Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2015, Az. V ZR 145/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7584

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR 145/14
Verkündet am:
24. Juli 2015
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.]s hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und [X.]
Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Mai
2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen die [X.] zu 1 bis 3 und 5 gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 10. Dezember 1999 kauften die Klägerin und ihr Ehemann von den [X.] zu 4 und 5 eine Eigentumswohnung zum Preis von 315.000 DM. Die [X.] wurde ausgeschlossen.
Die Wohnung gehört zu einer Ende der sechziger Jahre errichteten Wohnanlage, die von der aus den [X.] zu 4 und 5 bestehende Gesell-1
2
-
3
-

schaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden S. GbR)
in
Kenntnis der Asbesthal-tigkeit der Gebäude erworben wurde. Nachdem im Juli 2010 Schäden an der Betonkonstruktion der Wohnanlage aufgetreten waren, wurden die Wohnungs-eigentümer auf der Eigentümerversammlung vom 20. Juni 2012 im [X.] ermächtigt, alle Ansprüche wegen Verschweigens von Mängeln am Ge-meinschaftseigentum gegenüber der Verkäuferin und deren Gesellschaftern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen.
Die Klägerin behauptet, bei der [X.] zu 1, deren Gesellschafter die
[X.] zu 2 und 3 seien, handele es sich um die Rechtsnachfolgerin der
[X.] Gestützt auf die weiteren Behauptungen, es liege eine erhebliche As-bestkontamination vor, die ihr und ihrem Ehemann ebenso wie die Schäden an der Betonkonstruktion bei Vertragsabschluss arglistig verschwiegen worden
seien, verlangt die Klägerin mit der am 31. Dezember 2011 eingereichten Klage die Feststellung der Schadensersatzpflicht der [X.]. Diese haben die [X.] erhoben.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das [X.] hat die Revision zugelassen, soweit die gegen die [X.] zu 1 bis 3 und 5 (im Folgenden Beklagte) gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist. Mit der im Umfang der Rechtsmittelzulassung eingelegten Revision
verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Die [X.] beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei jedenfalls mit dem Ablauf des 31. Dezember 2011 verjährt. Die am selben Tage eingereichte Klage habe nicht zu einer Hemmung 3
4
5
-
4
-

der Verjährung geführt. Zur Klageerhebung sei die Klägerin nicht befugt gewe-sen, weil es sich bei dem Anspruch um einen gemeinschaftsbezogenen im [X.] von § 10 Abs. 6 Satz
3 WEG handele. Die Klägerin sei erst in der [X.] vom 20.
Juni 2012 und damit nach [X.] -
zur Geltendmachung im eigenen Namen ermächtigt worden. Eine nachträgliche Ermächtigung entfalte aber keine Rückwirkung. Für das Werkvertragsrecht ha-be der [X.] ausgesprochen, dass bei Mängeln am [X.] die Ansprüche auf Minderung und sog. kleinen Schadenser-satz nur einheitlich und gemeinschaftlich ausgeübt werden könnten und daher einer selbstständigen
Durchsetzung durch den einzelnen Wohnungseigentümer entzogen seien. Für kaufrechtliche
Gewährleistungsansprüche gelte nichts [X.].

II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Allerdings
legt das Berufungsgericht zutreffend zugrunde, dass die geltend gemachten und am 1. Januar 2002 [X.] Schadensersatzan-sprüche
von diesem Zeitpunkt an der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen (§ 195 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). [X.] ist auch, dass die Frist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB -
da kürzer als die nach altem Recht einschlägige Verjährungsfrist
(§ 195 BGB aF) -
von dem 1. Januar 2002 an berechnet wird, jedoch für den Beginn der nunmehr re-gelmäßigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB nF) zusätzlich die subjektiven Voraus-setzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 2007 -
V [X.], [X.], 506 Rn. 8).
Da die Klägerin nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erst im Jah-6
7
-
5
-

re 2010 Kenntnis von der [X.] und von den Schäden an der Beton-konstruktion erhalten hat, ist vorliegend die kenntnisunabhängige [X.] des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB maßgeblich, die am 1. Januar 2002 begann und am 31. Dezember 2011 ablief.
2. Auch nimmt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler an, dass nur die Klage des materiell zur Rechtsausübung Berechtigten (vgl. Senat, Urteil vom 9.
November 1966 -
V [X.], [X.], 221, 229) die Verjährung hemmt und eine
nachträgliche Ermächtigung nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhe-bung zurückwirkt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Juni 2013 -
VII ZR 71/11, NZM
2013, 652 Rn. 12; [X.], Urteil vom 29. Oktober 2009 -
I [X.], NJW
2010, 2270 Rn. 38; [X.]/[X.], BGB
[2014], § 204 Rn. 7
f.).
3. [X.] ist dagegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die am 31. Dezember 2011 eingereichte Klage habe die Verjährung deshalb nicht zu hemmen vermocht, weil die Klägerin nicht zur Geltendmachung des sog. kleinen
Schadensersatzes befugt gewesen sei.
a) Richtig ist allerdings, dass Rechte auf Minderung und kleinen

Scha-densersatz wegen behebbarer Mängel am Gemeinschaftseigentum (vgl. [X.], Urteil vom 15. Februar 1990 -
VII ZR 269/88, [X.]Z 110, 258, 261, [X.] in Bärmann, WEG, 12. Aufl., [X.]. § 10 Rn. 17) jedenfalls bei dem
nach Werkver-tragsrecht zu beurteilenden Erwerb einer neu errichteten Wohnung vom [X.] als gemeinschaftsbezogen im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG qualifi-ziert werden und infolgedessen die Befugnis des einzelnen Wohnungseigentü-mers zur Geltendmachung seiner individualvertraglichen Rechte [X.] ausgeschlossen ist (vgl. [X.], Urteile vom 23. Februar 2006 -
VII ZR 84/05, [X.], 2254 Rn. 15 und
18; vom 12.
April 2007 -
VII ZR 236/05,
[X.]Z 172, 42 Rn. 19; vom 30. April 1998 -
VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968; vom 8
9
10
-
6
-

6. Juni 1991 -
VII ZR 372/89, [X.]Z 114, 383, 387; vom 10. Mai 1979
-
VII ZR 30/78, [X.]Z 74, 258, 263 ff.; zur Anwendung von Werkvertragsrecht beim Abverkauf sanierter Altbauten [X.], Urteil vom 26. April 2007
-
VII [X.], NJW 2007, 3275 Rn. 18 ff.). Solche Rechte begründen eine geborene Ausübungsbefugnis
der Wohnungseigentümergemeinschaft
([X.], Urteile vom 23. Februar 2006 -
VII ZR 84/05, [X.], 2254 Rn. 15; vom 12.
April 2007 -
VII ZR 236/05, [X.]Z 172, 42 Rn. 19); auch die Voraussetzun-gen für diese Ansprüche kann nur die Wohnungseigentümergemeinschaft schaffen ([X.], Urteil vom 23. Februar 2006 -
VII ZR 84/05, [X.], 2254 Rn. 18).
b) Der Senat hat jedoch mit Urteil vom heutigen Tage ([X.] -
zur [X.] bestimmt), auf das wegen der Begründung Bezug genommen wird, entschieden, dass allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und kleinen

Schadensersatz jedenfalls dann nicht in den Anwen-dungsbereich des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG fallen, wenn -
wie hier -
eine gebrauchte Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sach-mängel verkauft und eine Beschaffenheitsgarantie nicht vereinbart worden ist. Die Entscheidung betrifft zwar unmittelbar nur das seit der Schuldrechtsreform geltende Kaufrecht. Für das hier anwendbare alte Recht gilt aber nichts [X.], zumal dem Käufer danach -
anders als nunmehr nach §
439 BGB -
kein Anspruch auf Nacherfüllung eingeräumt war.

III.
Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, muss das Beru-fungsurteil aufgehoben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat -
von seinem rechtlichen 11
12
-
7
-

Standpunkt aus folgerichtig -
keine Feststellungen getroffen zu den geltend ge-machten Mängeln und deren arglistigem Verschweigen sowie zu der Frage, ob die Beklagte zu 1 Rechtsnachfolgerin der aus den [X.] zu 4 und 5 beste-henden Gesellschaft bürgerlichen Rechts geworden ist.

Stresemann

[X.]

Brückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.11.2012 -
29 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 07.05.2014 -
16 U 217/12 -

Meta

V ZR 145/14

24.07.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2015, Az. V ZR 145/14 (REWIS RS 2015, 7584)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7584

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 145/14 (Bundesgerichtshof)

Mangelhaftigkeit einer gekauften Eigentumswohnung: Materielle Berechtigung des Käufers zur Geltendmachung des sog. "kleinen" Schadensersatzes; Verjährungshemmung …


16 U 217/12 (Oberlandesgericht Köln)


VII ZR 171/15 (Bundesgerichtshof)

Bauträgervertrag: Anwendbarkeit von Werkvertragsrecht bei Mängeln an neu errichteten Eigentumswohnungen; Erstreckung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums …


V ZR 167/14 (Bundesgerichtshof)

Mangelhaftigkeit einer gekauften Eigentumswohnung: Verbandszuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft für die Durchsetzung von Minderungs- und Schadensersatzansprüchen


VII ZR 171/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZR 145/14

VII ZR 71/11

V ZR 167/14

16 U 217/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.