Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2008, Az. I ZB 8/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5836

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[X.] vom 30. Januar 2008 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Treuebonus [X.] § 13; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1
[X.] von Sonderzahlungen eines Apothekers an privat und gesetzlich Krankenversicherte bei Einlösung von Rezepten (hier: [X.] in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Zuzahlung bei gesetzlich Krankenversicherten bzw. 3 • bei privat Krankenversicherten) betrifft keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG, sondern eine Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 13 [X.] eröffnet ist.
[X.], [X.]. v. 30. Januar 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 30. Januar 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und Dr. [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 29. Zivilsenats des [X.] vom 15. Januar 2007 wird auf Kosten der [X.]n zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 6.000 • fest-gesetzt. Gründe: 1 [X.] Die Klägerin ist Inhaberin einer Apotheke in [X.]. Die [X.] zu 1, deren Vorstandsmitglied der [X.] zu 2 ist, ist eine [X.] Kapitalgesellschaft. Sie betreibt eine Versandapotheke. Die [X.] zu 1 warb im [X.] mit Sonderzahlungen für die Einlö-sung von Rezepten. Danach gewährte sie Kunden, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, einen [X.] in Höhe der Hälfte der ge-setzlichen Zuzahlung. Wer von der gesetzlichen Zuzahlung befreit war, erhielt 2 - 3 - nach der Ankündigung in der Werbung eine Sonderzahlung in Höhe der [X.] ansonsten üblichen Zuzahlung. Patienten mit [X.] versprach die [X.] einen als Treuebonus bezeichneten Betrag von 3 •. Die Klägerin hat die Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat die [X.]n auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch ge-nommen und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der [X.]n begehrt. 3 Die [X.]n sind dem Klagebegehren entgegengetreten und haben die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten gerügt. Sie [X.] den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für gegeben. 4 Das [X.] hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. 5 Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der [X.]n hat das Be-schwerdegericht zurückgewiesen ([X.] 2007, 389). 6 7 Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der [X.]. Die Klägerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. 8 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. 9 - 4 - 1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass nach § 13 [X.] der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Dazu hat es ausgeführt: 10 Für das Begehren der Klägerin sei nicht der Rechtsweg zu den [X.] nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG zulässig. Von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne dieser Vorschrift sei auszugehen, wenn der Rechtsstreit einen Leistungsträger oder Leistungserbringer der ge-setzlichen Krankenversicherung unmittelbar in dieser Funktion betreffe. Das sei vorliegend nicht der Fall. Die Ansprüche, die Gegenstand des Rechtsstreits [X.], beträfen nicht die Ausgestaltung der Zuzahlungspflicht der Versicherten nach §§ 31, 61, 62 [X.], sondern eine Verkaufsförderungsmaßnahme der [X.]n gegenüber potentiellen Kunden. Belange der gesetzlichen Kranken-versicherungen würden nur mittelbar dadurch berührt, dass die Verkaufsförde-rungsmaßnahmen der [X.]n und das beantragte Verbot jeweils Einfluss auf das Kaufverhalten der Versicherten haben könnten. 11 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Für den Rechtsstreit ist nach § 13 [X.] der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, vor die alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gehören, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerich-ten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. 12 a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegen-heiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese [X.] Dritte betroffen werden. Für die Eröffnung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ist deshalb entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in [X.] - 5 - ner Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Nicht von Bedeutung ist nach der Bestimmung des § 51 SGG, ob die Streitigkeit [X.] oder privatrechtlicher Natur ist ([X.], [X.]. v. 4.12.2003 - [X.], [X.], 444, 445 = [X.], 619 - Arzneimittelsubstitution; [X.]. v. 9.11.2006 - [X.], [X.], 535 [X.]. 10 = [X.], 641 - Gesamtzufriedenheit). Von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung ist [X.], wenn durch den Gegenstand des Streits Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem [X.] obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen ([X.], [X.]. v. 19.12.2002 - [X.], [X.], 549 - Arzneimittel-versandhandel). Werden die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche dagegen nicht auf einen Verstoß gegen Vorschriften des [X.] gestützt, sondern ausschließ-lich auf wettbewerbsrechtliche Normen, deren Beachtung auch jedem privaten Mitbewerber obliegt, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der gesetzli-chen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG ([X.] [X.], 535 [X.]. 13 - Gesamtzufriedenheit; vgl. auch [X.], [X.]. v. 26.11.2002 - [X.], NJW 2003, 1192 für einen Unterlassungsanspruch gegen ehrverletzende Äußerungen nach § 823 Abs. 1, §§ 824, 1004 BGB). 14 15 b) Von diesen Maßstäben ist auch das Beschwerdegericht ausgegan-gen. Es hat zutreffend eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversiche-rung i.S. von § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG im Streitfall verneint, weil das beantragte Verbot nicht die in § 31 i.V. mit §§ 61, 62 [X.] geregelte Zuzahlungspflicht der Versicherten, sondern eine Verkaufsförderungsmaßnahme der [X.]n gegenüber ihren potentiellen Kunden betrifft. - 6 - Dies gilt für die beanstandete [X.]gewährung gegenüber Privatversi-cherten schon deshalb, weil deren Versicherungsverhältnis zu ihrer privaten Krankenkasse durch die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berührt ist und, anders als bei der im [X.] geregelten privaten Pflege-versicherung, eine ausdrückliche Zuweisung zum Rechtsweg zu den [X.] fehlt. Aber auch soweit die Gewährung von [X.]zahlungen an gesetz-lich Versicherte in Rede steht, ist das Beschwerdegericht zutreffend davon aus-gegangen, dass keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG betroffen ist. 16 aa) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde demgegenüber geltend, die Streitigkeit der Parteien wirke sich auf originäre Belange der Krankenversi-cherung aus. Es werde der Zweck der gesetzlichen Regelung über die Zuzah-lung und das Ausgabe- und Verbrauchsverhalten der Krankenversicherten be-rührt. 17 Ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Zuzahlungspflicht nach §§ 31, 61, 62 [X.] ist nicht Streitgegenstand. Die mit der Zuzahlungspflicht verbundenen gesetzgeberischen Ziele werden durch das beanstandete Ver[X.] der [X.]n ebenfalls nicht unmittelbar und in einer Weise betroffen, dass aus diesem Grund die Streitigkeit eine Angelegenheit der gesetzlichen Kran-kenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG zum Gegen-stand hat. 18 Zweck der Zuzahlungspflicht ist es, das Ausgaben- und Preisbewusst-sein der Versicherten zu stärken und dadurch einen erhöhten Verbrauch von Arzneimitteln zu verhindern ([X.] in [X.] Kommentar [X.], § 31 [X.] Rdn. 29). Durch die Neuregelung des Zuzahlungs-19 - 7 - rechts durch das [X.] der gesetzlichen Krankenversiche-rung ([X.] - [X.] v. 14.11.2003, [X.]. I 2190) sollte eine Neuordnung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung er-folgen, in die alle relevanten Beteiligten im Gesundheitswesen eingebunden werden sollten (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 15/1525, S. 76 f.; [X.] in [X.]/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, 3. Aufl., § 61 [X.] Rdn. 3). Die Finanzierung der gesetz-lichen Krankenversicherung wird durch das beanstandete Verhalten der [X.] und das beantragte Verbot nicht berührt. Auf die [X.] hat der Rechtsstreit weder dem Grund noch der Höhe nach Auswirkungen. Zwar ist nicht auszuschließen, dass das von der [X.]n praktizierte [X.]system das Kaufverhalten der Versicherten beeinflusst. Insoweit handelt es sich aber nur um eine reflexartige Wirkung, wie sie mit jeder Verkaufsförderungsmaß-nahme eines Leistungserbringers verbunden sein kann. Dies allein macht das beanstandete Verhalten der [X.]n nicht zu einer Maßnahme, die eine An-gelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft. [X.]) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten auch nicht deshalb eröffnet, weil die Gewährung von [X.]zah-lungen die Preise für Arzneimittel zum Gegenstand hat und deshalb den Rege-lungsbereich des § 78 [X.] und der Arzneimittelpreisverordnung betrifft. Diese Vorschriften dienen der Vereinheitlichung der [X.] für apo-thekenpflichtige Arzneimittel (§ 78 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Die durch die Arzneimit-telpreisverordnung festgesetzten Preise und Preisspannen müssen den berech-tigten Interessen der [X.], der Apotheken und des Groß-handels Rechnung tragen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Streitigkeiten aufgrund dieser Vorschriften betreffen aber keine Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. des § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V. mit 20 - 8 - Vorschriften des [X.]. Es handelt sich vielmehr um eine Streitsache zwi-schen Leistungserbringern über die Einhaltung der Bestimmungen des [X.], für die der Zivilrechtsweg nach § 13 [X.] gegeben ist. II[X.] [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 21 [X.]Büscher Schaffert

Kirchhoff [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.11.2006 - 11 [X.] 15460/06 - [X.], Entscheidung vom 15.01.2007 - 29 W 2942/06 -

Meta

I ZB 8/07

30.01.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2008, Az. I ZB 8/07 (REWIS RS 2008, 5836)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5836

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