Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2016, Az. IV ZR 308/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14870

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:090316BIVZR308.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 308/13
vom

9. März 2016

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin Dr. Bußmann

am 9. März 2016

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des [X.]

14.
Zivilsenat

vom 1.
Au-gust 2013 durch Beschluss nach § 552a ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines
Monats

Stellung zu nehmen.

Streitwert: 45.914,36

Gründe:

[X.] Die Klägerin fordert von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des mit einem Haftungsanteil von 15% führenden Versicherers einer
Kühlgut-Sachversicherung weitere Versicherungsleistungen wegen Auf-räumungs-, Abfuhr-
und Vernichtungskosten für bei dem Brand eines ih-rer Kühlhäuser
am 17. August 2007 unbrauchbar gewordenes Kühlgut.
Dem Versicherungsvertrag, zu dem auch eine im Streitfall nicht [X.] Haftpflichtversicherung gehört,
liegen nach den von der [X.]
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helferin der Klägerin als deren Versicherungsmaklerin verfassten Beson-deren Geschriebenen Bedingungen (GB) modifizierte Allgemeine
Bedin-gungen für die Versicherung von [X.] in der Fassung von 2004 ([X.] 2004) und die [X.] 2000 ([X.] Güter 2000)
zugrunde.

Nach Nr. 2.2.2 der im Versicherungsschein festgehaltenen Allge-meinen Bestimmungen beträgt die Leistungsgrenze der Versicherer je Schadensfall zusammen mit der [X.]

Der Sachversicherungsschutz umfasst nach § 2 Nr. 4 [X.] 2004 auch [X.], Abfuhr-
und Vernichtungskosten
(im Folgenden: Entsorgungskosten), soweit diese bei einem versicherten Schadenereig-nis (hier einem Brand nach § 2 Nr. 2 Buchst. a [X.] 2004) für die Ber-gung und Fortschaffung der versicherten Waren notwendig sind. Hierzu bestimmt § 2 Nr. 4 [X.] 2004 im letzten Satz:

"Die Entschädigung ist jedoch auf insgesamt 5% des [X.]es begrenzt".

§ 5
Nr. 1 [X.] 2004 sieht vor, dass die Versicherungssumme dem Versicherungswert entsprechen soll. Nach § 5 Nr. 2 [X.] 2004 gilt als Versicherungssumme der Betrag, der in der jeweils letzten Wa-renanmeldung der Versicherungsnehmerin für den betreffenden Waren-posten angegeben ist.

Die Höhe der der Klägerin entstandenen Entsorgungskosten sowie die Haftungsquote der Beklagten sind in der Revisionsinstanz nicht mehr im Streit.

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Die Beklagte ist der Auffassung, dass sich die [X.] für [X.] in § 2 Nr. 4 [X.] 2004 auf 5% des [X.] nach dem Wert des zur [X.] angemeldeten Warenbestandes
bemisst.
Dementsprechend haben die Versicherer die Entsorgungskosten vorgerichtlich re-guliert.

I[X.] Das [X.] ist dem in erster Instanz gefolgt und hat ledig-lich 5% des [X.] als erstattungsfähigen Entsorgungsschaden angesehen. Abzüglich der vorgerichtlichen Leistung
des Konsortiums
hat es einen verbleibenden
Erstattungsbetrag von 2.017,25

der Klägerin unter Klageabweisung im Übrigen entsprechend der Haf-

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin

[X.], welche sich -
rechnerisch im Revisionsverfahren unstreitig

(unter Berücksichtigung der Haftungsquote der Beklagten von 15%)
daraus er-geben, dass nach Meinung der Klägerin der
Haftungshöchstbetrag im Sinne von § 2 Nr. 4 [X.] 2004 die in der Versicherungspolice genann-

sei, so dass die Erstattung von Ent-wer-de.

Das Berufungsgericht hat sich dieser Auslegung des § 2 Nr. 4
[X.] 2004 angeschlossen und der Klägerin mit Blick auf die Entsor-gungskosten weitere

nebst Zinsen zugesprochen.
Es hat dazu ausgeführt, die Regelung in § 2 Nr. 4 [X.] 2004 sei eindeutig. Der Höchstbetrag sei in § 2 [X.] 2004 einleitend als der im Einzelfall vereinbarte Höchstbetrag genannt.
Gemeint sei die in Nr. 2.2.2 der Poli-7
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ce vereinbarte Leistungsgrenze für die Sach-
und Haftpflichtversiche-rung. Hingegen fehle es an einer Bezugnahme auf einen konkreten Wa-renschaden oder den Umfang der zuletzt deklarierten Güter. Daraus fol-ge, dass maßgebliche Bezugsgröße nur die in der Police vereinbarte in § 5 [X.] 2004 noch die erkennbare Interessenlage der Vertragspar-teien stehe
diesem Auslegungsergebnis entgegen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

II[X.] Der Senat beabsichtigt, die Revision nach § 552a ZPO zurück-zuweisen, weil

anders als das Berufungsgericht angenommen hat

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind (dazu 1) und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat (dazu 2).

1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die hier in Rede stehende Auslegung der [X.] 2004 für eine Vielzahl ver-gleichbarer Verträge Bedeutung haben könne. Mit dieser nicht durch wei-tere Feststellungen gestützten Annahme
ist ein Zulassungsgrund im [X.] von § 543 Abs. 2 ZPO aber nicht belegt.

a) Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebli-che, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, oder wenn [X.] Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interes-sen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Bundesge-11
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richtshofs erforderlich machen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Mai 2004

[X.], [X.]Z 159, 135, 137 m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist dann klärungsbedürftig, wenn ihre Beantwortung in Literatur und Rechtspre-chung umstritten ist (vgl. dazu [X.] aaO.). Für die hier in Streit stehende Auslegung des § 2 Nr. 4 [X.] 2004 ist eine solche rechtliche Diskus-sion nicht ersichtlich. Ebenso
wenig lässt sich erkennen, dass dieser Auslegung bereits wegen ihres Gewichts für die beteiligten [X.] grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. dazu [X.], Beschluss
vom 18. September 2003 -
V [X.], [X.], 491).
Dafür genügt es nicht, dass
die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung in Rede steht, weil dies allein noch nicht die Erwartung rechtfertigt, dass sich die Frage der Auslegung des § 2 Nr. 4 [X.] 2004 in einer Vielzahl von Fällen stellen kann. Zum einen weist der Streitfall die Besonderheit auf, dass die von den Parteien aufgeworfene Auslegungsfrage aus dem Zu-sammentreffen des § 2 Nr. 4 [X.] 2004 mit der in der [X.] vereinbarten Leistungsgrenze entsteht, zum anderen sind die Ver-tragsbedingungen nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts hier von der Streithelferin der Klägerin vorgegeben und dabei die [X.] 2004 zum Teil modifiziert worden. Vor diesem Hintergrund ist nicht er-sichtlich, dass eine identische Vertrags-
und Bedingungslage in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle existiert.

b) Dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer ein-heitlichen Rechtsprechung die Revisionszulassung erforderten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), hat das Berufungsgericht nicht angenommen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.

2. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg, weil das Berufungs-gericht § 2 Nr. 4 [X.] unter Beachtung der vom Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe für die Auslegung Allgemeiner 15
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Versicherungsbedingungen (vgl. nur Senatsurteile vom 11. Dezember 2002

IV ZR 226/01, [X.]Z 153, 182, 185 f.; vom 23. Juni 1993

[X.], [X.]Z 123, 83, 85) zutreffend ausgelegt hat.

a) Soweit die Revision aus dem Umstand, dass das Berufungsge-richt den Begriff des [X.]es einmal in [X.] gesetzt hat, folgern will, es habe den Begriff entgegen seiner eige-nen Darstellung nicht für eindeutig gehalten, deckt dies keinen [X.] auf. Ersichtlich wollte das Berufungsgericht mit dieser Kenn-zeichnung

wie der Zusammenhang seiner
diesbezüglichen Ausführun-gen ergibt

lediglich
den
für seine Auslegung maßgeblichen Begriff aus dem
[X.] des § 2 Nr. 4 [X.] hervorheben.

b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision weiter, das Berufungsge-richt habe im Rahmen der Bedingungsauslegung zu Unrecht einem au-ßerhalb des Regelungswerkes stehenden Umstand den Vorzug gegeben und dabei verkannt, dass die [X.] 2004 in § 5 Nr. 1 Satz 1 selbst eine Definition des maßgeblichen [X.]es enthielten. Die Rüge verkennt, dass sich § 5 [X.] 2004 zum Versicherungswert, der Versicherungssumme, der Entschädigungsberechnung und zur Unterver-sicherung verhält und dabei selbst zwischen diesen Begriffen und den "im Versicherungsschein angegebenen Haftungsgrenzen"
unterscheidet.
§ 5 Nr. 1 [X.] 2004 erläutert unter den Buchstaben a bis
c
verschie-dene dem Versicherungsnehmer wahlweise eröffnete Möglichkeiten zur Bestimmung der Versicherungssumme, welche

wie es im abschließen-den Absatz heißt

innerhalb der im Versicherungsschein angegebenen Haftungsgrenzen pro Schadensereignis zugrunde zu legen
sind. Das be-legt, dass die [X.] 2004 in § 5 keine bedingungsimmanenten [X.] definieren, sondern dafür ihrerseits auf die im Ver-sicherungsschein festgelegte Haftungsgrenzen zurückgreifen. Es ist 17
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deshalb nicht rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht annimmt, auch § 2 Nr. 4 [X.], welcher die Entschädigung für Entsorgungskosten nicht bezogen auf die Versicherungssumme im Sinne von §
5 [X.] 2004, sondern den [X.] begrenzt, greife mit diesem Begriff auf die im Versicherungsschein bestimmte [X.].

Soweit die Revision ein anderes Ergebnis daraus ableiten will, dass der allgemeine Sprachgebrauch eine Versicherungssumme mit dem durch
die Versicherung im Höchstfall abgedeckten Betrag gleichsetze, geht dies schon deshalb fehl, weil der durchschnittliche Versicherungs-nehmer
jedenfalls
bei Lektüre des hier allein maßgeblichen Bedingungs-werkes erkennt, dass dort
zwischen Versicherungswert und Haftungs-grenzen unter Verwendung verschiedener Formulierungen für letztere streng unterschieden wird. Die Lektüre des § 5 [X.] 2004 führt ihm zudem

wie auch die Revision erkennt

vor Augen, dass sich die
Versi-cherungssumme
dynamisch dem Wert der jeweils eingelagerten
Güter anpasst, während die in der Versicherungspolice festgeschriebenen Leis-tungsgrenzen statisch im Sinne einer absoluten Haftungshöchstgrenze
sind, die

wie § 5 letzter Halbsatz [X.] 2004 belegt -
auch dann gilt, wenn der Versicherungswert der geschützten Güter einmal höher liegt.
Anders als die Revision meint, wird der Versicherungsnehmer aus dieser Terminologie folgern, dass der [X.], der in § 2 Nr. 4 [X.] auch nicht mit dem Attribut "jeweilig"
versehen ist,
die
statische Haftungsgrenze aus der Versicherungspolice bezeichnet. Anhaltspunkte dafür, dass § 5 [X.] 2004 eine "sachnähere"
Regelung des [X.] enthalte, gibt der [X.] nicht.

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c) Die vom Berufungsgericht gefundene Auslegung erweist sich auch nicht deshalb als unrichtig, weil die in der Versicherungspolice festgeschriebene Leistungsgrenze einheitlich für Versicherungsleistun-gen der Sach-
und der Haftpflichtversicherung gilt. Das Berufungsgericht hat sich über diesen Umstand nicht hinweggesetzt, sondern zutreffend ausgeführt, dass die Haftpflichtversicherung im Streitfall nicht betroffen war. Dem ist zu entnehmen, dass das Berufungsgericht davon ausgeht, in einem solchen Falle begrenze die Police allein die Sachversicherungs-leistung.
Das ist Folge der für zwei Versicherungen einheitlich festgeleg-ten Leistungsbegrenzung.

d) Soweit die Beklagte

von der Streithelferin bestritten -
behaup-tet hat, es sei allgemein branchenüblich, die Entsorgungskosten nach dem zu entschädigenden Warenwert zu bemessen, brauchte das [X.] dem nicht näher nachzugehen, weil eine solche Regelung im [X.] keine Stütze findet. Die Revision zeigt im Übrigen nicht auf, dass die Beklagte diesbezüglich Beweis angetreten hat.

e) Anders als die Revision meint, ist die im Anhang I zur Police enthaltene "[X.]"
auf die Auslegung des Begriffes [X.] in § 2 Nr. 4 [X.] 2004 ohne Ein-fluss. Weder § 2 noch § 5 [X.] 2004 nehmen auf diese Prämientabel-le Bezug, in welcher lediglich Prämiensätze

unter anderem für eigene Ware der Versicherungsnehmerin

geregelt sind. Es wird festgehalten, dass die Prämie für eigene Ware bis zu einem Maximalbestand im Werte von 0,45

kalkuliert und

ein Durch-schnittslagerbestand im Werte von 2.000.000

gelegt ist. Wollte die Beklagte die maximale Entschädigungsleistung für Entsor-gungskosten von dieser Prämienkalkulation abhängig machen, wäre es 21
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ihre Aufgabe gewesen, dies der Versicherungsnehmerin in transparenter Weise offenzulegen. Das ist nicht geschehen.

f) Angesichts des vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
gefunde-nen eindeutigen Auslegungsergebnisses kommt es auf die Unklarheiten-regelung des § 305c Abs. 2 BGB und die Frage, wer sich im Streitfall auf diese berufen kann, nicht an.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. Bußmann

Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme

erledigt worden.

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.04.2012 -
23 O 1526/08 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 01.08.2013 -
14 U 2293/12 -

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Meta

IV ZR 308/13

09.03.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.03.2016, Az. IV ZR 308/13 (REWIS RS 2016, 14870)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14870

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