29. Senat | REWIS RS 2022, 873
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Markenbeschwerdesache – "Spross (Wortzeichen)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2018 237 887.4
hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 7. März 2022 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des [X.] vom 21. März 2019 wird aufgehoben.
[X.].
Die [X.] hat am 12. Dezember 2018 die Bezeichnung
Spross
zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister angemeldet für die Waren der
[X.]: Bekleidung für [X.], Herren und Kinder; Bekleidung für Kinder; Bekleidungsstücke.
Zur Begründung ist ausgeführt, der angemeldete Begriff „Spross“ mit der Bedeutung „Erbe, Kind, Nachkomme, [X.]“ bringe lediglich zum Ausdruck, dass es sich bei dem Träger der beanspruchten Bekleidungswaren mit der Aufschrift „Spross“ eben um ein Kind, einen Nachkommen bzw. einen [X.] handele. Der Ausdruck „Spross“ sei ein Begriff mit einer unmittelbar verständlichen, plausiblen Aussage über den Träger bzw. ein Statement des Trägers der beanspruchten Waren. [X.]m Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren werde der angesprochene [X.] diesen Begriff stets nur als solchen, als sogenannte „Botschaft nach außen“, als „Funwort“ bzw. Statement verstehen und ihn somit als bloßes Mittel der Warengestaltung auffassen.
[X.]m Rahmen der stetig zunehmenden Personalisierung in der Konsumgüterindustrie habe sich in den letzten Jahren der Trend der (personifizierten) Slogan-Mode und damit der Mode als alltäglichem Kommunikationsmittel etabliert. Dieser Trend existiere bereits seit 1980er Jahren und habe sich immer weitreichender durchgesetzt. Der Verkehr begegne derartigen Fun- und [X.], [X.] und Fun-Sprüchen als Ausdruck persönlicher Gefühle und Empfindungen in vielfältiger Weise, insbesondere als Beschriftung bzw. Schriftzug auf den verschiedensten Waren wie Bekleidungsstücken. Der Erwerb entsprechend gestalteter Waren beruhe maßgeblich auf deren Eignung als Gesinnungs- und Kommunikationsmittel, also dem jeweiligen Fun-Wort/Statement auf der Ware und seiner Eignung, die Gefühle bzw. das (ironische, witzige) Statement des Trägers zum Ausdruck zu bringen, und nicht auf einer irgendwie gearteten Vorstellung über die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen.
Aufgrund des dargelegten Sinngehalts des Begriffs „Spross“ stelle die Anbringung der Bezeichnung „Spross“ als deutlich sichtbarer Schriftzug auf der Vorder- oder auch der Rückseite der beanspruchten Waren und somit als Motiv die wahrscheinlichste und zugleich die praktisch bedeutsamste Verwendungsform des angemeldeten Ausdrucks dar. Auf ebenfalls denkbare – aber weniger wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame – anderweitige Verwendungen des angemeldeten Zeichens, beispielsweise in [X.] oder [X.], sei nicht abzustellen. Diese seien vorliegend auch wenig naheliegend, da der Verbraucher bei Begriffen mit plausibler Themenangabe bzw. einer Aussage über die Träger aufgrund der ständigen Konfrontation mit „Statementbekleidung“ keinen Herkunftshinweis für damit gekennzeichnete Waren erwarte. Durch einen gut sichtbaren Aufdruck des angemeldeten Zeichens „Spross“ auf den vorgenannten Waren in der Art eines Motivs solle lediglich die Aufmerksamkeit des Endverbrauchers geweckt und dessen Kaufanreiz gefördert werden, sodass der angesprochene Verkehr in diesem lediglich ein Gestaltungsmittel und keinen Herkunftshinweis erblicke. Dem Zeichen fehle daher hinsichtlich der beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft.
Hiergegen richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für [X.] vom 21. März 2019 aufzuheben.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die angemeldete Bezeichnung „Spross“ sei unterscheidungskräftig, da sie weder unmittelbar beschreibend sei, noch ein beschreibender Bezug zu den Waren aus [X.] bestehe. Das Zeichen sei vor diesem Hintergrund aufgrund seiner Originalität geeignet, vom Verkehr als herkunftsbezogener Hinweis wahrgenommen zu werden. Es handele sich bei der angemeldeten Wortmarke auch nicht um ein gebräuchliches Wort der Alltagssprache, das von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zeitpunkt der Anmeldung nur als solches aufgefasst werde. Der Begriff sei kein „Trendwort“ bei der großformatigen Beschriftung von Bekleidungsstücken. Das [X.] stütze seine gegenteilige Auffassung auf nur einen einzigen „Fund“ je eines [X.]s und eines Baby-Bodys mit der Aufschrift „Spross“ (inklusive kleiner [X.]en) im [X.]. Eine über einen gewissen Zeitraum bereits zu beobachtende, statistisch erfassbare Entwicklungstendenz vermöge dies jedoch nicht zu begründen. Es handele sich bei dem Begriff „Spross“ somit nicht um ein dem Verkehr geläufiges „Funwort", dem dieser einen eindeutigen Bedeutungsgehalt bei der großformatigen Verwendung auf Kleidungsstücken entnehmen würde. Die Wortmarke weise – anders als die Begriffe „Baby", [X.]", „Mama" – keinen eindeutigen Bedeutungsgehalt auf, sondern habe vielmehr die Bedeutungen „Nachkomme; Pflanzentrieb; [X.]: Teil des Geweihs" und sei somit mehrdeutig. Auch bei einer Google-Suche erhalte man in erster Linie Ergebnisse zu der Bedeutung „Pflanzentrieb“. [X.] verbinde der Verkehr mit Natur, Frühling und frischem pflanzlichem Grün, so dass einer Aufschrift „Spross" entgegen der Auffassung des [X.] keinesfalls eindeutig eine Bedeutung als Statement, Bekenntnis bzw. Botschaft an die Umwelt zukomme. Durch die [X.] werde zudem in dem von dem [X.] vorgelegten einzigen Nachweis eines Bekleidungsaufdrucks mit dem Wort „Spross" auf die Bedeutung des Wortes im Sinne von „Pflanzentrieb“ Bezug genommen. Die Aufschrift „Spross“ sei des Weiteren auch auf einem [X.] nachweisbar, bei dem eine Botschaft mit der Bedeutung „Nachkomme, Kind“ nicht plausibel sei. Die Wortmarke weiche daher von dem, was in der Bekleidungsbranche als aufgedrucktes Statement, Bekenntnis bzw. als Botschaft an die Umwelt üblich sei, ab. Der Verkehr nehme die Wortmarke entgegen der Ansicht des [X.] – selbst bei einem großformatigen Aufdruck auf Bekleidungsstücken – nicht im Sinne einer Botschaft/eines Bekenntnisses mit Blick auf die Eigenschaft eines menschlichen [X.]s wahr und dementsprechend auch nicht lediglich als Gestaltungsmittel, sondern als Herkunftshinweis.
Das angemeldete Zeichen wurde mit Veröffentlichungsdatum 18. Juni 2021 auf den Beschwerdeführer umgeschrieben. Dieser hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Oktober 2021 erklärt, das Verfahren zu übernehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
[X.].
Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.] statthafte und gem. § 66 Abs. 2 [X.] fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens „Spross“ als Marke steht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht entgegen, so dass der angegriffene Beschluss der Markenstelle aufzuheben war.
[X.]. [X.]m Laufe des Beschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht ([X.], 411 Rn. 8 - #darferdas? [X.]). Die [X.] der fehlenden Unterscheidungskraft aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und des [X.] aus Art. 3 Abs. Buchst. [X.] 2008/95/[X.] ([X.]) finden sich nun in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und [X.] ([X.]) 2015/2436 ([X.]) und werden unverändert umgesetzt durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.].
[X.]. Der Beschwerdeführer hat das Verfahren als Rechtsnachfolger der ursprünglichen Anmelderin mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Oktober 2021 gem. § 28 Abs. 2 S. 1, [X.] [X.] übernommen.
[X.][X.]. Dem angemeldeten Zeichen fehlt nicht die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft.
1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 411 Rn. 10 – #darferdas? [X.]; [X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66
– [X.]/[X.] [[X.]ROHYPO]; [X.] 2016, 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] 2018, 301 Rn. 15– [X.]; [X.], 934 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – [X.]).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] 2013,1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 1194 Rn. 20 – AS/[X.] [#darferdas?]; [X.], 411 Rn. 24 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird ([X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.] 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? [X.]). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht ([X.] 2018, 301 Rn. 15 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]). Ferner kommt die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.], 411 Rn. 11 – #darferdas? [X.]; [X.], 934 Rn. 12– [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 26– [X.]; [X.], 640 Rn. 13 – hey!).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten Zeichen „Spross“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
a) Die beanspruchten Waren der Klasse der [X.] wenden sich an die allgemeinen Verkehrskreise, insbesondere den Handel sowie den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher.
b) Dem [X.] Wort „Spross“ kommen in erster Linie die Bedeutungen „[junger] Trieb einer Pflanze; Schössling“ sowie „Nachkomme, Abkömmling, besonders [X.] [aus vornehmer, adliger Familie]“ zu (vgl. [X.] unter https://www.duden.de/rechtschreibung/Spross). Zudem wird mit dem Begriff in der [X.] das Ende des [X.] unterhalb der Krone bezeichnet ([X.]). Schließlich kann die Verwendung von „Spross“ als (Nach)Name nachgewiesen werden (vgl. https://de.namespedia.com/ details/Spross).
c) Unter Zugrundelegung dieser Bedeutungen hat das angemeldete Zeichen keinen die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt. Auch ein enger beschreibender Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren ist nicht anzunehmen. Dem angemeldeten Zeichen fehlt die Unterscheidungskraft schließlich auch nicht deshalb, weil es sich um ein gebräuchliches Wort handelt, das von den angesprochenen Verkehrskreisen stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.
Dies gilt in Bezug auf alle vorgenannten Bedeutungen des angemeldeten Wortzeichens, insbesondere die im allgemeinen Sprachgebrauch einschlägigen Verwendungen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit dem Wort „Spross“ in der Bedeutung „Sprössling, junger Pflanzentrieb“ im Zusammenhang mit den in [X.] beanspruchten Waren „Bekleidung für [X.], Herren und Kinder; Bekleidung für Kinder; Bekleidungsstücke“ ein beschreibender Sinngehalt zukommen sollte. [X.]nsbesondere wird durch die Bezeichnung kein Bezug zu einer bestimmten Pflanzenart, die das Material der Bekleidungsstücke beschreiben könnte, hergestellt. Entsprechendes gilt auch bei Zugrundelegung der weiteren Bedeutung „Nachkomme, Abkömmling, [X.]“. Aus dieser ergibt sich insbesondere nicht, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung als Bestimmungsangabe verstehen in dem Sinne, dass es sich um Kleidung für „Nachkommen“ handele. Zwar stellt der Hinweis auf „Kinderkleidung“ eine übliche Verwendungs- oder Bestimmungsangabe von Bekleidungsstücken dar. Auch handelt es sich bei Nachkommen, Abkömmlingen bzw. Söhnen um jemandes Kind. Als „Spross“ kann aber auch ein erwachsener Abkömmling bezeichnet werden, weshalb der Begriff schon deshalb als Bestimmungsangabe für Kinderkleidung nicht in Betracht kommt. Der [X.] konnte bei seiner Recherche derartige beschreibende Verwendungen des [X.] im hier relevanten Warensektor und für den maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung nicht ermitteln. Er hat lediglich eine einzige Verwendung in einem aktuellen [X.]nternetauftritt eines Kaufhauses (https://www.galeria.de/Jungen/G10029/?start=0&sz=24) festgestellt, die für einen eindeutigen Nachweis nicht ausreichend sein dürfte (vgl. [X.], [X.], 72, 73 – smartbook).
Selbst wenn das Wort „Spross“ in der Bedeutung „Nachkomme, Abkömmling, [X.]“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen gewisse Assoziationen zu dem Wort „Kind/Kinder“ als üblicher Bestimmungsangabe auf dem Warengebiet der Bekleidung hervorrufen sollte, führt dies nicht zur Schutzunfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung. Denn der Umstand, dass eine Marke als sprechendes Zeichen beschreibende Anklänge aufweist, steht der Annahme von Unterscheidungskraft nicht entgegen (vgl. [X.] 2018, 301 Rn. 18 – [X.]; [X.], Beschluss vom 06.08.2019, 29 W (pat) 593/17 - DES[X.]GNDSCHUNGEL). Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagegehalt der Marke muss vielmehr so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise, die die Marke so wahrnehmen, wie sie ihnen entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen, unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist (vgl. [X.] 2012, 270 Rn. 12 – Link economy). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ergibt sich schließlich entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht daraus, dass die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise in der Bezeichnung „Spross“ lediglich eine übliche „Botschaft nach außen“ bzw. ein Statement des Trägers der beanspruchten Waren sehen, das sie lediglich als solche(s) und nicht als Unterscheidungsmittel auffassen. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass sie in der Bezeichnung lediglich einen (beschreibenden) Hinweis auf das Motiv der Waren – und zwar ein Motiv in Form des Begriffs „Spross“ in der Bedeutung „Nachkomme, Abkömmling“ oder in Form einer bildlichen Darstellung eines [X.]s – sehen.
Ob der angesprochene Verkehr und insbesondere der Durchschnittsverbraucher ein (Wort-)Zeichen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft oder lediglich als dekoratives Element bzw. als Botschaft [X.] Kommunikation wahrnimmt, kann von der tatsächlichen Verwendungsform des Zeichens abhängen. Nach dem aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des [X.] ergangenen Urteil des Gerichtshofs der [X.] muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher [X.] der angemeldeten Marke, geprüft werden ([X.], [X.], 1194 Rn. 33 - AS/[X.] [#darferdas?]). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere [X.] praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen [X.] berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann ([X.], a. a. [X.], Rn. 25 - AS/[X.] [#darferdas?]). Bei der Beurteilung der zu berücksichtigenden Verwendungsformen sind die einschlägigen Kennzeichnungsgewohnheiten maßgeblich, wobei es auf die Art und Weise ankommt, in der Kennzeichnungsmittel bei den einschlägigen Waren/Dienstleistungen üblicherweise verwendet werden, insbesondere wo solche Kennzeichen angebracht werden ([X.] in [X.]/[X.]/ Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rn. 166).
Wie die Markenstelle zutreffend ausführt, ist es im hier relevanten Warengebiet der Bekleidung und daher auch im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren „Bekleidung für [X.], Herren und Kinder; Bekleidung für Kinder; Bekleidungsstücke“ bereits seit vielen Jahren üblich, Fun- und [X.], [X.] und Fun-Sprüche als Ausdruck persönlicher Bekenntnisse als gut sichtbare Beschriftung auf Bekleidungsstücken anzubringen. Ob eine (möglicherweise für die Unterscheidungskraft sprechende) Anbringung der Marke auf dem Etikett oder eine (die Schutzfähigkeit eher ausschließende) auffällige Platzierung an der Vorder- oder Rückseite von Bekleidungsstücken zu erwarten ist, hängt in erster Linie von dem Zeichen selbst ab.
Bei der Bezeichnung „Spross“ mit ihren oben dargelegten Bedeutungen kann jedoch gerade nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise in dieser eine Beschreibung eines Motivs oder aber ein Statement sehen, das sie lediglich als solches und nicht als Herkunftshinweis auffassen. Der Begriff „Spross“ – auch in der Bedeutung „[X.], [X.], [X.]“ – stellt keine übliche oder auf Anhieb verständliche Botschaft des Trägers eines Bekleidungsstücks dar, bei der von einer Platzierung als gut sichtbarer Schriftzug auf der Kleidung auszugehen ist. Schon das Fehlen entsprechender Verwendungsnachweise zeigt, dass es sich um keinen üblichen, vielfach verwendeten Begriff handelt. Es ist bereits fraglich, ob für die angesprochenen Verkehrskreise bei einer Wahrnehmung des Wortes „Spross“ im hier relevanten Warenzusammenhang ohne Weiteres klar ist, ob mit dem Wort „Spross“, das im allgemeinen Sprachgebrauch deutlich weniger häufig verwendet wird als die im Beanstandungsbescheid als „vergleichbar“ genannten Bezeichnungen „Baby“, [X.]“, „Mama“, „Bruder“ etc., ein Abkömmling oder aber ein Pflanzenspross gemeint sein soll. Auch bei einem Verständnis im Sinne von „Abkömmling, Nachkomme“ ergibt sich hieraus nicht ohne interpretierenden Gedankengang der mögliche [X.]nhalt einer von dem Träger des Kleidungsstücks intendierten Aussage. Dementsprechend konnte der [X.] auch keine ausreichend relevante Verwendung dieses Begriffs in Form eines gut sichtbaren Aufdrucks auf der Vorder- oder Rückseite von Bekleidungsstücken recherchieren. Die Markenstelle hat ihrem Beanstandungsbescheid insoweit lediglich Ausdrucke von der [X.]nternetseite www.spreadshirt.de beigefügt, auf der die Verwendung auf einem einzigen [X.] sowie zwei Baby-Bodys ersichtlich ist. [X.]nsgesamt konnten damit keine ausreichenden Tatsachen ermittelt werden, aufgrund derer angenommen werden kann, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Bezeichnung „Spross“ lediglich einen Hinweis auf ein solches Motiv bzw. Statement des Trägers eines Bekleidungsstücks sehen.
Da in Bezug auf die angemeldete Bezeichnung „Spross“ somit nicht festgestellt werden konnte, dass es sich um eine bekenntnishafte Aussage handelt, die von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als solche verstanden wird und bei der andere [X.] möglicherweise als praktisch nicht bedeutsam oder wenig wahrscheinlich nicht zu berücksichtigen sind, ist bei der Prüfung der Unterscheidungskraft vielmehr auch eine Anbringung des angemeldeten Zeichens in einem Etikett eines Bekleidungsstücks zu berücksichtigen. Für die angesprochenen Verkehrskreise gibt – und gab es im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung - jedoch keine Veranlassung, den Begriff „Spross“ auf den vorgenannten Etiketten, auf [X.] oder Ähnlichem im [X.] nicht als Herkunftshinweis zu sehen.
Dem Anmeldezeichen kann nach alledem die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren der [X.] nicht abgesprochen werden.
[X.][X.]. Weitere Schutzhindernisse waren nicht Gegenstand des angegriffenen Beschlusses und sind daher auch nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Nur ergänzend sei daher festgehalten, dass wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der beanspruchten Waren auch ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht erkennbar ist.
Meta
07.03.2022
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.03.2022, Az. 29 W (pat) 544/19 (REWIS RS 2022, 873)
Papierfundstellen: REWIS RS 2022, 873
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
29 W (pat) 537/20 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – „#darferdas?“ – Unterscheidungskraft- kein Freihaltungsbedürfnis
29 W (pat) 53/20 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – „OpenDress“ – Unterscheidungskraft- kein Freihaltungsbedürfnis
29 W (pat) 574/20 (Bundespatentgericht)
29 W (pat) 533/19 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "MELA" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
27 W (pat) 50/18 (Bundespatentgericht)