Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2016, Az. XII ZB 369/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4096

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:121016BXII[X.]369.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 369/16
vom
12.
Oktober
2016
in der [X.]
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 59 Abs. 1
a)
Zum Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde des Betroffenen gegen einen die Einrichtung einer Betreuung ablehnenden Beschluss.
b)
Gegen die Ablehnung der Betreuung ist dem Betroffenen unabhängig davon, ob er in erster Instanz mit einer Betreuung einverstanden war, die Beschwerde mit dem Ziel der Betreuerbestellung eröffnet.
[X.], Beschluss vom 12. Oktober 2016 -
XII [X.] 369/16 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
12.
Oktober
2016
durch [X.]
Klinkhammer, Schilling, Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der
7.
Zivilkammer des [X.] vom 11.
Mai
2016
aufgehoben.
Die Sache
wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
Wert: 5.000

Gründe:
1. Der Betroffene wendet sich dagegen, dass seine gegen die Ablehnung einer Betreuung gerichtete Beschwerde
verworfen worden ist.
Im Oktober 2015 hat das Gesundheitsamt beim Betreuungsgericht die Einrichtung einer Betreuung für den Betroffenen angeregt und mitgeteilt, dieser sei mit einer Betreuung nicht einverstanden. Der daraufhin mit der Begutach-tung des Betroffenen beauftragte Sachverständige hat dem Betreuungsgericht lediglich über ein kurzes
Gespräch mit dem Betroffenen berichtet, bei dem er keine Hinweise auf eine höhergradige kognitive Beeinträchtigung, Manie oder erkennbare psychotische Erkrankung habe finden
können. Während des erstin-1
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-
3
-
stanzlichen Verfahrens hat der Betroffene mehrfach einer Betreuung widerspro-chen.
Das Amtsgericht hat schließlich die Bestellung eines Betreuers [X.].
Mit seiner Beschwerde hat der Betroffene beantragt, ihn "in den [X.], Leistungsgewährung durch das Jobcenter [X.] und durch die Stadt [X.], [X.], betreuen zu lassen."
Das [X.] hat die Beschwerde mangels [X.] als unzulässig verworfen. Wie sich aus den Schreiben des Betroffenen ergebe, erstrebe er nicht die Einrichtung einer Betreuung. Bei der von ihm ge-wünschten "Betreuung"
durch Jobcenter und [X.] handele es sich nicht um eine gesetzliche Vertretung.
2. [X.] hat Erfolg.
Das [X.] hat rechtlich unzu-treffend das Rechtsschutzbedürfnis verneint, weil es das Beschwerdebegehren des Betroffenen verkannt hat.
Allerdings ist
der Ausgangspunkt des [X.]s zutreffend, wonach (auch) für eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Betreuung ein Rechts-schutzbedürfnis erforderlich ist.
Das Rechtsmittel muss sich auf die Beseitigung der in der Ablehnung liegenden Rechtsbeeinträchtigung und mithin auf die Be-stellung eines Betreuers richten.
Anderenfalls hat der Rechtsmittelführer kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Entscheidung (vgl. etwa [X.]
vom 16.
September 2015

XII
[X.] 526/14

FamRZ 2016, 121 Rn.
5
und vom 3.
Dezember 2014

XII
[X.]
355/14

FamRZ 2015, 486 Rn.
21).
Zu Unrecht vermisst das [X.] aber ein solches Beschwerdebe-gehren des Betroffenen. Dieser will nicht "und das [X.]"
betreut werden. Vielmehr hat er mit der Nennung dieser beiden Behörden lediglich die Stellen angegeben, die ihm Leistungen 3
4
5
6
-
4
-
versagt haben, und damit die Bereiche, in denen er Hilfe begehrt, eingegrenzt. Aufgrund der Formulierung seines "Antrags"
gegebenenfalls verbleibende Zwei-fel werden durch die Antragsbegründung ausgeräumt, mit der der Betroffene geltend macht, er sei seit über einem Jahr wohnungslos und beziehe seit einem knappen halben Jahr keinerlei Sozialleistungen
mehr, weder vom Jobcenter noch vom [X.].
Schließlich steht der Zulässigkeit der Beschwerde auch nicht entgegen, dass der Betroffene sich noch in erster Instanz gegen eine
Betreuung verwahrt hatte. In dem von Amts wegen zu führenden Verfahren auf Bestellung eines Betreuers erlangt die Frage, wie sich der Betroffene zur Einrichtung einer Be-treuung stellt, im Zusammenhang mit §
1896 Abs.
1a BGB und damit materiell-rechtliche Bedeutung. [X.] ist eine diesbezügliche Meinungsän-derung innerhalb der oder zwischen den Tatsacheninstanzen für den Betroffe-nen
nicht mit Nachteilen verbunden, sondern kann sich lediglich auf die gericht-lichen Ermittlungs-
und Anhörungspflichten auswirken (vgl. etwa [X.] vom 24.
Juni 2015

XII
[X.]
98/15

FamRZ 2015, 1603 Rn.
7; vom 7.
August 2013

XII
[X.]
188/13

FamRZ 2013, 1800 Rn.
9;
vom 16.
Mai 2012

XII
[X.]
454/11

FamRZ 2012, 1207 Rn.
21 und vom 16.
März 2011

XII
[X.]
601/10

FamRZ 2011, 880 Rn.
11
ff.). Gegen die Ablehnung der Be-treuung ist dem Betroffenen
mithin unabhängig davon, ob er in erster Instanz mit einer Betreuung einverstanden war, die Beschwerde mit dem Ziel der [X.] eröffnet, weil die Versagung der staatlichen Fürsorgeleistung des betreuungsrechtlichen [X.] für den Betroffenen eine Rechtsbeeinträchtigung iSd §
59 Abs.
1 FamFG darstellt
(vgl. Senatsbeschluss vom 3.
Dezember 2014

XII
[X.]
355/14

FamRZ 2015, 486 Rn.
21).
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Dieses wird nun die erforderlichen 7
8
-
5
-
Feststellungen zu treffen und hierzu jedenfalls ein Sachverständigengutachten zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen einer Betreuung beim Be-troffenen einzuholen sowie den Betroffenen anzuhören haben.

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling

Krüger
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 16.02.2016 -
16 XVII 838/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 11.05.2016 -
I-7 [X.]/16 -

Meta

XII ZB 369/16

12.10.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2016, Az. XII ZB 369/16 (REWIS RS 2016, 4096)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4096

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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