Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2020, Az. 5 StR 595/19

5. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11805

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:030320B5[X.]TR595.19.0

BUN[X.][X.]GERICHT[X.]HOF
BE[X.]CHLU[X.][X.]

5 [X.]tR 595/19
vom
3. März 2020
in der [X.]trafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt

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2
-
Der 5. [X.]trafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 3. März 2020 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b [X.]tPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten [X.].

gegen das Urteil des [X.] vom 26. Juni 2019 wird
a)
das Verfahren, soweit es ihn betrifft, in den Fällen 1 bis 8 sowie 15 der Urteilsgründe zu V.3. eingestellt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen dieses Angeklagten der [X.]taatskasse zur Last;
b)
das Urteil im [X.]chuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte des Vorenthaltens und Veruntreuens von [X.] in sieben Fällen schuldig ist,
c)
der Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche Entscheidung über die Gesamtstrafe gemäß §§ 460, 462 [X.]tPO zu treffen ist, und
d)
der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Tat-erträgen aufgehoben; die Anordnung entfällt.
2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten [X.].

und die Revisionen der Angeklagten [X.]

und P.

wer-den verworfen.
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3
-
3.
Die Angeklagten [X.]

und P.

haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. Die Entscheidung über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten [X.].

bleibt dem für das Nachverfahren nach den §§ 460, 462 [X.]tPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und von der ein Monat wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als voll-streckt erklärt; daneben hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von [X.] in Höhe von 8.500 Euro angeordnet. Den Angeklagten [X.].

hat es wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt; daneben hat es gegen ihn die [X.] in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten P.

hat es wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von [X.] in 34
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verur-teilt und davon
einen Monat wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt; daneben hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.446.026,40 Euro angeordnet. Dagegen wenden sich die [X.] mit ihren auf [X.] der Verletzung materiellen Rechts gestütz-ten Revisionen. Das Rechtsmittel des Angeklagten [X.].

hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind seine Revision und 1
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die Rechtsmittel der Angeklagten P.

und [X.]

im [X.]inne von § 349 Abs. 2 [X.]tPO unbegründet.
1. Der [X.]enat stellt das Verfahren, soweit es sich gegen den Angeklagten [X.].

richtet, auf Antrag des [X.] in den Fällen 1 bis
8 sowie 15 der Urteilsgründe zu V.3. gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 [X.]tPO aus prozessökonomischen Gründen ein.
Dieser Angeklagte war nach den Feststellungen vom 3. Juli 2012 bis zum 14. August 2014 als [X.]trohmanngeschäftsführer eingesetzt. Eine verjäh-rungsunterbrechende Maßnahme lag bei ihm erst am 26. März 2018 mit dem Erlass eines Haftbefehls vor. Ginge man von
der vom [X.]enat geteilten (vgl. [X.] vom 6.
Februar 2020

5 ARs 1/20) Rechtsauffassung aus, die dem [X.] des 1. [X.]trafsenats vom 13. November 2019 zum [X.] bei § 266a Abs. 1 [X.]tGB zugrunde liegt (1 [X.]tR 58/19), begänne die Verjährung jeder Tat mit dem Verstreichen des Fälligkeitszeitpunktes für
jeden Beitragsmonat (§ 23 Abs.
1 [X.]). Nach dieser Ansicht wären die Taten in den Fällen 1 bis
8 verjährt. Hinsichtlich der Beiträge zur Berufsgenossenschaft (Tat 15) käme als Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Verjährungsfrage ge-mäß § 23 Abs. 3 [X.] der Erlass eines Beitragsbescheides in Betracht, so-weit der

tatsächlich Arbeitsentgelte gemeldet wurden ([X.]); dies-bezüglich lassen die Feststellungen eine eindeutige Klärung nicht zu.
2. Die Teileinstellung des Verfahrens hat in Bezug auf den Angeklagten [X.].

die Änderung des [X.]chuldspruchs, den Wegfall der verhängten [X.] sowie die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge. Insoweit weist der [X.]enat entsprechend § 354 Abs. 1b [X.]tPO die Entscheidung über den [X.] dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 [X.]tPO zu.
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3. Betreffend den Angeklagten [X.].

hat der Ausspruch über die [X.] keinen Bestand. Wie der [X.] in [X.] Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, erhielt dieser Angeklagte sein ein-seiner Bestellung zum ([X.]trohmann-)Geschäftsführer seinen gesetzlichen Pflich-ten nicht nachkam und [X.]ozialversicherungsbeiträge vorenthielt, sondern für sein Auftreten unter falschem Namen anlässlich eines Notarbesuchs und damit für eine den verfahrensgegenständlichen Taten vorausgegangene Urkundenfäl-schung. Für eine demnach allenfalls in
Betracht kommende selbständige Ein-ziehung nach §
76a Abs. 1 [X.]atz 1 i.V.m.
§ 73 Abs. 1 Alt. 2, §
73c [X.]atz 1 [X.]tGB ist der nach §
435 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]tPO erforderliche gesonderte Antrag nicht gestellt worden, so dass es insoweit an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Dezember 2018

5 [X.]tR 541/18).
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisions-rechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der
[X.]enat:
Die Feststellungen des [X.]s tragen auch eine vorsätzliche [X.] durch die Angeklagten [X.]

und [X.].

. Das [X.] hat festgestellt, dass die Angeklagten zu den jeweiligen Zeiträumen
auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechungsänderung zum Bezugspunkt des Vorsatzes bei
§ 266a [X.]tGB ([X.], Beschluss vom 24. [X.]eptember 2019

1 [X.]tR 346/18, NJW 2019, 3532, 3533; Urteil vom 8. Januar 2020

5 [X.]tR 122/19) ein Tatbestandsirrtum dieser Angeklagten nicht in Betracht.
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Überdies gehen die hierauf abzielenden Revisionsangriffe der Angeklag-ten [X.]

und [X.].

schon im Ausgangspunkt fehl. Denn die Entschei-dung des 1. [X.]trafsenats ([X.], Beschluss vom 24. [X.]eptember 2019

1 [X.]tR 346/18, aaO) bezog sich auf einen Einzelunternehmer (differenzierend daher auch [X.], Urteil
vom 8. Januar 2020

5 [X.]tR 122/19). Der formelle
Geschäftsführer, der einen faktischen neben sich gewähren lässt, ist nach der Rechtsprechung aber wie ein Delegierender zu behandeln ([X.], Beschluss vom 28. Mai 2002

5 [X.]tR 16/02, [X.][X.]t 47, 318, 325). Hinsichtlich des die operativen [X.] wahrnehmenden faktischen Geschäftsfüh-rers treffen ihn infolgedessen Überwachungspflichten, die er insbesondere dann verletzt, wenn er Anhaltspunkte für dessen Fehlverhalten hatte und nichts un-ternimmt, wobei sich diese Verdachtsmomente nicht unmittelbar auf die Verlet-zung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten zu beziehen brauchen. Dies [X.] seinen Vorsatz ([X.], Urteil vom 8. Januar 2020

5 [X.]tR 122/19; [X.]
vom 28. Mai 2002

5 [X.]tR 16/02, aaO).

Auch insoweit tragen die Feststellungen des [X.]s den [X.]chuld-spruch. Denn es hat unter anderem festgestellt, dass der Angeklagte [X.]

wusste, nur als [X.]trohmann zu fungieren und er es für sehr wahrscheinlich hielt, dass der Angeklagte P.

über die [X.]

B.

GmbH in erheblichem Um-ler Geschäftsführer keinerlei Kontrolle ausübte. Hinsichtlich des Angeklagten [X.].

hat es unter anderem festgestellt, dass er seinen Pflichten als [X.] nicht nachkommen wollte und gleichsam damit rechnete, dass mit seiner Bestellung als formeller Geschäftsführer, zumal unter Verwendung einer Aliaspersonalie, die [X.]

B.

GmbH in der Folge keine [X.]ozialversicherungs-beiträge abführen würde.
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Diese Feststellungen beruhen schließlich auf einer [X.] Beweiswürdigung. Insbesondere hat das [X.] aus einer Reihe tragfähi-ger Indizien (u.a. Umstände der Zahlung der [X.], Firmie-rung der GmbH am [X.] des Angeklagten [X.]

, Zeichnung der Blankobarschecks, Anwerbung als Firmenbestatter und Auftreten unter falschem Namen) auf das Bewusstsein der Angeklagten [X.]

und [X.].

hinsichtlich der für eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung des Angeklagten P.

sprechenden Umstände geschlossen.
Mutzbauer

Berger

Mosbacher

Köhler

Resch

Vorinstanz:
[X.], [X.], 26.06.2019 -
246 [X.] (536 KLs) (1/19)
11

Meta

5 StR 595/19

03.03.2020

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2020, Az. 5 StR 595/19 (REWIS RS 2020, 11805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11805

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5 StR 595/19

5 ARs 1/20

1 StR 58/19

1 StR 346/18

5 StR 122/19

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