Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.12.2010, Az. 9 B 45/10

9. Senat | REWIS RS 2010, 467

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde; Erledigung; Ergebnisrichtigkeit im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde; Verzinsung von Rückzahlungsansprüchen aus rechtswidriger Beitragserhebung; Revisibilität der Abgabenordnung bei landesrechtlicher Verweisungsnorm


Gründe

1

1. Die [X.]eteiligten haben mit Schriftsätzen vom 1. und 8. Dezember 2010 das [X.]eschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 19. Januar 2010 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt (zur Zulässigkeit einer solchen auf das [X.]eschwerdeverfahren beschränkten Erledigungserklärung vgl. die [X.]eschlüsse vom 9. Juni 1992 - [X.]VerwG 5 [X.] 166.91 - [X.]uchholz 310 § 161 VwGO Nr. 96 S. 38 und vom 22. April 1994 - [X.]VerwG 9 C 456.93 - [X.]uchholz 310 § 161 VwGO Nr. 106 S. 2 m.w.N.). In entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das Verfahren einzustellen.

2

2. Weiter ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter [X.]erücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Entgegen der Ansicht der Kläger rechtfertigt der Umstand, dass die [X.]eklagte inzwischen die [X.]escheide über den endgültigen Erschließungsbeitrag erlassen hat, es nicht, ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sie das erledigende Ereignis "willentlich herbeigeführt" habe. Denn mit dem Erlass der endgültigen [X.]eitragsbescheide ist sie lediglich ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen (§ 127 Abs. 1, § 133 Abs. 3 Satz 2 [X.]auG[X.]). Vielmehr ist es angemessen, die Kosten des Verfahrens den Klägern je zur Hälfte aufzuerlegen (§ 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO). Denn die [X.]eschwerde hätte voraussichtlich keinen Erfolg gehabt.

3

a) Allerdings war die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe gegen § 88 VwGO verstoßen, dem Grunde nach berechtigt. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht an zweiter Stelle gestellten Antrag dürfte (in Abgrenzung zu dem an erster Stelle formulierten Aufhebungsantrag) mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen gewesen sein, dass die Kläger einen Erstattungsanspruch (hinsichtlich Haupt- und Zinsforderung) geltend machten, der über die [X.] hinausging. Über diesen Antrag hätte das Oberverwaltungsgericht (ebenfalls) entscheiden (und die Klage insoweit ggf. abweisen) müssen. Die vom Oberverwaltungsgericht in dessen [X.]eschluss vom 10. März 2010 über die Ablehnung einer Urteilsergänzung stattdessen gegebene [X.]egründung, es habe "bewusst nicht über eine Erstattung der sog. [X.] entschieden", dürfte verfahrensrechtlich nicht tragfähig sein. Gleichwohl hätte dieser Verfahrensmangel im Ergebnis nicht zur Zulassung der Revision geführt, weil die Entscheidung des [X.] entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis richtig ist (zur entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im [X.]eschwerdeverfahren vgl. den [X.]eschluss vom 17. März 1998 - [X.]VerwG 4 [X.] 25.98 - [X.]uchholz 406.17 [X.]auordnungsrecht Nr. 66 S. 28 m.w.N.). Denn die in dem weitergehenden Erstattungsbegehren liegende Klageänderung war mangels Zustimmung der [X.]eklagten unzulässig und die Klage aus diesem Grunde abzuweisen. Im Übrigen stand dem weitergehenden Erstattungsbegehren der Kläger (bis zum Erlass der endgültigen [X.]eitragsbescheide) die [X.]estandskraft der von den Klägern nicht angefochtenen [X.]escheide vom 30. August 2005 als Rechtsgrund für das [X.]ehaltendürfen der sog. [X.] entgegen.

4

b) Der weiter geltend gemachte Verfahrensmangel eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 VwGO) lag nicht vor. Die [X.]eschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe seiner Entscheidung fehlerhafter Weise das von der [X.]eklagten mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2009 vorgelegte Zahlenwerk zugrunde gelegt, das aber keine Neuberechnung der streitgegenständlichen [X.] auf den Erschließungsbeitrag, sondern eine Endabrechnung des [X.] darstelle und aus der nicht erkennbar sei, ob die vom beschließenden Senat im vorangegangenen Revisionsurteil vom 10. Juni 2009 ([X.]VerwG 9 C 2.08 - NVwZ 2009, 1369 <1374>) bezeichneten Ungereimtheiten der seinerzeit vorliegenden [X.]erechnung korrigiert seien. Dies genügt schon deshalb nicht den [X.], weil die [X.]eschwerde nicht [X.], dass die Kläger bereits im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht durch Stellung eines [X.]eweisantrags auf die nunmehr vermisste weitere Sachaufklärung hingewirkt haben; ebenso wenig legt die [X.]eschwerde dar, aufgrund welcher Umstände das Oberverwaltungsgericht die vorgelegte Neuberechnung hätte als fehlerhaft erkennen und sich ihm weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen (vgl. zu diesen Anforderungen den [X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f.).

5

c) Eine Zulassung der Revision wegen der von der [X.]eschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bezeichneten Frage,

"ob Gemeinden Rückzahlungsansprüche des [X.]eitragsschuldners aus rechtswidriger [X.]eitragsveranlagung erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen haben",

hätte die [X.]eschwerde ebenfalls nicht erreicht, weil die Frage, soweit sie [X.]undesrecht betrifft, rechtsgrundsätzlich geklärt ist und im Übrigen nichtrevisibles Landesrecht betrifft. In der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die in § 133 Abs. 3 Satz 4 [X.]auG[X.] angeordnete Verzinsung einer gezahlten Vorausleistung sich einzig auf den durch § 133 Abs. 3 Satz 3 [X.]auG[X.] begründeten Rückzahlungsanspruch, mithin auf den Fall bezieht, dass sechs Jahre nach Erlass des [X.] die [X.]eitragspflicht noch nicht entstanden und die Erschließungsanlage noch nicht benutzbar ist (Urteil vom 13. Dezember 1991 - [X.]VerwG 8 C 8.90 - [X.]uchholz 406.11 § 133 [X.]auG[X.] Nr. 115 S. 37 f.). Weitergehende [X.] können sich allein aus dem Landesrecht ergeben, das solche entweder selbst regelt (hier etwa § 7 Abs. 5 Satz 4 KAG RP) oder insoweit auf die [X.] der Abgabenordnung verweist (hier § 3 Abs. 1 Nr. 5 KAG RP). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts, dass die in den Kommunalabgabengesetzen der Länder kraft landesrechtlichen Anwendungsbefehls Geltung beanspruchenden Vorschriften der Abgabenordnung insoweit in das irrevisible Landesrecht inkorporiert werden, mithin dessen Rechtscharakter teilen und daher nicht Maßstab der revisionsgerichtlichen Überprüfung sein können (vgl. Urteil vom 19. März 2009 - [X.]VerwG 9 C 10.08 - [X.]uchholz 406.11 § 133 [X.]auG[X.] Nr. 135 Rn. 9 m.w.N.). Die [X.]eschwerde zeigt keinen darüber hinausgehenden bundesrechtlichen Klärungsbedarf auf.

6

d) Für den Fall, dass die eher beiläufige [X.]emerkung der [X.]eschwerdebegründung, das [X.]erufungsurteil weiche von Urteilen des [X.]undesverwaltungsgerichts ab, als [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) verstanden werden sollte, war die [X.]eschwerde insoweit unzulässig, weil sie schon nicht den Darlegungserfordernissen genügte (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Es fehlt an der erforderlichen Gegenüberstellung von die jeweiligen Entscheidungen tragenden abstrakten Rechtssätzen einerseits des [X.]undesverwaltungsgerichts, andererseits des [X.]erufungsgerichts, mit denen Letzteres von Ersteren abgewichen sein soll.

Meta

9 B 45/10

13.12.2010

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 19. Januar 2010, Az: 6 A 10730/09, Urteil

§ 92 Abs 3 VwGO, § 144 Abs 4 VwGO, § 88 VwGO, § 127 Abs 1 BauGB, § 133 Abs 3 S 3 BauGB, § 7 Abs 5 KAG RP, § 3 Abs 1 Nr 5 KAG RP

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.12.2010, Az. 9 B 45/10 (REWIS RS 2010, 467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 467

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16b DZ 15.542

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