Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.06.2018, Az. I ZB 61/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7368

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:210618BIZB61.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]/17
vom
21. Juni 2018
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

#darferdas?
Richtlinie 2008/95/[X.]. 3 Abs. 1 Buchst. b
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung von Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b der Richtlinie 2008/95/[X.] und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (ABl.
Nr.
L
299 vom 8.
November 2008, S.
25) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Hat ein Zeichen Unterscheidungskraft, wenn es praktisch bedeutsame und nahelie-gende Möglichkeiten gibt, es für die Waren oder Dienstleistungen als Herkunftshin-weis zu verwenden, auch wenn es sich dabei nicht um die wahrscheinlichste Form
der Verwendung des Zeichens handelt?
[X.], Beschluss vom 21. Juni 2018 -
I [X.]/17 -
[X.]

-
2
-

Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 21. Juni
2018 durch [X.]
Dr.
Koch, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
[X.], [X.] und die Richterin Dr.
Schmaltz

beschlossen:

[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung von Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b der Richtlinie 2008/95/[X.] des [X.] und des Rates vom
22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (ABl.
Nr.
L
299 vom 8.
November 2008, S.
25) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Hat ein Zeichen Unterscheidungskraft, wenn es praktisch be-deutsame und naheliegende Möglichkeiten
gibt, es
für die Wa-ren oder Dienstleistungen als Herkunftshinweis zu verwenden, auch wenn es sich dabei nicht um die wahrscheinlichste Form der Verwendung des Zeichens handelt?
-
3
-

Gründe:
[X.] Die Markenstelle des Deutschen Patent-
und Markenamts hat die [X.] der Wortmarke
#darferdas?
-
soweit noch von Bedeutung -
für folgende
Waren
der Klasse 25
Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopfbedeckungen
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Beschwerde der Anmelderin ist ohne Erfolg geblieben ([X.], Beschluss vom 3.
Mai 2017

27
W(pat) 551/16, juris). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie
ihr Eintragungsbegehren weiter.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, der angemeldeten
Wort-marke fehle für die genannten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von §
8 Abs.
2 Nr.
1 [X.]. Dazu hat es ausgeführt:
Bei
dem reinen Wortbestandteil des angemeldeten Zeichens handele es sich um eine in [X.] gehaltene unmittelbar verständliche Frage, die mit dem Fragezeichen entsprechend kenntlich gemacht sei. Die nicht regel-gerechte
Zusammenschreibung der Wörter und Kleinschreibung des ersten Buchstabes sei ein in der Werbung nicht unübliches
stilistisches
Mittel, das zu-dem
bei der Formulierung als Hashtag weit verbreitet
sei. Bei der Beurteilung des angegriffenen Zeichens in seiner Gesamtheit werde der angesprochene Verkehr das vorangestellte [X.] "#"
als Hinweis darauf verstehen, dass es um die schlagwortartige Bezeichnung eines Diskussionsthemas zu der Frage "Darf er das?" gehe. Dem Zeichen könne zwar weder ein beschreibender Gehalt noch
ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren entnommen werden. Es handele sich jedoch um eine aus gebräuchlichen Wör-1
2
3
-
4
-

tern
der [X.] zusammengesetzte Zeichenfolge, die vom ange-sprochenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde.
Das gelte auch und gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren "Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopfbede-ckungen". Diese seien oftmals mit "Fun-Sprüchen"
oder bekenntnishaften [X.] versehen. Bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich um eine derartige "Botschaft nach außen". Deshalb sei eine Verwendung der Zeichen-folge als deutlich sichtbarer Schriftzug
auf der Vorderseite oder der Rückseite von
Bekleidungsstücken
wie T-Shirts oder als erkennbarer Schriftzug auf Kopf-bedeckungen oder Schuhwaren und somit als Motiv die
wahrscheinlichste und zugleich eine praktisch
bedeutsame Verwendungsform der Zeichenfolge. Auf ebenfalls denkbare, aber weniger wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame anderweitige Verwendungen
des angemeldeten Zeichens, bei-spielsweise auf dem
Etikett eines Kleidungsstücks, komme es nicht an.
Bei
der im Vordergrund
stehenden Verwendungsform als "Botschaft nach außen"
ver-stünden die angesprochenen [X.]e das angemeldete Zeichen dahin-gehend, dass dieses zu Überlegungen oder Diskussionen zum Thema "Darf er das?" anregen möchte. Dem
stehe nicht entgegen, dass [X.] ursprünglich aus dem Bereich der [X.] Medien stammten. Denn sie würden
auch
im analogen Bereich und insbesondere
in dekorativer Form auf Bekleidungsstü-cken
verwendet und seien so bereits im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens verwendet worden. Der angesprochene Verkehr sehe
in einem gut sichtbaren Aufdruck der Zeichenfolge "#darferdas?" auf Bekleidungsstücken, Kopfbede-ckungen
oder Schuhen lediglich ein Gestaltungsmittel und keinen Herkunfts-hinweis.
4
-
5
-

II[X.] Der Erfolg der Rechtsbeschwerde hängt davon ab, ob Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b der Richtlinie 2008/95/[X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken ([X.]) dahin auszulegen ist, dass ein
Zeichen Unterscheidungskraft hat, wenn es praktisch bedeutsame und nahelie-gende Möglichkeiten
gibt, es
für die Waren oder Dienstleistungen als [X.] zu verwenden, auch wenn es sich dabei nicht um die wahrschein-lichste Form der Verwendung des Zeichens handelt. Diese Frage lässt sich un-ter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] nicht zweifelsfrei beantworten. Vor der Entscheidung über die Rechtsbe-schwerde ist das Verfahren deshalb auszusetzen und diese
Frage gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV
dem
Gerichtshof der [X.]
zur Vorabentscheidung vorzulegen.
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sind Marken, denen für die Waren oder
Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, von der Eintragung ausgeschlossen. Diese Vorschrift setzt Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b [X.] ins nationale Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b [X.] sind Marken, die keine Unterscheidungskraft ha-ben, von der Eintragung ausgeschlossen.
2. Unterscheidungskraft im Sinne von Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b [X.] und §
8
Abs.
2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Haupt-funktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (zu Art. 7 Abs. 1 Buchst. b [X.] vgl. [X.], Urteil vom 21.
Januar 2010 -
C-398/08, [X.], 228 Rn. 33 = 5
6
7
-
6
-

[X.], 364 -
Audi [Vorsprung durch Technik]; [X.], Beschluss vom 17.
Oktober 2013 -
I [X.], [X.], 376 Rn.
11 = [X.], 449 -
grill [X.]; Beschluss vom 10.
Juli 2014
I
ZB 81/13, [X.], 173 Rn.
13 = [X.], 195 -
for you; Beschluss vom 21.
Juli 2016 -
I
ZB 52/15, [X.]Z 211, 268 Rn.
13 -
Sparkassen-Rot).
Keine Unterscheidungskraft haben Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleis-tungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei [X.] beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittel-bar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen her-gestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarhei-ten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Her-kunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (vgl. [X.], [X.] vom 15.
Mai
2014
-
I ZB 29/13, [X.], 1204
Rn.
12
= [X.], 1462
-
DüsseldorfCongress, mwN). Keine Unterscheidungskraft haben ferner Marken, die aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen und die vom angesprochenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
Februar 2014 -
I [X.], [X.], 569 Rn.
26 = [X.], 573 -
HOT, mwN).
8
-
7
-

3. Das [X.] hat angenommen, nach diesen Grundsätzen habe die angemeldete Marke "#darferdas?"
keine Unterscheidungskraft, weil es sich dabei um eine aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] zu-sammengesetzte Zeichenfolge handele, die vom angesprochenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde.
a) Die Rechtsbeschwerde wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme
des [X.]s, bei der angemeldeten Wortmarke "#darferdas?"
handele sich um eine aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] zu-sammengesetzte Zeichenfolge.
aa) Das [X.] hat angenommen, bei dem reinen Wortbe-standteil des angemeldeten Zeichens handele es sich um eine in [X.] gehaltene unmittelbar verständliche Frage, die mit dem Fragezeichen entsprechend kenntlich gemacht sei. Die nicht regelgerechte Zusammenschrei-bung der Wörter und Kleinschreibung des ersten Buchstabes sei ein in der Werbung nicht unübliches stilistisches Mittel, das zudem bei der Formulierung als Hashtag weit verbreitet sei. Bei der Beurteilung des angegriffenen Zeichens in seiner Gesamtheit werde der angesprochene Verkehr das vorangestellte [X.] "#"
als Hinweis darauf verstehen, dass
es um die schlagwortarti-ge Bezeichnung eines Diskussionsthemas zu der Frage "Darf er das?" gehe.
[X.]) Die Rechtsbeschwerde rügt, die zusammenhängende Zeichenfolge ergebe entgegen der Auffassung des [X.]s kein gebräuchli-ches Wort und erst recht keine verständliche Frage. Ein [X.] zu Be-ginn einer Frage sei völlig unüblich. Es handele sich auch nicht um einen
Hash-tag, da Satzzeichen nicht Bestandteil eines [X.] sein könnten. Bei einer Gesamtbetrachtung verfremde das [X.] zusammen mit der Klein-
und Zusammenschreibung die Frage "Darf er das?" derart, dass der angesprochene [X.] die Zeichenfolge nicht als Frage auffasse.
9
10
11
12
-
8
-

[X.]) Mit dieser Rüge kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.
Sie ersetzt damit lediglich
die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene
Sichtwei-se, ohne einen Rechtsfehler des [X.]s aufzuzeigen.
(1) Das [X.] hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der angesprochene Verkehr in dem angemeldeten Zeichen eine Wortfolge er-kennt. Nach den Feststellungen des [X.]s ist die
Klein-
und Zusammenschreibung von Wortfolgen nach einem
[X.]
weit verbrei-tet. Zur Begründung seiner Auffassung hat das [X.] auf bereits im Anmeldezeitpunkt bekannte [X.] wie #aufschrei, #blacklivesmatter oder #jesuischarlie
verwiesen.
Es hat weiter angenommen die angesprochenen [X.]skreise könnten die kurze, ihrerseits aus nur drei ebenfalls kurzen Wörtern bestehende Zeichenfolge unschwer auf einen Blick erfassen. Weiter hat es
festgestellt,
dass [X.] -
was die Rechtsbeschwerde
nicht in Zweifel zieht
-
Begriffe oder Wortfolgen
sind, die als Schlagworte oder zur Benennung von Diskussionsthemen insbesondere in [X.] Medien wie [X.] dienen und auf weitere Beiträge zu diesem Schlagwort verweisen
oder verlinken. Durch die häufige Verwendung von
[X.] in der Werbung und in [X.] Medien sind die angesprochenen [X.]e nach den Feststellungen des Bundespa-tentgerichts daran gewöhnt, klein-
und
zusammengeschriebene Wortfolgen

selbst in Fremdsprachen -
zu erfassen und gedanklich zu trennen. Insofern trägt das [X.] zur Verständlichkeit der Wortfolge bei und ist dieser, anders als die Rechtsbeschwerde meint, nicht abträglich. Der Verkehr erwartet nach einem [X.]
eine zusammengeschriebene Phrase und stellt sich deshalb bereits im Vorhinein auf die notwendige gedankliche Trennung ein.

(2) Das [X.] hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Wortfolge
wegen des Fragezeichens an ihrem Ende auf einen Blick als Frage erfasst
wird. Es hat insofern auf das korrekte Satzzeichen, die zutreffen-13
14
15
-
9
-

de grammatikalische Syntax und die wenigen und kurzen Worte verwiesen. Das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ändert das vorangestellte [X.] daran nichts. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass
die angemeldete Wortfolge kei-nen Hashtag im eigentlichen,
technischen Sinne darstellt;
ein solcher scheidet bereits deswegen aus, weil bei der Verwendung auf Bekleidungsstücken die einem digitalen Hashtag innewohnende Verlinkung nicht gegeben ist.
Dass
bei
der
Verwendung in digitalen Medien ein Fragezeichen nicht Bestandteil eines [X.] sein kann, ist deshalb nicht von Bedeutung. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass die angesprochenen [X.]e bei einem
[X.], mit dem sie sowohl in [X.] Medien als auch in klassischen Medien ständig konfrontiert
sind,
ein
Schlagwort oder ein
aktuelles
Diskussionsthema
erwarten
(vgl. Bingener/[X.], [X.] 2018, 185, 188). Ein solches Thema kann auch mit
einer Frage angesprochen werden.
b) Die Rechtsbeschwerde wendet sich
ferner
gegen die Annahme des [X.]s, die angemeldete Marke werde vom angesprochenen Verkehr stets nur als eine aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] zusammengesetzte Zeichenfolge und nicht als Unterscheidungsmittel verstan-den.
aa) Das [X.] hat angenommen, im Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft sei auf die [X.] Verwendungsform des Zeichens abzustellen. Auf ebenfalls denk-bare -
aber weniger wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame -
anderweitige Verwendungen komme es nicht an. In Bezug auf die hier in Rede stehenden Waren sei eine Verwendung der Zeichenfolge als deutlich sichtbarer Schriftzug auf der Vorderseite oder Rückseite von Bekleidungsstücken wie [X.] oder als erkennbarer Schriftzug auf Kopfbedeckungen oder Schuhwa-16
17
-
10
-

ren die wahrscheinlichste und zugleich eine praktisch bedeutsame Verwen-dungsform. Eine anderweitige Verwendung des Zeichens für diese Waren, bei-spielsweise auf dem Etikett eines Kleidungsstücks, sei zwar ebenfalls denkbar, aber weniger wahrscheinlich und auch praktisch nicht so
bedeutsam. Bei der im Vordergrund
stehenden Verwendungsform als "Botschaft nach außen"
verstün-den die angesprochenen [X.]e das Zeichen als Anregung zu Überle-gungen oder Diskussionen zum Thema "Darf er das?". In einem gut sichtbaren Aufdruck der Zeichenfolge "#darferdas?" auf Bekleidungsstücken, Kopfbede-ckungen oder Schuhen sehe der angesprochene Verkehr lediglich ein Gestal-tungsmittel und keinen Herkunftshinweis.
[X.]) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Waren-sektor abzustellen ist
(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Juli 2004 -
I [X.], [X.], 865, 866 [juris Rn.
36
f.] = WRP 2004, 1281 -
Mustang). Hierzu rechnet die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden, und insbesondere die Stelle, an der sie [X.] werden ([X.], Beschluss vom 24. April 2008 -
I [X.], [X.], 1093 Rn. 22 = [X.], 1428 -
Marlene-Dietrich-Bildnis I).
Im Bekleidungs-sektor findet der Verkehr in unterschiedlicher Größe angebrachte Aufdrucke markenrechtlich geschützter Zeichen auf Bekleidungsstücken vor (vgl. [X.], Urteil vom 10.
November 2016 -
I [X.], [X.], 730 Rn.
22 = [X.], 811 -
Sierpinski-Dreieck, mwN). Die Antwort auf die Frage, ob der [X.] ein auf einem Bekleidungsstück angebrachtes Zeichen
als Hinweis auf die
Herkunft des Bekleidungsstücks oder als bloßes dekoratives Element
auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens
variieren. Bei Bildern, Mo-tiven, Symbolen und Wörtern, die auf der Vorderseite oder der
Rückseite
von Bekleidungsstücken angebracht sind, geht der Verkehr nicht generell davon 18
-
11
-

aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis; ob
dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Januar 2010

I
ZR
92/08, [X.], 838 Rn. 20 = [X.], 1043

[X.]; Urteil vom 14. Januar 2010 -
I [X.]/08,
juris Rn.
20

[X.]; [X.], [X.], 730 Rn.
22 -
Sierpinski-Dreieck). Dagegen wird der Verkehr in Zeichen, die sich auf eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Beklei-dungsstücken befinden, regelmäßig einen Herkunftshinweis sehen (vgl. [X.], [X.], 1093 Rn.
22 -
Marlene-Dietrich-Bildnis I; [X.], 730 Rn.
22 -
Sierpinski-Dreieck; vgl. auch [X.], Beschluss vom 8.
März 2012 -
I
ZB 13/11, [X.], 1044 Rn.
20 = [X.], 1398 -
Neuschwanstein).
[X.]) Das [X.] hat angenommen, im Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft sei auf die [X.] Verwendungsform des Zeichens abzustellen. Auf ebenfalls denk-bare -
aber weniger wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame -
anderweitige Verwendungen komme es nicht an. Es ist fraglich, ob diese Auf-fassung zutrifft. Nach Ansicht des Senats ist nur dann allein auf die wahrschein-lichste Verwendungsform des Zeichens abzustellen, wenn andere mögliche Verwendungsformen des Zeichens nicht praktisch bedeutsam oder nicht nahe-liegend sind.
(1) Der Gerichtshof der [X.] hat für eine Bildmarke aus-gesprochen, dass Art.
7 Abs.
1 Buchst.
b [X.]/[X.] keine Verpflichtung ent-nommen werden kann, im Eintragungsverfahren die Prüfung der Unterschei-dungskraft auf andere Verwendungen der angemeldeten Marke zu erstrecken als diejenige, die die prüfende Stelle mit Hilfe ihrer Sachkunde auf diesem Ge-biet als die wahrscheinlichste erkennt ([X.], Beschluss vom 26.
April 2012

C-307/11, [X.], 519 Rn.
55 -
[X.] [umsäumter Winkel]).
Die Auslegung von Art.
7 Abs.
1 Buchst.
b [X.]/[X.] durch den Gerichtshof der 19
20
-
12
-

[X.] ist auch für die Auslegung von §
8 Abs.
2 Nr.
1 [X.] maßgeblich. Das in §
8 Abs.
2 Nr. 1 [X.] geregelte absolute [X.] der mangelnden Unterscheidungskraft ist zwingend von Art.
3 Abs.
1 Buchst.
b [X.] vorgegeben und deshalb richtlinienkonform auszulegen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 12. Aufl., Einl. Rn.
23). Die Richtlinienvorschrift entspricht Art.
7 Abs.
1 Buchst.
b [X.]/[X.]. Auch wenn es sich beim nationalen Markenrecht und dem [X.]smarkenrecht um voneinan-der unabhängige Rechtssysteme handelt, kann bei der Anwendung des auf der Markenrichtlinie beruhenden Markengesetzes auf Erkenntnisse
zum [X.]s-markenrecht zurückgegriffen werden (vgl. [X.], Urteil vom 16.
September 2015 -
C-215/14, [X.], 1198 Rn.
45 = [X.], 1455

[X.]/[X.]]; [X.], Urteil vom 27.
März 2013 -
I [X.], [X.], 631 Rn. 23 = [X.], 778 -
AMARULA/Marulablu; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering aaO Einl.
Rn.
36).
(2) Nach der Rechtsprechung des [X.] muss im [X.] für die Annahme der Unterscheidungskraft nicht jede denkbare Verwendung des Zeichens markenmäßig sein. Es genügt, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es Schutz beansprucht, so zu [X.], dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
September 2000 -
I [X.], [X.], 240, 242

SWISS-ARMY; [X.], [X.], 193 Rn.
22 -
Marlene-Dietrich-Bildnis
I; [X.], Beschluss vom 31.
März 2010 -
I
ZB 62/09, [X.]Z 185, 152 Rn.
21

Marlene-Dietrich-Bildnis
II; Beschluss vom 24.
Juni 2010 -
I [X.], [X.], 1100 Rn.
28 -
TOOOR!; [X.], [X.], 1044 Rn.
20 -
Neuschwan-stein). Nach Ansicht des Senats steht diese Rechtsprechung mit den vorge-nannten Ausführungen des Gerichtshofs der [X.] in der Ent-scheidung "[X.]"
in Einklang. Diese Ausführungen sind nach [X.]
-
13
-

sung des Senats dahin zu verstehen, dass bei der Beurteilung
der Unterschei-dungskraft die
Prüfung nur dann auf die wahrscheinlichste Verwendungsform
zu beschränken
ist, wenn die übrigen in Betracht kommenden Verwendungs-formen nicht
praktisch bedeutsam
oder naheliegend sind (vgl. [X.], [X.], 1204 Rn.
21 -
DüsseldorfCongress; vgl. [X.], [X.] 2012, 455, 458). Es ist nicht gerechtfertigt, einer Marke die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft zu versagen, wenn es praktisch bedeutsame oder nahe-liegende Möglichkeiten gibt, die Marke als Herkunftshinweis für die beanspruch-ten Waren
oder Dienstleistungen zu verwenden.
(3) Die Frage ist entscheidungserheblich.
Das [X.] hat angenommen, in Bezug auf die hier in [X.] stehenden Waren sei eine Verwendung der Zeichenfolge als deutlich sicht-barer Schriftzug auf der Vorderseite oder Rückseite von Bekleidungsstücken wie T-Shirts oder als erkennbarer Schriftzug auf Kopfbedeckungen oder Schuh-waren die wahrscheinlichste und zugleich
eine
praktisch bedeutsame Verwen-dungsform. Eine anderweitige Verwendung des Zeichens für diese Waren, bei-spielsweise auf dem Etikett eines Kleidungsstücks, sei zwar ebenfalls denkbar, aber weniger wahrscheinlich und auch praktisch nicht so bedeutsam. Bei der im Vordergrund
stehenden Verwendungsform als "Botschaft nach außen"
verstün-den die angesprochenen [X.]e das Zeichen als Anregung zu Überle-gungen oder Diskussionen zum Thema "Darf er das?". In einem gut sichtbaren Aufdruck der Zeichenfolge "#darferdas?" auf Bekleidungsstücken, Kopfbede-ckungen oder Schuhen sehe der angesprochene Verkehr lediglich ein Gestal-tungsmittel und keinen Herkunftshinweis.
22
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-
14
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Die Rechtsbeschwerde macht zwar ohne Erfolg geltend, eine dekorative Verwendung sei weder die wahrscheinlichste noch eine praktisch bedeutsame oder naheliegende Verwendung des Zeichens. Bei Bekleidungsstücken liege es vielmehr nahe, dass eine eingetragene Marke zumindest auch auf Einnähetiket-ten verwendet werde. Selbst bei einer Verwendung als Schriftzug auf Klei-dungsstücken könne das Zeichen auf die betriebliche Herkunft hinweisen, weil es sich dabei nicht um einen "[X.]" oder eine andere bekenntnishafte Aussage handele. Damit ersetzt
die Rechtsbeschwerde erneut die tatrichterli-che Beurteilung durch ihre eigene, ohne einen Rechtsfehler des Bundespatent-gerichts aufzuzeigen.
Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist aber mangels abweichender Feststellungen des [X.]s zugunsten der Anmelderin davon auszugehen, dass es neben einer dekorativen Verwendung auch andere prak-tisch bedeutsame
und naheliegende Möglichkeiten einer Verwendung des [X.] für die hier in Rede stehenden Waren, beispielsweise auf dem Etikett eines Kleidungsstücks, gibt. Dem steht nicht entgegen, dass nach den Feststel-lungen des [X.]s eine solche Verwendung im Verhältnis zu einer Verwendung etwa
als Schriftzug auf der Vorderseite eines Kleidungs-stücks weniger wahrscheinlich und auch praktisch nicht so bedeutsam und na-heliegend ist. Sind der Prüfung der Unterscheidungskraft sämtliche praktisch
24
25
-
15
-

bedeutsamen
oder naheliegenden
Verwendungsformen des Zeichens zugrunde zu legen, kann dem angemeldeten Zeichen nach den bisherigen Feststellungen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Koch
Löffler
[X.]

[X.]
Schmaltz
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 03.05.2017 -
27 W(pat) 551/16 -

Meta

I ZB 61/17

21.06.2018

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.06.2018, Az. I ZB 61/17 (REWIS RS 2018, 7368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7368

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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I ZB 61/17

I ZB 11/13

I ZB 29/13

I ZB 3/13

I ZR 191/15

I ZR 82/08

I ZR 100/11

I ZB 115/08

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