Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. IV ZR 303/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2937

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 303/12

Verkündet am:

11. September 2013

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 307 Bk; [X.][X.] § 5 Nr. 4 Satz
1c
Eine [X.] in den Allgemeinen Bedingungen einer [X.], die bestimmt, dass der Anspruch auf [X.]sleistung erlischt, wenn die versicherte Person unbefristet berufs-
oder [X.] wird, verstößt weder gegen das Transparenzgebot des §
307 Abs. 1 Satz 2 BGB noch stellt sie eine unangemessene Benachteiligung des [X.] nach §
307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB dar.

[X.], Urteil vom 11. September 2013 -
IV ZR 303/12 -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch
die [X.] Richterin [X.],
die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr.
Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2013

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.] Ober-landesgerichts

9.
Zivilsenat
-
vom 11.
September 2012 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist ein in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß §
4 [X.] geführter gemeinnütziger Verbraucherschutzverein. Die [X.] ist ein [X.] Versicherungsunternehmen, das in Deutschland
unter anderem [X.] vertreibt. Diese Versicherungsverträge werden als Gruppenversi-cherungen zwischen der [X.] sowie einer Bank geschlossen und sichern die von der Bank an Verbraucher gewährten
Darlehen ab. Der
Verbraucher erklärt im Zuge des Abschlusses
des Darlehensvertrags den Beitritt zum Versicherungsvertrag.

1
-
3
-

§
1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemei-nen
Bedingungen für die [X.] (im Folgenden: [X.]) bestimmt unter "Gegenstand des Versicherungs-schutzes"
unter anderem:

"1.
Die [X.] dient der Absicherung von Zahlungsverpflichtungen des [X.] (versicherte Person) gegenüber dem [X.] (Versicherungsnehmer) für den Fall der Ar-beitsunfähigkeit.

2.
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Gesundheitsstörungen, die ärztlich nachzuweisen sind, vorübergehend außerstande ist, ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben,
die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ih-rer bisherigen Lebensstellung entspricht."

§
5 Nr.
4 sieht
zum
"Umfang des Versicherungsschutzes und Ka-renzzeit"
vor:

"Der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung
erlischt, wenn

c)
die versicherte Person unbefristet berufs-
oder erwerbs-unfähig wird."

Der Kläger hält §
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.]
wegen Intransparenz und unangemessener Benachteiligung gemäß §
307 BGB für unwirksam. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch,
es zu unterlassen, diese oder
in-haltsgleiche [X.]n
in Versicherungsverträgen mit der Bezeichnung "[X.]", bei denen
Verbraucher
als versicherte Personen
in den Versicherungsschutz einbezogen wer-den,
einzubeziehen, sowie
sich
bei der Abwicklung nach dem 1.
April 1977 geschlossener Verträge gegenüber Verbrauchern auf die [X.] 2
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5
-
4
-

zu berufen. Ferner verlangt er Ersatz von 200

Zinsen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit seiner Revision verfolgt er seine im Be-rufungsverfahren gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Kläger hinsicht-lich des von ihm geltend gemachten Anspruchs aktivlegitimiert. Zwar sei die streitbefangene [X.] Teil der Vereinbarung zwischen der [X.] und der Bank als Unternehmerin. Ihre Wirkung
entfalte sie aber
in erster Linie gegenüber dem Verbraucher als Darlehensnehmer. Die Re-gelung
in §
5 Nr.
4 [X.]
sei indessen
wirksam. Sie sei nicht überra-schend i.S.
von §
305c BGB, da der Versicherungsnehmer damit rechnen müsse, dass in den Versicherungsbedingungen die Reichweite des [X.] definiert werde. Die [X.] sei ferner hinreichend transparent. Für das Verständnis eines durchschnittlichen [X.] komme es nicht darauf an, wie der Begriff der [X.] arbeitsrechtlich definiert werde. Vielmehr entspreche die in den [X.]
enthaltene Definition mit dem Merkmal "vorübergehend"
der Erwar-tung, die ein unbefangener Versicherungsnehmer mit dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit verbinde. Eine unzutreffende Wiedergabe des Geset-zestextes
treffe die verwendete [X.] nicht. Vielmehr ergebe sich aus 6
7
8
-
5
-

dem Umkehrschluss zu §
1 Nr.
2 [X.], dass das nicht nur [X.], eine Tätigkeit auszuüben, nicht unter den Begriff der Arbeitsunfähigkeit falle und damit nicht von der Versicherung ge-deckt sei. Für den Fall der Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit existierten spezielle Versicherungen. Die [X.] auf andere der bisherigen Lebensstellung entsprechenden Tätigkeiten in §
1 Nr.
2 [X.] führe zwar möglicherweise dazu, dass es fraglich werden könne, ob in einem Krankheitsfall, der dazu führe, dass die bisherige Tätigkeit nicht wahrgenommen werden könne, bereits bedingungsgemäße [X.] vorliege.
Diese Frage sei aber nicht Gegenstand des [X.]. Jedenfalls ergebe sich mit der Gegenüberstellung der Begriffe "vorübergehend"

"unbefristet"
unmissverständlich, dass bei einem [X.] aus dem Erwerbsleben wegen Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit der Leistungsanspruch entfalle.

Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips liege ebenfalls nicht vor. Diese ergebe sich insbesondere nicht aus der Verpflichtung zur Zahlung einer [X.] bei Vertragsschluss. Diese anfängliche Leistung ste-he einer in Aussicht gestellten Versicherungsleistung entgegen, für die der [X.]punkt der Verwirklichung des [X.] keine Rolle spiele. §
80 Abs.
2 [X.] finde lediglich auf [X.], nicht hingegen auf die hier vereinbarte Summen-
bzw. Perso-nenversicherung. Bei dieser berühre der Wegfall des versicherten Inte-resses die Verpflichtung zur Prämienzahlung nicht. Der Gesetzgeber vermute für diese Versicherungen eine Äquivalenz von Leistung und Ge-genleistung auch bei Wegfall des versicherten Interesses.

9
-
6
-

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass §
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.] wirksam ist.

1.
Die [X.] verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB.

a) Hiernach ist der Verwender
allgemeiner [X.] gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners [X.] klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur [X.] an, dass die [X.] in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die [X.] die wirtschaftlichen Nachteile und Belastun-gen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert wer-den kann (Senatsurteil vom 25.
Juli 2012

IV
ZR 201/10, [X.]Z 194, 208 Rn.
45). Bei einer den Versicherungsschutz einschränkenden [X.] muss der Versicherungsnehmer den danach noch beste-henden Umfang der Versicherung erkennen können (Senatsurteil vom 23.
Juni 2004

IV
ZR 130/03, [X.]Z 159, 360, 369
f.).

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Recht-sprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher [X.] sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durch-sicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Damit kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit

auch

auf seine Interessen an (Senatsurteile
vom 23.
Juni 1993

IV
ZR 135/92, [X.]Z 123, 83, 85; vom 25.
Juli 2012 [X.]O und ständig). Liegt

wie hier

eine Versicherung für fremde Rechnung vor, 10
11
12
13
-
7
-

so kommt es daneben auch auf die [X.] durch-schnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (Senatsurteile vom 12.
Januar 2011

IV ZR 118/10, [X.], 611
Rn.
11; vom 8.
Mai 2012

IV ZR 233/11,
VersR
2013, 853 Rn.
40; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. §
45 Rn.
2).

b) Nach diesem Maßstab kann der durchschnittliche Versiche-rungsnehmer/Versicherte Gegenstand und Reichweite der Ausschluss-klausel in §
5 Nr.
4 Satz
1c [X.]
hinreichend klar erkennen.

[X.])
Er
wird zunächst den Wortlaut von §
5 Nr.
4 [X.]
in den Blick nehmen und ihm
entnehmen, dass diese Vorschrift im Einzelnen ent-sprechend ihrer Überschrift den Umfang des Versicherungsschutzes [X.]. Ihm
wird sodann verdeutlicht, dass der Anspruch auf [X.]sversicherung, der Gegenstand des Versicherungsvertrages ist, erlischt, wenn die versicherte Person unbefristet berufs-
oder erwerbsun-fähig wird. Die erforderliche Abgrenzung der Berufs-
oder Erwerbsunfä-higkeit zur versicherten Arbeitsunfähigkeit kann ohne Weiteres den [X.] in §
1 Nr.
1 und Nr.
2 [X.]
entnommen
werden. Aus §
1 Nr.
1 [X.] ergibt sich,
dass Gegenstand der Versicherung die Absicherung von Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers als versicherte Person gegenüber dem Darlehensgeber als Versicherungsnehmer für den Fall der Arbeitsunfähigkeit ist. Die Arbeitsunfähigkeit wird sodann in §
1 Nr.
2 [X.] dahingehend
definiert, dass die versicherte Person infolge von [X.] vorübergehend außerstande sein muss, ihre bisheri-ge oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstel-lung entspricht.

14
15
-
8
-

Der Versicherungsnehmer/Versicherte
kann daher, wenn er §
1 Nr.
2 und §
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.]
gegenüberstellt, erkennen, dass [X.] lediglich für den Fall vorübergehender Unfähigkeit zur Ausübung
der bisherigen
oder einer vergleichbaren Tätigkeit des [X.] besteht, während der Versicherungsschutz für den Fall unbefris-teter Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit erlischt. Durch die ausdrückliche Gegenüberstellung des [X.] "vorübergehend"
bei der versi-cherten Arbeitsunfähigkeit sowie "unbefristet"
bei der nicht mehr versi-cherten Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit wird für den Versicherungs-nehmer/Versicherten
der Umfang des Versicherungsschutzes hinrei-chend deutlich. Ihm wird unmissverständlich
vor Augen geführt, dass [X.] für den Fall der Arbeitsunfähigkeit, nicht aber bei Berufs-
oder Er-werbsunfähigkeit Versicherungsschutz besteht
(so auch OLG Dresden
VersR 2010, 760, 761, [X.] NJW-RR 2010, 103,
104; LG Augs-burg, Urteil
vom 26.
Januar 2011

2 O 4040/09,
juris Rn.
25). Auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer/Versicherten
ist es ohne weiteres einsichtig, dass Arbeitsunfähigkeit einerseits sowie Berufs-
und Erwerbsunfähigkeit andererseits sich gegenseitig ausschließen und un-terschiedliche Risikoarten abdecken, für die jeweils verschiedene Versi-cherungen zur Verfügung stehen. Demgegenüber wird er schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Begriffes der Arbeitsunfähigkeit nicht erwarten, dass vom Versicherungsschutz auch dauerhafte [X.] der Fähigkeit zur Berufsausübung der versicherten Person erfasst sind. Einer weitergehenden Definition der Berufs-
oder Erwerbs-unfähigkeit bedurfte es nicht.

[X.]) Entgegen der Auffassung der Revision ist §
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.] auch
nicht etwa deshalb intransparent, weil sich der Vorschrift nicht 16
17
-
9
-

mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen lasse, ob die versicherte [X.] Versicherungsschutz für den Fall verlangen könne, dass sie [X.] ihre bisherige Tätigkeit endgültig, eine vergleichbare i.S.
von §
1 Nr.
2 der Bedingungen aber nur vorübergehend bis zur Gene-sung nicht mehr ausüben könne. Maßgeblich für die Abgrenzung der versicherten Arbeitsunfähigkeit in §
1 Nr.
2 [X.] sowie der nicht versi-cherten Berufs-
und Erwerbsunfähigkeit in §
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.]
ist, ob der Versicherungsnehmer/Versicherte nur vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage ist, seine bisherige oder eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben.

Voraussetzung für
einen Anspruch auf [X.] gemäß
§
1 Nr.
2 [X.] ist das vorübergehende Außerstandesein der versicherten Person, infolge ärztlich nachzuweisender Gesundheits-störungen ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die [X.] ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
Arbeitsunfähigkeit liegt daher nicht schon dann vor, wenn zwar die bisherige Tätigkeit vorübergehend nicht ausgeübt werden kann, dafür aber eine vergleichbare Tätigkeit. Mit dem Hinweis auf eine vergleichbare Tätigkeit soll auch für einen durchschnitt-lichen Versicherungsnehmer/Versicherten erkennbar der Bereich der [X.], die er noch ausüben kann,
mit der Folge nicht bestehenden
Versicherungsschutzes erweitert werden. Nur wenn auf dieser Grundlage ein Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung entstanden ist, also sowohl die bisherige als auch eine vergleichbare Tätigkeit vorüberge-hend nicht ausgeübt werden können, ist zu prüfen, ob der Anspruch auf Versicherungsleistung gemäß
§
5 Nr.
4 Satz
1c
[X.] erloschen ist. Da Anspruchsvoraussetzung mithin eine vorübergehende Unfähigkeit zur Ausübung der bisherigen oder einer vergleichbaren Tätigkeit ist, kommt 18
-
10
-

von vornherein kein Versicherungsschutz in Betracht, wenn die versi-cherte Person ihre bisherige Tätigkeit auf Dauer nicht mehr ausüben kann, mag ihr auch die Ausübung einer vergleichbaren Tätigkeit lediglich vorübergehend nicht möglich sein.

2.
§
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.]
verstößt ferner nicht gegen §
307 Abs.
1
Satz
1, Abs.
2 Nr.
1 BGB.
Die von der Revision geltend gemachte Un-wirksamkeit wegen Verstoßes gegen §
307 Abs.
2 Nr.
1 BGB kommt be-reits deshalb nicht in Betracht, weil es eine gesetzliche Regelung der Ratenschutzversicherung im [X.] nicht gibt.
Aber auch eine unangemessene Benachteiligung nach §
307 Abs.
1 Satz
1 BGB liegt nicht vor. Eine unangemessene Benachteiligung ist ge-geben, wenn der Versicherer durch einseitige Vertragsgestaltung [X.] eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners [X.] versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinrei-chend zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 25.
Juli 2012

IV
ZR 201/10, [X.]Z 194, 208 Rn.
31
m.w.[X.]). Das ist bei der Regelung in einer Raten-schutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung, die ein Erlöschen des Versiche-rungsschutzes bei Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit vorsieht, nicht der Fall (so auch für den vergleichbaren Fall der Restschuldversicherung [X.], 972, 973
f.; [X.], 760, 761; [X.] NJW-RR 2010, 103, 105; [X.], Urteil vom 26.
Januar 2011

2 O 4040/09,
juris Rn.
26; [X.],
[X.] 3/2010 Anm.
5; anders OLG Oldenburg
VersR 1996, 1400, 1401; LG Köln
[X.], 1168, 1170;
Urteil
vom 4.
November 2009

23 O 281/08,
juris Rn.
23-26).

a) Ohne Erfolg macht die Revision hierzu geltend, das [X.] von Leistung und Gegenleistung sei nachhaltig gestört, weil 19
20
-
11
-

die Leistungspflicht des Versicherers bei Eintritt der Berufs-
oder Er-werbsunfähigkeit wegen Wegfalls der Versicherungsfähigkeit zwar ende, das Vertragsverhältnis im Übrigen, insbesondere der Rechtsgrund für die vorab gezahlte [X.], aber bestehen bleibe. Dieses Erlöschen des Versicherungsschutzes vor Ablauf des Versicherungsvertrages bei der gleichzeitigen Befugnis des Versicherers, die vorab geleistete Prä-mie insgesamt behalten zu dürfen, benachteilige den Verbraucher unan-gemessen.

[X.]) Hierbei wird jedoch übersehen, dass die gemäß
§
9 [X.] vom Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss zu zahlende [X.] von vornherein bei der Kalkulation das zu versichernde Risiko für die ge-samte Laufzeit der Ratenschutzversicherung umfasst, die in der Regel identisch mit der Laufzeit des Darlehensvertrages ist. Insoweit spielt es keine Rolle, ob später überhaupt und zu welchem [X.]punkt der Versi-cherungsfall eintritt und wann gegebenenfalls die Leistungspflicht des Versicherers wegen Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person erlischt. Es handelt sich jeweils um Umstände, die der [X.] bei Vertragsschluss prognostisch in die Prämienkalkulation einzustel-len hat. Weder der Nichteintritt des Versicherungsfalles noch das spätere Erlöschen der Leistungspflicht des Versicherers wegen Berufs-
oder Er-werbsunfähigkeit führen zu einem gänzlichen oder teilweisen Erlöschen des Anspruchs des Versicherers auf die Prämie. Ebenso wenig ist der Versicherer seinerseits berechtigt, eine zusätzliche Prämie zu verlangen, weil er etwa für die gesamte Dauer des Versicherungsvertrages Leistun-gen wegen Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hatte.

[X.]) Das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitsunfähigkeitsleistung wegen Eintritts unbefristeter Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit der versi-21
22
-
12
-

cherten Person hat ferner nicht zur Folge, dass der Versicherungsvertrag insgesamt vor Ablauf seiner vereinbarten Laufzeit beendet wird. [X.] erlischt lediglich für den [X.]raum der Berufs-
oder
Erwerbsunfä-higkeit der Anspruch auf Versicherungsschutz. Fällt die Berufs-
oder Er-werbsunfähigkeit später weg, weil sich die ursprünglich gestellte [X.] als unzutreffend erwiesen hat, so kann für den Versicherten
erneut Versicherungsschutz für den Fall der Arbeitsunfähigkeit in Betracht kommen.

b) [X.] Wertungen lässt sich ebenfalls nicht ent-nehmen, dass der Versicherer nur Anspruch auf zeitanteilige [X.] hat, wenn
er teilweise nicht mehr leistungsverpflichtet ist. So bestimmt etwa §
39 Abs.
1 Satz
1 [X.], dass dem Versicherer im Falle der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode für diese nur derjenige Teil der Prämie zusteht, der dem [X.]raum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. Die Regelung setzt mithin eine Vertragsbeendigung voraus, greift also nicht ein, wenn der Versicherer etwa die rückständige Prämie nach §
38 Abs.
2 [X.] qualifiziert gemahnt hat und deshalb leistungsfrei wurde, aber gleichwohl nicht gekündigt hat (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. §
39 Rn.
2; MünchKomm-[X.]/[X.], §
39 Rn.
10). Das
Gesetz selbst sieht mithin durchaus Fälle vor, in denen die Ver-pflichtung des Versicherungsnehmers zur vollständigen Leistung der Prämie auch dann bestehen bleibt, wenn der Versicherer nicht oder
nicht mehr vollständig eintrittspflichtig ist.

Dies wird bestätigt durch §
80 Abs.
2 [X.]. Fällt das versicherte [X.] nach dem Beginn der Versicherung weg, steht dem Versicherer die Prämie zu, die er hätte beanspruchen können, wenn die Versiche-23
24
-
13
-

rung nur bis zu dem [X.]punkt beantragt worden wäre, zu dem der [X.] vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt hat. Diese Vorschrift gilt, wie sich aus ihrer Regelung im Kapitel zur Schadensversicherung ergibt, nur für diese, nicht dagegen für die Personen-
oder Summenver-sicherung (Senatsurteil vom 30.
Mai 1990

IV
ZR 22/89, [X.], 884 unter 4c; MünchKomm-[X.]/Halbach,
§
80 Rn.
3; Armbrüster in [X.]/[X.],
[X.] 28.
Aufl. § 80 Rn.
4; Langheid
in Römer/Langheid, [X.] 3.
Aufl.
§
80 Rn.
2; HK-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
80 Rn.
1). Eine analoge Anwendung für die Personenversicherung kommt allenfalls in den Fällen in Betracht, in denen Versicherungsschutz nach den [X.] der Schadensversicherung gewährt wird (vgl. §
194 Abs.
1 Satz
1 [X.] für die Krankenversicherung). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.

c) Soweit die Revisionsbegründung
darauf verweist, der Gedanke des § 80 [X.] finde sich auch in der Krankentagegeldversicherung, etwa in §
15 Abs.
1d MB/KT
2009, wonach das
Versicherungsverhältnis hin-sichtlich der betroffenen versicherten Person mit deren Tod
endet, über-sieht sie, dass die unbefristete Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit hier ge-mäß
§
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.] nicht zur Beendigung des Vertrages, sondern nur zum Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung führt. Fällt die Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit später weg, kann dies
bei erneut eintretender vorübergehender Arbeitsunfähigkeit des Versicherten zum Wiederaufleben der Leistungspflicht des Versicherers führen.

Ferner sieht §
11 Satz
2 MB/KT
2009 ausdrücklich vor, dass bei nachträglichem Wegfall der Versicherungsfähigkeit beide Vertragsteile verpflichtet sind, die für die [X.] nach Beendigung des [X.] empfangenen Leistungen einander zurück zu gewähren. 25
26
-
14
-

Eine derartige Regelung enthält §
9 der hier vereinbarten [X.]
für die [X.] nicht.

Abgesehen davon, dass diese Regelung bereits
nicht Gegenstand des von
dem
Kläger verfolgten [X.] ist, folgt auch aus dem Umstand, dass die von der [X.] verwendeten [X.]
keine Regelung für eine teilweise Rückzahlung der [X.] im Falle einer Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person enthalten, nicht die
Unwirksamkeit von §
5 Nr.
4
Satz
1c [X.], der lediglich das [X.] auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung für den Fall unbefristeter Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit vorsieht. Auch ohne diese Regelung könnte der Versicherungsnehmer/Versicherte
im Falle unbe-fristeter Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit keine Leistungen aus der Ra-tenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung verlangen. Der Anspruch [X.] nämlich nur im Falle der Arbeitsunfähigkeit, die nach §
1 Nr.
2 [X.]
dahin definiert ist, dass die versicherte Person lediglich vorübergehend außerstande ist, ihre bisherige oder eine vergleichbare Tätigkeit auszu-üben. Im Falle endgültiger Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit fehlt es damit von vornherein an der Voraussetzung der bloß vorübergehenden Beein-trächtigung der Arbeitsfähigkeit. [X.] Versicherungsschutz kann der Versicherte in diesen Fällen durch den gesonderten Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder den Bezug einer öffentlich-rechtlichen Sozialrente erhalten.

d) Schließlich ergibt sich die Unwirksamkeit von
§
5 Nr.
4
Satz
1c
[X.]
entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus der Wertung des
§
308 Nr.
7a BGB. Hiernach ist eine Bestimmung unwirksam, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom [X.] oder den Vertrag kündigt, eine unangemessen hohe Vergütung 27
28
-
15
-

für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen verlangen kann. Diese
Vorschrift setzt mithin eine Beendigung des Vertrages voraus, zu der es bei §
5 Nr.
4
Satz
1c [X.]
gerade nicht kommt. Stellt sich die Prognose unbefristeter
Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit nachträglich als unzutreffend heraus, kann dies
zu einem Wiederaufleben der Leistungspflicht des Versicherers führen.

[X.]

[X.]

Dr. Karczewski

[X.]

Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.01.2012 -
312 O 711/10 -

O[X.], Entscheidung vom 11.09.2012 -
9 [X.] -

Meta

IV ZR 303/12

11.09.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. IV ZR 303/12 (REWIS RS 2013, 2937)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2937

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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