Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.09.2018, Az. I R 11/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 3390

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Gegenstand

(Anwendbarkeit des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002 i.d.F. des Korb II-Gesetzes auf Beteiligungserträge einer Sparkasse)


Leitsatz

NV: Die Regelungen des § 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002 i.d.F. des Korb II-Gesetzes sind auf Beteiligungserträge einer Sparkasse nicht anwendbar, wenn die Beteiligungen deren Handelsbuch zuzurechnen sind .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 13. Januar 2016  13 K 1973/13 K aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über das pauschale [X.] (§ 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.[X.] zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz --Korb [X.] vom 22. Dezember 2003, [X.], 2840, [X.], 14 --[X.]--).

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ermittelt ihren Gewinn durch [X.] gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG).

3

Die Klägerin erzielte im Streitjahr aus dem Umlaufvermögen zugeordneten Beteiligungen an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften Veräußerungsgewinne i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] und nahm im Hinblick auf einige der Beteiligungen Teilwertzuschreibungen aufgrund von [X.] von § 8b Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG vor. Sie deklarierte die genannten Erträge (in Höhe von ... €) als steuerfrei. Des Weiteren bezog die Klägerin im Streitjahr von den Kapitalgesellschaften und vom [X.] in Höhe von insgesamt ... €, die die Klägerin als gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 [X.] steuerfrei erklärte.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) sah die [X.] ebenfalls als steuerfrei an und rechnete unter Berufung auf § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 [X.] dem Einkommen 5 % dieser Erträge (... € und ... €) als nichtabziehbare Betriebsausgaben hinzu. Auf dieser Grundlage setzte das [X.] die Körperschaftsteuer für das Streitjahr fest.

5

Die Klägerin hält die Regelung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) für verfassungswidrig, soweit das pauschale [X.] auch auf Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] und [X.] von § 8b Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG zu erheben sei, denen in den Vorjahren --nach § 8b Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht steuerwirksame-- Teilwertabschreibungen vorausgegangen seien (von der Klägerin als "horizontaler Kaskadeneffekt" bezeichnet).

6

Das pauschale [X.] in Bezug auf die bezogenen Dividenden gemäß § 8b Abs. 5 Satz 1 [X.] hält die Klägerin insoweit für verfassungswidrig, als nicht berücksichtigt werde, dass die ausschüttenden Kapitalgesellschaften überwiegend in mehrstufigen Beteiligungsketten an weiteren Kapitalgesellschaften beteiligt seien und bei mehrstufiger (Weiter-)Ausschüttung auf jeder Stufe erneut das pauschale [X.] fällig werde, wodurch im Ergebnis eine Mehrfachbesteuerung eintrete (von der Klägerin als "vertikaler Kaskadeneffekt" bezeichnet).

7

Mit der Klage macht die Klägerin in Bezug auf den "horizontalen Kaskadeneffekt" eine Reduzierung des pauschalen [X.]s um zuletzt ... € geltend. Die mit dem "vertikalen Kaskadeneffekt" verbundene Mehrbelastung hat die Klägerin pauschal mit 5 % der Ausschüttungen der jeweiligen Gesellschaften (insgesamt ... €) angesetzt, von der sie mit der Klage einen geschätzten Anteil von 10 % (mithin ... €) geltend macht.

8

Die Klage blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat sie mit Urteil vom 13. Januar 2016  13 K 1973/13 K (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2016, 509) als unbegründet abgewiesen.

9

Gegen das [X.] richtet sich die Revision der Klägerin.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß), das [X.] aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass ein um ... € vermindertes Einkommen zugrunde gelegt wird.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision erweist sich als im Ergebnis begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

1. Das [X.] ist ebenso wie die Beteiligten ohne Weiteres davon ausgegangen, dass es sich bei den in Rede stehenden Dividenden, Veräußerungsgewinnen und Wertaufholungen um für die Klägerin gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 oder Satz 3 [X.] steuerfreie Einkünfte handelt. Sie streiten lediglich um die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zum pauschalen fünfprozentigen [X.] gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 5 Satz 1 [X.]. Anhand der Feststellungen des angefochtenen Urteils lässt sich jedoch für den Senat nicht abschließend beurteilen, ob es sich bei den [X.]n tatsächlich um steuerfreie Einkünfte handelt, die dem Regime des § 8b Abs. 1 bis 6 [X.] unterliegen.

a) Die Zweifel an der Steuerfreiheit der [X.] beruhen darauf, dass es sich bei der Klägerin um eine Sparkasse handelt, die die streitbefangenen Beteiligungen als Umlaufvermögen behandelt hat. Dies deutet darauf hin, dass hier möglicherweise die Ausnahmebestimmung des § 8b Abs. 7 Satz 1 [X.] einschlägig ist, der zufolge § 8b Abs. 1 bis 6 [X.] nicht auf Anteile anzuwenden ist, die bei Kreditinstituten und [X.] nach § 1 Abs. 12 des Gesetzes über das Kreditwesen in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KWG) dem Handelsbuch zuzurechnen sind.

b) Anhand der vorinstanzlichen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Klägerin ein Kreditinstitut i.S. der Definition des § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG ist. Denn mit der Sparkasse betreibt sie ein Unternehmen, das gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreibt. Somit hängt die Steuerfreiheit der [X.] im Streitfall davon ab, ob die betreffenden Beteiligungen nach § 1 Abs. 12 KWG dem Handelsbuch der Klägerin zuzurechnen sind.

Gemäß § 1 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KWG sind dem Handelsbuch u.a. "Anteile" zuzurechnen, die das Institut zum Zweck des Wiederverkaufs im Eigenbestand hält oder von dem Institut übernommen werden, um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen den Kauf- und Verkaufspreisen oder Preis- und Zinsschwankungen kurzfristig zu nutzen, damit ein Eigenhandelserfolg erzielt wird. Inwiefern diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen und die Klägerin die Beteiligungen in ihr Handelsbuch aufgenommen hat, lässt sich anhand der tatrichterlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht abschließend beurteilen. Der Umstand, dass die Klägerin die Beteiligungen als Umlaufvermögen ausgewiesen hat, könnte jedoch darauf hindeuten, dass sie dem Handelsbuch zuzurechnen waren, da zum Umlaufvermögen i.S. des § 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs jene Wirtschaftsgüter gehören, die nur vorübergehend dem Geschäftsbetrieb dienen, deren Zweck mithin in dem Verbrauch, der Weiterverarbeitung oder der Veräußerung liegt (z.B. Urteil des [X.] vom 20. September 1995 [X.], [X.], 434, [X.] 1997, 320).

2. Da der Senat als Revisionsgericht den Sachverhalt nicht selbst ermitteln und keinen neuen Sachvortrag der Beteiligten berücksichtigen darf, ist die Sache zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Demgemäß besteht in diesem Verfahrensstadium für den Senat auch keine Veranlassung, sich mit den zwischen den Beteiligten diskutierten Fragen zur Verfassungsmäßigkeit des pauschalen [X.]s zu befassen.

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 11/16

26.09.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 13. Januar 2016, Az: 13 K 1973/13 K, Urteil

§ 8b Abs 7 S 1 KStG 2002 vom 22.12.2003, § 1 Abs 12 S 1 Nr 1 KredWG vom 22.09.2005, § 247 Abs 1 HGB, § 8b KStG 2002 vom 22.12.2003, KStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.09.2018, Az. I R 11/16 (REWIS RS 2018, 3390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3390

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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