Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.08.2023, Az. XII ZB 470/21

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 6055

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Gegenstand

Vergütung des Berufsbetreuers: Vermittlung besonderer Fachkenntnisse durch Masterstudiengang Recht-Medizin-Ethik


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 22. September 2021 in der Fassung des [X.] vom 29. September 2021 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des [X.] vom 29. April 2021 in der Fassung des [X.] vom 31. Mai 2021 dahingehend abgeändert, dass die der weiteren Beteiligten zu 1 für ihre Tätigkeit in der [X.] vom 24. April 2020 bis 23. April 2021 von der Betroffenen zu erstattende Vergütung auf

3.414 €

festgesetzt wird.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Betreuerin) war zur beruflichen Betreuerin der Betroffenen bestellt. Sie verfügt über an der [X.] erworbene akademische Grade des Magister Artium (M.A.) im Hauptfach Kunstgeschichte mit den Nebenfächern Klassische Archäologie und [X.] Kunstgeschichte und des Master of Medicine, Ethics and Law (M.mel). Für Letzteren absolvierte die Betreuerin einen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Studien- und Prüfungsordnung für den Masterstudiengang „[X.]“ (120 und 60 Leistungspunkte) im Ein-Fach-Master-Studiengang an der [X.] vom 4. Dezember 2007 (im Folgenden: Studienordnung) angebotenen, nicht-konsekutiven Master-Studiengang, dessen Regelstudienzeit nach § 2 Abs. 3 der Studienordnung zwei Semester betrug.

2

Für den Abrechnungszeitraum vom 24. April 2020 bis zum 23. April 2021 beantragte die Betreuerin für ihre Tätigkeit die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung in Höhe von 3.414 €, der sie im Hinblick auf ihre Ausbildung monatliche Fallpauschalen nach der höchsten Vergütungsstufe (Tabelle [X.] der Anlage zum [X.]) zugrunde legte.

3

Das Amtsgericht hat die Vergütung der Betreuerin unter Zugrundelegung monatlicher Fallpauschalen nach Tabelle A auf 2.100 € festgesetzt. Die Beschwerde der Betreuerin ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Betreuerin die Heraufsetzung der Vergütung auf 3.414 € erreichen.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerhaft zu der Einschätzung gelangt, die von ihm festgestellten besonderen Kenntnisse, über die die Betreuerin verfügt und die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, seien nicht durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer [X.] erworben worden.

5

1. Nach § 18 [X.] ist auf die Vergütungsansprüche der am 23. Oktober 2019 bestellten Betreuerin für die von ihr im Zeitraum von April 2020 bis April 2021 entfalteten Tätigkeiten das bis zum 31. Dezember 2022 geltende Recht anzuwenden (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2023 - [X.]/22 - FamRZ 2023, 793 Rn. 7 mwN).

6

2. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] in der hier maßgeblichen, ab dem 27. Juli 2019 geltenden Fassung (Art. 4 des Gesetzes zur Anpassung der [X.] vom 22. Juni 2019 BGBl. I S. 866) richtet sich die Vergütung eines Berufsbetreuers nach der Vergütungstabelle [X.], wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, verfügt und diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer [X.] oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

7

a) Besondere betreuungsrelevante Kenntnisse müssen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] durch die dort genannten Ausbildungen erworben worden sein.Durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer [X.] sind diese Kenntnisse erworben worden, wenn ein Studium an einer [X.] oder Fachhochschule absolviert wurde (vgl. [X.] BtPrax 2002, 125; [X.] BtPrax 2000, 130; [X.] RPfleger 2021, 159, 160). Eine Ausbildung an einer Fachakademie, [X.] oder Fachschule reicht hingegen in der Regel nicht aus (vgl. [X.] RPfleger 2021, 159, 160). Bachelor- und Masterabschlüsse sind dabei als vollwertige (Fach-) Hochschulabschlüsse anzusehen ([X.] in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.] zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht [Stand: 5/2021] Vorbemerkungen zu § 3 [X.] Rn. 43).

8

b) Nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] vermittelte der von der Betreuerin absolvierte und abgeschlossene Masterstudiengang im Bereich Recht, Medizin und Ethik für die Führung von Betreuungen nutzbare Kenntnisse, weil diese es der Betreuerin erleichterten, das Leben der Betreuten deren Wünschen entsprechend zu gestalten sowie den Umgang mit ihr und das Verständnis für ihre besondere Situation zu fördern. Auch sind die dort erworbenen Kenntnisse geeignet, die Aufgaben der Betreuerin besser und effektiver zu erfüllen.

9

Bei der von der Betreuerin absolvierten Ausbildung handelt es sich, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, zweifellos auch um eine Ausbildung an einer [X.]. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Hochschulgesetzes des [X.] (in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 2021 GVBl. LSA 2021 S. 368, 369 - HSG LSA) gilt dieses Gesetz für die [X.] als staatliche [X.]. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HSG LSA verleiht die [X.] aufgrund einer Hochschulprüfung, mit der ein berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, den Mastergrad. Nach § 9 Abs. 8 Satz 2 Nr. 2 HSG LSA beträgt die dafür nötige Regelstudiendauer ein bis zwei Jahre, die das absolvierte Masterstudium nach § 2 Abs. 3 der Studienordnung mit der Mindestdauer von einem Jahr (zwei Semester, vgl. § 10 Satz 1 HSG LSA) auch erfüllte.

Das Beschwerdegericht hat vorliegend verkannt, dass es auf eine darüberhinausgehende Dauer der Hochschulausbildung nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 2 [X.] aF nicht ankommt. Die von ihm aufgeworfene (und verneinte) Frage der Vergleichbarkeit des Studiengangs „[X.]“ an der [X.] mit einer Hochschulausbildung stellt sich nicht, weil es sich bei dem dort von der Betreuerin erworbenen Abschluss um einen Hochschulabschluss handelt.

c) Weil die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat abschließend entscheiden, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG. Die Vergütung ist demnach wie beantragt festzusetzen.

Günter     

        

Klinkhammer     

        

Nedden-Boeger

        

Botur      

        

Krüger      

        

Meta

XII ZB 470/21

23.08.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dessau-Roßlau, 22. September 2021, Az: 8 T 125/21

§ 4 Abs 3 Nr 2 VBVG vom 22.06.2019, § 18 VBVG vom 22.06.2019, Art 4 VBVAnpG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.08.2023, Az. XII ZB 470/21 (REWIS RS 2023, 6055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6055

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 T 127/20 (Landgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

XII ZB 258/23

Zitiert

XII ZB 104/22

Zitieren mit Quelle:
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