Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. I ZR 167/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5829

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 167/04 Verkündet am: 11. Januar 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 11. Januar 2007 durch [X.] [X.] und [X.] Büscher, Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision gegen das [X.]eil des [X.] - 2. Zivilkammer - vom 15. Oktober 2004 wird auf Kosten der Klä-gerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen. Sie stand in Ge-schäftsbeziehung zu der mittlerweile insolventen [X.], für die sie [X.] beförderte. 1 Die Beklagte, die ein Einzelhandelskaufhaus betreibt, bezog von der [X.] im November und Dezember 2001 Warensendungen. Die Ausliefe-rung der Sendungen erfolgte durch die Klägerin. 2 - 3 - Die Klägerin behauptet, die K.

AG habe ihre [X.] für die im November und Dezember 2001 an die Beklagte ausgelieferten Wa-rensendungen in Höhe von 1.256,18 • nicht beglichen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei, da sie die Warensendungen entgegengenommen habe, ver-pflichtet, die [X.] zu erfüllen. 3 Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 1.256,18 • nebst Zinsen in Anspruch genommen. 4 Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. 5 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. 6 Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.]. v. 15.10.2004 - 2 S 27/04, in juris dokumentiert). 7 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klä-gerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 8 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: 9 Das Amtsgericht habe der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der of-fenstehenden Fracht aus § 421 Abs. 2 HGB im Ergebnis zutreffend versagt. Der dort normierte gesetzliche Schuldbeitritt des Empfängers setze wegen der mit 10 - 4 - ihm verbundenen erheblichen Verpflichtungen des Empfängers die Abgabe [X.] entsprechenden Willenserklärung in Form der Geltendmachung des Abliefe-rungsverlangens voraus, wobei diese Erklärung auch konkludent abgegeben werden könne. Eine derartige Willenserklärung habe die Beklagte durch die bloße Entgegennahme des [X.] nicht abgegeben. Zwar setze die An-nahme einer konkludenten Willenserklärung nicht notwendig das Vorliegen ei-nes hierauf gerichteten [X.] voraus. Eine ohne ein solches Bewusstsein vorgenommene Handlung könne dem Handelnden aber nur dann als Willenserklärung zugerechnet werden, wenn dieser bei [X.] hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Ausdruck eines be-stimmten Rechtsfolgewillens aufgefasst werden könnte, und beim [X.] auf einen bestimmten Erklärungsinhalt hervorgerufen [X.]. Ein mit der Problematik im Nachgang der Entgegennahme erstmals [X.] durchschnittlicher Empfänger könne aber bei [X.] nicht erkennen, dass die bloße Entgegennahme eines bei einem Dritten bestell-ten [X.] vom [X.] Frachtführer als Abgabe einer zu einem Schuldbeitritt führenden Willenserklärung in Form der Geltendmachung eines Herausgabeverlangens anzusehen sein könnte. Der Frachtführer sei zudem nicht schutzwürdig, da er sich schon mangels entsprechender obergerichtlicher Entscheidungen zu § 421 Abs. 2 HGB nicht ohne weiteres darauf verlassen dürfe, dass dessen für ihn positiven Rechtsfolgen allein schon durch die kom-mentarlose Entgegennahme des [X.] ausgelöst würden, zumal er sich bei dessen Auslieferung durchaus explizit eine entsprechende Erklärung abge-ben lassen und bei Verweigerung sein Zurückbehaltungsrecht ausüben könnte. 11 I[X.] Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht an-genommen, dass die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 421 12 - 5 - Abs. 2 Satz 1 HGB auf Begleichung der streitgegenständlichen Frachtlohnan-sprüche erworben hat. 13 1. Die im transportrechtlichen Schrifttum herrschende Auffassung geht allerdings davon aus, dass die vom Gesetzgeber beim Erlass des [X.] im Blick auf die Bezahlung der Fracht bezweckte Stär-kung der Stellung des Frachtführers gegenüber dem früheren Rechtszustand, wonach gemäß § 436 HGB a.F. auch die Annahme des Frachtbriefs durch den Empfänger erforderlich war, nur dann erreicht wird, wenn das Einverständnis des Empfängers mit der Übernahme der Sachherrschaft über das Frachtgut als konkludente Geltendmachung seines Rechts auf Ablieferung nach § 421 Abs. 1 Satz 1 HGB verstanden wird (vgl. [X.], Transportrecht, 5. Aufl., § 421 HGB [X.]. 23; [X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 421 [X.]. 9; [X.]/[X.]/ [X.], HGB, 32. Aufl., § 421 [X.]. 2; [X.], [X.] 2005, 211, 212). Die Entgegennahme des [X.] braucht danach nicht von einem entsprechen-den [X.] getragen zu sein und soll auch nicht gemäß § 119 Abs. 1 BGB wegen Irrtums über den Eintritt der Haftungsfolgen nach § 421 Abs. 2 und 3 HGB angefochten werden können ([X.] aaO § 421 HGB [X.]. 23; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.], § 421 HGB [X.]. 48; das [X.] als rechtsgeschäftsähnliche Handlung qualifizierend, aber im Ergebnis nicht abweichend: [X.], Handelsrecht, 24. Aufl., § 31 [X.]. 63; a.[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.]. 3/05, § 421 HGB [X.]. 20). 2. Entgegen der Auffassung der Revision liegt allein in dem Umstand, dass der Empfänger das Frachtgut entgegennimmt, keine die Verpflichtung zur Zahlung des Frachtlohns auslösende Geltendmachung des Rechts auf Abliefe-rung des [X.]. 14 - 6 - Die entgegenstehende Auffassung des Schrifttums steht mit dem Wort-laut des im Zuge des [X.] von 1998 geänderten § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht in Einklang. Die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung des Frachtlohns setzt danach - an[X.] als unter Geltung des § 436 HGB a.F. - nicht mehr die Annahme des [X.] und des Frachtbriefs, sondern allein die Geltendmachung des Ablieferungsanspruchs durch den Empfänger voraus. Auf der einen Seite kommt die Gesetzesänderung damit dem Interesse des Frachtführers entgegen: Denn die Eintrittspflicht kann nunmehr auch aus-gelöst werden, wenn kein Frachtbrief ausgestellt ist; außerdem reicht zur [X.] - die Fälligkeit des [X.] vorausge-setzt - bereits die Geltendmachung des Anspruchs auf Ablieferung aus, auch wenn der Empfänger das Frachtgut noch nicht entgegengenommen hat. Auf der anderen Seite genügt nach neuem Recht die bloße Annahme des [X.] nicht mehr, wenn der Empfänger den Anspruch auf Ablieferung des [X.] nicht geltend macht. Für eine Auslegung der Norm gegen ihren eindeutigen Wortlaut ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision (vgl. auch [X.]/ [X.], [X.] 2005, 438, 442) auch aus der Entstehungsgeschichte des § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB keine [X.]altspunkte. § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB orien-tiert sich insoweit - ungeachtet bestehender Unterschiede - an der Vorschrift des Art. 13 Abs. 2 CMR. Diese Bestimmung geht zwar - wie das frühere deut-sche Recht - davon aus, dass ein Frachtbrief ausgestellt worden ist. Sie knüpft die Verpflichtung des Empfängers zur Zahlung "der aus dem [X.]" aber daran an, dass der Empfänger "die ihm nach [X.] 1 zustehenden Rechte" - diese sind die Rechte auf Aushändigung des Frachtbriefs und Ablieferung des [X.] - "geltend macht" (vgl. [X.] aaO § 421 HGB [X.]. 1; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 421 HGB [X.]. 1; An-dresen in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO § 421 HGB [X.]. 17). Bei Art. 13 Abs. 2 CMR besteht Einigkeit darüber, dass die Zahlungspflicht des [X.] nicht durch die bloße Annahme des [X.] entsteht (vgl. [X.] aaO 15 - 7 - Art. 13 CMR [X.]. 11; [X.]., [X.] 1993, 41; MünchKomm.HGB/[X.], Art. 13 CMR [X.]. 25; Großkomm.HGB/[X.], 4. Aufl., [X.]. VI nach § 452: CMR Art. 13 [X.]. 19; [X.]/Seltmann in Thume, Kommentar zur CMR, Art. 13 [X.]. 31 u. 37; [X.]/Piper, CMR, Art. 13 [X.]. 20). 16 Der Revision ist allerdings einzuräumen, dass die Begründung des [X.] eines [X.] teilweise die Geltendmachung des Ablieferungsverlangens mit der Annahme des [X.] gleichsetzt (BT-Drucks. 13/8445, [X.]), so dass der Eindruck entstehen kann, die vorgeschlagene und später Gesetz gewordene Änderung des Wortlauts (§ 436 HGB a.F.: "Durch Annahme des [X.] – wird der Empfänger verpflichtet, dem Frachtführer – Zahlung zu leisten"; § 421 Abs. 2 Satz 1 HGB: "Der Empfänger, der sein Recht nach Absatz 1 Satz 1 geltend macht, hat die noch geschuldete Fracht – zu zahlen –") sei lediglich redaktioneller Natur. Falls darin ein entsprechender Wil-le des Gesetzgebers zum Ausdruck kommen sollte, kann er zur Auslegung des Gesetzes nicht herangezogen werden, weil er in dessen insoweit eindeutigen Wortlaut keinen Eingang gefunden hat. Auch wenn die Verpflichtung zur Zahlung des Frachtlohns nicht rechts-geschäftlich, sondern - als ein Fall des gesetzlichen Schuldbeitritts - gesetzlich begründet wird, erscheint es im Übrigen nicht [X.], die ([X.] zur Zahlung der Frachtkosten lediglich an ein tatsäch-liches Verhalten zu knüpfen, bei dem sich der Empfänger häufig der Rechtser-heblichkeit seines Handelns nicht bewusst sein wird. Die gesetzliche Regelung erfasst nicht nur Fälle, in denen Absender und Empfänger vereinbart haben, dass der Empfänger die Frachtkosten zu tragen hat. Sie gilt auch dann, wenn sich der Absender zur Tragung dieser Kosten verpflichtet oder wenn er dem Empfänger die Versandkosten bereits in Rechnung gestellt hat. Dem Frachtfüh-rer, der seinen Frachtlohn noch nicht erhalten hat, steht es demgegenüber frei, 17 - 8 - die Ablieferung des [X.] im Hinblick auf die noch offenen Frachtkosten abzu-lehnen und den Empfänger zur Geltendmachung des Ablieferungsanspruchs mit den im Gesetz vorgesehenen Folgen herauszufordern. Damit ist der [X.], der mit der Ablieferung des [X.] sein gesetzliches Pfandrecht lockert und dessen Durchsetzung gefährdet (vgl. § 441 Abs. 2 und 3 HGB), [X.] gesichert. Hat der Empfänger den Ablieferungsanspruch geltend [X.], steht dem Frachtführer unter den weiteren Voraussetzungen des § 421 Abs. 2 HGB ein eigener Anspruch auf Zahlung des restlichen Frachtlohns zu, so dass er auf einer Zug-um-Zug-Zahlung der restlichen Frachtkosten gegen Ablieferung des [X.] bestehen kann. - 9 - II[X.] Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 18 [X.]Büscher

Schaffert

Bergmann Kirchhoff Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.03.2004 - 4 C 680/02 - [X.], Entscheidung vom 15.10.2004 - 2 S 27/04 -

Meta

I ZR 167/04

11.01.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. I ZR 167/04 (REWIS RS 2007, 5829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5829

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