Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.04.2011, Az. 2 WNB 2/11

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2011, 7805

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verhängungsverbot für einfache Disziplinarmaßnahmen, Fristbeginn bei Dauerdelikten


Leitsatz

Bei einem Dauerdelikt - hier: Speicherung privater Daten auf dienstlichem PC - beginnt die Frist des § 17 Abs. 2 WDO (WDO 2002) erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes.

Gründe

1

Die statthafte, fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Sache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 [X.]) nicht zu.

2

Nach der Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des [X.] sind an die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 22a Abs. 2 [X.] dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie von den Revisionssenaten des [X.] in ständiger Rechtsprechung für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO gestellt werden (vgl. Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - BVerwG 1 [X.] 1.09 - [X.] 450.1 § 22a [X.] Nr. 1 = [X.], 258 und zuletzt vom 31. März 2011 - BVerwG 2 [X.] 1.11 -). Danach ist eine Rechtssache nur dann grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 22a Abs. 2 Nr. 1 [X.] und des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn in dem angestrebten [X.] bzw. Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage zu erwarten ist. Dabei ist eine Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich auch ohne Durchführung eines [X.] oder Revisionsverfahrens auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und der vorliegenden Literatur ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. Beschlüsse vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 [X.] - [X.] 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 2, vom 22. Dezember 1994 - BVerwG 4 [X.] - [X.] 11 Art. 28 GG Nr. 102 und vom 26. Januar 2011 - BVerwG 2 [X.] 9.10 - ; [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.], VwGO, Stand Mai 2010, § 132 Rn. 37).

3

Die Beschwerde bezeichnet die Frage als grundsätzlich bedeutsam, ob

sich bei unzulässigem Speichern privater Dateien auf dienstlichen Rechnern die [X.] gemäß § 17 Abs. 2 [X.] nach dem Zeitpunkt des Aufspielens oder nach dem späteren Zeitpunkt, zu dem die Speicherung entdeckt wurde, richtet.

4

Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens. Vielmehr lässt sie sich anhand der Auslegung des Gesetzestextes und der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur ohne Weiteres beantworten.

5

Nach § 17 Abs. 2 [X.] darf eine einfache Disziplinarmaßnahme nicht mehr verhängt werden, wenn seit einem Dienstvergehen sechs Monate verstrichen sind. Die Frist beginnt mit der Beendigung des Dienstvergehens ([X.], [X.], 5. Aufl. 2009, § 17 Rn. 10). Die im vorliegenden Verfahren angegriffene [X.], die der Kommandeur des ...[X.] ... am 16. Februar 2010 verhängt hat, beruht auf dem Vorwurf, der frühere Soldat habe entgegen den [X.] in der [X.] und entgegen dem [X.] des ...[X.] ... eine größere Zahl privater Dateien auf zwei dienstlichen Arbeitsplatzrechnern in der ...Kaserne gespeichert gehabt, wobei dies bei einer [X.] am 19. August 2009 entdeckt worden sei.

6

Das dem früheren Soldaten zur Last gelegte Dienstvergehen besteht demnach nicht nur darin, dass er die privaten Dateien - nach seinen Angaben am 10. August 2009 - auf die dienstlichen Rechner geladen hat, sondern (auch), dass er diese Dateien dort gespeichert hat. Die Speicherung der Daten auf dem dienstlichen Rechner stellt ein [X.]erdelikt dar, das erst mit der Löschung der Daten beendet wird (vgl. [X.] a.a.[X.]; [X.], Beschluss vom 26. Juni 1973 - [X.] - [X.] 1973, 237 und zur Verjährung von Straftaten: [X.], StGB, 58. Aufl. 2011, § 78a Rn. 12 m.w.N.). Die Ansicht der Beschwerde, es liege kein [X.]erdelikt vor, wird nicht weiter begründet. Sie vermag auch nicht zu überzeugen.

7

Im Unterschied zu einem sogenannten Zustandsdelikt (z.B. Körperverletzung; vgl. [X.] a.a.[X.] Rn. 58 vor § 52), bei dem der vom Täter geschaffene Zustand möglicherweise über einen längeren Zeitraum andauert, von ihm aber nicht mehr beseitigt werden kann, kann bei einem [X.]erdelikt (z.B. unerlaubte Abwesenheit vom Dienst, Freiheitsberaubung) der rechtswidrige Zustand regelmäßig durch den Täter selbst beendet werden (Rückkehr zum Dienst, Freilassung der festgehaltenen Person; vgl. Urteil vom 27. November 1969 - BVerwG 3 D 26.68 - BVerwGE 43, 30; [X.], Urteil vom 22. Februar 2006 - 5St [X.] Rn. 14). Dies gilt auch für die rechtswidrige Speicherung von Daten in einem [X.]. Der frühere Soldat hätte den Zustand durch Löschung der Daten jederzeit beenden können. Dass er im vorliegenden Fall möglicherweise durch Ortsabwesenheit (Urlaub) tatsächlich keinen Zugriff auf die gespeicherten Daten mehr hatte, vermag an der Einordnung der Pflichtverletzung als [X.]erdelikt nichts zu ändern.

8

Die Frist des § 17 Abs. 2 [X.] begann daher erst mit der Beendigung der Speicherung, hier also mit der Entdeckung der gespeicherten Daten bei der [X.] am 19. August 2009 zu laufen. Im Übrigen wäre es für den Fristbeginn auf die Entdeckung des Dienstvergehens nicht angekommen, wenn die Speicherung bereits früher, z.B. durch den früheren Soldaten, beendet worden wäre (vgl. auch [X.], a.a.[X.]).

Meta

2 WNB 2/11

07.04.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WNB

vorgehend Truppendienstgericht Nord, 10. November 2010, Az: N 4 BLc 4/10

§ 17 Abs 2 WDO 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.04.2011, Az. 2 WNB 2/11 (REWIS RS 2011, 7805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7805

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 WNB 1/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde gegen Durchsuchung eines Dienstlaptops


2 WNB 7/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Wehrbeschwerdeverfahren; Abhilfe; Besetzung des Truppendienstgerichts


2 WNB 5/22 (Bundesverwaltungsgericht)


1 WNB 3/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Rechtliches Gehör; Überraschungsentscheidung; Divergenz


2 WRB 3/12, 2 WRB 4/12, 2 WRB 5/12, 2 WRB 3/12, 2 WRB 4/12, 2 WRB 5/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Zustellung von Beschlüssen der Wehrdienstgerichte; Regelung der Haar- und Barttracht; Unverbindlichkeit eines militärischen Befehls; Vermeidbarkeit …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.