Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2016, Az. VI ZR 563/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12346

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:260416UVIZR563.15.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

26. April 2016

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 Dc
a)
Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Mietwagentarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß §
254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemu-tet werden konnte (im [X.] an Senatsurteil vom 2. Februar 2010
-
VI [X.], aaO Rn.
12).
b)
In diesem Zusammenhang kann auch das Angebot des [X.] an den Geschädigten, ihm eine günstige Anmietmöglichkeit zu vermit-teln, beachtlich sein.
[X.], Urteil vom 26. April 2016 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 20.
März 2016 am 26.
April 2016
durch [X.], die Richter [X.] und
Stöhr und die Richterinnen von
Pentz und Müller
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 8.
Zivilkammer des [X.] vom 26.
August 2015 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger macht gegen den beklagten Haftpflichtversicherer restliche Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfall vom 27.
September 2012 geltend. Die Einstandspflicht der [X.] steht dem Grunde nach außer Streit.
Am Vormittag des 28.
September 2012 führte der Kläger mit einem [X.] der [X.] ein Telefonat über den vorgenannten Verkehrsunfall, wobei ihm nach dem Sachvortrag der [X.] angeboten worden sei, ihm einen Mietwagen zu einem
günstigen
Tagespreis zu vermitteln. Darauf sei der Kläger jedoch nicht eingegangen. Am
Nachmittag desselben
Tages
mietete der Kläger bei der Autovermietung [X.] ein dem unfallbeschädigten PKW ver-gleichbares Mietfahrzeug an. Für die Mietdauer bis zum 12.
Oktober 2012 be-rechnete ihm das Mietwagenunternehmen Kosten in Höhe von 1.632,82

1
2
-

3

-

Beklagte zahlte an den Kläger lediglich Mietwagenkosten in Höhe von 570

die bei Anmietung eines Mietfahrzeuges zu einem [X.] von 38

n-gefallen wären. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger den Differenzbe-trag von 1.062,82

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Be-rufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist nach dem Ergebnis
der erstinstanzlichen Be-weisaufnahme davon ausgegangen, dass dem Kläger ohne weiteres eine ihm seitens der
[X.] nachgewiesene günstigere Anmietmöglichkeit zugänglich gewesen wäre. Der Aussage des [X.], des Mitarbeiters der [X.], sei zu entnehmen, dass ein Hinweis erfolgt sei, dass der Kläger bei Einschal-tung der [X.] ein Ersatzfahrzeug über die Firma [X.] oder [X.] zu einem Tagespreis von 38

ive
sämtlicher Nebenkosten
hätte
anmieten können. Indem der Kläger das ihm zumutbare Mietwagenangebot nicht ange-nommen habe, habe er gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Es stelle einen groben Verstoß gegen die auch im Rahmen der Erstattung von Mietwagenkosten geltende Schadensminderungspflicht des Geschädigten dar, wenn dieser grundlos eine Möglichkeit ausschlage, ein günstigeres Angebot wahrzunehmen. Deshalb könne er nur die Mietwagenkosten ersetzt verlangen, die ihm bei Wahrnehmung
des Vermittlungsangebots der [X.] entstanden wären. Diese seien vorgerichtlich bereits in Höhe von 570

3
4
-

4

-

II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Geschädigte vom
Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach §
249 BGB als [X.] Herstellungsaufwand grundsätzlich den Ersatz derjenigen Mietwagenkos-ten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der [X.] des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Ge-schädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergelei-teten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehe-bung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich
relevan-ten Markt -
nicht nur für Unfallgeschädigte
-
erhältlichen Tarifen für die [X.] eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rah-mens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (vgl. etwa Senatsurteile vom 2.
Februar 2010 -
VI
[X.], [X.], 545 Rn.
10 und vom 18.
Dezember 2012
-
VI
ZR 316/11, [X.], 330 Rn.
8, jeweils mwN).
2. Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Tarif erforderlich war im Sinne des §
249 Abs.
2 Satz
1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kosten-günstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß §
254
Abs. 2 Satz
1
BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 2.
Februar 2010 -
VI
[X.], aaO Rn.
12). So liegt der Fall hier. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die seitens der [X.] dem Kläger angebotenen
günstigeren Anmietmöglichkeiten "ohne wei-5
6
7
-

5

-

teres" zugänglich gewesen wären, lassen entgegen der Auffassung der [X.] keinen Rechtsfehler erkennen.
3. Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehal-ten, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entspre-chend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem [X.] und den Beweisergeb-nissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweis-würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkge-setze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.,
vgl. etwa Senatsurteil
vom 16.
April 2013 -
VI [X.], [X.], 1045 Rn. 13 mwN). Einen solchen Fehler zeigt die Revision nicht auf.
a) Die Revision geht selbst davon aus, dass nach der vorgenannten Rechtsprechung des erkennenden Senats das Angebot des [X.] an den Geschädigten, ihm ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung zu stellen
oder zu vermitteln, beachtlich sein kann
(vgl. zur
Schadensgeringhaltungspflicht bei der Verwertung von Unfallfahrzeugen Senatsurteil vom 1. Juni 2010 -
VI
ZR 316/09, [X.], 963 Rn. 9 f.). Sie meint jedoch, die Vorinstanzen hätten nicht festgestellt, dass der
Mitarbeiter der [X.] dem Kläger
mitgeteilt ha-be, was er zur Anmietung dieses Fahrzeugs hätte tun müssen, wo es sich [X.], und
ab wann es zur Verfügung stehe. Für den Kläger sei deshalb in [X.] Weise überprüfbar gewesen, ob das Angebot der [X.] überhaupt zu einem "zugänglichen Fahrzeug" hätte führen können.
b) [X.], die Vorinstanzen hätten
keine hinreichenden Feststellungen zur Zugänglichkeit der von der [X.] vorgeschlagenen Mietwagenangebote
getroffen, hat keinen Erfolg. Das Amtsgericht, dessen Be-weiswürdigung das Berufungsgericht folgt, hat sich nämlich
nicht
-
wie die Revi-8
9
10
-

6

-

sion geltend macht -
mit der Feststellung begnügt, es bestehe kein
Zweifel da-ran, dass eine Fahrzeuganmietung zu den vom Zeugen genannten Preisen tat-sächlich möglich gewesen wäre. Es hat sich dabei vielmehr auf die als
glaub-haft angesehene
Aussage des [X.]
gestützt, wonach
dieser regelmäßig -
sollte vom Geschädigten ein Mietwagen gewünscht werden
-
dessen
Telefon-nummer notiere und an das Mietwagenunternehmen weitergebe, welches sich dann bei dem Geschädigten melde und Zeitpunkt und Art der Fahrzeugzustel-lung vereinbare. Da die genauen Übergabemodalitäten (sinnvollerweise) dabei unmittelbar zwischen dem von der [X.] vermittelten Mietwagenunterneh-men und dem Kläger vereinbart werden können, musste
dem Kläger
-
entgegen der Ansicht der Revision -
nicht bereits seitens des [X.] mitgeteilt werden, wo sich das Fahrzeug befindet und ab wann es [X.] zur Verfügung gestellt wird.
c) Aus den Ausführungen
des Amtsgerichts
ergibt sich
weiter, dass sich dessen Überzeugungsbildung auch darauf gründet, dass der Zeuge im [X.] dargelegt habe, wie problemlos eine solche Anmietung
üblicherweise
statt-finde. Er habe ausgesagt, er könne aus Erfahrung sagen, dass ein solches Fahrzeug zur Verfügung gestellt werde. In seiner langjährigen Bearbeitungszeit sei es niemals vorgekommen, dass ein Fahrzeug nicht zum entsprechenden Zeitpunkt zur Verfügung gestanden habe. Bei dem Fahrzeug des [X.] habe es sich auch keineswegs um ein
"Exotenfahrzeug" gehandelt, für das ein gro-ßes Mietwagenunternehmen kein entsprechendes oder gleichwertiges Fahr-zeug anbieten könne. Darüber hinaus werde in Fällen, in denen ein [X.] Fahrzeug nicht vorhanden sei, notfalls ohne Aufpreis ein höherwerti-ges zur Verfügung gestellt.
4. Nach alledem durfte
sich auch
das Berufungsgericht ohne [X.] in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung bilden, dass die von der Be-11
12
-

7

-

klagten vorgeschlagenen Anmietmöglichkeiten
dem Kläger "ohne weiteres" zu-gänglich gewesen wären. Aufgrund dieser Feststellungen ist es revisionsrecht-lich nicht zu beanstanden,
dass das
Berufungsgericht
in der Anmietung eines teureren Mietfahrzeuges durch den
Kläger einen Verstoß gegen die sich aus §
254 Abs.
2 Satz 1 BGB ergebende
Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens gesehen
und nur die Mietwagenkosten als ersatzfähig erachtet hat, die dem Kläger bei Wahrnehmung des Vermittlungsangebots der [X.] entstanden wären. Die Revision zeigt keinen übergangenen Sachvortrag auf, wonach es dem Kläger unzumutbar gewesen sein könnte, den Mietwagen nicht von den von der [X.] benannten Mietwagenunternehmen, sondern zu einem wesentlich höheren Preis bei dem von ihm ausgewählten Unternehmen anzumieten.
[X.]
[X.]
Stöhr

von Pentz
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.02.2015 -
21 [X.] 6266/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.08.2015 -
8 S 2232/15 -

Meta

VI ZR 563/15

26.04.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2016, Az. VI ZR 563/15 (REWIS RS 2016, 12346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12346

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 563/15 (Bundesgerichtshof)

Schadensersatz bei Verkehrsunfall: Verletzung der Schadensminderungspflicht bei Mietwagennahme unter Außerachtlassung kostengünstigerer Tarife


VI ZR 141/18 (Bundesgerichtshof)

Schadensminderungspflicht bei Mietwagennahme nach Verkehrsunfall: Annahme eines vom Kfz-Haftpflichtversicherer vermittelten günstigeren Sondertarifs


8 S 2232/15 (LG Nürnberg-Fürth)

Mietwagenkosten und Schadensminderungspflicht


42 S 905/19 (LG Würzburg)

Schadensersatz, Mietwagenkosten, Verkehrsunfall


268 C 153/19 (Amtsgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 563/15

VI ZR 139/08

VI ZR 44/12

8 S 2232/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.