Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.01.2023, Az. 4 CN 6/21

4. Senat | REWIS RS 2023, 2717

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Einbeziehung von Konzentrationsflächen für Windenergie in das gesamträumliche Planungskonzept; Bebauungsplan


Leitsatz

Die Gemeinde muss Flächen, für die ein Bebauungsplan als Art der baulichen Nutzung Windenergie festsetzt, nicht in das gesamträumliche Konzept für eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB einbeziehen.

Tenor

Auf die Revision der Antragsgegnerin wird das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich gegen die am 27. Oktober 2016 beschlossene 4. Änderung des Flächennutzungsplans 2008 der Antragsgegnerin, mit der zusätzliche Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen dargestellt werden.

2

Die Antragsgegnerin hatte bereits in ihrem Flächennutzungsplan aus dem [X.] fünf Sonderbauflächen für Windenergieanlagen dargestellt. Außerhalb der ausgewiesenen Flächen sollten Windenergieanlagen ausgeschlossen sein. 2008 machte sie den Flächennutzungsplan neu bekannt. Mit der 4. Änderung des Flächennutzungsplans stellte die Antragsgegnerin zeichnerisch zwei weitere Sonderbauflächen für Windenergie sowie textlich eine [X.] nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dar. Von der [X.] wurden auch die fünf vorhandenen Sonderbauflächen des Flächennutzungsplans in der Fassung von 2008 ausgenommen.

3

Der Änderung des Flächennutzungsplans liegt ein Standortkonzept Windenergie von 2014 - Fortschreibung 2016 - zugrunde, mit dem das gesamte Gemeindegebiet einer flächendeckenden Eignungsprüfung unterzogen wurde. Nach Ermittlung der harten und weichen Tabuzonen wurden die verbleibenden Flächen auf ihre Eignung zur Errichtung von drei Windenergieanlagen überprüft und zwei Standorte empfohlen. Teile der vorhandenen Sonderbauflächen liegen in harten und weichen Tabuzonen des [X.]. Die Antragsgegnerin hielt an diesen Flächenausweisungen unter Bezugnahme auf § 249 Abs. 1 BauGB a. F. fest.

4

Der Antragsteller zu 2 ist Eigentümer von Grundstücken, die von der angeordneten [X.] erfasst werden, die Antragstellerin zu 1 ein Windkraftunternehmen, das mit dem Antragsteller zu 2 einen Nutzungsvertrag zur Errichtung von Windenergieanlagen auf den Grundstücken geschlossen hat.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat die Änderung des Flächennutzungsplans für unwirksam erklärt, soweit damit die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen. Es fehle an einem schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzept. Die vorhandenen Sonderbauflächen für Windenergie seien zu Unrecht von dem Planungsraum ausgenommen worden. § 249 Abs. 1 Satz 1 BauGB biete hierfür keine Grundlage. Der Einwand der Antragsgegnerin, für alle vorhandenen Sonderbauflächen existierten Bebauungspläne, in denen Baufenster für Windenergieanlagen außerhalb der harten Tabuzonen des neuen Konzepts festgesetzt seien, sei unerheblich. Ein Flächennutzungsplan müsse aus sich heraus den Anforderungen genügen, die an eine Konzentrationsflächenplanung zu stellen seien.

6

Mit ihrer Revision erstrebt die Antragsgegnerin die Ablehnung der [X.]. Das Oberverwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine Änderungsplanung, der eine wirksame Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zugrunde liege, überspannt.

7

Die Antragsteller verteidigen das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

[X.]ie Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). [X.]as angegriffene Urteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). [X.]ie tatrichterlichen Feststellungen lassen eine Entscheidung in der Sache nicht zu (§ 144 Abs. 4 und 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

9

1. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die planerische Entscheidung der Antragsgegnerin, mit der Änderung des Flächennutzungsplans an Standorten außerhalb der vorhandenen und neu ausgewiesenen Sonderbauflächen für Windenergie die [X.] des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] eintreten zu lassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 - BVerwGE 146, 40 Rn. 18 und vom 13. [X.]ezember 2018 - 4 CN 3.18 - BVerwGE 164, 74 Rn. 29 m. w. N.).

Eine solche [X.] bestünde trotz der zum 1. Februar 2023 durch das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land vom 20. Juli 2022 ([X.] I S. 1353) eintretenden Änderungen im Baugesetzbuch fort. Nach der Neufassung des § 249 Abs. 1 [X.] ist zwar § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] auf Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 [X.], die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nicht mehr anzuwenden. Nach § 245e Abs. 1 Satz 1 [X.] gelten die Rechtswirkungen eines Flächennutzungsplans gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] in der bis zum 1. Februar 2023 geltenden Fassung für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 [X.] aber fort, wenn der Plan bis zum 1. Februar 2024 wirksam geworden ist. [X.]ie angefochtene Änderung des Flächennutzungsplans kann daher über den 31. Januar 2023 hinaus - längstens bis zum 31. [X.]ezember 2027 (vgl. § 245e Abs. 1 Satz 2 [X.]) - Wirkungen entfalten, so dass nach wie vor ein Interesse an der Klärung der Wirksamkeit der [X.] besteht.

2. [X.]as angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. [X.]as Oberverwaltungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass auch die Änderung einer bestehenden Windenergie-[X.], die die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] entfalten soll, ein schlüssiges Gesamtkonzept erfordert, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt (a). § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] bietet keine Rechtfertigung, von diesen Anforderungen abzusehen (b). [X.] ist jedoch die Auffassung, die gesamträumliche Planung müsse stets auch solche Flächen in den Blick nehmen und dem Planungskonzept unterwerfen, die bereits durch Bebauungsplan als Flächen für die Windenergie ausgewiesen sind (c).

a) Eine planerische Entscheidung, die die Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] auslösen soll, bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] stehen öffentliche Belange einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 [X.] in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür u. a. durch [X.]arstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. [X.] dieser gesetzlichen Anweisung führt die [X.]arstellung von [X.] aufgrund der planerischen Entscheidung der [X.], der [X.]arstellung im Sinne einer "[X.]" die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] zukommen zu lassen, unmittelbar zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit von Vorhaben auf den nicht ausgewiesenen Flächen (sog. Ausschluss- oder Negativflächen). [X.]er Geltungsbereich der [X.] wird somit - negativ - über die [X.]n definiert (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 - BVerwGE 146, 40 Rn. 22).

[X.]as Zurücktreten der Privilegierung von Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 [X.] in Teilen des Plangebiets lässt sich aber nur dann rechtfertigen, wenn die [X.] sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen und der Windenergienutzung in substanzieller Weise Raum verschafft wird. Eine solche planerische Entscheidung muss daher gesamträumlich sein, also nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. [X.]ezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <294 ff.>, vom 13. [X.]ezember 2012 - 4 CN 1.11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 9 und vom 18. August 2015 - 4 CN 7.14 - BVerwGE 152, 372 Rn. 8).

Hat die [X.] eine [X.] erstellt, kann sie sich nach allgemeinen Planungsgrundsätzen dafür entscheiden, diese später aufzugreifen und zu ändern (§ 1 Abs. 8 [X.]). [X.]ies ermöglicht ihr, die Planung aktuellen Gegebenheiten anzupassen, weitere Flächen als [X.]n einzubeziehen und die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] auf eine neue, breitere Grundlage zu stellen (vgl. Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand August 2022, § 249 Rn. 9b). Übt die [X.] den [X.] neu aus und begründet sie die [X.] neu, muss die [X.] den sich aus § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] ergebenden Anforderungen (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2019 - 4 [X.] 4.18 - juris Rn. 6) wiederum genügen.

b) [X.]as Oberverwaltungsgericht hat die angegriffene Flächennutzungsplanung als nicht gesamträumlich beanstandet, weil die Antragsgegnerin die vorhandenen [X.]n, also die fünf "alten" Sonderbauflächen, nicht auf der Grundlage des neuen Planungskonzepts gerechtfertigt habe. Es hat angenommen, dass § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] - in der hier (§ 214 Abs. 3 Satz 1 [X.]) bis zum 31. Januar 2023 geltenden Fassung (§ 249 Abs. 1 [X.] a. F.) - für dieses Vorgehen keine Rechtfertigung biete ([X.]). [X.]ies steht im Ergebnis mit revisiblem Recht in Einklang.

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. folgt aus dem Umstand, dass in einem Flächennutzungsplan zusätzliche Flächen für die Nutzung von Windenergie dargestellt werden, nicht, dass die vorhandenen [X.]arstellungen des Flächennutzungsplans zur Erzielung der Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht ausreichend sind. Nach Auffassung der Revision erlaubt § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. Abstriche an einem gesamträumlichen Planungskonzept, wenn die Änderung eines Flächennutzungsplans die [X.] nach § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] erneut herbeiführen soll. [X.]ies trifft nicht zu. § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. regelt diesen Fall nicht.

[X.]er Senat neigt allerdings dazu, § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. über seinen Wortlaut hinaus die Befugnis der [X.] zu entnehmen, eine bestehende [X.] und die von ihr bewirkte [X.] unberührt zu lassen und weitere Flächen als bloße [X.] darzustellen, ohne erneut eine gesamträumliche Planung vorzunehmen (in diese Richtung [X.], Urteil vom 17. Mai 2017 - 2 [X.] 22/[X.] - [X.]; [X.], in: [X.], [X.], 9. Aufl. 2019, § 249 Rn. 13 ff.; Söfker, in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand August 2022, § 249 Rn. 9; a. A. OVG Lüneburg, Urteil vom 19. Juni 2019 - 12 KN 64/17 - [X.] 2019, 702 <704>; [X.], Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 3. Aufl. 2019, Rn. 555). Eine solche Befugnis erkennt der Gesetzgeber inzwischen in § 245e Abs. 1 Satz 5 [X.] in der Fassung von Art. 11 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 8. Oktober 2022 ([X.] I S. 1726) jedenfalls grundsätzlich an.

[X.]ie Frage kann aber auf sich beruhen. [X.]enn die Antragsgegnerin hat sich nicht auf eine reine Positivplanung beschränkt. Sie hat vielmehr eine neue [X.] begründet, die Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist. Für eine solche Planung gilt § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. nicht.

[X.]ie Revision stützt ihre gegenteilige Auffassung auf die Annahme, jede zusätzliche [X.]arstellung von [X.] im Flächennutzungsplan ändere die [X.], so dass bei einer bestehenden [X.] die Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] notwendige beziehungsweise zufällige Folge einer Positivausweisung sei. [X.]as trifft nicht zu. Vielmehr kommt es maßgeblich auf den Planungswillen der [X.] an. [X.]enn die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] treten nicht gleichsam "automatisch" mit der [X.]arstellung von [X.] im Flächennutzungsplan ein. § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] setzt vielmehr voraus, dass diese Rechtswirkungen nach dem planerischen Willen der [X.] mit der Ausweisung einer Positivfläche als [X.] erreicht werden sollen. [X.]ie planende [X.] hat also die Wahl, ob sie mit einer positiven Standortzuweisung lediglich die dargestellten Flächen für die Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende Nutzungen sichern (sog. qualifizierte flächenbezogene [X.]arstellungen) oder eine verbindliche [X.] für den gesamten Planungsraum betreiben will. Entscheidet sich die [X.] für qualifizierte flächenbezogene [X.]arstellungen, entfallen die spezifischen Rechtfertigungsanforderungen, die der Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] geschuldet sind. [X.] sie ihre Standortplanung - sei es in Form einer Erst- oder Änderungsplanung - hingegen mit einer [X.], muss sie ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept vorlegen und die sonstigen Rechtmäßigkeitsanforderungen an eine [X.] erfüllen (BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 - BVerwGE 146, 40 Rn. 16 und vom 13. [X.]ezember 2018 - 4 CN 3.18 - BVerwGE 164, 74 Rn. 19, 29 und 31).

c) [X.]as Oberverwaltungsgericht hat dem Erfordernis einer gesamträumlichen Abwägung die Verpflichtung der Antragsgegnerin entnommen, die vorhandenen Sonderbauflächen unabhängig von bestehenden Bebauungsplänen in das gesamträumliche Planungskonzept einzubeziehen und insbesondere die harten Tabuzonen auf diese Flächen anzuwenden (vgl. [X.]). [X.]ies steht mit § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] nicht in Einklang. [X.]enn die [X.] ist befugt, vom gesamträumlichen Planungskonzept solche Flächen auszunehmen, die durch Festsetzungen in Bebauungsplänen für die Nutzung durch die Windenergie bereits vorgesehen sind, und die dazu beitragen, der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen. Ob sie in dieser Weise vorgeht, unterliegt ihrer planerischen Entscheidung.

aa) Mit § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] hat der Gesetzgeber der [X.] die Möglichkeit eröffnet, die Nutzung der Windenergie für den gesamten Außenbereich planerisch zu steuern. [X.]em Flächennutzungsplan kommt insofern eine den Festsetzungen des Bebauungsplans vergleichbare Funktion zu (BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 49 und vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 - BVerwGE 146, 40 Rn. 14 und 20), wobei sich die [X.] des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] auf bestimmte privilegierte Vorhaben im Außenbereich beschränkt.

[X.]ie [X.] ist dadurch aber nicht gehindert, Flächen für Windenergieanlagen in Bebauungsplänen und damit im Innenbereich festzusetzen, etwa indem sie [X.]n eines Flächennutzungsplans mit einem Bebauungsplan überplant (BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 49 sowie Beschlüsse vom 25. November 2003 - 4 [X.] 60.03 - [X.] 2004, 279 <280> und vom 21. [X.]ezember 2017 - 4 [X.] 3.17 - UPR 2018, 154 Rn. 8) oder Flächen für die Windenergie durch Bebauungsplan ausweist und den Flächennutzungsplan im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 Satz 1 [X.] ändert (BVerwG, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 [X.] 60.03 - [X.] 2004, 279 <280> und [X.], Urteil vom 17. Mai 2017 - 2 [X.] 22/[X.] - juris Rn. 8). Im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans ist ein Vorhaben gemäß § 30 Abs. 1 [X.] zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht. Bei einem einfachen Bebauungsplan gilt gemäß § 30 Abs. 3 [X.] dasselbe, soweit seine Festsetzungen reichen, im Übrigen richtet sich die Zulässigkeit nach den §§ 34, 35 [X.]. [X.]ie den gleichen Gegenstand betreffenden Anforderungen der §§ 34, 35 [X.] werden bei einem einfachen Bebauungsplan durch dessen Festsetzungen verdrängt (BVerwG, Beschlüsse vom 24. März 2015 - 4 [X.] 30.13 - juris Rn. 28 und vom 21. [X.]ezember 2017 - 4 [X.] 3.17 - [X.] 406.12 § 1 [X.] Nr. 38 Rn. 8). Hat eine [X.] Flächen für die Nutzung von Windenergie ausgewiesen, etwa durch Festsetzung eines Sondergebiets Windenergie nach § 11 Abs. 2 [X.], ist die Art der zulässigen baulichen Nutzung im Geltungsbereich des Bebauungsplans damit abschließend geregelt.

Weil sich eine [X.] nach § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] schon von Rechts wegen nicht auf Flächen erstreckt, für die ein Bebauungsplan zumindest die Art der zulässigen baulichen Nutzung wirksam festsetzt, ist die [X.] befugt, diese Flächen nicht den Maßstäben ihres gesamträumlichen Planungskonzepts zu unterwerfen. [X.]ie gegenteilige Auffassung der Vorinstanz überspannt die bundesrechtlichen Anforderungen an die Planung. Sie kann zudem dem Umstand nicht Rechnung tragen, dass auf den durch verbindliche Bauleitplanung gesicherten Flächen häufig bereits Windenergieanlagen errichtet sind und betrieben werden, so dass die Annahme einer harten Tabuzone beispielsweise wegen einer nunmehr abweichend dimensionierten [X.] lebensfern erschiene. Auch die [X.] für Windenergieanlagen findet - wie jede Planung - nicht "auf freiem Felde" statt (BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309 <316> und vom 24. Mai 2018 - 4 C 4.17 - BVerwGE 162, 114 Rn. 37), sondern darf einem bauplanungsrechtlich gesicherten Bestand Rechnung tragen.

Unterwirft die [X.] die durch Bebauungsplan gesicherten Flächen nicht dem gesamträumlichen Planungskonzept, muss das Konzept nur auf den verbleibenden Flächen für sich genommen die Anforderungen an eine wirksame [X.] erfüllen, um die [X.] des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.] herbeizuführen. Bei der Prüfung dieses Konzepts sind aber die durch Bebauungsplan gesicherten Flächen zur Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob der Windkraft substanziell Raum verschafft wird. [X.]enn dieses Erfordernis soll nur verhindern, dass die [X.] das gesamte [X.]gebiet mit dem Instrument des Flächennutzungsplans für die Windenergie sperrt und diesen als Mittel dazu nutzt, unter dem [X.]eckmantel der Steuerung Windenergie in Wahrheit zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 17. [X.]ezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <294 f.>). Ihm wird auch genügt, wenn der notwendige Raum auf durch Bebauungsplan festgesetzten Flächen bereitgestellt wird.

bb) [X.]ie [X.] ist ebenso befugt, Flächen, auf denen Bebauungspläne Festsetzungen für die Windenergie treffen, in ihr gesamträumliches Konzept für den Flächennutzungsplan einzubeziehen. In diesem Fall entscheidet sie sich im Grundsatz dafür, sämtliche Flächen dem aktuellen Planungskonzept zu unterwerfen und dessen Maßstäbe einheitlich anzulegen.

3. [X.]ie tatsächlichen Feststellungen lassen eine Entscheidung in der Sache nicht zu. [X.]ies zwingt zur Zurückverweisung.

[X.]as Oberverwaltungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus zutreffend - keine näheren Feststellungen zu den für die Windenergienutzung aufgestellten Bebauungsplänen getroffen, die für die im Flächennutzungsplan bisher dargestellten Sonderbauflächen existieren. Sollten die Sonderbauflächen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das [X.]nkonzept nicht ausnahmslos durch Bebauungspläne überplant gewesen sein, die als Art der baulichen Nutzung Windenergie festsetzen, hätte die Antragsgegnerin die nicht entsprechend überplanten Flächen in ihr gesamträumliches Konzept einbeziehen müssen. [X.]as Oberverwaltungsgericht hätte dann zu Recht einen beachtlichen Fehler im [X.] nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 [X.] angenommen ([X.] f.).

Andernfalls hätte die Antragsgegnerin ihre Entscheidung, die entsprechenden Flächen nicht einzubeziehen, lediglich im [X.] fehlerhaft auf den insofern nicht anwendbaren § 249 Abs. 1 Satz 1 [X.] a. F. gestützt. [X.]as Oberverwaltungsgericht wird dann zu prüfen haben, ob dieser Mangel auf das [X.] von Einfluss gewesen ist. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre das Oberverwaltungsgericht gehalten, den weiteren rechtlichen Einwänden gegen die Planung nachzugehen.

Meta

4 CN 6/21

24.01.2023

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: CN

vorgehend OVG Lüneburg, 26. Februar 2020, Az: 12 KN 182/17, Urteil

§ 35 Abs 1 Nr 5 BauGB, § 35 Abs 3 S 3 BauGB, § 249 Abs 1 S 1 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.01.2023, Az. 4 CN 6/21 (REWIS RS 2023, 2717)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2717

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 CN 3/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Konzentrationsflächenplanung; Ausschlusswirkung als statthafter Gegenstand einer Normenkontrolle


4 CN 1/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Statthaftigkeit einer Normenkontrolle gegen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur maximalen Höhe der Anlagen


4 CN 1/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Tabuzonenarten im Abwägungsvorgang der Konzentrationsflächenplanung; Beurteilung der Raumverschaffung für Windenergie


22 AS 23.40001 (VGH München)

Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids zur Errichtung von Windenergieanlagen, Flächennutzungsplan, sachlicher Teilflächennutzungsplan, Ausschlusswirkung nach …


4 CN 2/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Abschnittsweise Ausarbeitung des Planungskonzepts


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.