Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2000, Az. 4 StR 211/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1839

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[X.] StR 211/00vom27. Juni 2000in der [X.] Totschlags u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 27. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 4StPO beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 1999 mit den Feststellungenaufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurge-richt zuständige [X.] des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags [X.] mit gefährlicher Körperverletzung in jeweils zwei Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seinerRevision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg; einer Erörterung [X.] bedarf es daher nicht.Nach den Feststellungen stach der Angeklagte, der sich in einem Zu-stand hochgradiger affektiver Erregung befand, mit bedingtem Tötungsvorsatzseiner Ehefrau auf dem Flur "dreimal mit dem Küchenmesser in den Bauchbe-reich" ([X.]). Danach begab er sich zurück in die Wohnung, wo er der [X.] Ehefrau befreundeten [X.]- ebenfalls mit bedingtem Tö-- 3 -tungsvorsatz - insgesamt fünf Messerstiche in den Bauch- und [X.] in den Arm versetzte. Anschließend ließ er von Frau [X.]ab und verließdie Wohnung. Frau [X.]flüchtete daraufhin - wie bereits zuvor schon die Ehe-frau des Angeklagten - zu einer Nachbarin.Das [X.] hat jeweils einen strafbefreienden Rücktritt vom [X.] verneint und hierzu [X.] hatte der Angeklagte in beiden Fällen mit bedingtem [X.] gehandelt. Es liegt daher nahe, daß er auch nach den jeweilsletzten [X.] der Auffassung war, daß sich der Todeserfolgohne gegenkausale Rettungsaktivität realisieren würde. Einen Hinweis darauf,daß der Angeklagte nach der Tatausführung zutreffende Vorstellungen von [X.] hatte, ergibt der Umstand, daß er den eintreffenden Polizei-beamten mitteilte, daß seine Ehefrau Messerstichverletzungen habe und daßer zugestochen habe. Damit handelte es sich jeweils um einen beendeten [X.]. Ein Rücktritt durch bloßes Nichtstun war jeweils nicht mehr [X.] 18/19).Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft. Für die Abgrenzung des un[X.] vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen strafbefrei-enden Rücktritts kommt es darauf an, ob der Täter nach der letzten von [X.] vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestands-mäßigen Erfolgs für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nurTröndle/[X.] 49. Aufl. § 24 Rdn. 4 a mit zahlreichen Nachweisen).Dies hat die [X.] zwar im Ansatz nicht verkannt. Die von ihr herange-zogenen Gesichtspunkte sind jedoch nicht geeignet, die Annahme eines [X.] Versuchs zu rechtfertigen: Daß der Angeklagte mit (bedingtem) Tötungs-vorsatz gehandelt hat, ist Voraussetzung für die Strafbarkeit wegen des [X.] -suchten Tötungsdeliktes; für die Frage der Vorstellungen des [X.] über dieMöglichkeit des Erfolgseintritts nach der letzten Ausführungshandlung [X.] aber nichts. Die Äußerung des Angeklagten gegenüber den [X.], seine Frau habe Messerstichverletzungen, gibt für die Auffas-sung des [X.] ebenfalls nichts her. Sie könnte im Gegenteil sogar [X.] dafür gewertet werden, daß der Angeklagte in bezug auf seine Ehefraugerade nicht mit der Möglichkeit des Eintritts des Todes gerechnet hat.Die Annahme eines beendeten Versuchs wird auch nicht von den Fest-stellungen getragen. Das Urteil verhält sich insbesondere nicht zu dem äuße-ren Erscheinungsbild und zu dem Verhalten der Geschädigten jeweils nachdem zuletzt geführten Messerstich. Es bleibt daher offen, ob für den - währendder Tatausführung hochgradig erregten - Angeklagten zu diesem Zeitpunkt ei-ne lebensgefährliche Wirkung der Messerstiche erkennbar war (vgl. [X.] § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 17). Entsprechender Darlegun-gen hätte es hier um so mehr bedurft, als jedenfalls die Verletzungen der Ehe-frau des Angeklagten nicht konkret lebensbedrohend waren und beide Opfernach der Tat aus [X.] fliehen konnten. Auch dafür, daß sich der Ange-klagte nach den letzten [X.] keine Vorstellungen über [X.] seines Tuns gemacht hat mit der Konsequenz, daß ein beendeter [X.] anzunehmen wäre (BGHSt 40, 304 ff), geben die bisherigen [X.] keinen hinreichenden Anhalt.- 5 -Der aufgezeigte Mangel zwingt auch zur Aufhebung der für sich [X.] rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilungen wegen tateinheitlich [X.] gefährlicher Körperverletzung (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1;Kuckein in KK 4. Aufl. § 353 Rdn. 12).Meyer-Goßner [X.] KuckeinSolinErnemann

Meta

4 StR 211/00

27.06.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2000, Az. 4 StR 211/00 (REWIS RS 2000, 1839)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1839

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