Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. V ZB 237/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8116

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[X.]:[X.]:BGH:2018:070618BV[X.]237.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.] 237/17
vom

7. Juni
2018

in der Rücküberstellungshaftsache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 70 Abs. 3 Satz 3
Eine zulässige Rechtsbeschwerde der Behörde gegen den die Anordnung von Abschiebungshaft ablehnenden Beschluss kann nach der Abschiebung des Betroffenen während des [X.] zwar nicht mit einem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG fortgeführt werden. Die beteiligte Be-hörde kann das Rechtsmittel aber auf den Kostenpunkt beschränken und das Verfahren in diesem beschränkten Umfang fortführen (Bestätigung von Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 -
V [X.], [X.], 118 Rn. 6 ff.).
Dublin-III-VO Art.
28 Abs. 3 Unterabs.
3
Die in Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 der Dublin-III-Verordnung vorgesehene Höchstfrist von sechs Wochen gilt nur in dem Fall, dass sich der Betroffene be-reits in Haft befindet, wenn eines der beiden in dieser Bestimmung angeführten Ereignisse (Annahme des Aufnahme-
oder Wiederaufnahmegesuchs oder das Ende der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen eine Überstel-lungsentscheidung oder der Überprüfung einer solchen Entscheidung) eintritt -
2
-

(im [X.] an [X.], Urteil vom 13. September 2017, [X.], [X.]/16, [X.]:[X.], Rn.
39; Modifizierung von Senat, Beschluss vom 6. April 2017
-
V [X.], [X.] 2017, 290).
BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 -
V [X.] 237/17 -
LG [X.]

[X.]

-
3
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
Juni
2018
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland und die Richter [X.] und Dr. Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 3. November 2017 im Kostenpunkt aufgehoben.

Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten in allen Instanzen selbst. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Der Betroffene, ein eritreischer Staatsangehöriger, reiste unerlaubt in die [X.] ein und stellte einen Asylantrag. Das [X.] richtete am 31. Oktober 2016 ein Übernahmeersu-chen nach der Dublin-III-Verordnung an [X.]. Hierauf reagierte [X.] nicht. In der Folgezeit wurde der Asylantrag des Betroffenen als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach [X.] angeordnet.
1
-
4
-
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17. Oktober 2017 Haft bis zum 16. Januar 2018 zur Sicherung der Ab-schiebung des Betroffenen angeordnet. Auf seine Beschwerde hat das [X.] den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag der beteilig-ten Behörde auf Anordnung von [X.] abgelehnt. Dagegen richtet sich die am 23. November 2017 bei dem [X.] eingegangene Rechtsbeschwerde der beteiligten Behörde. Nach der Abschiebung des
Be-troffenen
am 21. Dezember 2017 nach [X.] beantragt
sie
jetzt, nachdem sie zunächst die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung des [X.]s
beantragt hatte,
dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens aufzuerle-gen.

II.
Nach Ansicht des [X.] durfte [X.] nicht ange-ordnet werden, weil die Überstellung des Betroffenen in den zuständigen Mit-gliedstaat nicht innerhalb der mit der Vollziehung der Haft beginnenden sechs-wöchigen Frist des Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-VO durchführbar sei.

III.
1. Die Rechtsbeschwerde der Behörde ist zulässig.
Sie ist nach § 70 Abs. 3 Satz 3 FamFG ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft, weil sie sich gegen einen eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden Beschluss richtet.
Die Rechtsbeschwerde der Behörde ist auch im Übrigen zu-lässig, insbesondere ist sie nicht dadurch unzulässig geworden, dass der Be-troffene während des [X.] nach [X.] abgeschoben 2
3
4
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5
-
wurde. Das schließt zwar eine Sachentscheidung über die Haftanordnung aus; mangels Feststellungsinteresses kann
die beteiligte Behörde die Rechtsbe-schwerde auch nicht mit einem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG [X.]. Sie
kann das Rechtsmittel aber -
wie hier geschehen -
auf den Kostenpunkt beschränken und das Verfahren in diesem beschränkten Umfang fortführen (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 -
V [X.], [X.], 118
Rn. 6
ff.).
2. Die Entscheidung über die Kosten ist gemäß § 83 Abs. 2 in Verbin-dung mit § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu treffen. Eine Entscheidung über die Kosten zugunsten des [X.] hat danach zu ergehen, wenn sein Rechtsmittel ohne die Erledigung der [X.] begründet gewesen wäre (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2013

V
[X.] 145/13, juris Rn. 5). Im vorliegenden Fall
entspricht es billigem Ermes-sen, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da offen ist, wie das Verfahren ohne das erledigende Ereignis ausgegangen wäre.
a) Entgegen der Auffassung des [X.], das sich auf die Entscheidung des Senats vom 6. April 2017 (V [X.], [X.] 2017, 290) stützt, stand Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 der Dublin-III-Verordnung der Anord-nung von Haft nicht entgegen. Nach dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des [X.] vom 13. September 2017 ([X.],
[X.]/16, [X.]:[X.], Rn.
39) gilt die in dieser Vorschrift vorgesehene Höchstfrist von sechs Wochen, innerhalb deren die Überstellung einer in Haft genommenen Person erfolgen muss, nur in dem Fall, dass sich diese bereits in Haft befindet, wenn eines der beiden in dieser Bestimmung angeführten Ereig-nisse (Annahme des Aufnahme-
oder Wiederaufnahmegesuchs oder das Ende der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen eine Überstellungsent-scheidung oder der Überprüfung einer solchen Entscheidung) eintritt (vgl. auch 5
6
-
6
-
Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2017
V [X.] 81/17, juris Rn. 3). Hier wurde die Haft aber erst nach der (gemäß Art.
22 Abs. 7 Dublin-III-VO fingierten) An-nahme des Wiederaufnahmegesuchs angeordnet. Daher findet die Sechs-Wochen-Frist des Art. 28 Abs. 3 Unterabs. 3 Dublin-III-Verordnung keine An-wendung.
b) Daraus
dass das Beschwerdegericht zu Unrecht annimmt, dass Art.
28 Abs. 3 Unterabs. 3 der Dublin-III-Verordnung der Haftanordnung [X.], folgt jedoch lediglich, dass es
aus diesem Grund die Haftanordnung nicht hätte aufheben dürfen. Ob die von dem Betroffenen mit der Beschwerde vorgebrachten weiteren Einwendungen eine Aufhebung der Haftanordnung ge-rechtfertigt hätten, ist dagegen offen, weil sich das Beschwerdegericht hiermit

aus seiner Sicht folgerichtig -
nicht befasst hat. Diese
von dem Beschwerde-gericht als Tatsacheninstanz (Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013

V
[X.]
127/12, [X.] 2014, 39 Rn. 8) vorzunehmende
Prüfung kann von dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht nachgeholt werden.
Eine Zurückver-weisung an das Beschwerdegericht kommt nicht in Betracht, da nur noch über die Kosten zu entscheiden ist.
3. Hat sich die Hauptsache erledigt, muss im Rechtsbeschwerdeverfah-ren eine Entscheidung über die Gerichtskosten für alle Rechtszüge ergehen, selbst wenn und soweit sie nur klarstellende Bedeutung hat (Senat, Beschluss vom 7. November 2013 -
V [X.] 111/12, juris Rn. 5). Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs.
2 FamFG werden Gerichtskosten in allen Instanzen nicht er-hoben.
7
8
-
7
-
4. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Stresemann
[X.]
Weinland

Kazele
Hamdorf

Vorinstanzen:
[X.] in der
Pfalz, Entscheidung vom 17.10.2017 -
2 [X.] 56/17 B
-

LG [X.], Entscheidung vom 03.11.2017 -
3 [X.]/17 -

9

Meta

V ZB 237/17

07.06.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2018, Az. V ZB 237/17 (REWIS RS 2018, 8116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8116

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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