Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. XII ZB 461/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 10004

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 461/10

vom

18. Januar 2012

in der Betreuungssache

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18.
Januar 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne und die Richterin [X.], [X.]
Klinkhammer, [X.] und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 20.
August 2010 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1 wurde vom Amtsgericht zur [X.] des mit-tellosen Betroffenen für die [X.] Gesundheitssorge, Aufenthaltsbe-stimmung, Vermögenssorge sowie Rechts-
und Behördenangelegenheiten be-stellt. Sie absolvierte eine Ausbildung zur [X.] für Datenverarbeitung und nahm an zahlreichen Informations-
und Fortbildungsveranstaltungen teil. Ausweislich eines Zeugnisses der Industrie-
und Handelskammer bestand sie 1999 die [X.] zum Nachweis der nach §
2 der [X.] vom 20.
April 1972 erforderlichen Kenntnisse. Ferner [X.] ihr die Volkshochschule Zertifikate über den erfolgreichen Abschluss der Lehrgänge "Mediation [X.]" mit einem Gesamtumfang von 300 [X.]
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3
-

stunden und "Mediator/Mediatorin" mit einem Gesamtumfang von 256 Unter-richtsstunden aus.
Für den Abrechnungszeitraum vom 27.
Dezember 2008 bis zum 26.
Dezember 2009 hat die Beteiligte zu 1 die Festsetzung einer pauschalen Betreuervergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50

n-tragt.
Das Amtsgericht hat dem Antrag nur unter Zugrundelegung eines Stun-densatzes von 27

e-teiligten zu
1 ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§
70 Abs.
1 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die von der Beteiligten zu
1 absolvierte Ausbildung zur [X.] für [X.] sei nicht betreuungsrelevant. Auch die von ihr abgelegte [X.] erfülle nicht die Voraussetzungen des §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.]. Es sei bereits nicht ersichtlich, dass die der Prüfung zugrunde liegende Ausbildung in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht einer Lehre gleichzusetzen sei, jedenfalls fehle es aber an der Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse im Kernbereich. Von den nachgewiesenen Kenntnissen -
Grundfragen der [X.], Planung und Durchführung der Ausbildung, Jugendliche in der Ausbil-2
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-
4
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dung, Rechtsgrundlagen und praktische Unterweisung
-
habe allenfalls die Vermittlung von Kenntnissen im Bereich Rechtsgrundlagen für die Führung ei-ner Betreuung nutzbares Wissen vermitteln können. Die Teilnahme an Fortbil-dungsveranstaltungen rechtfertige gleichermaßen keinen höheren Stundensatz; diese erfüllten nicht die Voraussetzungen des §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.]. Der [X.] sei bereits aufgrund der Stundenzahl nicht mit einer in der Regel mehrjährigen Ausbildung iSv §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] vergleichbar.
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
aa) Ob ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen für eine er-höhte Vergütung gemäß §
4 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] erfüllt, unterliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 -
XII [X.]/11
-
MDR 2011, 1505 Rn.
10).
bb) Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des [X.] stand, nach der die Beteiligte zu 1 nicht über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die sie
durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.
(1) Besondere Kenntnisse im Sinne von §
4 Abs.
1 Satz
2 [X.] sind Kenntnisse, die -
bezogen auf ein bestimmtes Sachgebiet
-
über ein Grundwis-sen deutlich hinausgehen. Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind [X.], die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befä-higen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfül-7
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10
-
5
-

len und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen (vgl. [X.], 135 zu §
1
Abs.
1
Satz
2
BVormVG
mwN; [X.]/[X.] 5.
Aufl. §
4 [X.] Rn.
10; [X.] Betreuungsrecht 4.
Aufl. §
4 [X.] Rn.
3; [X.] in [X.] 5.
Aufl. §
3 [X.] Rn.
16). Es genügt die potentielle Nützlichkeit dieser Fachkenntnisse (Senatsbeschluss vom 23.
Juli 2003 -
XII
[X.]/03
-
FamRZ 2003, 1653).
(2) Durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare Ausbildung sind die für die Betreuung nutzbaren besonderen Kenntnisse erworben, wenn der Kernbereich der Ausbildung auf die Vermittlung dieser Kenntnisse ausge-richtet ist (vgl. [X.], 844; [X.] FamRZ 2002, 1306; [X.], 135; OLG Saarbrücken BtPrax 2003, 227, 228 mwN).
Eine Ausbildung ist dann mit einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest anerkannt ist, der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem durch eine Lehre vermittel-ten entspricht und der Ausbildungserfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt ist. Als Kriterien können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes sowie die Ausgestaltung der Abschlussprüfung herange-zogen werden (Senatsbeschluss vom 26.
Oktober 2011 -
XII
[X.]/11
-
MDR 2011, 1505 Rn.
13 mwN).
Bei dieser Prüfung hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 -
XII [X.]/03
-
FamRZ 2003, 1653).
(3) Fortbildungen, Lebens-
und Berufserfahrung sind grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden nutzbaren Fachkenntnis-sen anzuerkennen (vgl. HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§
3, 4 [X.] Rn.
66 mwN; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2.
Aufl. §
4 [X.] Rn.
15). Denn §
4 11
12
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14
-
6
-

[X.] knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach der Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern (für §§
1836 Abs.
2 Satz
2, 1836a [X.] iVm §
1 BVormVG vgl. BT-Drucks. 13/7158 S.
14, 28). Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Gesamtbetrach-tung dahin, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insge-samt einer Lehre vergleichbar sind, entgegen.
[X.]) Die Ausbildungen und Fortbildungen der Beteiligten zu
1 genügen den Anforderungen des §
4 Abs.1 Satz
2 Nr.
1 [X.] nicht.
(1) Die Kenntnisse aus der Ausbildung zur [X.] für Datenver-arbeitung sind, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat und von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandet wird, in ihrem Kernbereich schon nicht für die Führung der Betreuung nutzbar (§
4 Abs.
1 Satz
2 [X.]).
Die daneben bestandene [X.] erbringt über die Bestätigung der fachlichen Eignung in dem Ausbilderberuf hinaus lediglich den zusätzlichen Nachweis dafür, dass die Beteiligte zu 1 auch über die für einen Ausbilder ge-mäß §
2 der [X.] vom 20.
April 1972
erforderlichen berufs-
und arbeitspädagogischen Kenntnisse verfügt. Sie ist als bloße Zu-satzqualifikation
der
Befähigung zur Ausbildung in dem erlernten Beruf schon ihrer Art nach nicht mit einer Lehre vergleichbar ([X.] BTPrax 2002, 131). Darauf, ob die durch die [X.] vermittelten Kenntnisse in ihrem Kernbereich betreuungsrelevant sind, kommt es daher nicht an.
Die von der Rechtsbeschwerde angeführte Entscheidung des [X.] vom 29.
September 1999 ([X.], 554) 15
16
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18
-
7
-

befasst sich mit §
76 Abs.
3 BBiG aF (jetzt §
30 Abs.
6 BBiG),
der es aus-nahmsweise zur Vermeidung von Härtefällen erlaubt, dass Personen, die die Voraussetzungen für eine fachliche Eignung nach §
76 Abs.
1 BBiG aF (jetzt §
30 Abs.
2, 4, 5 BBiG) nicht erfüllen, die fachliche Eignung widerruflich zuer-kannt werden kann ([X.]/[X.] BBiG 4.
Aufl. §
76 Rn.
5; vgl. zu §
30 Abs.
6 BBiG: BT-Drucks 15/3980 S.
49).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
(2) Auch der erfolgreich abgeschlossene Lehrgang "Mediation [X.]" und das Zertifikat der [X.] "Mediatorin Zeitraum: 12.05.
2006 -
14.04.
2007 Umfang: 256 Unterrichtstunden" können nicht einer abgeschlossenen Lehre gleichge-stellt werden. Die Ausbildung ist weder staatlich reglementiert oder anerkannt noch ist der Ausbildungserfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung belegt (vgl. auch [X.], 1306; [X.] Rpfleger 2000, 64).
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8
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(3) Ebenso wenig sind die einzelnen Fortbildungsmaßnahmen nach Art und Umfang mit einer Lehre vergleichbar.
Zu Recht hat das Beschwerdegericht auch keine Gesamtbetrachtung der Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen der Beteiligten zu 1 vorgenommen. Eine solche sieht §
4 [X.] nicht vor.
Hahne

Vézina

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.03.2010 -
63 [X.]/07 -

LG [X.], Entscheidung vom 20.08.2010 -
25 T 56/10 -

21
22

Meta

XII ZB 461/10

18.01.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2012, Az. XII ZB 461/10 (REWIS RS 2012, 10004)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10004

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