Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2011, Az. IV ZR 110/09

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2906

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 110/09

Verkündet am:

28. September 2011

Heinekamp

[X.]

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Richter
[X.], Felsch, die Richterin [X.], [X.]
Karczewski und Lehmann
auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2011

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 15.
Zi-vilsenats in [X.] des [X.] vom 4.
Dezember 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.]erufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die [X.]eklagte auf Leistungen aus einer Hausrat-versicherung wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung hat der Kläger mit der [X.]erufung
angegriffen.

Das [X.]erufungsgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
September 2008 Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 23.
Oktober 2008 bestimmt. Es hat den [X.] zunächst auf den 13.
November 2008 und dann auf den 4.
Dezember 2008 verlegt. An diesem Tag hat es ein die [X.]erufung zurückweisendes Urteil ohne Gründe 1
2
-
3
-

verkündet. Mit einem am 2.
Juni 2009 beim [X.] einge-gangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger "Revision/Nicht-zulassungsbeschwerde"
gegen
das [X.]erufungsurteil
eingelegt. Dieses [X.] in vollständiger Fassung am 3.
August 2009 zur Geschäftsstelle des [X.]erufungsgerichts
und wurde den Parteien am 4.
August 2009 zuge-stellt.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zu-rückverweisung des Rechtsstreits an das [X.]erufungsgericht.

Das [X.]erufungsurteil
ist mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, weil es i.S. von §
547 Nr.
6 ZPO entgegen §
540 Abs.
1 Satz
1 ZPO nicht mit Gründen versehen ist, und daher auf die Rüge der [X.] aufzuheben.

[X.] Nach gefestigter Rechtsprechung ist der absolute Revisions-grund des §
547 Nr.
6 ZPO gegeben und ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil "nicht mit Gründen versehen", wenn der notwendige Inhalt des Urteils nicht binnen fünf Monaten nach Verkün-dung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden ist ([X.], Urteile vom 9.
Juli 2009 -
IX ZR 197/08, NJW-RR 2009, 1712 Rn.
6
m.w.N.;
vom 19.
Mai 2004 -
XII ZR 270/02, NJW-RR 2004, 1439; [X.]eschluss vom 30.
Septem-3
4
5
6
-
4
-

ber 1997 -
AnwZ ([X.]) 11/97, NJW-RR 1998, 267 unter 1 a m.w.N.; Se-natsurteil vom 29.
Oktober 1986 -
IVa [X.], NJW 1987, 2446, 2447 m.w.N.; Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des [X.]undes, [X.]eschluss vom 27.
April 1993 -
GmS-OG[X.] 1/92, NJW 1993, 2603 unter [X.] und 4). [X.] Gesichtspunkt für diesen übergreifenden verfahrens-rechtlichen Grundsatz ist -
unabhängig davon, ob die jeweiligen Verfah-rensordnungen (wie §
548 ZPO) die Fünfmonatsfrist als absolute Frist für die Rechtsmitteleinlegung vorsehen
-
die Erkenntnis, dass das richterli-che Erinnerungsvermögen abnimmt und nach Ablauf von mehr als fünf Monaten nicht mehr gewährleistet ist, dass der Eindruck von der mündli-chen Verhandlung und das [X.]eratene noch zuverlässigen Niederschlag in den so viel später abgefassten Gründen der Entscheidung finden. Es geht mithin um die Vermeidung von Fehlerinnerungen und damit um Gründe der Rechtssicherheit ([X.], Urteile vom 9.
Juli 2009
aaO
Rn.
8; vom 19.
Mai 2004 aaO; [X.]eschluss vom 30.
September 1997 aaO). Das ist insbesondere dann von [X.]edeutung, wenn das [X.]erufungsurteil

wie hier

auf einer [X.]eratung im [X.] an
eine [X.]eweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und dem dabei gewonnenen persönlichen Eindruck des [X.]erufungsgerichts beruht.

Außerdem ist es insbesondere der unterlegenen und an der [X.] eines Rechtsmittels interessierten Partei nicht zuzumuten, nach
der Verkündung eines Urteils länger als fünf Monate zu warten, um -
über ei-ne etwaige mündliche Urteilsbegründung hinaus
-
die detaillierten Grün-de zu erfahren, die zu ihrem Unterliegen geführt haben ([X.], Urteile vom 9.
Juli 2009 aaO Rn.
9; vom 19.
Mai 2004 aaO; Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des [X.]undes aaO unter II 4). Auf eine Rüge der Parteien haben die Gerichte deswegen bei Überschreitung der Fünf-monatsfrist ein Urteil, das wegen der Fristüberschreitung die [X.]eurkun-7
-
5
-

dungsfunktion nicht mehr
erfüllt und deswegen als "nicht mit Gründen versehen" gilt, aufzuheben ([X.], Urteil vom 19.
Mai 2004 aaO
unter II; Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des [X.]undes aaO).

I[X.] Das [X.]erufungsurteil
gilt wegen einer solchen Fristüberschrei-tung als "nicht mit Gründen versehen". Es wurde ausweislich des bei den Gerichtsakten
befindlichen Verkündungsprotokolls vom 4.
Dezember 2008 an diesem Tag verkündet. Es hätte daher mit den nach §
540 Abs.
1 Satz
1 ZPO notwendigen Urteilsgründen binnen fünf Monaten nach der Verkündung, also bis zum 4.
Mai 2009, schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sein müssen. Diese Frist ist nicht gewahrt. Die mit Gründen versehene und von den mitwirkenden Richtern unterschriebene Fassung des [X.]erufungsurteils
ist ausweislich der bei den Akten befindli-chen beglaubigten Abschrift erst am 3.
August 2009 und damit lange nach Ablauf der Fünfmonatsfrist zur Geschäftsstelle des [X.]erufungsge-richts
gelangt.

8
-
6
-

Das [X.]erufungsgericht wird nochmals in der Sache zu verhandeln und zu entscheiden haben.

[X.] Felsch [X.]

Dr.
Karczewski Lehmann
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 24.10.2007 -
4 O 2121/06 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 04.12.2008 -
15 [X.] -

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Meta

IV ZR 110/09

28.09.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2011, Az. IV ZR 110/09 (REWIS RS 2011, 2906)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2906

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