Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 223/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6470

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZB 223/07 vom 20. Mai 2010 in dem Verbraucherinsolvenzverfahren - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch die [X.] Prof. [X.], Raebel, die [X.]in [X.], die [X.] [X.] und [X.] am 20. Mai 2010 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 4 gegen den [X.]uss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 19. Oktober 2007 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 21.345,65 • festgesetzt. Gründe: [X.] Im Prüfungstermin des vereinfachten Insolvenzverfahrens stellte der [X.] Gläubiger den Antrag, von der Gläubigerversammlung mit der Anfechtung bestimmter Rechtshandlungen des Schuldners beauftragt zu werden. Dem Antrag wurde mit seiner eigenen Stimme gegen die Stimme des Gläubigers zu 5 stattgegeben, welcher nur eine geringere Forderungshöhe ver-trat. Weitere Anträge wurden dazu in der Gläubigerversammlung nicht gestellt. Nach Schluss derselben beantragte der [X.] Gläubiger, dass der ge-fasste [X.]uss wegen Stimmverbots gegen den antragstellenden Gäubiger 1 - 3 - aus dem Protokoll gestrichen werde. Hilfsweise hat sich der [X.] Gläu-biger auf einen Widerspruch gegen die gemeinsamen Interessen der Gläubiger berufen, weil die Anfechtung der bezeichneten Rechtshandlungen nicht aus-sichtsreich sei. Diesen Anträgen trat der antragstellende Gläubiger entgegen.
Das Amtsgericht stellte die Nichtigkeit des von der [X.] beschlossenen [X.] fest. Die hiergegen gerichtete [X.] Beschwerde des beauftragten Gläubigers wies das [X.] zurück. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der antragstellende Gläubiger sein Ziel weiter, den amtsgerichtlichen [X.] zu beseitigen. 2 I[X.] Das [X.] hat die Erstbeschwerde in entsprechender Anwendung von § 78 Abs. 2 Satz 2 [X.] für zulässig erachtet und ein Stimmverbot gegen den Gläubiger bejaht, der selbst den Auftrag der Gläubigerversammlung zur Anfechtung gemäß § 313 Abs. 2 Satz 3 [X.] erstrebe. 3 Die Rechtsbeschwerde ist demgegenüber der Ansicht, die Erstbe-schwerde sei bereits in unmittelbarer Anwendung von § 78 Abs. 2 Satz 2 [X.] statthaft, weil die Missachtung eines Stimmverbots in der [X.] kein Nichtigkeits-, sondern allenfalls ein [X.]ussaufhebungsgrund sein könne. Folge man dem nicht, so handele es sich um eine gesetzesfremde Ent-scheidung des Insolvenzgerichts, gegen welche nach den Grundsätzen des [X.]usses vom 4. März 2004 ([X.], 212) die außerordentliche Be-schwerde eröffnet sein müsse. Die Stimmberechtigung in der [X.] - 4 - sammlung sei in dieser vom Insolvenzgericht festzustellen, wogegen nur nach § 18 Abs. 3 Satz 2 [X.] der [X.] angerufen werden könne.
II[X.] Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft. Die Befugnis zur Rechtsbe-schwerde setzt voraus, dass bereits die Erstbeschwerde statthaft war ([X.], 78, 82 ff; [X.], [X.]. v. 23. Oktober 2008 - [X.] ZR 235/06, [X.], 2428 f Rn. 5; v. 31. März 2009 - [X.] ZB 77/09 - Z[X.] 2009, 1221 Rn. 5). Daran fehlt es. 5 1. Die angefochtene Feststellung des Insolvenzgerichts über die Nichtig-keit des in der Gläubigerversammlung gefassten [X.]usses unterliegt gemäß § 6 Abs. 1 [X.] keiner Beschwerde. 6 Entgegen dem von der Rechtsbeschwerde vertretenen Standpunkt hat das Insolvenzgericht keine [X.]ussaufhebung nach § 78 [X.] ausgespro-chen. Dem steht sowohl seine [X.]ussformel entgegen, welche nur die Nich-tigkeit des von der Gläubigerversammlung beschlossenen Auftrags an den [X.] Gläubiger feststellt, als auch der in den Gründen [X.] ausschließlich deklaratorische Charakter des Ausspruchs. Dieser entspricht sachlich dem Antrag des [X.]n Gläubigers, welcher von der Nichtigkeit des gefassten [X.]usses ausgeht. 7 Die Rechtsbeschwerde wird ferner nicht dadurch statthaft, dass, wie sie annimmt, die behauptete Verletzung des Stimmverbots durch den antragstel-lenden Gläubiger allenfalls ein Aufhebungsgrund sein könne. Denn damit eröff-8 - 5 - net sich keine Beschwerde nach § 78 Abs. 2 [X.]. [X.] einer Entscheidung richtet sich nach ihrem tatsächlichen und nicht nach einem gedachten Inhalt, der im Einklang mit der jeweiligen Verfahrensordnung steht. Durch § 78 Abs. 1 [X.] ist die [X.]ussaufhebung zudem nur für den bezeichneten Inhaltsmangel vorgesehen. Die Vorschrift und die bei einem [X.] aufgehobenen [X.]uss der Gläubigerversammlung gemäß § 78 Abs. 2 Satz 2 [X.] eröffneten Rechtsmittel beziehen sich deshalb nicht auf Mängel des [X.]ussverfahrens, wie sie hier geltend gemacht werden. 9 Über die Hilfsbegründung des [X.]n Gläubigers, welche sich auf die erkennbare Aussichtslosigkeit der vom antragstellenden Gläubiger beab-sichtigten Insolvenzanfechtungen stützt, woraus sich ein Widerspruch des [X.] zu den gemeinsamen Interessen der Insolvenzgläubiger (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 12. Juni 2008 - [X.] ZB 220/07, [X.], 1384, 1385 Rn. 9) und damit ein Aufhebungsgrund gemäß § 78 Abs. 1 [X.] ergeben kann, hat das Insolvenzgericht nicht entschieden und hatte dazu nach seinem rechtli-chen Ausgangspunkt auch keinen Anlass. Eine Zurückverweisung der Sache zur Entscheidung über den Hilfsantrag kommt nicht in Betracht, schon weil der [X.] Gläubiger in der Versammlung den nach § 78 Abs. 1 [X.] voraus-gesetzten Antrag nicht gestellt hat und er demzufolge mit einem etwaigen [X.] ausgeschlossen ist. 10 2. Die Statthaftigkeit der hier eingelegten Rechtsmittel lässt sich schließ-lich nicht mit der Rechtsbeschwerde daraus herleiten, dass bei [X.] Entscheidungen des Insolvenzgerichts, die schwerwiegende Grund-rechtseingriffe bewirken oder gestatten, nach den Grundsätzen des [X.] vom 4. März 2004 ([X.], 212) eine außerordentliche [X.] - 6 - schwerde in Betracht kommt, die durch das Enumerationsprinzip des § 6 Abs. 1 [X.] nicht gehindert wird. Hier hätte der [X.] Gläubiger gegen die Zulassung des antrag-stellenden Gläubigers zur Abstimmung, die ihn beschwerte, vor Beendigung der Versammlung richterliche Entscheidung gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 [X.] bean-tragen können (vgl. auch [X.], [X.]. v. 23. Oktober 2008 - [X.] ZB 235/06, [X.], 2428, 2429 Rn. 8). Das hat er versäumt. Nachträglich hätte der über-stimmte Gläubiger allenfalls im Wege des Rechtsstreits gegen den antragstel-lenden Gläubiger vorgehen können, dessen Beauftragung mit eigener Stimme er die Wirkung absprechen wollte (vgl. [X.], [X.] 13. Aufl. § 77 Rn. 11). Indem statt dessen die Rechtspflegerin des Insolvenzgerichts antragsgemäß im Nachhinein die Nichtigkeit des Auftrags der Gläubigerversammlung zur Insol-venzanfechtung festgestellt hat, ist in einem gesetzesfremden Verfahren die Entscheidung eines Rechtsstreits durch ein nach Art. 97 GG absolut unzustän-diges Rechtspflegeorgan ergangen. Diese Entscheidung ist nichtig. 12 Gleichwohl bedarf es keiner außerordentlichen Beschwerde, um nach den Grundsätzen des Senatsbeschlusses vom 4. März 2004 (aaO) dem [X.] Gläubiger effektiven Rechtsschutz gegen einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff zu gewähren. Ein solcher Eingriff liegt nicht vor. Neben der hier versäumten Rechtspflegererinnerung gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 [X.] konnte der [X.] jederzeit seine Rechte aus § 313 Abs. 2 Satz 1 [X.] als gesetzlicher Prozessstandschafter verfolgen. Wollte er später einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 313 Abs. 2 Satz 4 [X.] gegen die Masse geltend machen, war gegenüber dem Treuhänder die Wirksamkeit des [X.] der Gläubigerversammlung neu zu beurteilen. Bei beste-hendem Feststellungsinteresse konnte er die Wirksamkeit des ihm mit eigener 13 - 7 - Stimme erteilten [X.] gegenüber dem Treuhänder und dem widersprechenden Gläubiger im Streitverfahren auch selbständig gerichtlich klären lassen. [X.] [X.]

Pape [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.08.2007 - 3 [X.] 781/06 - [X.], Entscheidung vom 19.10.2007 - 3 T 2396/07 -

Meta

IX ZB 223/07

20.05.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 223/07 (REWIS RS 2010, 6470)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6470

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