Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.06.2011, Az. 1 StR 122/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5901

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung: Schuldfähigkeitsprüfung wegen Spielsucht


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. September 2010 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des [X.] bemerkt der Senat:

1. Soweit zwei Beschwerdeführer die "inflationäre Verwendung" des Begriffs "Kumpane" [X.], ist es zwar zutreffend, dass die Begründung eines Urteils - schriftlich wie mündlich - sachlich sein soll (vgl. [X.], Beschluss vom 11. August 1999 - 3 [X.], [X.], 293). [X.], persönlich gefärbte Ausführungen zur Persönlichkeit eines Angeklagten sind ebenso untunlich wie "romanhafte Ausführungen" (vgl. [X.], Beschluss vom 7. November 2001 - 2 [X.], [X.], 303; [X.], Beschluss vom 9. Juli 1998 - 4 [X.], [X.], 261). Aus den Urteilsgründen ist jedoch hinreichend erkennbar, dass die [X.] den Begriff "Kumpan" (der dem altfranzösischen Begriff "compain" für "Genosse" entlehnt ist, vgl. [X.], Herkunftswörterbuch, 4. Aufl. 2007) hier wertungsfrei im Sinne von "Tatgenossen" und synonym zu den - sachlich zutreffenden - Begriffen "Mittäter" bzw. "Mitglied einer Bande" verwendet. Es ist deshalb nicht zu besorgen, die [X.] habe sich bei der Verhängung der Strafen rechtsfehlerhaft von sachfremden Erwägungen leiten lassen.

2. Rechtsfehlerfrei hat die [X.] einen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens abgelehnt. Mit Blick auf den Gesetzeswortlaut der §§ 20, 21 StGB wären auch umfangreiche Ausführungen in den Urteilsgründen zu der insoweit von einem Angeklagten geltend gemachten "Spielsucht" (vgl. dazu z.B. [X.], Beschluss vom 12. Januar 2005 - 2 [X.], [X.], 281; [X.], Beschluss vom 25. November 2004 - 5 [X.], [X.], 207; [X.], Beschluss vom 18. Mai 1994 - 5 StR 78/94, [X.], 501) nicht veranlasst gewesen, denn es ist fernliegend, dass sich diese "bei der Begehung der Tat" - hier einer Steuerhinterziehung - ausgewirkt haben könnte. Zutreffend führt der [X.] aus:

"Beeinträchtigungen der psychischen Funktionsfähigkeit des Angeklagten sind im Rahmen der §§ 20, 21 StGB nur insoweit von Belang, als sie sich auf seine Handlungsfähigkeiten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt haben [X.], StGB, 58. Aufl., § 20 Rn. 44). Bei den hier begangenen Steuerhinterziehungen lässt sich ein solcher Einfluss einer etwaigen Spielsucht von vornherein ausschließen. Denn Gegenstand dieser Taten war auch nach der Einlassung des Angeklagten (vgl. [X.]) nicht, dem Angeklagten kurzfristig zusätzliche Mittel zur Fortsetzung des Spielens zu verschaffen (vgl. zu diesem Kriterium [X.], [X.], 501); dazu waren sie ungeeignet. Vielmehr bestand der [X.] darin, längerfristig Gewinne auf Kosten des [X.] zu machen. Soweit die kriminellen Handlungen des Angeklagten aber schon nach dem [X.] unabhängig von einer etwaigen Suchtbeeinflussung begangen wurden, brauchte die [X.] der Frage, ob eine solche Sucht besteht, nicht nachzugehen."

Die Ausführungen der [X.] waren auch nicht mit Blick auf § 267 StPO geboten. Die schriftlichen Urteilsgründe dienen weder der Darstellung eines bis in verästelte Einzelheiten aufzuarbeitenden "[X.]" noch der Nacherzählung des Ablaufs der Ermittlungen oder der Dokumentation des Inhalts der Beweisaufnahme, sondern sie sollen dem Leser die wesentlichen, die Entscheidung tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen erkennen lassen ([X.], Beschluss vom 3. Februar 2009 - 1 [X.], [X.], 183; [X.], Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 [X.], [X.], 720; [X.], Beschluss vom 23. April 1998 - 4 StR 106/98, [X.], 277; [X.] in [X.], § 267 Rn. 20).

Nack                         Wahl                  Hebenstreit

             [X.]

Meta

1 StR 122/11

08.06.2011

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 3. September 2010, Az: XX, Urteil

§ 370 AO, § 20 StGB, § 21 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.06.2011, Az. 1 StR 122/11 (REWIS RS 2011, 5901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5901

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Referenzen
Wird zitiert von

5 StR 377/13

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1 StR 45/11

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5 StR 32/11

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