Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.10.2010, Az. I R 67/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 2278

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Gegenstand

(Keine sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Beteiligung einer Grundstücks-GmbH an vermögensverwaltender Personengesellschaft)


Leitsatz

Einer grundstücksverwaltenden GmbH, die als Komplementärin an einer ihrerseits vermögensverwaltenden KG beteiligt ist, ist nicht die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu gewähren .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die im Streitjahr 1998 eine von vier Komplementären der vermögensverwaltend tätigen, nicht [X.] von § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewerblich geprägten [X.] war. Die [X.] verwaltete und vermietete ein Bürogebäude; darüber hinausgehende Tätigkeiten übte sie nicht aus. Die Klägerin war weder zu ihrer Geschäftsführung noch zu ihrer Vertretung befugt.

2

Die von ihr beanspruchte sog. erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes ([X.]) wurde ihr vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) versagt.

3

Die Klage gegen den Bescheid über den dementsprechend festgestellten vortragsfähigen [X.] auf den 31. Dezember 1998 war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 24. Juni 2009  12 K 6154/05 B statt; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2009, 1664 abgedruckt.

4

Seine Revision stützt das [X.] auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Das [X.] hat die Voraussetzungen der sog. erweiterten Gewerbeertragskürzung zu Unrecht als gegeben erachtet.

7

1. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung gemäß Satz 1 der Vorschrift (= 1,2 v.H. des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes (Vermögensverwaltung). Zweck der sog. erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes [X.] ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (dazu grundlegend Urteil des [X.] --[X.]-- vom 18. April 2000 [X.], [X.], 100, [X.] 2001, 359, m.w.N.). Eine Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt daher die sog. erweiterte Kürzung aus.

8

2. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen werden von der Klägerin infolge ihrer Beteiligung an der [X.] nicht erfüllt.

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a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat (z.B. Urteil vom 22. Januar 1992 [X.]/90, [X.], 144, [X.] 1992, 628), verstößt das Halten einer Kommanditbeteiligung durch ein grundstücksverwaltendes Unternehmen an einer gewerblich geprägten, ebenfalls grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.]. Zum einen fehlt es an der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, weil Wirtschaftsgüter, die bürgerlich-rechtlich oder wirtschaftlich Gesamthandsvermögen einer gewerblich tätigen oder einer gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 [X.] 1997 gewerblich geprägten Personenhandelsgesellschaft sind, einkommensteuerrechtlich grundsätzlich zu deren Betriebsvermögen --und nicht zu dem ihrer Gesellschafter-- gehören. Diese Rechtslage ist auch für § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] maßgebend. Zum anderen ist das Halten der Beteiligung aber auch deswegen kürzungsschädlich, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten in § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] gehört. An dieser Rechtsprechung, der sich der [X.]. Senat des [X.] angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 2. Februar 2001 [X.] B 56/00, [X.]/NV 2001, 817; s. auch [X.]-Urteil in [X.], 100, [X.] 2001, 359), ist festzuhalten.

Davon ausgehend verhält es sich aber nicht anders, wenn die Beteiligungsgesellschaft keine i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 [X.] 1997 gewerblich geprägte Gesellschaft, sondern eine "rein" vermögensverwaltend tätige [X.] ist. Auch dann ist das Halten der Komplementärbeteiligung eine Tätigkeit, die nicht zu dem abschließenden Katalog an steuerlich unschädlichen ([X.] des [X.] gehört. Vielmehr handelt es sich bei der [X.] um eine sog. Zebragesellschaft und erwirtschaftet die Komplementär-GmbH in diesem Rahmen kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte, nicht aber --wie die [X.]-- solche aus Vermietung und Verpachtung (im Ergebnis ebenso z.B. [X.], [X.] --[X.]-- 2003, 159; [X.] in [X.], [X.], [X.], [X.], § 9 [X.] [X.]; [X.] [X.]/[X.], [X.]/[X.]/[X.], § 9 [X.] [X.] 65; wohl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 9 Nr. 1 [X.] 117 und 125, dort offenbar in Abgrenzung zur "bloßen" Kommanditbeteiligung; anders [X.] in [X.], [X.], § 9 Nr. 1 [X.] [X.] 31 a.E.). So gesehen ist die Übernahme der Komplementärstellung entgegen der Vorinstanz nicht mit der --kürzungsunschädlichen (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Januar 2006 [X.] R 60/02, [X.]E 213, 5, [X.] 2006, [X.] Gestellung von Sicherheiten im Rahmen einer Grundstücksverwaltung vergleichbar.

b) Unabhängig davon kann der von der Untergesellschaft verwaltete und genutzte Immobilienbestand auch nicht --wie aber tatbestandlich erforderlich-- als ausschließlich "eigener" Grundbesitz der [X.] zugerechnet werden. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]) ändert daran nichts. Denn bei dem von der [X.] genutzten Grundbesitz handelt es sich um deren Gesamthandsvermögen, und die bei einer sog. Zebragesellschaft vorzunehmende Einkunftsqualifikation auf [X.] führt dementsprechend dazu, dass jedenfalls bei der Klägerin teilweise von fremdem Grundbesitz ausgegangen werden muss, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen ist (s. [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Nr. 1 [X.] 117 --unter Hinweis auf [X.]-Beschluss vom 11. April 2005 GrS 2/02, [X.]E 209, 399, [X.] 2005, [X.]; [X.], [X.] 2003, 159; auch [X.], Die steuerliche Betriebsprüfung 2000, 115, 119; insoweit ablehnend z.B. Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 7. Aufl., § 9 Nr. 1 [X.] 21; [X.], Betriebs-Berater 2010, 1257). Gewerbesteuerspezifische Überlegungen im Allgemeinen und hierbei kürzungsspezifische Überlegungen im Besonderen bedingen kein anderes Verständnis; maßgeblich ist vielmehr (auch) insoweit die zivilrechtliche Grundlegung.

c) Es kann angesichts dessen dahinstehen, ob Sinn und Zweck der sog. erweiterten Kürzung das hier vertretene Rechtsverständnis erzwingen. Ausschlaggebend ist, dass das Gesetz die --verfassungsrechtlich nicht unbedingt gebotene-- Begünstigung von engen tatbestandlichen Erfordernissen abhängig macht. Sind diese nicht vollen Umfangs erfüllt, ist sie nicht zu gewähren. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich darin frei, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Vergünstigung, wie hier der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages, zu gelangen (Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2002 [X.], [X.]E 200, 54, [X.] 2003, 355).

d) Schließlich rechtfertigt auch die bisherige steuerliche Behandlung der Situation durch das [X.] in der Vergangenheit keine Klagestattgabe. [X.] entsteht dadurch in Anbetracht der Abschnittsbezogenheit auch der Gewerbesteuer nicht.

3. Die von der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung weicht von jener des erkennenden Senats ab. Ihr Urteil war aufzuheben und die Klage war abzuweisen.

Meta

I R 67/09

19.10.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 24. Juni 2009, Az: 12 K 6154/05 B, Urteil

§ 9 Nr 1 S 2 GewStG 1991, § 15 Abs 3 Nr 2 EStG 1997, § 39 Abs 2 Nr 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.10.2010, Az. I R 67/09 (REWIS RS 2010, 2278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2278

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