Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. XII ZB 100/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11916

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[X.]:[X.]:BGH:2017:260417BXIIZB100.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB
100/17

vom

26. April 2017

in der [X.]
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG §§ 26, 69 Abs. 1, 280
Verbindet der Betroffene seine Beschwerde gegen die Betreuerbestellung mit der Erklärung, dass
er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem be-stimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen könne, ist die Be-schwerde nicht wirksam auf die [X.] beschränkt (Fortführung von Senatsbeschluss vom 3.
Februar 2016

XII
ZB
493/15

FamRZ 2016, 626).
BGH, Beschluss vom 26. April 2017 -
XII ZB 100/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26.
April 2017
durch
den Vorsitzenden Richter Dose und [X.]
Klinkhammer, Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
gegen den
Beschluss der 3.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 26.
Oktober 2016
wird zurückge-wiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Für den Betroffenen war 2012 eine Betreuung eingerichtet worden und zunächst [X.] als Berufsbetreuer bestellt. Nachdem er
Jahresberichte und Rechnungslegungen nicht fristgerecht bei Gericht eingereicht hatte, entließ das Amtsgericht den
Betreuer M. J. wegen fehlender Eignung und bestellte den
Be-teiligten
zu
2 als neuen
Berufsbetreuer. Die dagegen vom Betroffenen [X.] Beschwerde wies das [X.] zurück.
Nach Ablauf der Überprüfungsfrist für die Betreuung hat das Amtsgericht ein Gutachten über die weitere Notwendigkeit der Betreuung eingeholt. [X.] festgestellter Diagnose einer
Störung des Sozialverhaltens und der [X.] des Betroffenen sowie des
Verdachts
auf leichte Intelligenzminderung 1
2
-
3
-
mit geringfügiger Verhaltensstörung hat die
Gutachterin
eine
Fortsetzung der Betreuung als dringend notwendig bezeichnet.
Dem Gutachten folgend
hat das Amtsgericht die Betreuung um drei [X.] verlängert, und zwar mit dem (neu festgelegten) Aufgabenkreis der [X.], Vermögenssorge sowie der Vertretung vor Ämtern und Behör-den, Körperschaften, Gerichten und Dritten einschließlich Antragstellungen und Geltendmachung von Ansprüchen. Im [X.] daran
hat
der Betreuer mitge-teilt, dass er keinen Kontakt zu dem Betroffenen habe und dieser offensichtlich auf ausreichende andere Hilfen zurückgreifen könne.
Der Betroffene hat gegen den [X.] Beschwerde [X.], mit der er vorgebracht hat, dass er sich nicht an den aktuellen Betreuer gewöhnen könne, sondern weiterhin mit dem früheren Betreuer M. J.
zusam-menarbeiten wolle, der ihn auch aktuell weiterhin unterstütze. Die [X.] könne er allein regeln.
Im Wege der Teilabhilfe
hat das Amtsgericht den Aufgabenkreis der Betreuung hinsichtlich der Vermögenssorge auf die Abwehr einer Forderung der [X.] in Höhe von ca. 11.500

eingeschränkt.
Das [X.] hat die Betreuung insgesamt aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Be-troffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Betreuung seien "ganz offensichtlich"
weggefal-len. Die Betreuung gehe in der derzeitigen Form
ins Leere, da der Betroffene bewusst keinen Kontakt zum Betreuer halte. Er könne [X.] und beratende 3
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5
6
-
4
-
Hilfen des Gesundheitsamts sowie verschiedener Vereine in Anspruch nehmen. Dies gelte auch für die gegen den Betroffenen geltend gemachten Ansprüche der [X.]. In dem vorliegenden Beschwerdeverfahren habe er gezeigt, dass er ohne Weiteres die Hilfen einer Rechtsanwältin in Anspruch nehmen könne. Auf einen Betreuer sei er hierbei offenkundig auch nicht angewiesen. Einen Betreu-er, der bei der Prüfung der Ansprüche seinerseits einen Rechtsanwalt [X.] müsse, brauche der Betroffene ohnehin nicht.
Insgesamt gebe es keine Veranlassung, gegen den geäußerten natürli-chen Willen des Betroffenen die Betreuung in der derzeitigen Form aufrecht zu erhalten. Vielmehr sei schon wegen §
1896 Abs.
1a BGB der freie Wille des Betroffenen vorrangig zu beachten.
2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis
stand.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verstößt der [X.] Beschluss nicht gegen das verfahrensrechtliche Verschlechterungs-verbot.
Das Beschwerdegericht tritt
nämlich
in vollem Umfang an
die Stelle des Erstgerichts (§
68 Abs.
3 FamFG) und entscheidet unter Berücksichtigung des Sach-
und Streitstands zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu.
aa) Dabei ist zwar die Entscheidungskompetenz des
Beschwerde-gerichts
durch den Beschwerdegegenstand begrenzt; das Beschwerdegericht darf nur insoweit über eine Angelegenheit entscheiden, als sie in der Be-schwerdeinstanz angefallen ist. Aus diesem Grund ist eine Erweiterung des [X.] im Beschwerdeverfahren von vornherein wegen des [X.] unzulässig, wenn allein der Betroffene gegen die [X.] Beschwerde eingelegt hat (Senatsbeschluss vom 11.
Dezember 2013

XII
ZB
280/11

FamRZ 2014, 378 Rn.
9
f. mwN).
7
8
9
10
-
5
-
Ebenso verhält es sich, wenn das Betreuungsgericht auf einen Aufhe-bungsantrag des Betroffenen den Aufgabenkreis des Betreuers oder auch den Umfang des Einwilligungsvorbehalts einschränkt und nur der Betroffene mit dem Ziel Beschwerde einlegt, eine Aufhebung auch im Übrigen zu erreichen. In diesem Fall erwächst die erstgerichtliche Entscheidung mit Ablauf der [X.] in formeller Rechtskraft, soweit durch sie die Betreuung oder der [X.] in Wegfall kommt, so dass die Betreuung in diesem Umfang nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wird und es dem Beschwerdege-richt insoweit an der Entscheidungskompetenz fehlt
(Senatsbeschluss vom 3.
Dezember 2014

XII
ZB
355/14

FamRZ 2015, 486
Rn.
25).
Schließlich kann die Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem
eine Betreuung errichtet wird, wirksam auf die [X.] beschränkt werden. Das Beschwerdegericht hat dann nicht über die Rechtmäßigkeit der Betreuungsanordnung
zu befinden (Senatsbeschluss
vom 3.
Februar 2016

XII
ZB
493/15

FamRZ
2016, 626 Rn.
9 mwN).
bb) Anders liegt der Fall hingegen, wenn der Betroffene seine
Beschwer-de gegen den Beschluss über die Verlängerung der Betreuung

wie hier

mit der Erklärung verbunden
hat, dass er sich ausschließlich eine Zusammenarbeit mit einem
bestimmten, nicht jedoch mit einem anderen Betreuer vorstellen kön-ne. Denn mit einer solchen Erklärung wird
die Beschwerde nicht wirksam auf die [X.] beschränkt.
b)
Auch in der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
Eine bestehende Betreuung ist aufzuheben, wenn ein Betroffener, der in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen, zwar grundsätzlich mit der Fort-führung einer für ihn eingerichteten Betreuung einverstanden ist, dies aber mit der Bedingung verknüpft, dass eine Person zum Betreuer bestellt wird, die aus 11
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-
6
-
Sicht des Betreuungsgerichts für die Übernahme des [X.] ungeeignet ist. In diesem Fall widerspräche die Fortführung der Betreuung mit einem ande-ren als dem gewünschten Betreuer dem freien Willen des Betroffenen. Die Ent-scheidung des Betroffenen muss auch dann respektiert werden, wenn die Fort-führung der bestehenden Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wä-re. Deshalb ist in diesem Fall auch bei bestehender Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen und
fortbestehendem Betreuungsbedarf die Betreuung gemäß §
1908
d Abs.
1 BGB aufzuheben (Senatsbeschluss vom 7.
Dezember 2016

XII
ZB
346/16

FamRZ 2017, 473 Rn.
8
mwN).
Dass die Annahme eines freien Willens des Betroffenen nicht auf tragfä-higen Feststellungen
beruhe (§
26 FamFG), wird von der Rechtsbeschwerde nicht gerügt.
16
-
7
-
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
74 Abs.
7 [X.], weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzli-cher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung beizutragen.

Dose

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.03.2016 -
9 [X.] 718/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.10.2016 -
3 [X.] (3) -

17

Meta

XII ZB 100/17

26.04.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2017, Az. XII ZB 100/17 (REWIS RS 2017, 11916)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11916

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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