Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. XII ZB 478/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1220

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII ZB 478/13
Verkündet am:

19. November 2014

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1361; FamFG § 238
Zur Nachforderung "vergessenen" [X.] (Fortführung von [X.]surteil [X.], 145 = [X.], 690).
[X.], Beschluss vom 19. November 2014 -
XII ZB 478/13 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
November
2014
durch den Vorsitzenden Richter Dose
und [X.], Dr.
Günter, [X.] und Dr.
Botur

für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des 13.
Zivilsenats des
Kammergerichts in Berlin
vom 19.
Juli
2013 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Die Beteiligten
sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie streiten um [X.] für einen Teil der
Trennungszeit.
Die Beteiligten lebten seit 1999 getrennt; ihr Scheidungsverfahren war seit dem Jahr 2001 rechtshängig.
Mit Schreiben vom 2.
Juni 2009 forderte
die Antragstellerin den Antragsgegner zur Auskunft über seine Einkünfte aus allen Einkommensarten auf. In einem anschließenden Trennungsunterhaltsver-fahren wurde der Antragsgegner durch Beschluss des Amtsgerichts vom 7.
Dezember 2010 verpflichtet, für die [X.] ab
Dezember 2010 einen laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 2.074,19

1
2
-
3
-

Juni 2009 bis November 2010 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von [X.] 9.725,58

zu zahlen. Die
Unterhaltsbemessung in diesem Verfahren be-ruhte
auf einer konkreten
Bedarfsermittlung. Dieser lagen die
von der Antrag-stellerin
geltend gemachten Aufwendungen für Lebensmittel, Bekleidung, Ur-laub, Halten
eines Kraftfahrzeuges, Nebenkosten eines
mietfrei von ihr bewohn-ten gemeinsamen Einfamilienhauses, Gesundheitspflege (Arztbesuche, Arz-neimittel, Körperpflege), Medien ([X.]schriften, Bücher, Kabelfernsehen, Rund-funkgebühren), Telefon, Kontoführungsgebühren und
Geschenke zugrunde.
Mit einem am 9.
Dezember 2011 zugestellten Abänderungsantrag verlangte
die Antragstellerin unter Hinweis darauf, dass sie nach dem Auszug aus dem ehemaligen Familienheim durch die Anmietung einer Mietwohnung höhere Wohnkosten habe, eine Erhöhung des laufenden Trennungsunterhalts von monatlich
2.047,19

zuletzt monatlich 2.547,75

Auf diesen Antrag wurde der Antragsgegner im schriftlichen Verfahren
mit Schriftsatzfrist bis zum 26.
April 2012 durch Beschluss des Amtsgerichts vom 8.
Mai 2012 unter
Abän-derung des
Ausgangsbeschlusses
dazu verpflichtet, für die [X.] ab dem
9.
De-zember 2011 an die Antragstellerin einen erhöhten monatlichen Trennungsun-terhalt in Höhe von 2.295,46

; die von beiden
Eheleuten gegen die Abänderungsentscheidung eingelegten wechselseitigen Beschwerden
wurden
am 23.
November 2012 zurückgenommen. Die Scheidung der Beteiligten ist seit dem 6.
September 2013 rechtskräftig.

Im
vorliegenden
Verfahren hat die Antragstellerin mit einem am 5.
Sep-tember 2012 zugestellten [X.] begehrt, ihr für den [X.]raum ab
dem 1.
Juni 2009 über den bereits titulierten Trennungsunterhalt hinaus ei-nen rückständigen und laufenden [X.] in wechselnder mo-natlicher Höhe zwischen 669,69

746,21

zuzusprechen. Das Amtsge-richt hat diesem Antrag
teilweise entsprochen
und den Antragsgegner unter Zu-3
4
-
4
-

rückweisung des weitergehenden Antrages verpflichtet, seit dem 1.
Juli 2011 über den in der
Entscheidung vom 7.
Dezember 2010 und in der [X.] vom 8.
Mai 2012 festgesetzten "[X.]"
hinaus einen [X.] in unterschiedlicher
monatlicher Höhe zwi-schen 569,61

Gegen diese Entscheidung haben die beiden
Beteiligten
Beschwerde eingelegt. Während die Beschwerde der [X.] erfolglos geblieben ist, hat das Beschwerdegericht die [X.] Entscheidung des Amtsgerichts auf das
Rechtsmittel
des Antragsgegners geändert und den Antrag insgesamt als unzulässig zurückgewiesen.
Dagegen wendet
sich die
zugelassene
Rechtsbeschwerde der
Antrag-stellerin, mit der sie ihre Anträge auf Zahlung von [X.] seit Juni 2009 weiterverfolgt.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat
keinen
Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in juris veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Antragstellerin aus verfah-rensrechtlichen Gründen daran gehindert
sei, [X.] isoliert geltend zu machen. Hierzu hat es das Folgende ausgeführt:
Zwar entfalle bei der konkreten Bedarfsberechnung die zweistufige Be-rechnung von Elementar-
und [X.], so dass über diese Ansprüche im Falle ihrer gemeinsamen Anhängigkeit per [X.] entschieden wer-den könne. Die Möglichkeit einer Entscheidung durch [X.] eröffne dem Unterhaltsberechtigten aber nicht in jedem Fall die Geltendmachung des [X.] im Wege des [X.]. Wenn im Vorverfahren Un-5
6
7
8
-
5
-

terhalt ohne nähere Aufschlüsselung in Elementar-
und [X.] gel-tend gemacht werde, könne
[X.]
mit einem isolierten [X.] grundsätzlich nur noch dann nachträglich geltend gemacht werden, wenn sich der Unterhaltsberechtigte zumindest erkennbar eine Nachforderung vorbe-halten habe.
Auch
bei einem konkret berechneten Unterhaltsbedarf müsse sich ein Unterhaltsschuldner nicht generell darauf einrichten, dass noch [X.] geltend gemacht werde. Einen Vorbehalt bezüglich einer weiteren Nachforderung habe die Antragstellerin im
Ausgangsverfahren nie ausdrücklich erklärt. Zwar habe der von der Antragstellerin konkret
geltend gemachte
Bedarf keinerlei Positionen enthalten, die
dem Bereich der Altersvorsorge zugerechnet werden könnten. Ohne weitere Anzeichen müsse der Unterhaltsschuldner aber selbst dann
noch nicht damit rechnen, dass noch [X.]
gel-tend gemacht werden
würde. Gerade bei guten Einkommensverhältnissen kön-ne
bereits
ein zur Versorgung im Alter geeignetes Vermögen auf Seiten des [X.] vorhanden sein.
Die Antragstellerin sei Miteigentümerin eines Grundstücks gewesen und es habe angesichts der wirtschaftlichen [X.] der Beteiligten nahegelegen, dass sie ihren Miteigentumsanteil -
wie später auch geschehen
-
gegen Zahlung eines angemessenen Kapitalbetrags als Wertausgleich auf
den Antragsgegner übertragen würde. Es sei
auch denk-bar, dass der Unterhaltsberechtigte beabsichtigt habe, durch ein im Wege des Zugewinnausgleichs zugeflossenes Vermögen Altersvorsorge zu betreiben
und deshalb
keinen
gesonderten [X.] geltend gemacht
habe. Hier habe die Antragstellerin im Scheidungsverfahren in der [X.] Zuge-winnausgleich
von dem Antragsgegner die Zahlung eines erststelligen [X.] in Höhe
von 1.000.000

verlangt. Die Antragstellerin habe auch
sonst nicht erkennen lassen, dass sie beim Trennungsunterhalt zunächst nur einen Elementarunterhalt geltend gemacht habe. Auch im Scheidungsverfahren habe 9
-
6
-

sie ihren nachehelichen Unterhaltsanspruch zunächst nur nach einem konkret ermittelten
(Elementar-) Bedarf berechnet
und erst fast drei Jahre nach Anhän-gigkeit der [X.] Unterhalt zeitgleich mit dem Antrag im vorliegenden Ver-fahren zusätzlichen [X.] verlangt.
Aus dem verzugsbegründenden Schreiben vom 2.
Juni 2009 könne die Antragstellerin nichts herleiten. Allein die Schaffung der Voraussetzungen, um Unterhalt für die Vergangenheit fordern zu können, bedeute noch nicht, dass sich der Unterhaltsschuldner deshalb auf eine Geltendmachung von
Altersvor-sorgeunterhalt
auf unabsehbare [X.] einrichten müsste.
Die Antragstellerin [X.] die Möglichkeit gehabt, [X.] im Wege eines
Abände-rungsverfahrens geltend zu machen, wobei dann, wenn die Voraussetzungen für einen zulässigen Abänderungsantrag gegeben seien, auch [X.] erstmals geltend gemacht werden könne. Dies hätte die Antragstelle-rin zum Anlass nehmen müssen, in
dem
am 9.
Dezember 2011 rechtshängig gewordenen Abänderungsverfahren einen weiteren Unterhalt in Form des
Al-tersvorsorgeunterhalts geltend zu machen. Dies sei
aber in dem
Abänderungs-verfahren nicht geschehen, welches
bis zum rechtskräftigen Abschluss in der Beschwerdeinstanz nur den Elementarunterhalt zum Gegenstand
gehabt
habe. Die Rechtskraft des zwischenzeitlich durchgeführten Abänderungsverfahrens habe
damit zur Konsequenz, dass der im Weg des Zusatzantrags verfolgte [X.] der Antragstellerin auf [X.]
als unzulässig zurückzu-weisen sei.
Gegen diese Ausführungen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Er-folg.

2. Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass der Zulässigkeit des von der Antragstellerin angebrachten [X.]s die Rechts-10
11
12
-
7
-

kraft der in den Trennungsunterhaltsverfahren ergangenen Entscheidungen ent-gegensteht.
a) In der zivilprozessualen Rechtsprechung des [X.] ist seit jeher anerkannt, dass sich das Problem der
sogenannten
verdeckten [X.] nicht stellen kann, wenn in einem Vorprozess wiederkehrende Leistungen im Sinne von §
258 ZPO zuerkannt worden sind.
Hat
die
im Vorprozess obsie-gende Partei in diesem Verfahren nur scheinbar die volle Leistung geltend
ge-macht, kann sie
im folgenden Prozess
um eine Zusatz-
oder Nachforderungs-klage
dem Einwand entgegenstehender Rechtskraft nicht mit dem
Argument begegnen, dass sich die Rechtskraft der im Vorprozess erstrittenen
Entschei-dung von vornherein nur auf den dort eingeklagten Betrag beschränke. Dies beruht auf der Regelung
des §
323 ZPO. Nach deren Sinn und Zweck ist nach rechtskräftiger
Verurteilung zu wiederkehrenden, sich aus einem bestimmten Rechtsverhältnis ergebenden Leistungen eine Klage auf zusätzliche Leistungen nur unter den Voraussetzungen und im Umfang des §
323 ZPO zulässig. Au-ßerhalb des Anwendungsbereichs von §
323 ZPO ist eine isolierte Zusatz-
oder Nachforderungsklage nur in den Ausnahmefällen zulässig, in denen in dem Vor-prozess
die aus dem bestimmten Rechtsverhältnis fließenden wiederkehrenden Leistungen nur teilweise eingeklagt waren. Eine solche Teilklage im Vorprozess ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn dort
ausdrücklich erklärt oder aus den Umständen eindeutig zu entnehmen war, dass
die in bestimmter Höhe be-
gehrten wiederkehrenden Leistungen nur einen
Teil einer an sich höheren For-derung darstellen
([X.] Urteil vom 10.
Juli 1986 -
IX
ZR
138/85
-
NJW
1986, 3142
f. und
grundlegend [X.]Z 34, 110, 113
ff. =
NJW 1961, 871, 872
f.).
b) In Anwendung dieser
Grundsätze hat der [X.] in ständiger Recht-sprechung erkannt, dass ein Leistungsantrag
auf Unterhalt nur dann zulässig
ist, wenn kein Abänderungsantrag
zu erheben
ist. Die Forderung eines zu-
13
14
-
8
-

sätzlichen Unterhalts im Wege des
Zusatz-
oder [X.]es
ist folglich nur dann möglich, wenn sich der schon vorliegende Unterhaltstitel [X.] nur auf einen Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts beschränkt ([X.]surteile
[X.], 145, 146
ff. = [X.], 690
f. und vom 3.
De-zember 2008
-
XII
ZR
182/06
-
FamRZ 2009, 314 Rn.
13).
Wie der [X.] in diesem Zusammenhang wiederholt entschieden hat, ist
im Unterhaltsrecht
im Zweifel davon auszugehen, dass Unterhalt in voller Höhe geltend gemacht wird, so dass die
Vermutung gegen das Vorliegen eines
Teilantrags
spricht.
Für die Annahme eines Teilantrags ist daher zu fordern, dass der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren
entweder
ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend gemacht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehalten hat ([X.]surteile [X.], 145, 147 =
[X.], 690, 691; vom 13.
Dezember 1989 -
IVb
ZR
22/89
-
FamRZ 1990, 863, 864;
vom 27.
No-vember 2002 -
XII
ZR
295/00
-
FamRZ 2003, 444
f. und vom 3.
Dezember 2008

XII
ZR
182/06
-
FamRZ 2009, 314 Rn.
13).
Hinsichtlich des Anspruchs auf [X.] gelten in
dieser Hinsicht
keine grundlegenden Besonderheiten. Der nach §
1361 Abs.
1 Satz
2 BGB bzw. nach §
1578 Abs.
3 BGB geschuldete [X.] ist dazu be-stimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des [X.] umfassenden Unterhaltsanspruchs den Aufbau einer Altersvorsorge zu er-möglichen. Ob der Unterhaltsberechtigte neben seinem laufenden Elementar-unterhalt auch [X.] geltend machen will, steht in seinem freien
Belieben. Hat der Unterhaltsberechtigte im Erstverfahren lediglich Elementarun-terhalt geltend gemacht, hängt die Zulässigkeit einer Nachforderung von Vor-sorgeunterhalt im Wege eines neuen
Leistungsantrags davon ab, ob sich der Berechtigte diese Nachforderung im Erstverfahren vorbehalten hat ([X.]surteil [X.], 145, 147
f. =
[X.], 690, 691).
15
-
9
-

c) Ob
im Erstverfahren ein Nachforderungsvorbehalt erklärt worden
ist oder ob aus den Umständen eindeutig entnommen werden kann, dass sich der Anspruchsteller
im Erstverfahren die Geltendmachung weiterer Unter-
haltsansprüche
vorbehalten wollte, unterliegt der selbständigen und unbe-schränkten Überprüfung
durch das Rechtsbeschwerdegericht (vgl. [X.]surteil vom 15.
Juni 1994 -
XII
ZR
128/93
-
FamRZ 1994, 1095, 1096; [X.] Urteil vom 20.
November 1997 -
VII
ZR
26/97
-
NJW 1998, 995). Der [X.] teilt im vorlie-genden Fall das vom Beschwerdegericht gefundene Auslegungsergebnis.
[X.]) Die Antragstellerin hat sich im Erstverfahren zum Trennungsunterhalt die Nachforderung von [X.] nicht ausdrücklich vorbehalten, was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt.
Die Rechtsbeschwerde zeigt auch -
über den Umstand der [X.] von solchen, der Vermö-gensbildung dienenden Bedarfspositionen im Erstverfahren hinaus
-
keine [X.] Gesichtspunkte auf, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass sich die Antragstellerin die
Nachforderung von [X.] vorbehalten haben könnte. Die bloße [X.] von [X.] im [X.] kann
aber für sich genommen noch nicht die Annahme eines Nachforde-rungsvorbehalts
begründen.
[X.]) In den Fällen der zweistufigen Unterhaltsberechnung nach einer Ein-kommensquote ergibt sich dies bereits daraus, dass die Forderung von Vorsor-geunterhalt zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes zwangsläufig zu einer Verkürzung des laufenden [X.] führt. Daher kann in diesen [X.] ein
naheliegendes Motiv für die unterlassene Geltendmachung von Alters-vorsorgeunterhalt in der fehlenden
Bereitschaft des Berechtigten liegen,
sich auf den mit dem Aufbau eines
Altersvorsorgevermögens
einhergehenden [X.] einzulassen. Schon dieser Gedanke
schließt die Annahme eines 16
17
18
-
10
-

[X.]
regelmäßig aus ([X.]surteil [X.], 145, 148 =
[X.], 690, 691).
[X.]) Aber auch in den Anwendungsfällen
der einstufigen Unterhaltsbe-rechnung
(etwa bei der Geltendmachung eines konkreten Unterhaltsbedarfs oder bei einer am Nachteilsausgleich orientierten Unterhaltsbemessung), in de-nen der Unterhaltspflichtige [X.] ohne Verletzung des Halb-teilungsgrundsatzes neben
dem vollen ungekürzten Elementarunterhalt leisten kann, können
allein aus der unterbliebenen Geltendmachung von Vorsorgeun-terhalt für sich genommen keine genügenden Anhaltspunkte für einen Nachfor-derungsvorbehalt gewonnen
werden.
Denn die unterlassene Geltendmachung von [X.] kann auch dadurch begründet sein, dass sich der Unterhaltsberechtigte im Erstver-fahren überhaupt nicht bewusst war, ohne Kürzung des [X.] auch [X.] verlangen zu können. Auch dann kann ein Nachforde-rungsvorbehalt nicht bejaht
werden, weil aus Sicht des Unterhaltsberechtigten nämlich der gesamte von ihm erstrebte Unterhalt geltend gemacht worden
ist, während die Annahme eines [X.] gerade voraussetzt, dass sich dieser des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst war
(vgl. [X.]surteil [X.], 145, 148 =
[X.], 690, 691
und
[X.]sbeschluss vom
7.
November 2012 -
XII
ZB
229/11
-
FamRZ 2013, 109 Rn.
46).
Selbst wenn das Bewusstsein für die Geltendmachung von Vorsorgeun-terhalt beim Unterhaltsberechtigten vorhanden gewesen sein sollte, sind bei der einstufigen Unterhaltsberechnung -
abhängig von den
jeweiligen Umständen des Einzelfalls
-
durchaus wirtschaftliche Opportunitätsgründe
für die unterlas-sene Geltendmachung von [X.] denkbar. Bei einer zeitlich absehbar begrenzten Unterhaltspflicht -
etwa wegen einer beabsichtigten
Wie-derverheiratung des Unterhaltsberechtigten
-
kann die Beschränkung auf den 19
20
21
-
11
-

Elementarunterhalt dadurch veranlasst
sein, dass die zusätzliche Geltendma-chung von [X.] nur zum Aufbau einer Bagatellversorgung
führen würde, die für den Unterhaltsberechtigten
von geringem Interesse ist. Bei überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen kann -
wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt
-
ein mögliches Motiv für die [X.] auf den Elementarunterhalt auch darin gesehen werden, dass
der [X.] Ehegatte aus der vermögens-
und güterrechtlichen Auseinan-dersetzung der Eheleute
den Zuwachs eines
erheblichen
Kapitalvermögens
erwartet, mit dem er sich für das Alter ausreichend versorgt sieht und der [X.] die gesonderte Geltendmachung eines Altersvorsorgebedarfs
bei wirt-schaftlicher Betrachtungsweise entbehrlich erscheinen lässt (zur Auswirkung von Kapitaleinkünften auf den Altersvorsorgebedarf vgl. [X.]surteil vom 18.
Dezember 1991 -
XII
ZR
2/91
-
FamRZ 1992, 423, 425).
d) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht
diesem Ergeb-nis
auch
die
Rechtsprechung des [X.]s zu §§
1360
a Abs.
3, 1613 Abs.
1 Satz
1 BGB nicht entgegen. Der [X.] hat ausgesprochen, dass es wegen der Einheitlichkeit von Elementar-
und [X.] für eine Inanspruch-nahme des Unterhaltspflichtigen
für die Vergangenheit ausreicht, wenn von [X.] mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs begehrt worden ist; eines gesonderten Hinweises, es werde auch Altersvorsor-geunterhalt verlangt, bedarf
es nicht (vgl. [X.]surteil vom 22.
November 2006 -
XII
ZR
24/04
-
FamRZ 2007, 193 Rn.
43
f.). Diese Ausführungen beziehen
sich aber -
wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat
-
allein auf die Schaffung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von [X.] für die Vergangenheit. Ihnen lässt sich nichts für die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage entnehmen, ob es dem Unter-haltsberechtigten angesichts eines bestehenden rechtskräftigen [X.] aus verfahrensrechtlichen Gründen verwehrt ist, die zusätzliche Leistung von 22
-
12
-

[X.] im Rahmen eines weiteren
Leistungsantrages
nachzu-fordern (vgl. auch [X.]sbeschluss vom 7.
November 2012 -
XII
ZB
229/11
-
FamRZ 2013, 109 Rn.
46).
3. Es kommt auch nicht in Betracht, den als [X.] unzu-lässigen Antrag der Antragstellerin entsprechend §
140 BGB in einen Abände-rungsantrag (§
238 FamFG) umzudeuten.
a) Hat sich der Unterhaltsberechtigte
im Erstverfahren die Nachforderung von [X.] nicht vorbehalten und damit aus Sicht des Gerichts und des [X.] den
gesamten Unterhaltsanspruch zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, kann er eine Erhöhung des im Erstverfahren titulierten Unterhalts wegen des
nicht geltend gemachten [X.]s allerdings noch
mit einem Abänderungsantrag
erreichen. Haben dabei -
wie hier
-
die Vo-raussetzungen des
§
1361 Abs.
1 Satz
2 BGB (oder des §
1578 Abs.
3 BGB) bereits im Erstverfahren vorgelegen, kann eine wesentliche Änderung der [X.] oder rechtlichen Verhältnisse (§
238 Abs.
1 Satz
2 FamFG) nicht allein mit dem nachträglich gefassten Entschluss begründet werden, nunmehr auch einen -
im Erstverfahren möglicherweise "vergessenen"
-
Altersvorsorge-bedarf nachträglich geltend machen zu wollen. Erst wenn eine Anpassung des bestehenden [X.] dadurch eröffnet wird, dass sich die für die Un-
terhaltsbemessung in der Erstentscheidung maßgeblichen
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, kann auch Vorsorgeunter-halt verlangt werden ([X.]surteil [X.], 145, 149 =
[X.], 690, 691; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
10 Rn.
168).
b) Die Umdeutung eines unzulässigen [X.]s in einen (zulässigen) Abänderungsantrag ist zwar grundsätzlich
möglich, wenn die An-tragsbegründung die abzuändernde Endentscheidung bezeichnet und im Übri-23
24
25
-
13
-

gen den Anforderungen des §
238 Abs.
1 Satz
2 FamFG genügt (vgl. [X.] Ur-teil vom 2.
Juli 2004 -
V
ZR
290/03
-
FamRZ 2004, 1712, 1713). Unter den hier obwaltenden Umständen scheidet eine Umdeutung aber aus, weil der Antrag der Antragstellerin auch als Abänderungsantrag aus mehreren Gründen unzu-lässig wäre.
[X.]) Ändern sich nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster In-stanz oder nach dem ihm im schriftlichen Verfahren gleichstehenden [X.]punkt (§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG iVm §
128 Abs.
2
Satz
2 ZPO) die der erstinstanz-lichen (Abänderungs-) Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse, kann der durch diese Entwicklung begünstigte Beteiligte nach seiner Wahl entweder Be-schwerde einlegen oder einen (neuen)
Abänderungsantrag stellen
(vgl. [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
238 Rn.
47; [X.]/[X.]
Das Unterhalts-
recht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
10 Rn.
171; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
238 Rn.
34).

Im vorliegenden Fall könnte der Antrag der Antragstellerin als neuer [X.] nur dann die Zulässigkeitsvoraussetzungen des §
238 Abs.
1 Satz
2 FamFG erfüllen, wenn mit dem Antrag (auch) geltend gemacht worden wäre, dass sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit dem Ablauf der Schriftsatzfrist im erstinstanz-lichen Abänderungsverfahren (26.
April 2012) wesentlich geändert hätten.
Ein solches Vorbringen ist weder der Antragsbegründung noch dem sonstigen Vor-trag der Antragstellerin zu entnehmen; ihr Antrag stützt sich allein auf die nach-trägliche Geltendmachung von [X.].
[X.]) Darüber hinaus hatte die Antragstellerin ihr Wahlrecht, gegen den erstinstanzlichen Abänderungsbeschluss vom 8.
Mai 2012 entweder [X.] einzulegen oder neuerlichen Abänderungsantrag zu erheben, bereits [X.], nachdem die erstinstanzliche Entscheidung von dem Antragsgegner (und 26
27
28
-
14
-

auch von der Antragstellerin selbst) mit der Beschwerde angegriffen worden war. Im [X.]punkt seiner
Anbringung bei Gericht im Juli 2012 wäre der Antrag der Antragstellerin somit als (neuer) Abänderungsantrag auch
deshalb offen-kundig unzulässig gewesen, weil ihm als Verfahrenshindernis die anderweitige Rechtshängigkeit (§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG iVm §
261 Abs.
3 Nr.
1 ZPO) des bis zur Rücknahme der Beschwerden im November 2012 noch in der Be-schwerdeinstanz anhängigen
Abänderungsverfahrens entgegenstand.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.01.2013 -
139 [X.] -

KG
Berlin, Entscheidung vom 19.07.2013 -
13 UF 56/13 -

Meta

XII ZB 478/13

19.11.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. XII ZB 478/13 (REWIS RS 2014, 1220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1220

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 478/13

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