Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2019, Az. VII ZR 278/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 1290

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:211119UVII[X.].17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR
278/17
Verkündet am:

21. November 2019

Zimmermann,

Justizfachangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat
gemäß §
128
Abs.
2 ZPO
im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 23. Oktober 2019
eingereicht werden konnten, durch den
Vorsitzenden Richter
Pamp, die Richter [X.], Dr.
Kartzke und
Prof.
Dr. [X.] sowie
die Richterin Sacher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 29.
November
2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der
Beklagten
gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 346.818,07

nebst Zinsen und weiterer 9.899,76

vorgerichtlicher Aufwendungen nebst Zinsen
zurückgewiesen worden ist.
Die Sache wird im
Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Nichtzulassungs-
beschwerde-
und Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu
1, einer Ingenieurgesellschaft,
und der Beklagten zu 2 als
deren persönlich haftender
Gesellschafterin Schadensersatz
wegen mangelhafter Bauüberwachung.

1
-
3
-
Die Klägerin ließ in [X.] einen L.

neu errichten. Im Februar 2003 beauftragte sie die Beklagte zu
1 mit der Erbringung von Architektenleistungen hierfür, unter anderem mit der Bauüberwachung. Bezüglich des Bodenaufbaus und der Fliesenarbeiten schloss die Klägerin

jeweils auf den von der Beklagten zu
1 vorbereiteten Vertragsformularen

Verträge mit der G.

GmbH und der R.

GmbH.
Die Klägerin trägt vor,
die Boden-
und Fliesenarbeiten seien mangelhaft
ausgeführt worden. Das eingebaute Mörtelbett sei nicht brauchbar. Der Bodenaufbau entspreche nicht den [X.]. Dies hätte die Beklagte zu
1 im Rahmen der von ihr geschuldeten Bauüberwachung feststellen und verhindern müssen. Der Mangel könne nur durch Erneuerung des [X.] ab Oberkante Bodenplatte beseitigt werden. Vor diesem Hintergrund begehrt die Klägerin Ersatz bereits eingetretener Schäden in Höhe von 23.746,47

Zinsen, Schadensersatz für die

noch nicht durchgeführte
-
Mängelbeseitigung in Höhe von 346.818,07

nebst Zinsen, Schadensersatz wegen vorgerichtlicher Aufwendungen
in Höhe von 9.899,76

nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche weitere Schäden zu ersetzen.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beklagten hat der Senat unter Zurückweisung der weitergehenden
Beschwerde
-
auch soweit sie sich gegen die Verneinung eines Mitverschuldens gerichtet hat
-
die Revision insoweit zugelassen
als die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung zur Zahlung von 346.818,07

weiterer 9.899,76

die Anspruchshöhe beschränkt worden ist. Im Umfang der Zulassung begehren 2
3
4
-
4
-
die Beklagten die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung anzuwenden, die für ab dem 1.
Januar
2002 und bis zum
31.
Dezember
2017 geschlossene
Verträge gilt, Art.
229 §
5 Satz
1, §
39
EGBGB.

I.
Das Berufungsgericht hat

soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse
usgeführt:
Die Beklagte zu
1 sei ihrer Pflicht zur Bauüberwachung nicht im geschuldeten Maß nachgekommen. Wer vertraglich die Bauaufsicht übernehme, habe schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet werde. Er müsse die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufwiesen, sei er zu
erhöhter Aufmerksamkeit und einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Das gelte im besonderen
Maße, wenn das Bauwerk nicht nach einer eigenen Planung des Auftragnehmers, sondern gemäß
den Vorgaben eines Dritten
ausgeführt werde. Soweit der bauaufsichtsführende Architekt die Eignung der verwendeten Materialien nicht 5
6
7
8
-
5
-
sicher beurteilen könne, bestehe gegebenenfalls auch Anlass zu einer Materialprüfung. Diesen Anforderungen sei die Beklagte zu
1 schon nach ihrem eigenen Vorbringen nicht nachgekommen. Ihr hätte auffallen müssen, dass mit dem verwendeten Material die geforderte Belastbarkeit des Bodens nicht hätte hergestellt werden können. Zudem sei die Beklagte zu
1 verpflichtet gewesen, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass am [X.] Nachbarschaftsladens die Zeit noch nicht verstrichen gewesen sei, die für eine vollständige Belastbarkeit des Estrichs erforderlich gewesen wäre.
Hinsichtlich der Schadenshöhe brauche sich die Klägerin nicht darauf verweisen zu lassen, die Böden nur in den Bereichen auszubessern, in denen der Sachverständige seine Stichproben durchgeführt habe. Es bestehe kein Anlass zu der Annahme, dass gerade nur an diesen Stellen zufällig Mängel vorliegen würden. Die Klägerin könne deshalb vollständig die vom Sachverständigen festgestellten Kosten für eine noch vorzunehmende Sanierung des gesamten Bodenbelags als Schadensersatz verlangen.

II.
Das hält der rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Aufgrund der beschränkten Zulassung der Revision und der Zurückweisung der weitergehenden Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch den Senat steht rechtskräftig fest, dass der Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen mangelhafter Bauüberwachung zusteht, weil diese dazu geführt hat, dass der Bodenbelag nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht.
9
10
11
-
6
-
2. Keinen
Bestand hat indes die Feststellung der Höhe dieses Anspruchs.

Die Ermittlung der Höhe des Vermögensschadens der Klägerin durch das Berufungsgericht beruht auf der Annahme, er lasse sich nach den erforderlichen, tatsächlich jedoch nicht angefallenen Mängelbeseitigungskosten betreffend den Bodenbelag des Bauwerks bemessen. Diese im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats stehende Auffassung trifft nicht zu. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass im Verhältnis zum Architekten hinsichtlich der von ihm zu vertretenden Planungs-
oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, ein Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten betreffend das Bauwerk ausscheidet (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Februar
2018

VII
ZR
46/17 Rn.
60-67, [X.]Z 218, 1; Urteil
vom 8.
November
2018
VII
ZR
100/16 Rn.
15, [X.], 536 = NZBau 2019, 100). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann deshalb ein Schaden der Klägerin in der vom Berufungsgericht angenommenen Höhe nicht festgestellt werden.
3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, §
563 Abs.
3
ZPO. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um die Höhe des von der Klägerin geltend
gemachten Schadensersatzanspruchs wegen der Mängel des Bodenbelags neu festzustellen und
zu berechnen. Hierzu muss der Klägerin zunächst Gelegenheit gegeben werden, ihren Schaden
anderweitig darzulegen und zu beziffern

12
13
14
-
7
-

(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Februar
2018
VII
ZR
46/17 Rn.
62, [X.]Z 218, 1). Sodann wird das Berufungsgericht nach Anhörung der Parteien Feststellungen zur Schadenshöhe neu zu treffen haben.

Pamp
[X.]
Kartzke

[X.]

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.08.2016 -
9 O 237/14 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 29.11.2017 -
2 U 1781/16 -

Meta

VII ZR 278/17

21.11.2019

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.11.2019, Az. VII ZR 278/17 (REWIS RS 2019, 1290)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1290

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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9 O 237/14

2 U 1781/16

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