Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.05.2022, Az. 2 ARs 170/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2022, 3635

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Gegenstand

Verkehrsordnungswidrigkeit: Gerichtliche Zuständigkeit für selbständige Einziehungsverfahren in Baden-Württemberg


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 4. Mai 2021 wird aufgehoben.

2. Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist das

Amtsgericht Stuttgart

zuständig.

Gründe

1

Die Amtsgerichte [X.] und [X.] streiten über die Zuständigkeit für die Untersuchung und Entscheidung in einem Bußgeldverfahren.

2

1. Das Regierungspräsidium [X.] - Zentrale Bußgeldstelle - hat gegen die Betroffene einen Einziehungsbescheid gemäß § 29a Abs. 5 OWiG erlassen, mit dem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.323,92 Euro angeordnet worden ist. Der [X.] der zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeit liegt im Landgerichtsbezirk [X.]. Gegen diesen Bescheid hat der Verteidiger der Betroffenen Einspruch eingelegt. Das Amtsgericht [X.] (als Gericht am Sitz der Bußgeldbehörde) und das Amtsgericht [X.] (als Gerichtsstand des [X.]es) haben sich jeweils durch Beschluss für unzuständig erklärt.

3

2. Der [X.] ist für die Entscheidung des zwischen den Amtsgerichten bestehenden Streits gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil die Amtsgerichte [X.] (Bezirk des Oberlandesgerichts [X.]) und [X.] (Bezirk des Oberlandesgerichts [X.]) in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen.

4

3. Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist das Amtsgericht [X.] zuständig. Der [X.] hat hierzu in seiner Zuschrift u. a. Folgendes ausgeführt:

„a) Ein Einziehungsbescheid steht (...) nach dem Gesetz einem Bußgeldbescheid gleich (§ 87 Abs. 3 Satz 2 OWiG). Es entspricht der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung, dass dies sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht, insbesondere hinsichtlich der Anfechtung, gilt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 22. August 1997 - 3 ObOWi 87/97, [X.], 23 mwN). Damit sind auch selbständige [X.] von der Verordnungsermächtigung des § 68 Abs. 3 OWiG erfasst.

b) § 28 Abs. 1 Nr. 5 a), Abs. 2 ZuVOJu BW kann sich auf diese Verordnungsermächtigung stützen. Zwar sieht § 68 Abs. 3 Satz 2 OWiG vor, dass der Bezirk, von dem die Zuständigkeit des Amtsgerichts nach Satz 1 der Norm abhängt, „die Bezirke mehrere Amtsgerichte umfassen“ kann, wohingegen § 28 Abs. 2 ZuVOJu BW auf Landgerichtsbezirke abstellt; dies stellt indes lediglich einen sprachlichen, jedoch keinen sachlichen Unterschied dar.

c) Auch selbstständige [X.], die anstelle eines Verfahrens wegen Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24, 24a [X.] durchgeführt werden, unterfallen der Regelung des § 28 Abs. 1 Nr. 5 a), Abs. 2 ZuVOJu BW.

Bereits in der Begründung zur Einführung des § 29a OWiG hat der Gesetzgeber darauf abgestellt, dass „die Grundlage für diese Anordnung die mit Geldbuße bedrohte Handlung (§ 1 Abs. 2 OWiG) ist“ (vgl. [X.] 10/318 S. 38). Dementsprechend hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen die Rechtsnatur einer Nebenfolge der betreffenden Ordnungswidrigkeit (vgl. [X.]/[X.] OWiG § 29a Rn. 7 mwN). Das Amtsgericht wird daher im [X.] zu prüfen haben, ob die fragliche Verkehrsordnungswidrigkeit überhaupt begangen wurde, weil der [X.] anderenfalls denknotwendig nichts „durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder für sie etwas erlangt“ (§ 29a Abs. 1 OWiG) haben kann. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, die gerichtliche Zuständigkeit abweichend zu regeln, wenn darüber hinaus auch die Bestimmung des Wertes des Tatertrages zu überprüfen ist, zumal mit der Regelung des § 68 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit der jeweiligen landesrechtlichen Verordnung erreicht werden soll, dass die Sachnähe des Gerichts erhalten bleibt (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Oktober 2001 - 2 [X.], [X.], 153, Rn 4).

d) Das Amtsgericht [X.] ist gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 5 a), Abs. 2 Nr. 2 ZuVOJu BW örtlich zuständig, weil der [X.] eine auf einer Autobahn begangene Ordnungswidrigkeit nach § 24 [X.] zugrunde liegt und der [X.] ([X.]) im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts [X.] liegt.“

5

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

Franke     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube     

        

Schmidt     

   

Meta

2 ARs 170/21

10.05.2022

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 24 StVG, § 24a StVG, § 14 StPO, § 29a OWiG, § 46 Abs 1 OWiG, § 68 Abs 1 OWiG, § 68 Abs 3 OWiG, § 87 Abs 3 S 2 OWiG, § 28 Abs 1 Nr 5 Buchst a GerZustJuV BW, § 28 Abs 2 GerZustJuV BW

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.05.2022, Az. 2 ARs 170/21 (REWIS RS 2022, 3635)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3635

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