprüchlich-keit ihres Vorbringens unbeachtlich. Die Klägerin habe erstinstanzlich Beweis 2
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4
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beliefen und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Errichtung eines Sicher-heitstreppenhauses möglich sei. Zudem habe der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen
[X.] habe er letztlich eingeräumt, dass es Möglichkeiten gebe, diese aber für die Klägerin aus finanziellen Gründen nicht in Betracht kämen. Darüber hinaus
sei nicht ausgeschlossen, dass sich die regulatorischen Rahmenbedingungen für [X.] änderten. Auch könnte die benachbarte [X.] ihre Meinung ändern und der Errichtung einer Außentreppe zustimmen. Da die Möglichkeit bestehe, dass der Dachgeschoss-ausbau noch erfolgreich betrieben werde, stehe der
Klägerin auch nicht der gel-tend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der Abschlagszahlung von
100.000

zu.

III.

Das angefochtene Berufungsurteil ist auf die [X.] der Klägerin nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden wurde, weil das Berufungsgericht ihren
Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, [X.] des Vorbringens der [X.] zu erfassen und -
so-weit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft -
in den Gründen zu bescheiden.
Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der 5
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5
-
[X.]
erfassenden Wahrnehmung beruht
(Senat, Beschluss vom 29.
Oktober
2015
V
ZR
61/15, NJW-RR
2016, 78
Rn. 6).

2. So liegt es hier. Mit seiner Auffassung, die Klägerin habe in ihren Schriftsätzen sowie durch die Äußerung ihres Geschäftsführers in der mündli-chen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, die Errichtung eines Sicherheits-treppenhauses sei durchaus möglich, für sie aber nicht wirtschaftlich, verkennt das Berufungsgericht [X.] des Sachvortrages der Klägerin.
Diese
hat
in dem in der [X.] ausdrücklich in Bezug genommenen Schrift-satz vom 14. April 2015 unter Beweisantritt vorgetragen, dass der für die Errich-tung eines [X.] erforderliche Brandschutz daran scheite-re, dass sämtliche angrenzenden Bauteile wie Decken, Böden und Wände brandschutztechnisch
ertüchtigt werden müssten, und betont, dass wegen der Altbausubstanz die Errichtung eines den technischen Anforderungen genügen-den [X.] nicht möglich sei. Soweit das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe sich zu diesem Sachvortrag in Widerspruch gesetzt, indem sie die Kosten , erfasst es den
Vortrag der Klägerin nicht richtig. Diese hat in dem Schriftsatz vom 14.
April
2015 ausgeführt, dass selbst dann, wenn die Möglichkeit bestünde, die angrenzenden Bauteile brandschutztechnisch zu ertüchtigen, dies zur Folge hätte, dass [X.] der jeweiligen Wohnungen wegfielen. Allein die Umbaukosten für die zwölf Wohnungen (ohne Ertüchtigung der angrenzen-

Hinzu komme ein Wertverlust .
In dem von dem Berufungsge-richt erwähnten Schriftsatz vom 2. November 2015 hat die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass erhebliche Kosten entstünden,
und unter ausführli-cher Beschreibung der für die Schaffung eines [X.] erfor-derlichen Maßnahmen und Auswirkungen auf die vorhandenen Wohnungen 7
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6
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ausgeführt, dass alle Vorschläge höchstwahrscheinlich technisch nicht umsetz-bar seien, jedenfalls nicht in wirtschaftlich
vertretbarem Rahmen. Im Schriftsatz vom 22. Dezember 2015
hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die Aussage der als Zeugin vernommenen zuständigen Bauprüferin dargelegt, dass die Her-stellung eines zweiten Rettungsweges aussichtslos sei, jedenfalls unter [X.] halbwegs wirtschaftlicher Maßstäbe. Entgegen der Auffassung des [X.] hat die Klägerin damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass ihr die Maßnahmen lediglich zu teuer seien. Vielmehr ist ihr Vorbringen dahingehend zu verstehen, dass die Schaffung eines [X.], selbst wenn dies technisch möglich sein sollte, so übermäßige Aufwendungen erforderte, dass ein Fall der wirtschaftlichen Unmöglichkeit vorliege.

3. Der -
im [X.] -
übergangene Vortrag ist entscheidungserheblich.
Wäre die Errichtung eines zweiten Rettungswegs
tatsächlich oder wirtschaftlich un-Bedingung ausgefallen, da die Erteilung einer Baugenehmigung bei Fehlen ei-nes zweiten Rettungswegs ausgeschlossen ist. Soweit das Berufungsgericht darauf hinweist, dass sich die Bauvorschriften auch ändern könnten oder die benachbarte Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Meinung ändern und ei-ner Außentreppe zustimmen könnte, stehen
diese
vagen, einer tatsächlichen
Grundlage entbehrenden Möglichkeiten
der Annahme eines Bedingungsausfalls nicht entgegen. Ausgefallen ist eine Bedingung nicht nur dann, wenn sie objek-tiv nicht mehr eintreten kann, sondern auch dann, wenn der Zeitraum, innerhalb dessen der Eintritt der Bedingung zu erwarten war, verstrichen ist. Haben die Vertragspartner einen solchen Zeitraum nicht ausdrücklich festgelegt und lässt er sich den Umständen des Falles auch nicht eindeutig entnehmen, kann dies nicht dazu führen, dass der durch den
bedingten Vertragsabschluss [X.]
-
7
-
ne Schwebezustand unbegrenzt fortdauert ([X.], Urteil vom 26.
No-
vember 1984

[X.], NJW 1985, 1556, 1557).

Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.01.2016 -
330 O 523/14 -

O[X.], Entscheidung vom 21.12.2016 -
9 [X.] -

Meta

V ZR 29/17

28.09.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2017, Az. V ZR 29/17 (REWIS RS 2017, 4585)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4585

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V ZR 29/17

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