Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2017, Az. 2 StR 436/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 17206

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:180117B2STR436.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]/16
vom
18. Januar
2017
in der Strafsache
gegen

alias:

alias:

alias:

alias:

wegen besonders schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und des Beschwerdeführers
am 18. Januar
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten M.

wird das Urteil des
[X.] vom 6.
Juli 2016 im Straf-ausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im
Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls in sieben Fällen, davon in drei Fällen wegen Versuchs, sowie wegen besonders schweren [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheits-strafe von sechs Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat im Strafausspruch mit der Sachrüge Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§
349 Abs.
2 StPO).
1. [X.] hält rechtlicher Nachprüfung stand; ohne [X.] hat die [X.] dem Angeklagten

wie der [X.] in 1
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seiner Zuschrift im Einzelnen dargelegt hat

den Einsatz des Pfeffersprays hinsichtlich der Tat II.8 der Urteilsgründe zugerechnet (§
25 Abs.
2 StGB).
2. Hingegen begegnet der Strafausspruch durchgreifenden
rechtlichen Bedenken. Die [X.] hat mit nicht nachvollziehbarer Begründung das Vorliegen der Voraussetzungen des §
21 StGB verneint.
Das [X.] ist davon ausgegangen, dass der betäubungsmittelab-hängige Angeklagte, der im Tatzeitraum regelmäßig Betäubungsmittel, insbe-sondere Crack und Heroin, sowie Alkohol und Benzodiazepine konsumierte, dadurch in seiner Einsichts-
und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich einge-schränkt gewesen sei. Dies hat es

sachverständig beraten

darauf gestützt, dass beim Angeklagten zwar eine erhebliche Abhängigkeit von mehreren psy-chotrop wirkenden Substanzen bestehe, dies jedoch für sich gesehen kein [X.] des §
20 StGB erfülle. Hinzu kommen müsse im Tatzeitpunkt entweder eine ganz erhebliche Entzugssymptomatik, eine akute Intoxikation oder eine erhebliche Persönlichkeitsdepravation. Dies aber sei in den [X.] nicht gegeben. Mit ausführlicher Begründung hat die [X.] im Folgenden dargelegt, dass beim Angeklagten keine im Hinblick auf die §§
20,
21 StGB relevante Intoxikation vorgelegen und er auch nicht unter akuten star-ken Entzugserscheinungen oder einer überdurchschnittlichen Angst hiervor ge-litten habe. Im Hinblick auf eine Persönlichkeitsdepravation hat sie angenom-men, dass eine solche vorliege, da das Leben des Angeklagten sich allein nur noch um die Finanzierung, den Erwerb und den [X.] von Betäubungsmit-teln
gedreht habe. Allerdings habe aus psychiatrischer Sicht mangels hinrei-chender Anhaltspunkte weder eine erheblich verminderte Einsichtsfähigkeit noch eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit bei den Taten vorgelegen. Mit dieser Begründung durfte die [X.] die Voraussetzungen des §
21 StGB nicht ablehnen.
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4
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4
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Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] begründet die Abhängigkeit von Drogen für sich gesehen keine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
März 2013

4
StR 42/13, [X.], 519). Eine rechtlich erhebliche Einschränkung der [X.] ist bei einem Rauschgiftsüchtigen nur ausnahmsweise gegeben, etwa wenn langjähriger Betäubungsmittelmissbrauch zu schweren Persönlichkeits-veränderungen geführt hat, der Täter unter starken Entzugserscheinungen lei-det und durch sie dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu [X.], oder unter Umständen, wenn er die Tat im Zustand eines akuten Rauschs verübt. In Ausnahmefällen kann auch die Angst vor unmittelbar bevor-stehenden Entzugserscheinungen, die der Angeklagte schon einmal als äußerst unangenehm ("intensivst" oder "grausamst") erlitten hat, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit führen (vgl. [X.]R StGB §
21 BtM-Auswirkungen 18).
Nach den Feststellungen des [X.]s fehlte es beim Angeklagten zwar

wie es im Einzelnen tatbezogen dargelegt hat

jeweils an [X.] für starke Entzugserscheinungen oder das Vorliegen eines akuten [X.]. Im Hinblick auf den lange dauernden [X.] von Betäubungsmitteln und die deshalb bestehende Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten hat die [X.] aber eine Persönlichkeitsdepravation und damit einen Zu-stand angenommen, bei dem die Anwendung des §
21 StGB nach der Recht-sprechung des [X.] grundsätzlich in Betracht kommt. Warum diese Persönlichkeitsveränderung, die dazu geführt hat, dass sich das Leben des Angeklagten "nur noch um die Finanzierung, den Erwerb und den [X.] von Betäubungsmitteln gedreht" hat, keine erhebliche Verminderung der [X.] bewirkt haben soll, lässt sich den Urteilsgründen nicht nachvoll-ziehbar entnehmen. Die vom [X.] insoweit angeführten Umstände ha-ben mit Blick auf die angenommene Persönlichkeitsdepravation keine Aussa-5
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gekraft und können nicht belegen, dass diese nicht zu einer im Sinne von §
21 StGB erheblichen Beeinträchtigung
des Hemmungsvermögens geführt hat. Dieser [X.] bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. [X.] wird dadurch nicht berührt; der [X.] kann ausschließen, dass der Tatrichter bei fehlerfreier Würdigung zur Annahme von Schuldunfähigkeit gelangt wäre. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung, zweckmäßigerweise unter Heranziehung eines anderen Sachverständigen.
Fischer [X.]Krehl

Eschelbach Bartel

Meta

2 StR 436/16

18.01.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2017, Az. 2 StR 436/16 (REWIS RS 2017, 17206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17206

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